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Mittwoch, 20. März 2024

Staatstheater Mainz: Oper DIE PASSAGIERIN von Mieczysław Weinberg

      Mieczysław Weinberg                                                             
Die Angst unerkannter NS-Täter in Deutschland vor der Verfolgung nach 1945 auf der Bühne


Auf den Straßen und in Parlamenten rechtsextreme Demonstranten der AfD, die ein Ende der Berliner Demokratieära fordern, Massenabschiebungen von Flüchtlingen werden 7 km von der historischen Wannseekonferenz zur Judendeportation in Potsdam diskutiert und geplant, kleine Nazis auf dem Land warten auf die Übernahme der Macht in den Ämtern, und Neonazis grölen mit erhobenem rechtem Arm nationalistische Parolen. Die Vergangenheit reicht weit in die Gegenwart hinein. Weinbergs „Die Passagierin“ steht da am anderen Ende. „Ich verstehe diese Oper“ so der Komponist Dmitri Schostakowitsch, „als einen Hymne an den Menschen, eine Hymne an die internationale Solidarität der Menschen, die dem fürchterlichsten Übel auf der Welt, dem Faschismus, die Stirn boten.“

„Wenn eines Tages eure Stimmen verhallt sind, dann gehen wir zugrunde.“ Mit diesen Schlussworten von Zofia  Posmysz, deren gleichnamiger Roman - auf eigener Erfahrung in Auschwitz beruhend - die Grundlage zu dieser Oper darstellt, weist die Regisseurin Nadja Loschky am Ende von Mieczysław Weinbergs Oper "Die Passagierin" auf unsere Verantwortung hin, all jene nie zu vergessen, die in Konzentrationslagern ums Leben kamen, und jene, die Verbrechen begangen haben. Und hier geht es um die riesige NS-Todesmaschine Auschwitz, die mindestens 1,1 Millionen Tote, darunter 90 % Juden, zu verantworten hat.

Zofia Posmysz starb 2022. Sie hatte bis dahin alle Inszenierungen als Zeitzeugin begleitet und legitimiert. Darauf konnte Nadja Loschky nicht mehr eingehen und schuf ein weitgehend realistisches Bild der Nazischergen im KZ. Vieles blieb Andeutung und entsprechende Szenen "erstarrten" in der Handlung. Die Brutalität wurde deutlich, aber nicht vollzogen. Wie auch immer, Betroffene bzw. Nachfahren werden an diesen Stellen wieder einmal verzweifelt den Kopf geschüttelt haben. 
Uniformen wurden SS-typisch eingesetzt, und die Häftlingskleidung nach üblicher Vorstellung. Aber gerade die Deutlichkeit ist für alle, die sich noch nicht so intensiv mit dem Geschehen auseinandersetzten oder noch heute in völliger Zustimmung verharren, tatsächlich notwendig: (in der Pause) "Hitler war ein genialer Führer, wusste, wie man mit verarmten Massen umgeht" oder "Mein Vater sagte immer, das stimmt nicht mit Auschwitz - es scheint doch was dran zu sein."

Der polnisch-jüdische Komponist, der seine Eltern und Schwester in der Shoah verlor, stellt in seiner 1968 vollendeten, jedoch erst 2010 szenisch uraufgeführten Oper musikalische Opulenz, Zwölftontechnik, Volkslied und Tanzmusik nebeneinander, was sehr eindringlich und emotional wirkt. Verschleiern und Vergessen sollen hier keine Chance haben. In Mainz handelt es sich um eine Kooperation mit der Oper Graz (an der die Inszenierung bereits 2020 zu sehen war).

Fünfzehn Jahre nach Kriegsende reisen Lisa und ihr Mann Walter, ein bundesdeutscher Diplomat, nach Brasilien, um dort ein neues Leben zu beginnen. Die Schiffspassage stellt gewissermaßen den Handlungsrahmen dar. Alles scheint in Ordnung, rosarot die Zukunft. Doch plötzlich fährt Lisa der Schrecken in alle Glieder: In einer Frau auf dem Schiff glaubt sie Marta wiederzuerkennen, eine ehemalige polnische Insassin im KZ Auschwitz, wo sie selbst als SS-Aufseherin tätig war. Szenen aus den Jahren 1943-44 in Auschwitz werden wieder lebendig und zwingen Lisa, ihrer Vergangenheit ins Auge zu blicken. Furcht vor Bestrafung als NS-Verbrecherin mit Gefängnisstrafe, Scheidung und Entlassung ihres Manns aus dem Staatsdienst drohen.

Erinnerungen an die vergangene, dunkle Zeit werden wach. Erinnerung an Opfer, Täter, aber auch an mutige Widerständler. Angst vor Entdeckung ergreift auch ihren Ehemann Walter, der von allem nichts wusste, sich beruflich ruiniert sieht und verzweifelt über die Gefahr der Schlagzeilen und des Skandals. Seine Frau versucht ihm weiszumachen, dass Marta damals ihre Güte und Zuwendung missbraucht hätte und nur deshalb in den Todesblock kam, während ihr Verlobter Tadeusz, ein Geigenspieler, gleich nach seinem letzten Vorspielen von betrunkenen Schergen ermordet wurde. Er ließ seiner Verlobten einen Zettel zukommen, auf dem stand, dass sie durchhalten solle, die Befreier kämen täglich näher. Marta schützte ihren Verlobten, simulierte einen Liebesbrief, was von Lisa aufgedeckt wurde, und zur Verlegung in den berüchtigten Todesblock führte, aus dem fast niemand mehr herauskam.

Nadja Loschky fügt eine dritte Zeitebene ein, auf der Lisa als alte Frau auf alles seit der SS-Zeit zurückblickt, alles erinnert, Revue passieren lässt und szenisch kommentierend versucht Ordnung in das Chaos zu bringen. Sie räumt unter anderem die Kleider der Vergasten vor den "Duschräumen" weg, ordentlich und genau, räumt sie ins Lager, tritt aufdringliche Häftlinge weg, die etwas von ihr wollen. Dann wieder steht sie stumm neben der Handlung.   

Am Ende triumphiert die Zeugin Marta schweigend an einem Tisch im Hintergrund sitzend. Sie könnte die Auslöserin des Skandals mit allen Folgen werden. Keiner weiß es.

Zeitgleich ist die Oper auch in München zu sehen, allerdings in einer anderen Inszenierung 
von Tobias Kratzerabstrakter, zurückhaltender die Problematik, aber ebenso wirkungsvoll. 2015 war die Oper bereits in Frankfurt zu sehen, anspruchsvoll inszeniert von Anselm Weber, ebenfalls viel abstrakter, und die Fahrt nach Brasilien noch gar nicht begonnen. Und 2013 gab es schon eine Inszenierung von Falk von Traubenberg in Karlsruhe, Heute Abend in Karlsruhe: DIE PASSAGIERIN.



