TEUFELSKINDER von Jules Amedée Barbey D'Aurevilly
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(c) pürüdo |
Wäscheleinen
Wir stehen im Wind
wir erreichen sie nicht
stoffverbrämt eingebunden, voller Verlangen
nach Wortbruch, voller Sehnsucht nach Stürmen
die allein das Präsens verschonen - also uns
am Rand der Wiese sind sie aufgespannt
Gewebe aller Art Geschichten -
in denen Blut trocknet so wie Tränen, Ruß
und Geduld der Faden riss und neu gewebt
so mürbe, dass er hält, was du mir nie versprachst
dahinter die Häuser Landschaften von morgen
am Rand der Wiese sind sie aufgespannt
spazierten wir so Arm in Arm (in meiner Fantasie)
träfen wir auf sie, die windgesäumten
Geschichten und Gewebe aller Art.
(c) Kerstin Seidel
Mutter
Zeitlebens lechzte ich nach Mutterliebe.
Rang um Streicheleinheiten und so vieles mehr,
wollte seelisch nicht verkümmern,
wollte stark werden und wachsen.
Die Erkenntnis, eine Mutter zu haben,
die keine Liebe geben konnte, schmerzte.
Deine Angst vor alledem,
hatte ich sooft gespürt.
Mitleid und Mitgefühl für dich durchströmen
meine Seele, mein Herz, meinen Körper.
Tränen benetzen mein Gesicht.
Heute lasse ich die Hoffnung
nach Mutterliebe los.
Sehnsucht auf eine Mutter,
die mit ihrer Tochter redet und zuhört,
die einfach nur versteht.
Du erwartest von mir Akzeptanz,
willst deinen einengenden Weg nicht verlassen,
kommst keinen Schritt auf mich zu,
verharrst in deinen alten Ängsten.
Fühle die alte Kette zwischen uns,
wie sie Glied für Glied,
sich ins Nichts aufgelöst hat.
Dieses dunkle Nichts hätte ich so gern gefüllt
mit Liebe – mit Gespräche,
lachen und weinen - reden und zuhören,
sich halten und fallen lassen,
berühren und ansehen.
Nur mit dir, geliebte Mutter.
Ich fühle mich erlöst,
gelöst, ungebunden - frei.
Nehme dein stummes Nein an,
will dich nicht mehr bedrängen,
gar ängstigen.
Mutter und Tochter jedoch
bleiben wir immer.
Egal wie – egal wo.
(c) Carmen Olivar, 21.10.1998
Irina Scherbakowa
Zerrissene Erinnerung
Der Umgang mit Stalinismus und Zweitem Weltkrieg im heutigen Russland
Reihentitel: Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts. Vorträge und Kolloquien
Bandnummer: 07
Göttingen 2010, 152 Seiten, franz. broschiert,
€ 15,00 (D), Wallstein Verlag
Aktuelle Veranstaltungen zu diesem Buch:
+ »Mit dem Verstand ist Russland nicht zu fassen«
Irina Scherbakowa, Fritz Pleitgen und Durs Grünbein im Gespräch mit Norbert Seitz Eintritt: 12 / 8,50 €
10.06.2012, um 17:00 Uhr
Neuhardenberg, Schloss Neuhardenberg, Großer Saal
+ Irina Scherbakowa nimmt als Autorin beim Internationalen Literaturfestival Berlin vom 4. bis 15. September 2012 teil.
Russlands ambivalentes und oft widersprüchliches Verhältnis im Blick auf seine Geschichte
In Russland gilt derzeit jeder kritische Blick auf die Vergangenheit schnell als Nestbeschmutzung. Wie ist es zu erklären, dass in den letzten Jahren sogar Stalin als vermeintlich »effektiver Manager« wieder salonfähig geworden ist? Was bedeutet dies für das Gedenken an den Massenterror der dreißiger Jahre, an die Schrecken des Gulag und an die Opfer zweier Diktaturen, an das Schicksal der ehemaligen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen? Welches Bild von der Vergangenheit macht sich die heutige russische Jugend? Wie steht es um den Kult des »glorreichen Sieges« im Zweiten Weltkrieg?
Diese Fragen und geschichtspolitischen Kontroversen stehen im Mittelpunkt der Essays von Irina Scherbakowa. In einem ausführlichen Gespräch gibt die russische Historikerin darüber hinaus Einblicke in ihre eigene Familienbiographie, die sie bereits in den achtziger Jahren dazu veranlasste, lebensgeschichtliche Interviews mit Opfern des Stalinismus zu führen.
Irina Scherbakowa wurde 1949 in Moskau geboren. Sie ist Historikerin, Publizistin und Übersetzerin. Ende der siebziger Jahre begann sie ihre Sammlung von Tonbandinterviews mit Opfern des Stalinismus, seit 1991 forscht sie in den Archiven des KGB. Sie ist Professorin für Zeitgeschichte in Moskau, gehört dem Kuratorium der Gedenkstätte Buchenwald in Weimar an und ist Mitglied der Menschenrechtsgesellschaft »Memorial«. 2005 wurde ihr das Verdienstkreuz am Bande verliehen.