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Freitag, 30. Mai 2014

Wie war's bei CRACKz (Theater der Welt 2014) in Mannheim?



Szene aus CRACKz (c) Ursula Kaufmann


Szene aus CRACKz (c) Ursula Kaufmann
Am 27.05.2014 war im Schauspielhaus des Mannheimer Nationaltheaters eine 45-minütige Tanzaufführung der Grupo de Rua aus Niterói zu sehen. Company Leader und Choreograf ist Bruno Beltrão aus Brasilien. Das Stück wurde im Rahmen von "Theater der Welt" 2014 gezeigt.

Beltrão hat eine ganz eigene und sehr zeitgenössische Methode, Tanztheater zu gestalten. Er surft im Internet und studiert bzw. holt sich dort Anregungen für Bewegungsabläufe, gepaart mit menschlichen Emotionen. Daher auch der Name Crack(s), der das Cracken (Kopieren, Sicherheit aufbrechen) der Originale bezeichnen möchte. Crack steht aber zweifelsohne auch für ein aggressives Rauschgift, das die Atmosphäre mitbestimmt. Und als Cracks werden auch Spitzensportler oder Menschen mit herausragenden Fähigkeiten bezeichnet. Die Tänzer sind wirklich Cracks im Tanz, mit ungeheurer Körperbeherrschung, Kraft und Ausdauer. 15 Min Zugabe mit Einzeltänzervorführungen nach der Aufführung zeigten noch einmal, was jeder von ihnen drauf hat. Im Moment besteht die Grupo aus 12 Männern und einer Frau, die Zusammensetzung bestimmt die Bewerbung der Interessenten. Der älteste Tänzer ist 41, begonnen wie viele andere mit etwa 15 Jahren. Beltrão beauftragte auch seine Tänzer, dasselbe wie er zu tun, im Internet zu forschen und sich so ein eigenes Bewegungsprogramm aufzubauen. 
Szene aus CRACKz
(c) Ursula Kaufmann

Dennoch gibt es eine Vorgabe zur Gesamtperformance. Im Laufe der Zeit haben sich 28 Themen herauskristallisiert, derer sich die Grupo bei ihren Auftritten bedient. So Bruno Beltrão im Afterwork-Gespräch. Es ist fast wie ein Alphabet, nur dass die Buchstaben durch Gesten, Bewegungen und Rituale ersetzt sind. Daher ist das Vokabular der Grupo auch ein szenisches und gestisches, die Sprache szenische Bilder voller Wiederholung, immer im Fluss, stark an die Tänze von Derwischen erinnernd, wie Kreisel, die sich im Ensemble über die Bühne drehen, im Schimmer der Underground-Beleuchtung und der Szenenatmosphäre. Diese Bühnen-Tanzmeditationen der Sinn- und Rauschsucher sind unfähig aus einem engen Rahmen auszubrechen. Das Straßenmilieu diktiert alles. Insofern ließe sich direkt das Geschehen als eine Folge von Gedanken in einem Kopf interpretieren, wobei das Bezeichnete in einem reduzierten Raum nach Wiederholungskriterien abläuft. Wie eine Art serieller Tanz.


Trotz Monotonie steht die Improvisation weiterhin im Vordergrund. Tanztheoretisch bedient sich Beltrão zwar beim Modern Dance, Street- und Breakdance sowie beim Hip-Hop, es geht jedoch alles zu Gunsten der Streetart aus. Die Aufführung wird von lauter, aggressiver Musik getragen, die Bewegungen in der Breakdancetradition maschinell und wie von Puppen. 
Die Grupo tanzte acht Bilder, die sich sozusagen täglich verändern, da die Akteure auch Kreateure sind, die alles selbst entwickeln. Die Tagesform bestimmt alles, erzählte ein Tänzer beim Gespräch. Die Konzentration, das Empfinden. Oft empfindet man Glück, wenn alles rum ist. Aufatmen bei den Tänzern, wenn das rote Licht an der Decke angeht. Denn dies ist das Signal, dass nur noch eine kurze Strecke vor ihnen liegt. Sie empfinden Erleichterung, dass die Kräfte bis hierher gereicht haben und nur noch ein bisschen Reserve fordern ...
Szene aus CRACKz (c) Ursula Kaufmann
Das Bild, das sich hauptsächlich vermittelt ist das Milieu der Straße, dunkle Ecken wie in Hinterhöfen, in einem Musikkeller, Streetgangleben, Streitigkeiten, Kämpfe, Drogen, Kriminalität, Weghuschen vom Tatort, Anschleichen zu einem Graffiti vielleicht, zu einem Überfall des Nachbargebietes, der Aufenthalt in feindlichem Gebiet. Die Musik fordert zwei auffällige abrupte Beendigungen der Tanzbilder, die beide wie in einem Sprung mit Flachliegen ohne Bewegung - Deckung suchend? - enden. Fast wie durch Schüsse beendet erlischt alles einen Moment, um dann gleich wieder aufgegriffen zu werden. Man kann auch an das schnelle Hinwerfen der S-Bahn-Surfer auf dem Dach der Bahnen denken.