Sonntag, 6. September 2015

Heute Saisonstart im Staatstheater Mainz: Zwei Wiederaufnahmen - MONTRÉAL und KOPFLOHN (UA)

Großes Haus
18:45 Einführung
19:30 - 21:00 Uhr tanzmainz
Wiederaufnahme
MONTRÉAL
Choreografien von
Danièle Desnoyers und José Navas


Eine Stadt wie keine andere: Montréal. Nicht nur für den Tanz ist dieser brodelnde Hort der Kreativität ein ständiger Motor. Wohl kaum eine andere Metropole hat so viele richtungsweisende Choreografen hervorgebracht.
Deshalb hat tanzmainz mit Danièle Desnoyers und José Navas zwei herausragende Künstler eingeladen, die die besonderen Energien und Stimmungen ihrer Heimatstadt mit dem Mainzer Ensemble in zwei eigenständige Tanzstücke übersetzen. In Danièle Desnoyers Blue Hour: Stunde der Wölfe spannt
sich der Bogen einer kanadischen Nacht und die Figuren oszillieren zwischen Zwang und Freiheit. José Navas hingegen übersetzt den Puls der Stadt in eine genau komponierte Vielfalt von Bewegungen.
Das Ensemble von tanzmainz wird in diesem atmosphärischen Abend zum Sinnbild der Antriebskräfte dieser faszinierenden Metropole.


Kleines Haus
18:45 Einführung
19:30 - 21:30 Uhr Schauspiel
Wiederaufnahme
KOPFLOHN (UA)
Von Dirk Laucke nach dem Roman von Anna Seghers


Spätsommer 1932 in Rheinhessen. Der verarmte Bauer Andreas Bastian kommt völlig abgearbeitet vom Feld, da erhält er unverhofften Besuch von einem entfernten Verwandten, Johann Schulz. Dass der jungekommunistische Aktivist nach einem Mord an einem Polizisten auf der Flucht ist, verheimlicht er der Familie und fügt sich in ihren Alltag ein. Die Zeiten im Dorf sind hart, jeder schielt neidvoll auf den Vorteil seines Nachbarn. Der junge Bauer Kunkel hält es daher für einträglich, eine SA-Gruppe im Dorf zu leiten. Die Antifaschistin Rendel übt Widerstand. Warum Bauer Bastian, der das Unheil kommen sieht, es ihr nicht gleich tut und nur furchtsam auf die junge Generation blickt, davon handelt Seghers kritischer Roman, den die Mainzer Autorin 1933 niederschrieb. Ihr gelingt eine packende und präzise Zeichnung der täglichen Mühen und Geisteshaltung der dörflichen Lebensgemeinschaften jener Zeit.

Samstag, 5. September 2015

Theater und Oper in Mainz - viel Leistung für wenig Geld

(c) Stefan Vieregg

Die normalen Preise im Staatstheater Mainz bewegen sich zwischen 55 und 16,50 EUR. Je nach Platz, Ermäßigungen oder Einkommensstatus lassen sich noch ein paar Euro sparen. Achten Sie auf die speziellen Angebotstickets!

+ Ein Theaterbesuch für die ganze Familie muss nicht teuer sein. Das Staatstheater bietet mit dem Familientarif zwei Erwachsenen (auch gerne die Großeltern) mit ihren Kindern / Enkeln für nur € 21,00 eine Vorstellung des justmainz (U17, Orchestersaal, Glashaus) besuchen! Billiger geht's nicht. Das Haupthaus ist leider nicht dabei.

Studenten haben wie in einigen anderen deutschen Universitätsstädten die Möglichkeit, kostenlos ins Theater zu gehen. Kulturbildung zum Studium dazu! Zwischen dem Staatstheater Mainz und den Hochschulen der Stadt Mainz besteht eine umfassende Kooperation. Ab drei Tage vor einer Vorstellung können Studierende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Fachhochschule Mainz unter Vorlage ihres Studierenden- und Personalausweises an der Theaterkasse eine unentgeltliche Eintrittskarte erhalten. Ausgenommen sind Premieren, Sonderveranstaltungen und die Platzgruppe b. Beim Einlass ist der Studentenausweis unaufgefordert vorzuzeigen! 

+ Ansonsten gilt 50 % Ermäßigung auf den Normalpreis wie auch für Schüler, Freiwilligendienstleistende, Auszubildende bis zum vollendeten 30. Lebensjahr und für Sozialhilfeempfänger und Erwerbslose, stets mit amtlichem Ausweis. 

Schwerbehinderte bekommen nur einen kleinen Nachlass, aber da wird sich Mainz hoffentlich noch was einfallen lassen. Ab 50 % GdB erhalten sie 20 % Ermäßigung auf den Normalpreis. Nachweislich notwendige Begleitpersonen haben freien Eintritt. 

+ Rentner und alle anderen können vor allem durch die Abonnements sparen: Sie erhalten eine Preisermäßigung von bis zu 50 % gegenüber dem regulären Kassenpreis. Außerdem können Sie eine unbegrenzte Anzahl von Karten zusätzlich zu Ihrem Abo mit einen Preisvorteil von 10% auf die Normalpreise bei Premieren und 25% bei allen anderen Vorstellungen erwerben. Sie haben ein Vorkaufsrecht für alle fest geplanten Vorstellungen der Spielzeit und erhalten eine Ermäßigung von 10 bis 15% beim Kauf einer Karte bei Oper Frankfurt, Schauspiel Frankfurt, Stadttheater Gießen, Staatstheater Kassel, Staatstheater Darmstadt, Hessisches Staatstheater Wiesbaden, Nationaltheater Mannheim, Stadttheater Heidelberg, Pfalztheater Kaiserslautern.

+ Alle Bürger aller Alters- und Einkommensklassen können als Vielbesucher neben Abos sparen mit der Last-Minute-Karte THEATER SPONTAN. Sie erhalten 50 % Ermäßigung an der Abendkasse der Staatstheater Mainz, Darmstadt und Wiesbaden. Die Gültigkeit beläuft sich auf ein Jahr ab Kaufdatum bei allen Veranstaltungen der teilnehmenden Theater. Der Jahrespreis ist 45,00 EUR für eine Person.

+ Auch für alle geeignet ist das Kartenangeln kurz vor Beginn: Eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn werden Restkarten mit 50 % Ermäßigung verkauft. Ausgenommen sind Sonderveranstaltungen (eine Woche voller Samstage, Fastnachtsposse usw.) und Gastspiele. Ein Anspruch darauf besteht nicht.

T 06131 2851 222
F 06131 2851 229
kasse@staatstheater-mainz.de 
Online Tickets
Theaterkasse
Montag bis Freitag 10:00 bis 19:00 Uhr
Samstag 10:00 bis 15:00 Uhr


Dienstag, 4. August 2015

Ungewöhnlich überzeugende Theaterarbeit abseits großer Theaterzentren: Staatstheater Mainz!

