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Donnerstag, 30. August 2012

Buchbesprechung: KNASTREPORT von Kai Schlieter


Kai Schlieter: Knastreport, Westend Verlag, 253 Seiten, 17,95 Euro

Kinderschänder, Vergewaltiger, U-Bahn-Schläger und rechtsradikale Kommandos sind der Anlass emotionaler Diskussionen über Art und Dauer von Gefängnisstrafen. Die meisten Leute fordern krasse und strenge Bestrafungen, erleben in den Medien ewiglange Prozesse und nicht selten ganz milde Strafen ... Stimmt die Meinung, dass die Strafen zu lasch seien? Sind sie zu streng und wäre nur die Todesstrafe noch eine notwendige Steigerung?
Kai Schlieter besuchte für sein Buch deutsche Strafvollzugsanstalten, interviewte Gerichtspsychiater, Forensiker und Kriminologen. Er stellt Vorurteile gegen Statistiken und den Gefängnisalltag gegen Gesetze. Er zeigt, was sich in der Welt hinter Gittern wirklich abspielt, und kommt letztlich zu dem Schluss: Der jetzige Vollzug schadet unserer Gesellschaft mehr, als dass er ihr nutzt.

Manche Kriminelle werden zu Medienstars, doch nach der Verurteilung verschwinden auch sie hinter den Mauern. Gefängnisse zählen zu den schattigsten Regionen der Gesellschaft. Wo keine Öffentlichkeit ist, herrscht auch im Rechtsstaat Willkür. Eigentlich soll der offene Vollzug die Regel sein, tatsächlich ist er die Ausnahme. Mit Straftätern wird nicht schonend umgegangen, es werden auch nicht weniger, sondern seit 1990 immer mehr Menschen, die in Haft geraten. Allerdings weniger die gefürchteten gewalttätigen Jugendliche.
Das lasche Image des Strafvollzugs kommt eigentlich nur daher, dass das Leben in Haft den allgemeinen Lebensverhältnissen weitmöglichst angeglichen sein soll. Denen geht's zu gut, heißt es oft, aber das Ziel der Haft ist, die Gefangenen als sozialverträgliche Zeitgenossen zu entlassen. Fakt ist allerdings, dass nur drei Prozent von ihnen eine Sozialtherapie gewährt bekommen.
Das ist einer von vielen Rechtsbrüchen, die zur Sprache kommen. Natürlich gibt es gefährliche Menschen, vor denen die Gesellschaft geschützt werden muss. Doch die Mittel, um sie zu entschärfen bzw. sicher zu verwahren, sind in vielen Fällen nutzlos und verkehrt. Dies wird am Beispiel der Sicherungsverwahrung deutlich. Gutachten allein aufgrund von Gesprächen können nie wirklich treffsicher die zukünftige Gefährlichkeit einer Person klären. Nur der Umgang mit Situationen in lebensnahen Situationen geben Aufschluss, allerdings will auch keiner Experimente, die die Bevölkerung gefährden.

Schlieter rückt in diesem Buch sachlich argumentierend gerade, was in der öffentlichen Debatte immer wieder falsch dargestellt wird. Ausführung eben nur alle 3 Monate, eher noch größere Intervalle, Totalvereinsamung statt soziale Gemeinschaft, völlig falsche Verhaltensprognostik, die unzuverlässig ist, z.B. wurden von 33 freigelassenen schweren Straftätern 24 rückfällig, wobei man an viel weniger dachte.

Über den Autor
Kai Schlieter, 37 Jahre, ist Soziologe und Sozialpädagoge und arbeitet als Redakteur bei der taz. Seit 1998 ist er als Journalist tätig, zuerst beim Südwestrundfunk, später als Parlamentskorrespondent der Thüringer Allgemeine in Berlin und als Autor für den Deutschlandfunk.