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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Samstag, 22. Oktober 2011

Buchbesprechung: Schwarmintelligenz. Wie einfache Regeln Großes möglich machen

Len Fisher
Schwarmintelligenz
Wie einfache Regeln Großes möglich machen
Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer
Frankfurt/Main 2010, 269 S, Hardcover, gebunden mit Schutzumschlag
19,95 €, Eichborn

Der Autor untersucht in seinem Buch, wie Gesetzmäßigkeiten, die Schwärme von Heuschrecken, Thunfischen, Zugvögeln oder Bakterien regeln, auch auf die menschliche Gesellschaft übertragen werden können. Das Thema der Schwarmintelligenz und des Verhaltens von Massen ist heute interessanter denn je: Noch nie war die Menschheit so vernetzt, nie waren Städte größer und dichter besiedelt. Architekten greifen auf die Forschungsergebnisse der Schwarmforscher zurück, wenn sie öffentliche Räume gestalten, Unternehmen verwenden sie, um ihre Produkte anzubieten, politische Gruppen, um über soziale Netzwerke im Gespräch zu sein. Und man fürchtet spontane Meinungsbildungen im Sinne von Protest und Demonstration. Len Fisher hat auf 187 S. plus Anmerkungen diese Phänomene untersucht und gibt Tipps zu ihrer Nutzung. Es geht nicht darum, dass alle in eine schnell gefundene Richtung rennen sollen, sondern etwa durch Mehrheitsentscheidungen, aber auch durch individuelles Reflektieren und Einbringen eine gute Lösung für alle gefunden werden kann.

Im Interview: Len Fisher


Könnten Sie ein Beispiel für Schwarmintelligenz in unserem alltäglichen Leben nennen?
Wenn wir zum Beispiel eine Abkürzung durch eine Wiese nehmen. Durch Schwarmintelligenz wird schnell der effizienteste Weg erkennbar (und verstärkt).


Hätte die Massenpanik bei der Love Parade in Duisburg 2010 verhindert werden können, wenn man die Erkenntnisse der Schwarmintelligenz angewandt hätte?
Der beste Weg, solche und ähnliche Katastrophen zu verhindern, wäre gewesen, dass die Organisatoren im Vorhinein den Rat von Experten zu vertretbaren Zahlen und Frequenzen des Eintritts eingeholt hätten, insbesondere für eine Situation, in welcher sich Menschenmassen durch einen engen Tunnel bewegen mussten, sodass die Raumdichte sich zwangsläufig erhöhte. Ich frage mich manchmal, ob es nicht verbindlich vorgeschrieben sein sollte, dass Organisatoren von größeren Events in solchen Angelegenheiten ausgebildet werden und ebenso vor größeren Veranstaltungen den Rat von Experten suchen, annehmen und anwenden. Das Fachwissen ist sicherlich vorhanden, dank der Arbeit von Dirk Helbing in Zürich und anderen.


Wie funktioniert schwarmintelligentes Verhalten?
Es funktioniert, indem es das Ganze größer als die Summe seiner Teile macht, wie wenn einem Orchester plötzlich eine wundervolle Interpretation gelingt, von der keiner der einzelnen Musiker gedacht hat, dass sie zu so etwas fähig wären, bis sie mit den anderen zusammengetroffen sind.

Len Fisher, geboren 1942, ist Physiker an der Universität Bristol, Mitglied der Royal Society of Chemistry und Kolumnist beim Guardian. Für die Anwendung naturwissenschaftlicher Grundsätze auf Lebensmittel sowie für seine Experimente zur Eintunkzeit von Keksen erhielt er den Spaß-Nobelpreis, der jährlich von der Harvard University für die skurrilsten wissenschaftlichen Forschungsarbeiten verliehen wird.
Von ihm bereits erschienen: Die Reise zum Mittelpunkt des Frühstückseis (2003) und Der Versuch, die Seele zu wiegen (2006).