Mainzer Staatstheater   
Foto: privat



Mainzer Theaterprogramm erhält Auszeichnung
Wenn es nach den Autoren des Theatermagazins DIE DEUTSCHE BÜHNE geht, dann haben die Oper Frankfurt und die Komische Oper Berlin das beste Theater-Gesamtprogramm der Saison 2014/15 hingelegt. In der jährlichen Autorenumfrage der vom Deutschen Bühnenverein herausgegebenen Fachzeitschrift bekommen beide Häuser je vier Stimmen für ihre Gesamtleistung. Dabei würdigen die Autoren den Intendanten der Komischen Oper, Barrie Kosky, aber ausdrücklich auch als Regisseur. Und da Kosky in dieser Eigenschaft mit weiteren vier Stimmen auch die Kategorie Regiebeitrag zur aktuellen Entwicklung der Oper anführt, spricht vieles dafür, ihn als den herausragenden Opernkünstler der vergangenen Saison zu würdigen – und Bernd Loebe, den Intendanten der Oper Frankfurt, als den herausragenden Opernmanager. Platz Zwei der Gesamtleistungen erreichte mit drei Stimmen die Berliner Schaubühne am Lehniner Platz.

Auch in der Kategorie Ungewöhnlich überzeugende Theaterarbeit abseits großer Theaterzentren gab es eine knappe Entscheidung: Das Staatstheater Mainz, wo Markus Müller als neuer Intendant startete, bekam ebenso drei Stimmen wie das Theater Freiburg, setzte sich aber mit drei weiteren Stimmen in der Kategorie Bühnenbild/Kostüm/theatrale Raumsituation hauchdünn ab, denn Freiburg kann nur zwei zusätzliche Stimmen aufweisen. Unter den Off-Theatern im deutschsprachigen Raum liegt das Metropoltheater München mit drei Stimmen plus einer Zusatzstimme für einen Regiebeitrag zur aktuellen Entwicklung im Schauspiel vorn.

Klare Verhältnisse dagegen im Sprechtheater: Die 58 teilnehmenden Fachautoren kürten Nicolas Stemann mit fünf Stimmen zum führenden Regisseur, zugleich wurde damit seine Inszenierung von Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ am Thalia Theater Hamburg zur Inszenierung der Saison gewählt. Beim Tanz nannten die Autoren eine Vielzahl von Choreographen, von der sich Davide Bombana und Martin Schläpfer mit je zwei Stimmen nicht wirklich absetzen konnten.

Richtig unübersichtlich aber wird es in der Kategorie Bühnenbild/Kostüm/theatrale Raumsituation. Hier werden neben Bühnenbildnern – Olaf Altmann, Peter Bauer und Jan Pappelbaum bekamen je zwei Stimmen – mehrfach ganze Regieteams sowie Regisseure, Videofilmer oder sogar ganze Theatergruppen genannt. Wie denn die Antworten der Autoren überhaupt eine Tendenz zur Entgrenzung des Sparten- und Fachdisziplin-Denkens zeigen. Darin deutet sich die Konsequenz eines erweiterten Theaterbegriffs an: Das Theater öffnet sich für Installation, Performance oder Happening, amalgamiert dabei unterschiedlichste Genres und schafft so völlig neue Formate eines Theaters, das sich durchaus wieder als politisch versteht.


(
Die Deutsche Bühne vom 30.07.2015)

Sonntag, 28. Juni 2015

Mainz, 30.06.2015, Lesung: TRANSIT von Anna Seghers

Lesung: TRANSIT von Anna Seghers

Die Machtergreifung der Nazis und der Ausbruch des 2. Weltkrieges zwingen Anna Seghers, wie viele ihrer Schriftsteller-Kollegen, ins Exil. Über Frankreich gelangt sie nach Mexiko, nachdem ihr in den USA aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur politischen Linken die Einreise verweigert wird. In ihrem Roman Transit schildert sie eindrücklich die geradezu absurden Schwierigkeiten, mit denen die Ausreisewilligen zu kämpfen hatten. Und wie erging es ihr im Exil? Lesung mit:
Einrichtung: Kathrin Doering, Theresa Kost 
Datum: 30 Jun 2015
Uhrzeit: 19:30
Ort: Glashaus im Staatstheater Mainz 

Donnerstag, 5. März 2015

Staatstheater Mainz: „Schauspielen ist wie Bergarbeiten“

Monika Dortschy und Lilith Häßle erzählen vom Theaterleben

Monika Dortschy und Lilith Häßle berichten in der Allgemeine Zeitung vom 20.2.2015 über ihre Arbeit als Schauspielerinnen am Staatstheater Mainz. Monika Dortschy gehört seit 1996 zum Schauspiel-Ensemble. Für Lilith Häßle, 23 Jahre alt, ist dies ihr erstes festes Engagement in einem Theaterensemble.
Foto: Andreas EtterL. Häßle (c) Etter
„Schauspielen kann einen schon aussaugen“, bekennt sie Katharina Weygold von der Allgemeine Zeitung. Man wolle es jedem recht machen und der Umgang mit der Theaterkritik sei auch nicht ganz einfach. Ihr schauspielerischer Drang geht dabei über die Bühne hinaus: “Sie sei weniger auf die Rolle fixiert. Ich will mit unterschiedlichen Leuten arbeiten, Filme machen, die schauspielerische Vielfalt ausschöpfen.“ Ausgenutzt fühlt sie sich als junge Schauspielerin dabei jedoch nicht. Wenn sie auf der Bühne stehe, wolle sie die Zuschauer berühren und Gefühle in ihnen auslösen. Lilith Häßle verriet in einem Interview für RedaktionZukunft mit Raphaela Schniepp am 14.1.2014 weitere Pläne. Ihr Ziel sei es nach den zwei Jahren in Mainz freiberuflich Filme zu drehen und Theater zu spielen. „Nach Berlin an die Schaubühne oder an die Volksbühne zu gehen, das wäre ein Traum. Frei sein und nicht an einen Ort gebunden sein. Bleiben kann man immer, wenn man will. Aber soweit bin ich noch nicht.“
Foto: Andreas EtterM. Dortschy (c) Etter
Monika Dortschy wuchs auf einem Bauernhof in Schlesien auf und weiß zu berichten, dass ihre Eltern zusammengebrochen seien, als sie ihren Wunsch, Schauspielerin zu werden, mitgeteilt hatte. Heute arbeite sie den ganzen Tag am und für das Theater, sie sei mit Haut und Haaren dabei. „Einen Mittelweg gibt es nicht, sonst kann man nicht seine beste Leistung zeigen und ist selbst nicht zufrieden“, sagt Monika Dortschy der Zeitung. Ihre langjährige Berufserfahrung hilft ihr bei der Darstellung auf der Bühne. „Rollen leben vom direkten Zugriff auf das Leben“, sagt sie. Diese Erfahrung will sie auch an die jüngere Kollegin weitergeben. Doch ihre wahre Leidenschaft sind die Zuschauer: „Wenn die Zuschauer weinen, wird es im Raum anders ruhig“, sagt sie. „Dann haste se!“

Dienstag, 3. März 2015

Carl-Zuckmayer-Medaille für Bruno Ganz // Im Januar war Verleihung im Staatstheater Mainz





Für seine Verdienste um die deutsche Sprache wird der in Zürich lebende Schauspieler Bruno Ganz mit der Carl-Zuckmayer-Medaille 2015 geehrt. Ministerpräsidentin Malu Dreyer verlieh ihm die Auszeichnung bei einem Festakt am 18. Januar 2015, dem Todestag des gefeierten rheinhessischen Dichters, im Staatstheater Mainz.