Crackz ist fernab von klischeehafter brasilianischer Lebensfreude. Das Stück vermittelt Bedrohung, Gleichklang, endlose Kreisbewegung. Ein Gefühl wie in einem unflexiblen, aggressiven und diktatorisch bestimmten Leben. 


Suchmaschinenfund 


Biographie
Bruno Belträo, 1979 im brasilianischen Niteröi geboren, widmete sich während seines Philosophie- und Tanzstudiums am Centro Universitärio da Cidade in Rio de Janeiro der choreografischen Forschung. Er hinterfragte die etablierten, maskulin geprägten Bewegungsstrukturen und Stereotype des Hip-Hop und verband sie mit Elementen des zeitgenössischen Tanzes zu einem eigenen, analytischen und doch sehr körperlichen Stil. 1996 gründete er zusammen mit seinem Freund Rodrigo Bernardi die Grupo de Rua, die zunächst bei Tanzwettbewerben, bei Festivals und im Fernsehen auftrat. 2001 hatte das Duett „From Popping to Pop" beim Duos de Danpa no Sesc im Stadtteil Copacabana Premiere, Belträos offizielles Debüt in der zeitgenössischen Tanzszene Rio de Janeiros. Ebenfalls 2001 entstand „Me and my Choreographer in 63" mit dem Tänzer Eduardo Hermanson. Weitere Arbeiten sind „Too Legit to Quit" (2002), „Telesquat" (2003), „H2" (2005) und „H3" (2008).

Koproduktionen
Kunstenfestivaldesarts, Brüssel; Tanz im August, Berlin; Hebbel am Ufer, Berlin; Hellerau - European Center for the Arts Dresden; Kampnagel, Hamburg; Ruhrtriennale und PACT Zollverein, Essen; Wexner Center for the Arts, Ohio; Wiener Festwochen; Holland Festival, Amsterdam; Festival d'Automne ä Paris; Theätre de la Ville, Paris Supported by Clube Naval Charitas, sponsored by Petrobras







Szene aus "H3", die einen Einblick in typische Bilder gibt

Freitag, 16. Mai 2014

Heute in einer Woche geht es los - das Mannheimer Theaterfestival 2014!

Performance am Rheinufer

Intendant Matthias Lilienthal


Nächste Woche, Freitag, den 23.5. beginnt das 13. internationale Festival Theater der Welt 2014 in Mannheim. An 17 Tagen zeigt das von Matthias Lilienthal kuratierte Festival des Internationalen Theaterinstituts am Nationaltheater Mannheim und an anderen Orten in der Stadt über 30 Produktionen aus der ganzen Welt, darunter vier Uraufführungen, und lädt mit den Stadtraumprojekten „X Firmen“ und „HOTEL shabbyshabby“ dazu ein, die Stadt Mannheim aus einer neuen Perspektive zu entdecken.

Feierlich eröffnet wird die 13. Ausgabe des Festivals am 23. Mai um 17.30 Uhr durch eine Begrüßung von Dr. Peter Kurz, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Dr. Manfred Beilharz, Präsident des Internationalen Theaterinstituts (ITI) und den Festivalintendanten Matthias Lilienthal und Burkhard C. Kosminski.
Um 18.30 Uhr hält der Internetaktivist Jacob Appelbaum die Festival-Eröffnungsrede zum Begriff der Aufklärung im Schauspielhaus. Direkt im Anschluss findet die Uraufführung des jüngsten Theatertextes „Die Schutzbefohlenen“ der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek in der Regie von Nicolas Stemann statt, eine Produktion des Thalia Theaters Hamburg. Um 22 Uhr formiert der in Beirut lebende Künstler Joe Namy vor dem Schauspielhaus acht Autos, schaltet deren Soundsysteme zusammen und spielt darauf ein Konzert, das in eine Party mündet. Alternativ können Sie um 22.30 Uhr in der Alstom Halle die Arbeit „Tararabumbia“ des Moskauer Theatermachers Dmitry Krymov sehen, eine Tschechow Revue fast ohne Worte. (Ein Shuttle Service vom NTM und zurück ist eingerichtet).