Donnerstag, 20. Oktober 2011

CDs - Niveauvolles von ECM: Imprint vom Julia Hülsmann Trio


Julia Hülsmann Trio
Imprint
Julia Hülsmann: piano; Marc.Muellbauer: bass; Heinrich Köbberling: drums
ECM 2011

Eigentlich ist dieses Album ein Oxymoron, vielleicht sogar mehrere - ein fließender „Imprint", eine zeitlose Momentaufnahme, musikalisch ebenso spannend wie entspannt, so vielseitig wie eindeutig, achtsam und gelassen. Das neue Album des Julia Hülsmann Trios, von Manfred Eicher im Rainbow Studio in Oslo produziert, präsentiert mit elf Eigenkompositionen und einem neuen Arrangement eines alten Swing-Schlagers die enorme Bandbreite dieser international renommierten Band aus Berlin - von lyrischen Balladen wie „A Light Left On" über konzentrierte Improvisationen à la Monk wie in „Who's Next" bis zum schweren Groove von „Grand Canyon". „Für mich steht 'Imprint' dafür, dass sich unsere Musik gefühlsmäßig gefestigt hat - nicht nur in den dreizehn Jahren, die es das Trio jetzt gibt, sondern besonders auch in den zwei Jahren seit unserem ECM-Debüt „The End Of A Summer", sagt Julia Hülsmann, die für Die Zeit „als Pianistin und Komponistin eine Lyrikerin" ist und der Süddeutschen Zeitung als „der Feingeist unter den deutschen Jazzpianisten" gilt. „Man könnte vielleicht sagen, dass die Musik tiefer, intensiver, der 'Abdruck' deutlicher geworden ist."
Julia Hülsmann, der Bassist Marc Muellbauer und der Schlagzeuger Heinrich Köbberling haben „Imprint" im März 2010 aufgenommen. Durch ihre zahlreichen Konzerte - nicht nur in Deutschland, sondern auch in England, Frankreich oder Spanien - waren die drei bestens aufeinander eingespielt, viele der Stücke live erprobt, der Sound und das Konzept klar. Das spürt und hört man auf diesem Album. Das Trio macht, auch das nur scheinbar widersprüchlich, eine sehr essentielle, verdichtete und trotzdem herrlich offene Musik. Die Töne singen und sitzen, genau so und nicht anders; die Musik ist auf ihre Essenz entspannt. „An einigen Stellen hat mir Manfred Eicher den Mut gegeben, mich so weit zurückzunehmen, dass es passt", erinnert sich Julia Hülsmann. „Sobald wir die Tendenz hatten, 'irgendetwas zu wollen', intervenierte er: Es muss fließen. Viele Takes auf der CD stammen vom letzten Tag. Ich habe da ein bisschen lockerer lassen können, weil ich das Gefühl hatte, dass es unter den vorherigen Aufnahmen schon welche gibt, die durchaus machbar wären - der Kopf war frei und ich konnte endlich das machen, was es braucht." Der konzentrierte, klare, nicht immer nur ruhige Fluss des Albums zeigt sich schon im Opener „Rond Point", einer meditativ-repetitiven Hülsmann-Komposition. „Die Vorstellung war, dass man inmitten einer sommerlichen französischen Landschaft an einen Kreisverkehr kommt und dann einfach immer weiter in diesem Kreis fährt, weil es einem so gut gefällt. Das hat etwas Geruhsames, man verweilt eben noch ein bisschen in der Bewegung. Egal was ist, man hat Zeit." Das Gefühl, Zeit zu haben, durchdringt nicht nur die ruhigen Momente der Musik. Der intensive, treibende Groove von „Grand Canyon" wirkt ebenso aufgeräumt und gefasst, wie etwa Marc Muellbauers zwischen Ekstase und Einkehr schwebendes „Ritual", Heinz Köbberlings aufregend dynamisches „Zahlen Bitte" oder „Who's Next", ein swingendes Monk-Tribut der Bandleaderin. Ein neues Arrangement des alten Tonfilmschlagers „Kauf Dir einen bunten Luftballon" ist vielleicht das persönlichste Stück auf „Imprint". „Dieses alte Stück war das Lieblingslied meiner Mutter, die ganz überraschend im Januar 2009 gestorben ist", erzählt Julia Hülsmann. „Für mich soll diese Version etwas Versöhnliches, Warmes haben, aber auch das Gefühl illustrieren, wegfliegen zu wollen. Das Besinnliche dabei ist das Gefühl, von oben auf sich hinabsehen zu können." Auch das ist scheinbar ein Widerspruch in sich: „Imprint" fließt frisch und neu, ist modern und originell ohne die Tradition zu verleugnen. Wie Julia Hülsmann sagt: „Dieses Trio hinterlässt einen Eindruck und ein klares Abbild: Die Musik ist da und bleibt."