Bedeutendster Schauspieler der letzten 50 Jahre
„Bruno Ganz ist einer der bedeutendsten Theater- und Filmschauspieler der vergangenen fünf Jahrzehnte sowohl im deutschsprachigen wie auch im gesamten europäischen Raum. Er gehört zu den ganz wenigen Schauspielern, denen es gelingt, das Feuilleton ebenso zu Begeisterungsstürmen hinzureißen wie ein großes Publikum“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer zur Begründung für ihre Entscheidung.

Bruno Ganz habe die Fähigkeit, Menschen so zu spielen, dass man ihre Gefühle spürt und ihre Gedanken denkt. „Dieser Drang, den Dingen auf den Grund zu gehen, Konflikte nicht nur in der Handlung, sondern im Innern seiner Figuren auszuloten, verbindet Bruno Ganz mit Carl Zuckmayer“, so die Ministerpräsidentin.

Träger des Iffland-Rings
Sowohl im Theater und im Kino als auch im Fernsehen habe der neue Carl-Zuckmayer-Preisträger mit den größten Regisseuren dieser Zeit zusammengearbeitet und fast alle wichtigen Preise gewonnen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer wies darauf hin, dass der Schauspieler Josef Meinrad ihm 1996 den Iffland-Ring vermacht habe, eine Auszeichnung, die dem „jeweils bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters“ auf Lebenszeit verliehen wird.

Die Carl-Zuckmayer-Medaille
Mit der Carl-Zuckmayer-Medaille ehrt das Land Rheinland-Pfalz seit 1979 Persönlichkeiten, die sich um die deutsche Sprache verdient gemacht haben. Sie findet immer am 18. Januar statt. Die Medaille wurde von dem Pfälzer Künstler Otto Kallenbach geschaffen. Zur Ehrung gehört ein 30-Liter-Fass mit dem von Carl Zuckmayer geschätzten Nackenheimer Wein.

Trägerinnen und Träger der Carl-Zuckmayer-Medaille
Günther Fleckenstein (1979), Werner Hinz (1980), Georg Hensel (1982), Friedrich Dürrenmatt (1984), Ludwig Harig (1985), Dolf Sternberger (1986), Tankred Dorst (1987), Günter Strack (1988), Hanns Dieter Hüsch (1989), Martin Walser, Adolf Muschg, André Weckmann (1990), Albrecht Schöne (1991), Hilde Domin (1992), Hans Sahl (1993), Fred Oberhauser (1994), Grete Weil (1995), Mario Adorf (1996), Katharina Thalbach (1997), Harald Weinrich (1998), Eva-Maria Hagen (1999), Peter Rühmkorf (2000), Mirjam Pressler (2001), Herta Müller (2002), Monika Maron, Wolf von Lojewski (2003), Edgar Reitz (2004), Thomas Brussig (2005), Armin Mueller-Stahl (2006), Udo Lindenberg (2007), Bodo Kirchhoff (2008), Volker Schlöndorff (2009), Emine Sevgi Özdamar (2010), Hans Werner Kilz (2011), Uwe Timm (2012), Doris Dörrie (2013) und Dieter Kühn (2014).

Dienstag, 7. Oktober 2014

Morgen in Mainz: SCHINDERHANNES. Nach dem Volksstück von Carl Zuckmayer


08.10.2014
Staatstheater Mainz, Kleines Haus
18:45 Uhr Einführung
19:30 Uhr Schauspiel


SCHINDERHANNES



Nach dem Volksstück von Carl Zuckmayer


Johannes Bückler, Räuberhauptmann aus napoleonischer Zeit, genannt der Schinderhannes,­ fasziniert bis heute. Filme, ­Romane und Lieder, ja sogar Biersorten wurden nach ihm ­benannt. Als Carl Zuckmayer 1927 sein Volksstück Schinderhannes herausbrachte, war er bereits ein ­gefeierter Dramatiker. In seiner Legende raubt Bückler als‚ Robin Hood aus dem Hunsrück‘ reiche Kaufleute aus und beschenkt arme Bauern. Als er sich in seinem Übermut sogar mit dem ­französischen Militär anlegt, wird seine Bande zersprengt. Er wird verraten, den Franzosen über­geben und – nach einer ­letzten Liebesnacht mit seinem geliebten Julchen – in Mainz geköpft. Es kommen 40.000 Zuschauer.

Hausregisseur Jan-Christoph Gockel und sein Team beschäftigen sich mit dem Heldenmythos Schinderhannes in einer projekthaften Erzählweise. Bücklers heute noch vorhandener Mythos ergibt sich vor allem aus dem Punkt, dass noch zu seinen Lebzeiten zwei Biographien mit dem Titel Schinderhannes erschienen, die eine weitgehend fiktive Lebensgeschichte erzählten. Hier war er bereits zu dem „edlen“ Räuber, charismatischen Führer und fröhlichen Hallodri geworden, wie er zuletzt von dem bekannten Schauspieler Curd Jürgens im Kinofilm von 1957 gespielt wurde. Bis heute wird der Schinderhannes zu einem typischen Vertreter des rheinischen Volkstums verklärt, eine Art liebenswürdigen Eulenspiegel, der allein durch die Schuld der bösen Umwelt entgleist sei.

In der theatralen Auseinandersetzung mit dem Mythos Schinderhannes werden die historischen Figuren, ebenso wie Carl Zuckmayer selbst - der seine Jugend in Mainz verbrachte - zu Wort kommen. Vergleichbar mit Gockels Grimm-Abend überlagern sich hier historische, fiktive, biografische und persönliche Ebenen zu einem großen Schinderhannes-Spektakel.


Schinderhannes bei viereggtext:

Regionales Kalenderblatt: Todestag von Schinderhannes

Dienstag, 16. September 2014

Das Schauspiel-Programm im Staatstheater Mainz

Die Öffnung des Mainzer Theaters steht nicht nur ganz oben auf der Agenda von Markus Müller, sondern auch am Anfang der Spielzeit in der Form von zwei außergewöhnlichen Projekten.

THE COMPLETE MANUAL OF EVACUATION, Untertitel: Ein Orientierungsplan für die Rhein-Main-Region, findet in der Zeit vom 12.9. bis 5.10.2014 statt. Über 30 S-Bahn-Stationen werden dabei zu Start- und Ausgangspunkten für Kunstaktionen, Inszenierungen, geheimen Versammlungen, Ortserkundungen und Spurensuchen. Die künstlerische Leitung obliegt dem Japaner Akira Takayama.

Das Projekt NEUSTADT ist ein performativer Stadtspaziergang durch die Mainzer Neustadt, der zwischen dem 25.9. und dem 2.10.2014 stattfinden soll. Die Spielleitung hat Sara Ostertag.


