Leuchtturmwächter
Zitternde Kerzenflamme, unguter Tremor. Die Nacht hat mich in meiner schwächsten Stunde erwischt. Unten lärmen die Straßenbahnen, wie die weit aufgerissenen Münder von Riesen spucken sie ihre Ladung auf das Backsteinbett haltloser Steine. Staub von den Hüften abklopfend, erheben sie sich. Zerissene Mäntel, flatternd im Atem des Molochs, der keine Pause kennt. Zusammengekauert sitze ich unter der der Etagenklingel. Was, wenn sie-
nein, sie schaffen es nicht in des Leuchtturmwächters Warte.
In den Rolladenkästen rumoren Fledermäuse, als wollten sie sich ein Mahl schmecken lassen. Ich füttere sie mit eingetrockneten Fritten, die unter der Glasur der letzten Reste-
ein Abendmahl, welches nur den geeigneten Verräter sucht. Ich schlafe besser, wenn ich ihre spitzen Zähne besänftigt wisse.
Fahrig furchig fickrig; die letzten Dreckreste aus den Fingernägeln krumend wie ein Vogel, der seine Brut ernähren will. Reste eines Lebens, welches nur als eine Abwehrbewegung zu verstehen ist. Lagen abgeschürfter Haut, die ich auf ihrem Bauch hinterlassen habe. Wie eine Mullbinde, Lage um Lage. Wickelt sich meine Seele ab, und ich bin hilflos. Je näher das Gaze dem Körper kommt, desto blutiger ist der Baumwollstoff. Tapas in einer verlassenen Hafenbar. Gott verspeist dich ohne Besteck.
Sie dachten, sie hätten dich alleine zurückgelassen. Zum Sterben in einem toten Wal verurteilt. Doch je leiser es wird, desto lauter schwillt der Kanon. Ich gleite dahin, doch die Schatten haben ihren Schrecken verloren. Nenn mir die Dunkelheit, die durch diese Rippen atmet! Ich habe mein Antlitz vor ihm gekehrt, wir haben uns nichts mehr zu sagen.
(c) Thomas Reich