Dienstag, 18. Oktober 2011

Buchbesprechung: Trilogie nun komplett - Runenzeit (3): Der Aufstieg des Arminius



Mark Bredemeyer 
Runenzeit – Der Aufstieg des Arminius
Dresden 2011, 512 Seiten, Hardcover gebunden,
24,90 Euro, Dresdner Buchverlag

Die „Runenzeit“-Saga des Bremer/Stuhrer Autors Mark Bredemeyer lässt die Zeit vor 2000 Jahren in den  Regionen des heutigen Bremen, die südlich davon gelegenen Gemeinden Stuhr, Weyhe und Syke, des Kreises Rotenburg/Wümme, Hümmling/Emsland, Nordseeküste und Helgoland lebendig werden.
Die „Runenzeit“-Saga ist ein dreiteiliges Historienepos mit Fantasyelementen. Sie erzählt die Geschichte mehrerer Zeitreisender ins Norddeutschland der Jahre 1 bis 9 n. Chr. und deren Abenteuer inmitten germanischer Stämme und römischen Invasoren, in einer Welt voller Geheimnisse und Runenmagie.

In diesem Teil der Trilogie erfahren die Protagonisten, warum sie den Sprung durch die Jahrtausende gemacht haben – nämlich um die letzten freien Stämme vor der Unterwerfung durch das Römische Imperium zu retten. Und zwar mit den Mitteln der modernen Zeit!

Erneut ist Bredemeyer ein packender Abenteuerroman geglückt, in dem er die historische Wahrheit geschickt mit einer gehörigen Portion Fantasie vermischt. Während die ersten beiden Teile hauptsächlich in Bremen und dem näheren Umland spielten, geht die Reise diesmal von Helgoland, an Wümme und Elbe entlang, durch die deutschen Mittelgebirge bis nach Mainz. Die kriegslüsternen Langobarden werden mit Hilfe einer gewaltigen römischen Streitmacht endgültig unterworfen, mittendrin im dramatischen Geschehen natürlich die Protagonisten Witandi, Frilike und der berüchtigte Bliksmani. Endlich entkommen, fallen sie Sklavenjägern vom Volk der Chatten in die Hände, welche die von den Unruhen zwischen Ems und Elbe zerrütteten Stammesgebiete durchstreifen und Witandi und Frilike erneut gefangen nehmen. Sie werden ins Legionslager Mogontiacum (aus dem das heutige Mainz entstand) verschleppt, wo sie verzweifelt um ihre Freiheit kämpfen.
Erneut zeichnet Bredemeyer ein detailliertes Bild der damaligen Zustände in dem, was heute Deutschland ist: komplizierte Stammesbeziehungen untereinander, ein Aufeinanderprallen der Kulturen zwischen keltischen und germanischen Völkern, mittendrin die eroberungssüchtigen Römer – aber auch eine alles überstehende Liebe in gefahrvollen Zeiten.

Der Autor
Mark Bredemeyer, geboren 1971 in Bremen, wuchs in Weyhe-Leeste auf. Nach seinem Abitur studierte er Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bremen, um dann für eine internationale Unternehmensberatung als IT-Berater tätig zu werden. Mit der „Runenzeit“-Saga verband der zweifache Vater seine Leidenschaft für germanische Geschichte und seine Passion für das Schreiben.  

Die ersten beiden Bände:

Runenzeit - Im Feuer der Chauken (Band 1)
Mark Bredemeyer
A5, gebunden, 464 Seiten
ISBN: 978-3-941757-18-9








Runenzeit - Krieg um Germanien (Band 2)
Mark Bredemeyer
A5, gebunden, 528 Seiten
ISBN: 978-3-941757-19-6



Sonntag, 16. Oktober 2011

Ankes Fundstücke: Hasten und Rasten

Sei huldig, wenn du einen Gast hast,
geduldig, wenn du eine Last hast,
sei rastig nie auch, wo du Rast hast,
und hastig nie auch, wo du Hast hast,
denn seine Ruhe liebt, wer Hast haßt.