Die regionale Verortung des Staatstheaters Mainz in der Region kommt darin zum Ausdruck, dass die erste Schauspielpremiere ein Stück des Nackenheimers und Ehrenbürgers von Mainz Carl Zuckmayer ist. 

Die Premiere von SCHINDERHANNES findet am 3.10.2014 statt. Inszeniert wird das Stück von dem in Mainz bereits bekannten Regisseur Jan-Christoph Gockel.

LENZ nach Büchner (30.10.2014), MISS SARA SAMPSON von Lessing (22.11.2014), ARSEN UND SPITZENHÄUBCHEN von Joseph Kesselring (6.12.2014) und DIE RATTEN von Hauptmann (27.2.2015) gehören zu den hinlänglich bekannten Stücken. Bei mit dem Pulitzer Preis 2012 ausgezeichneten WATER BY THE SPOONFUL von Quiara Alegria Hudes, GAUNERSTÜCK von Dea Loher (2014), VERBRENNUNGEN von Wajdi Mouawad (2003), KOPFLOHN von Dirk Laucke, ach dem Roman von Anna Seghers (1933) und SLEEPLESS von Hannah Barker und Liam Jarvis (2015) handelt es sich dagegen um zeitgenössische Theaterstücke. Ergänzt wird dieses Schauspielprogramm um eine Reihe von Produktionen für Kinder- und Jugendliche (justmainz).

Auf dem Programm steht ferner das Musical DIE SIRENEN DES TITAN von Brigitte Helbling (Text) und Markus Schönholzer (Musik), nach dem Roman von Kurt Vonnegut (1959). Die Uraufführung findet am 29.1.2015 statt.

Wiederaufgenommen wird GRIMM. EIN DEUTSCHES MÄRCHEN, Theaterprojekt nach den Brüdern Grimm, Inszenierung: Jan-Christoph Gockel und David Schliesing, am 11.1.2015.

Premieren im Schauspiel
SCHINDERHANNES, nach dem Volksstück von Carl Zuckmayer (1927), Inszenierung: Jan-Christoph Gockel, (Premiere 3. Oktober 2014)
WATER BY THE SPOONFUL von Quiara Alegria Hudes (2011), Inszenierung: K.D.Schmidt, (Premiere 4. Oktober 2014)
SUPERHERO, nach dem Roman von Anthony McCarten (2007), ab 12 Jahre, Inszenierung: Markolf Naujoks, (Premiere 10. Oktober 2014)
DER DICKSTE PINGUIN VOM POL von Ulrich Hub (1996), ab 4 Jahre, Inszenierung: Ronny Jakubaschk, (Premiere 15. Oktober 2014)
Lilli/HEINER Intra Muros von Lucie Depauw (2014), Inszenierung: Brit Bartkowiak (Uraufführung 24. Oktober 2014)
LENZ nach der Erzählung von Georg Büchner (1839), Inszenierung: K.D. Schmidt, (Premiere 30. Oktober 2014)
DIE SCHNEEKÖNIGIN, nach dem gleichnamigen Märchen von Hans Christian Andersen (1844), ab 6 Jahre, Inszenierung: Christina Rast, (Premiere 14. November 2014)
MISS SARA SAMPSON von Gotthold Ephraim Lessing (1755), Inszenierung: Markolf Naujoks, (Premiere 22. November 2014)
ARSEN UND SPITZENHÄUBCHEN von Joseph Kesselring (1941), Inszenierung: Ronny Jakubaschk, (Premiere 6. Dezember 2014)
DER SCHWARZE KOMET von Mass & Fieber OST, Inszenierung: Niklaus Helbling, (Premiere 18. Dezember 2014)
ALS MEIN VATER EIN BUSCH WURDE und ich meinen Namen verlor, nach dem Kinderbuch von Joke van Leeuwen (2010), Ab 10 Jahre, (Deutschsprachige Erstaufführung, 24. Januar 2015)
DIE SIRENEN DES TITAN, Musical von Brigitte Helbling (Text) und Markus Schönholzer (Musik), nach dem Roman von Kurt Vonnegut (1959), (Uraufführung 29. Januar 2015)
DIE RATTEN, Berliner Tragikomödie von Gerhart Hauptmann (1911), Inszenierung: Jan-Christoph Gockel, (Premiere 27. Februar 2015)
GAUNERSTÜCK von Dea Loher (2014), Inszenierung: Marc Becker, 28. März 2015
SPINNERLING von Simon van der Geest (2009), ab 8 Jahren, Deutschsprachige Erstaufführung, Inszenierung: Sara Ostertag, (Premiere 17. April 2015)
VERBRENNUNGEN von Wajdi Mouawad (2003) Inszenierung: Klaus Schumacher, (Premiere 18. April 2015)
DEPORTATION CAST von Björn Bicker (2011), ab 14 Jahren, Inszenierung: Brit Bartkowiak, (Premiere 19. April 2015)
KOPFLOHN von Dirk Laucke, nach dem Roman von Anna Seghers (1933), Inszenierung: K.D. Schmidt, Uraufführung Mitte Juni 2015
SLEEPLESS von Hannah Barker und Liam Jarvis (2015), Inszenierung: Hannah Barker und Liam Jarvis, (Premiere 2. Juli 2015)
ANTONIUS UND CLEOPATRA von William Shakespeare (1607), Inszenierung: Claudia Bauer, (Premiere 20. Juni 2015)

Dienstag, 9. September 2014

Staatstheater Mainz: Theater sucht barocke Bilderrahmen

Das Staatstheater Mainz bittet um die Mithilfe aller Theaterbesucher bei der Suche nach großen, alten Barock-Bilderrahmen aus Holz. Diese sollen, mit den Porträts der Darsteller bestückt, in den Foyers des Großen Hauses aufgehängt werden. Rahmen ab einer Größe von 59 x 42 cm können an der Bühnenpforte (Georg-Moller-Passage) montags bis freitags zwischen 8:00 Uhr und 18:00 Uhr als Spende abgegeben werden. Da die Rahmen noch bearbeitet werden, ist eine spätere Rückgabe nicht möglich.
Unter allen Spendern verlost das Staatstheater fünf mal zwei Eintrittskarten. Deswegen bitte Name und Anschrift an der Bühnenpforte hinterlassen.

Fragen beantwortet Frau Katrin Doering.

Dienstag, 17. Juni 2014

Wie war's am 15.06.2014 bei LADY IN THE DARK, Musical von Kurt Weill, im Staatstheater Mainz?