Bereits am 22. Mai können Sie bei einem Preview Tag erste Einblicke in das Festival gewinnen: Um 18 Uhr findet die Eröffnung der Installation „Double Shooting“ von Rabih Mroué in Anwesenheit des Künstlers vor dem Festivalzentrum statt. Um 18.30 Uhr lädt Benjamin Foerster-Baldenius von raumlaborberlin zu einem Rundgang durch einige der für „HOTEL shabbyshabby“ im Stadtraum Mannheims entstandenen Hotelzimmer ein. Und um 21.30 Uhr zeigen wir am Neckarufer (beim Collini Steg, Seite der Neckarpromenade) die ARTE Filmpremiere „Theater der Welt 2014. Eine Reise von Moskau über Santiago nach Tokio“ von Sibylle Dahrendorf.

Einen weiteren Vorgeschmack auf das Festival gibt es am 17. Mai in der Rhein Neckar Zeitung: Matthias Lilienthal wurde eingeladen, an diesem Tag Teile der Ausgabe zu gestalten. Zum Festival eingeladene Künstler schrieben dafür Reiseberichte aus den Städten, in denen sie leben.

Freitag, 6. Dezember 2013

Highlight THEATER DER WELT 2014 in Mannheim - Ausschreibung für ungewöhnliche Hotelzimmer im öffentlichen Raum Mannheim





HOTEL shabbyshabby


Ausschreibung zum Entwurf und Bau von Hotelzimmern im öffentlichen Raum der Stadt Mannheim im Rahmen von Theater der Welt 2014

Theater der Welt – ein Festival des ITI – ist eines der bedeutendsten internationalen Theaterfestivals Deutschlands und präsentiert alle drei Jahre in einer anderen Stadt oder Region die innovativsten Entwicklungen des Theaters aus aller Welt.


Vom 23. Mai bis 8. Juni ist Theater der Welt 2014 in Mannheim zu Gast, ausgerichtet vom Nationaltheater Mannheim. Das von Matthias Lilienthal kuratierte Festival bringt nicht nur internationales Theater nach Mannheim, es lädt mit Projekten im Stadtraum auch zu einer Verkehrung der Perspektive auf die eigene Stadt ein.


Gemeinsam mit raumlaborberlin initiiert Theater der Welt 2014 mit dem Projekt HOTEL shabbyshabby eine große Bauakademie, in der das Nachdenken über neue architektonische Formen und die Umnutzung städtischen Raumes zu einem öffentlichen Vorgang gemacht wird, der in die Eröffnung eines unkonventionellen Hotelbetriebs mündet.


Bis zum 31. Januar 2014 werden in einem weltweiten Open Call Architekturstudierende, Architektengruppen, Urbanismusforscher, Philosophen und Leute verwandter Disziplinen aufgerufen, Entwürfe für Hotelzimmer einzureichen, die zum Festival an unterschiedlichen Orten im öffentlichen Raum in Mannheim errichtet werden. Ausgestattet mit rahmengebenden Bedingungen (Budget, Material, Komfort, etc.) sollen räumliche und inhaltliche Vorschläge für eine neue ungewöhnliche Form des Übernachtens und der Stadterfahrung gemacht werden, die von den Teams selbst vor Ort umgesetzt werden. Eine Jury, bestehend aus Pedro Gadanho (MoMA New York), Anne Catherine Fleith (feld72, Wien), Benjamin Foerster-Baldenius (raumlaborberlin), Lukasz Lendzinski (Umschichten, Stuttgart) u.a. wird etwa 20 Entwürfe auswählen. Ab dem 1. Februar 2014 sind die Entwürfe bei ARTE Creative online einsehbar und auch das Publikum hat die Möglichkeit für zwei Entwürfe mit abzustimmen.


Über den Festivalzeitraum haben Mannheimer, aber auch Gäste von außerhalb, die Möglichkeit, eine Nacht in einem der Hotelzimmer zu verbringen und eine ungewöhnliche Perspektive auf die Stadt Mannheim zu erleben.


www.raumlabor.info         http://creative.arte.tv/de


Das gesamte Festivalprogramm von Theater der Welt wird Anfang März 2014 bekannt gegeben.


Theater der Welt 2014, ein Festival des Internationalen Theaterinstituts (ITI), ausgerichtet vom Nationaltheater Mannheim, gefördert durch die Stadt Mannheim, die Baden-Württemberg Stiftung und den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Festivalintendanz: Matthias Lilienthal und Burkhard C. Kosminski, Programmdirektor: Matthias Lilienthal
HOTEL shabbyshabby ist ein Projekt von Theater der Welt 2014, raumlaborberlin, Umschichten und ARTE Creative. Gefördert durch die Stadt Mannheim. Mit freundlicher Unterstützung durch IKEA Mannheim.