Kurt Weills Tarot der Psychoanalyse

Lasst euch analysieren und therapieren, so lautet die unterschwellige Botschaft eines Musicals, das im Staatstheater Mainz als Abschiedsproduktion vom scheidenden Intendant Matthias Fontheim nach dessen achtjähriger Tätigkeit am Staatstheater inszeniert wurde, und damit hat es bei vielen Menschen Recht. Beim Psychiater, selbst wenn es um 1940 spielt, sei es nicht steril, tot und dunkel, sondern absolut bunt, lebendig und freundlich, lässt uns das Stück fast ein bisschen zu werbend aufgesetzt wissen, und es gelinge ihm spielend, die Probleme in unserer Psyche aufzudecken und Lösungen anzubieten. 
Kurt Weills direkte Werbung für die Tiefenpsychologie und Psychoanalyse findet der Theaterbesucher in dem Musical "Lady in the Dark", mit dem der 1935 nach New York emigrierte jüdische Komponist 1941 seinen internationalen Durchbruch am Broadway mit einem Rekord von damals 467 Vorstellungen ohne Unterbrechung schaffte. Kurt Weill gehörte zu den überlebenden, weil rechtzeitig geflohenen Kreativen, die aus ihrer Verfolgung einen Welterfolg ihres Schaffens machen konnten. Bei den Nazis wäre diese Offenheit für psychoanalytische Deutungen niemals zugelassen worden, sonst hätten manche womöglich noch entdeckt, dass ihre Ergebenheit dem Führerkult gegenüber behandlungsbedürftig ist.

Nicht neu auf der Bühne, aber sehr realistisch und plausibel, sozusagen wissenschaftlich fundiert, legt Weill ausführlich und unterhaltsam in seinem Musical die psychische Lage einer jungen Frau in Traumbildern offen, die sich per Erziehung immer nur als hässliches Entlein entwickeln durfte und an diesem unbegründeten Minderwertigkeitskomplex litt, bis ihr bewusst wurde, dass dies alles nicht stimmte, aber ihr Eltern immer wollten, dass sie ihrer Mutter nicht ebenbürtig werden durfte oder sie gar übertrumpfte. 
Der Zirkustraum
Liza Elliots Geschichte steht im Rampenlicht des Stücks. In mehreren Sitzungen beim Psychoanalytiker wird ihr Trauma mittels Traumdeutung entrollt und durch sichtbares psychisches Geschehen in Szene gesetzt. Mit der vielseitig einsetzbaren und dominant mit einer Treppe gestalteten Drehbühne und Bühnenbild von Stefan Heyne gab es die richtige Kulisse für die vier wichtigen Träume der Liza „Glamour Dream“, „Wedding Dream“, „Circus Dream“ und „Childhood Dream“. Die Treppe als Zeichen für das Hinauf- ins Bewusste und Hinabsteigen ins Unbewusste beförderte so manches zu Tage, was Liza in den Wochen und Monaten vor dem Psychiaterbesuch wie Gespenster am Tage oder bei Nacht heimsuchte. In ihren Angst- und Panikattacken erlebt sie sich trotz beruflichen Erfolgs - sie ist seit 10 Jahren Herausgeberin der erfolgreichen Modezeitschrift "Allure", hat ein Verhältnis mit dem Verleger Kendall Nesbitt, könnte plötzlich seine Frau werden, weil seine jetzige der Scheidung zustimmte - als deplatziert, ungeliebt und nicht autorisiert, die Rolle einer jungen hübschen Frau anzunehmen. Eigentlich hat sie sehr viel für ihren Werbechef Charley Johnson übrig, aber dessen schnoddrige und daueranmachende Art ruft (wie sollte es anders sein?) Aggressionen bei ihr hervor. Am Tag vor dem ersten Psychiaterbesuch hate sie noch einen Briefbeschwerer nach ihm geworfen. Sie läuft (auffällig in der modebewussten Umgebung ihres Arbeitsplatzes) als bürgerlicher Büroschreck durch die Welt, statt ihre Modewelt zu nutzen, etwa neue Kreationen auszuprobieren und im Rampenlicht des Publikums und der Männerwelt zu stehen.  
Dieses Mauerblümchenempfinden ist kein Wunder bei ihrem Trauma, denn mit dem Bewusstein aufzuwachsen, nicht begehrt zu sein und nie das Mutterbild erreichen zu dürfen, führt schwerlich zu einer selbstbewussten und attraktiven Erscheinung. Nach anfänglichen Abwehrmechanismen lässt sie sich mehr und mehr auf die Couch ein. 


Der Zirkustraum
Wichtig für den Verlauf ihrer Heilung sind verschiedene Einsichten und Erkenntnisse. Da ist der Glamourtraum, in dem sie sich als begehrte Diva wie ihre Mutter sieht. "Oh Himmlische in deinem Elfenbeinturm", jubeln die Anhänger. "Was Julia war für Romeo, bist du für mich". Die ganze Prominenz liebt sie, Schostakowitsch schreibt Kantaten für sie, Gandhi will Eunuch für sie werden, Aldous Huxley schreibt sein neues Buch für sie und viele(s) mehr. "Höchste" Ehren werden ihr zuteil, frozzelt Ira Gershwin, der Bruder von George Gershwin, in seinen Musical-Texten (Moss Hart hat das Buch geschrieben), sie soll auf der 3-Cent-Briefmarke der USA prangen. Der Offizier, der die Botschaft vom Präsidenten bringt, malt sie gleich: So wie sie im Leben steht. Sie darf keine andere sein! Schrecken und Entsetzen bei allen ihren Bekannten (aus dem Berufsleben), die sie zuvor verehrten, Liza lächerlich gemacht. Alle wollen noch ein Stück der geliebten Liza ergattern, zerfetzen die Kleider und Stola ... ein fürchterliches Traumende. Freuds Traumdeutung, die Bausteine der Traumarbeit, Verdichtung verschiedener Inhalte und Personen zu neuen Bildern, Verschiebung des Problems auf ein unbedeutenderes als Maßnahme zur innerpsychischen Zensurpassierung werden szenisch umgesetzt. Mit Lacan gesprochen findet eine Metaphorisierung und Metonymisierung des psychischen Kernproblems statt - und diese können wir in allen Traumbildern verfolgen.
Nachdem ihr Geliebter Kendall mitteilt, dass er endlich die Scheidung bekommt und Eliza heiraten könnte, fällt sie wieder in Panik - hier wird aber auch klar, dass sie sich den Verleger nur als Karrieresteigleiter und Sicherheit hält. In dieses Dilemma spielt Randy Curtis hinein, die Number 1 der Schauspieler, heißbegehrt von den Frauen. Er will mit ihr Essen gehen. Eine Wiederholung eines Erlebnisses an der Highschool, das im vierten Traum erwähnt wird. Der schönste Boy küsste sie in einer Phase des Beziehungstreits mit dem schönsten Girl der Schule - sie! Liza, die nur die beste Schülerin war -, verließ sie aber wieder im Zuge der Versöhnung mit seiner Freundin. Dieses Mal wird es anders werden. Am Ende hält die Number 1 um ihre Hand an und sie sagt ja! Genauso verarbeitet der Traum 2 - der Hochzeitstraum - die aktuellen Erlebnisse, ihr Ängste und Wünsche und zeigt einen Ausweg an: High-School-Freunde geben die Heirat mit dem viel älteren Kendall bekannt, im Klatsch wird seine finanzielle Ermöglichung von "Allure" hervorgehoben. Randy Curtis prahlt, dass er im Auto mit ihr nach dem Dinner redete. "Was peinigt dich, Liza Elliot? Was hast du für Ängste? Morgen ist dein Hochzeitstag!", singen die ehemaligen Mitschüler.  Der Eheringverkäufer ist ihr eigentlich geliebter Werbechef, der ihr einen Dolch aushändigt, das Rivalentum wird hervorgehoben. Eine Szene aus ferner Vergangenheit, Eliza wurde in einem Kindertheaterspiel als Prinzessin dem König versprochen, eine Minnesänger machte das Rennen (hier wohl Charley als omninöse Vorschau. Und dann die Abholung zur Trauung, das Zwingen vor den Altar, das Gewissen unterstellt ihr zu lügen, Verrat an Gottes Plan, jeder weiß, das sie den Mann nicht liebt. Sie beteuert ihre Unschuld, ihren Willen! Dramatisches Innenleben ...
Dr. Brook macht ihr klar, dass sie aus Verlustangst um ihren Geliebten nicht mit anderen Frauen konkurrieren will. Deshalb würde sie sich unscheinbar kleiden, während sie andere dafür mit Mode schöner macht. Sie wird sauer über diese Wahrheit, streitet mit Kendall und Charley, sagt Kendall die Wahrheit und bekommt einen Weinkrampf, als Charley kündigt und ihr sagt, dass sie eh nur prüde sei, weswegen es weder Sex noch Kinder bei ihr gäbe. Sie zieht sich das Modellkleid über, das in ihrem Büro steht und geht mit Randy aus: "Mr. Curtis, ich bin bereit!", sagt sie doppeldeutig.    

Am nächsten Tag muss sie sich entscheiden, welches Cover für die Osterausgabe in Frage kommt.  Etwa das Zirkusmotiv von Charley? Sie stürzt wieder in Panik und entwickelt einen Tagtraum daraus: Der Zirkustraum. Ihr Fotograf Russell Paxton wird Richter in "der größten Show der Welt" - ihre mangelnde Entscheidungskraft soll vor Gericht verhandelt werden. Urteil: Sie MUSS sich entscheiden. In einem bunten Treiben beklagt sich Kendall als Löwenbändiger, dass sie nicht auf ihn eingeht. Liza verteidigt sich mit "Die Saga von Jenny" (eine Meise hat, wer fest entschlossen ist) und weist darauf hin, dass Fehlentscheidungen schlimme Folgen haben können. Aber niemand ist zufriedengestellt, vielmehr kennt das Gericht die Melodie ihrer Kindheitstage, die sie immer summte. Die Melodie und der Text dieses Liedes spielen von Anfang an eine große Bedeutung in ihrer Ich-Findung.


Charley und Liza am Ende
Nach der Konsultation von Dr. Brooks erläutert ein letzter Traum - Der Kindheitstraum -, was bei ihren Eltern geschah, der Vater, der froh war, das sie hässlich war, schließlich hätte er ja eine schöne Frau im Haus, beim Kindertheater wollte der Prinz damals sich nicht mit ihr auf der Bühne zeigen, und schließlich der attraktive Ben.

So schließt sich der Kreis der Psychoanalyse, sie erfährt ihre wahren Antriebe und Sperren, kann frei Randy zu einer festen Beziehung zusagen, wobei gleich eine Enttäuschung dabei ist, er geht weg aus New York. Sie kann nicht wie geplant den ganzen Bettel hinwerfen. Mit Charley versöhnt sie sich, sie singen zusammen das Kinderlied ihrer Kindheit, das er auch kennt. Und so darf sie straffrei zwei Männer lieben und sich von ihnen lieben lassen: Randy und Charley, mit dem sie weiter zusammenarbeiten wird. 

Noch einmal am 

Dienstag, 22. Oktober 2013

Heute Abend in Mainz: LAICHEN von Johannes Hoffmann


Di 22.10.2013, 20:00 Uhr, DECK 3 (Gutenberplatz 7), Staatstheater Mainz

LAICHEN

Johannes Hoffmann

Samstag. Wochenendbeginn. Sommer. Es ist heiß. Die Vögel zwitschern im Grünen - direkt neben dem herrlich plätschernden Pool. Herwig, Sandra und Marko sind die netten Leute von nebenan. Mit gepflegtem Grundstück. Mit großem Haus. Alles läuft gut, Familie und Vorstadtexistenz sind gesichert. Und dennoch ... Was passiert eigentlich, wenn alle Wunschträume erfüllt sind, die Hälfte des Lebens aber noch vor einem liegt? ... Ein Windstoß von Osten. Und im Pool laichen die Frösche.

Juliane Kann
(*1982) ist eine gefeierte Dramatikerin. Ihre Stücke wurden u. a. in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Mannheim und Stuttgart uraufgeführt. Seit 2009 studiert sie an der Hochschule „Ernst Busch“ in Berlin Regie. 

Zu Beginn der Spielzeit wurde präsentiert und prämiert – nun wird „premiert“. Das im September zur Eröffnung der neuen Spielstätte Deck 3 gekürte Stück wird endlich in Gänze gezeigt.
Die Beschäftigung mit einem Stück aus dem Wettbewerb „Text trifft Regie“ wird intensiviert, der inszenatorische Zugriff vertieft und der im September als rohe Werkstattinszenierung vorgestellte Text zur abendfüllenden Uraufführung gebracht.


Montag, 17. Juni 2013

Heute Abend in Mainz: INGER / GODANI / TOUZEAU Ballettprogramm in drei Teilen

17.06.2013    I    19:30 Uhr    I    Staatstheater Mainz, Großes Haus


INGER / GODANI / TOUZEAU
Ballettprogramm in drei Teilen
ca. 2 Stunden mit zwei Pausen

DREAMPLAY
Musik Igor Strawinsky: Le sacre du printemps
DREAMPLAY      Foto: Martina Pipprich

RAW MODELS       Foto: Martina Pipprich
    
LES NOCES     Foto: Martina Pipprich
Choreographie Johan Inger
Bühne und Kostüme Mylla Ek

RAW MODELS
Deutsche Erstaufführung
Musik 48nord
Choreographie und Konzept,
Bühne, Kostüme und Licht
Jacopo Godani

LES NOCES
Uraufführung
Musik Igor Strawinsky: Les noces (Die Bauernhochzeit)
Choreographie und Konzept,
Bühne, Kostüme und Licht
Pascal Touzeau

Johan Inger, damals noch selbst Tänzer des Nederlands Dans Theater, schuf im Jahr 2000 seine Arbeit „Dream Play“ auf einen Ausschnitt aus Strawinskys „Le Sacre du printemps“. Er interpretiert das emotional stark aufgeladene „Frühlingsopfer“ als den Tagtraum eines jungen Mannes, der auf der Straße einer schönen Frau begegnet: Was wird wohl passieren, wenn er sie ansprechen würde? Man sieht vier sich balgende Jungs, zwei Frauen, ein Schuss fällt … Da lässt der Mann die Frau doch lieber passieren.

Wie Johan Inger wählte auch Pascal Touzeau im April 2013 eine Komposition Strawinskys als musikalische Grundlage für seine Choreographie und zeigt mit dieser Arbeit eine Neuinterpretation der 1913 uraufgeführten Ballettkomposition „Les Noces“ – zu Deutsch „Bauernhochzeit“. Pascal Touzeau nimmt sich der von der russischen Volksmusik geprägten Komposition an und erzählt seine Version des Hochzeitsrituals.

Montag, 13. Mai 2013

Heute Abend in Mainz: La Gerusalemme liberata (öffentliche Probe)

13.05. Mo / Einführung u. ÖFFENTLICHE PROBE / Beginn 18:00 / Staatstheater Mainz, KLEINES HAUS

La Gerusalemme liberata

Mit „La Gerusalemme liberata“ gelang Carlo Pallavicino (1630–1688) eines der großen Werke der venezianischen Oper des 17. Jahrhunderts. Die Stofffülle von Torquato Tassos Versepos wird hier nicht gebändigt, sondern in ihrer ganzen Vielfarbigkeit auf die Bühne gebracht: Rinaldo und Armida, Tancredi und Clorinda – Figuren, die man aus Opern von Monteverdi, Händel und Rossini kennt und liebt – kommen ebenso zum Zuge wie die Eroberung Jerusalems durch Gottfried von Bouillon. Liebe, Krieg und kontraststarke Komik wechseln sich ab in diesem Meisterwerk, das genügend Spontaneität besitzt, um den Wechselfällen der Handlung zu folgen, ebenso jedoch mit früher Meisterschaft melodisch berückende Ruhepunkte in Gestalt von Da-capo-Arien schafft.

Sandra Leupold hat u. a. in Frankfurt am Main und Leipzig inszeniert. Mit ihren Inszenierungen von „Pelléas et Mélisande“, „Parsifal“ und „Tannhäuser“ hat sie auch am Staatstheater Mainz wichtige Beiträge zum zeitgenössischen Musiktheater geleistet.


Premiere am 17. Mai 2013, Kleines Haus, 19:30 Uhr: anschl. öffentliche Premierenfeier
Dramma per Musica von Carlo Pallavicino
Nach dem gleichnamigen Epos des Torquato Tasso
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln 

Musikalische Leitung Christian Rohrbach
Inszenierung Sandra Leupold
Bühne Andreas Wilkens
Kostüme Andreas Wilkens

Mitglieder des Philharmonischen Staatsorchesters Mainz


Weitere Termine: 19.5., 20.5., 31.5., 2.6., 15.6., 18.6., 20.6. 19:30 Uhr

Montag, 29. April 2013

Heute Abend im Staatstheater Mainz: CHATROOM

29.04.2013  I  20 Uhr  I  Staatstheater Mainz, Deck 3


Chatroom
von Enda Walsh
ab 14 Jahre

„Das wird ein Spaß. Im Moment sind wir alles, was er hat. Wir sind rund um die Uhr für ihn da! Lassen wir ihn reden. Klempnern wir ’n bisschen in ihm rum. Schauen wir, wie weit er geht.“
Sechs Jugendliche treffen in der Anonymität eines Chatrooms aufeinander. Keine echten Namen, keine Adressen, keine Telefonnummern. Sie wissen nur, dass sie im gleichen Alter sind, aus derselben Stadt kommen und frustrierte Mittelschichtkinder sind. Das muss reichen, das gibt ihnen mehr Freiheit. Sie schlafwandeln durch ihre Tage und warten darauf, dass etwas passiert. Getrieben vom Wunsch, etwas Wichtiges zu tun, ein Anliegen zu haben, verlieren sie sich doch nur in belanglos virtuellen Plaudereien über mediale Gehirnwäsche und manipulierende Plattenfirmen. Aber Jim scheint ein echtes Problem zu haben. Hilfe sucht er im Selbstmord-Chatroom, für den klare Regeln gelten: Keine Ratschläge, nur zuhören. Doch hier sind Worte Macht, und William und Eva haben die richtigen Worte und die nötige Abgebrühtheit. Jims Selbstmord – öffentlich und live – könnte genau das Fanal sein, das ihre Generation braucht und Jim zur Legende werden lässt.
Das Internet ist längst keine virtuelle Parallelwelt mehr ohne Bezug zum Real Life. Beide Welten durchdringen und beeinflussen. Chancen und Risiken liegen dicht beieinander, und Medienkompetenz wird zum analog-hilflosen Begriff, der von den Digital Natives schon beizeiten lächelnd eingemottet wurde. In pointierten Dialogen und genau beobachtetem Sprachgestus zeichnet Enda Walsh das Bild einer Generation, die auf der Suche nach sich, dem Sinn und dem richtigen Leben in einer immer schneller werdenden Welt ist.

Pedro Martins Beja,
(*1978) inszenierte u. a. in Berlin, Hamburg, Osnabrück und Frankfurt. Seine Einrichtung von „Autofahrt ins All“ gewann 2011 den Regiepreis bei „Text trifft Regie“, 2012 zeigte er die Uraufführung im TiC Werkraum.

Inszenierung Pedro Martins Beja
Bühne Pedro Martins Beja
Kostüme Christine von Bernstein
Musik  Jörg Follert
Dramaturgie  Barbara Stößel

Dienstag, 16. April 2013

Heute Abend in Mannheim: Satoe – Gesegnete Heimat

Gastspiel auf Einladung der Mannheimer Bürgerbühne:
Satoe – Gesegnete Heimat
Eine Koproduktion von Label Noir und dem Staatstheater Mainz
am 16. April, 19.00 Uhr, Studio


Wie nah ist „fremd“ uns eigentlich täglich? Was ist „fremd“, wer, warum und wodurch?
Im Sommer 2011 fand sich am Staatstheater Mainz ein Ensemble von Menschen zwischen 16 und 73 zusammen, um sich über ganz persönliche Erfahrungen, Hintergründe und Geschichten im Zusammenhang mit Heimat auszutauschen. So entstand das Stück Satoe – Gesegnete Heimat, in dem Spieler verschiedenster kultureller, sprachlicher und nationaler Hintergründe das Fremd- und das Heimischsein in all seinen Facetten bespielen, betanzen, besingen, beweinen und belachen. Für- und miteinander erinnern sie sich daran, was für sie Fremd-Sein, Heimat und Migration (nicht) bedeutet und nehmen dabei das Publikum mit auf eine Reise durch zwölf Kapitel: zwölf Geschichten von zwölf Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, und dennoch sind es am Ende zwölf Kapitel einer einzigen großen Geschichte, die von der ewigen Suche des Menschen nach Zugehörigkeit erzählt.

Preise:  14,- / 8,50 €

Im Anschluss Publikumsgespräch in der Lobby Werkhaus.

Die Aufführung ist Teil des Bundesaktionstags „Wir für Demokratie – Tag und Nacht für Toleranz“ und wird im Rahmen des Mannheimer Aktionsplans für Toleranz und Demokratie (MAP) gefordert.

www.nationaltheater-mannheim.de; Kartentelefon: 0621 – 16 80 150