Friedrich Rückert 

[(* 16. Mai 1788 in Schweinfurt; † 31. Januar 1866 in Neuses (heute Teil von Coburg); Pseudonym Freimund RaimarReimar oder Reimer) war ein deutscher Dichter, Übersetzer und einer der Begründer der deutschen Orientalistik. Er ist Namensgeber des Friedrich-Rückert-Preises.]

Freitag, 14. Oktober 2011

Buchbesprechung: Schoßgebete

Charlotte Roche
Schoßgebete
München 2011, 283 S., Paperback mit Innenklappen
16,99 €, Piper 


Charlotte Roche hat wieder zugeschlagen. Hat sie das? Ein Sammelsurium von Selbsterfahrung mit degoutanten Beilagen, früher anal, jetzt oral fixiert? Nein, die "Schoßgebete" sind etwas anderes als die "Feuchtgebiete".
In medias res werden zwar die sexuellen Gewohnheiten von Elizabeth Kiehl (anfangs 30) und ihrem wesentlich älteren Mann Georg analysiert und beschrieben, dahinter aber steckt etwas anderes. Es ist das Bild einer zwangshedonistischen Gesellschaft, materialistisch, atheistisch, viele Trinker und eben lustbetont orientiert, verkörpert durch eine traumatisierte Protagonistin, die nichts als Angst empfindet, mit einem Bein immer im Tod. Wie das Bewusstsein der vielen TV-Zuschauer, die nichts erleben als Leichen zuhauf. Die schwere Traumatisierung ist auch Charlotte Roches Trauma. Ein Autounfall vor 8 Jahren löschte das Leben von Elizabeths drei Brüdern aus, die Mutter schwer verletzt und im Rollstuhl weiterlebend durch eine Kollision mit einem Benzinlaster. Elizabeth musste bei ihrer Mutter im Krankenzimmer wochenlang ausharren, und zeugte in einigen freien Stunden mit ihrem ersten Mann Stefan ihre Tochter, was ihnen zuvor nicht und danach nicht mehr gelungen war. Die Kleine stand später unweigerlich mit dem Drama in engem Zusammenhang. Sie wurde immer in Verbindung mit den drei toten Brüdern gesehen. Das Unglück passierte auf dem Weg zur geplanten, niemals vollzogenen Hochzeit in England, wodurch die Beziehung des Paares schwer belastet und nicht überlebensfähig war. Alles was mit der ausgefallenen Hochzeit zu tun hat, sammelte Elizabeth in einem Koffer. Auch zwei silberne Eichelnüsse (auf dem Umschlag zu sehen), die wie das andere im Koffer Unglücksträger bzw- verursacher sind.
Die einzige Spiritualität erlangen die Hauptpersonen des Romans durch Sex. Zu ihm beten sie, er ist ihr Gott. Als Kompensation dient Elizabeth die Sexualität, eine regelrechte Droge, die das Dasein erträglich macht, die sie mit ihrem Mann nur dann intensiv und besonders erleben kann, wenn beide sich eine dritte Person dazunehmen, und zwar wegen Georgs Einstellung ausschließlich eine Frau, obwohl sich Elizabeth sehnlichst einen zweiten Mann wünscht. Aber der Mann geht vor, so ihre Erziehung. Die Partnerin finden sie in einem Puff, wo sich Georg die Kandidatinnen genau aussucht und schon eine sehr hohe Routine im Erkennen des Eignungsgrades erlangt hat. Sie feiern und zelebrieren regelmäßig voller Lust und Wonne ein mehrere Hundert Euro schweres Threesome. Eigentlich sollte der Titel "Stoßgebete" heißen, um die Doppeldeutigkeit hervorzuheben.
Und sind glücklich und zufrieden... wenn da nicht der ständig bohrende Minderwertigkeitskomplex arbeiten würde. Was mache ich da, ist es gut? Die Männerfeindlichkeit der Mutter, die Oralsex völlig ablehnte und verteufelte, der penible, zwanghafte Vater, der immer alles bestens und exakt erwartete. So quält sich Elizabeth trotz Genuss mit Ungewissheit, Gewissensbissen, zwanghaften Gedanken und besucht auch regelmäßig am nächsten Tag nach der oft abends nach immergleichem Fahrplan stattfindenden Zelebrierung - Fußweg ins Puff, Abendessen, eine Gläschen Sekt zuvor, Kennenlernen der ausgesuchten Kandidatin und Start mit der Lesbierinnennummer - ihre Psychotherapeutin zur "Beichte", die gar keine ist, nur ein detailliertes Beschreiben ihrer Wahrnehmung, und zur Stärkung ihrer Entwicklung.
Wie in einem Entwicklungsroman entfernt sich die Protagonistin auch vom tief in uns sitzenden Eifersuchtsdenken, der Neidempfindung und den Muss-Zwängen hin zu der Wunscherfüllung, ihre Partnerschaft erhalten, aber auf Fremdgehen bewusst nicht verzichten zu wollen. Im Eheleben ist Sex bei Nacht für Elizabeth unvorstellbar, weil sie die Atemzüge des Partners nicht genau der Erregung oder dem Schlaf zuordnen kann. Bei ihrer Therapeutin erfährt sie, dass all ihre Ängste nur Projektionen ihrer Probleme sind, das alles in Ordnung wäre, wenn alle Beteiligten es wollten, das sie im Grunde nichts zu befürchten hätte. Das ganze Leid in Beziehungen, ihr Zerbrechen, ihre Intoleranz, eine Folge der Eifersucht und des Neids. Bürgerliches Besitzdenken und Engstirnigkeit vergiften alles Zusammenleben, obwohl sich im Grunde jeder nach einem außerehelichen Erlebnis sehnt. So machen es beide zusammen mit einer dritten Person und halten ihre Beziehung dadurch am Leben. Was fehlt ist der letzte Befreiungsschritt, sich andere Männer zu genehmigen. Mit dem Christentum ist sie schon lange fertig, sie verachtet die Schizophrenie der Leute und ihrer Moral: Die Verbrennung ihrer Brüder muss im Krematorium in Belgien, dem Unfallort, stattfinden und es gibt Urnen, obwohl die Leichen zu nichts verbrannten. (Was ist dann drin?) Sie hält Christen für zu schwach zu erkennen, dass es keinen Sinn gibt. Sie machen sich was vor mit dem Jenseits:


"Das Leben ist sinnlos, die Erde ist sinnlos, wir sind Zufall, und es gibt niemals ein Leben nach dem Tod."


So tendiert auch Elizabeth immer wieder zu Todes- oder auch Freitodphantasien und der Frage, wie das Nachleben geregelt sein soll. Sie hat schon mehrfach ihr Testament geändert, ist Stammkunde beim Notar, und wünscht sich, dass Georg und ihr erster Ehemann zusammenziehen, um ihre Tochter Liza gemeinsam zu erziehen und zu behüten. Die Absurdität dieses Wunsches liegt offen, weswegen Georg sie auch bittet das Testament zu zerreißen, sie aber hält fest. Ihr beste Freundin soll alles erben, obwohl sie sie nicht sonderlich mag, sie beneidet, ihr nicht viel gönnt.
Roches Spiegel unserer von Ängsten und Sinnlosigkeit geprägten Welterfahrung, kompensiert mit Sex, das Leben von Patchworkfamilien, das Zusammentreffen vieler unterschiedlicher (Sex-)Sozialisationen, das Analysieren und Auflösen von Zwängen, Werten und Moral in der Familie bzw. zwischen (Ehe-)Partnern beschreibt unsere Gesellschaft in einer evidenten Schizophrenie. Und zwar aus zwanghaften Versuchen einerseits ein Wertesystem aufzubauen und zu halten, das im Grunde nur krank und unglücklich macht, und der krassen real erfahrbaren, aber vertuschten Sinnlosigkeit mit all ihren libertinären Konsequenzen für Leben, Lieben und Handeln andererseits. Aktuelles, postmodernes, westliches, verlogenes Leben - wir wollen ganz anders leben, als wir dürfen und sollen. Die Befreiung ein langwieriger Prozess.

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Aus der Not eine Tugend machen ...


Nach Wechsel des Blogoutfits erschienen wieder alle Bestandteile, wobei ich meinen Leuchtturm vermisse. Nun statt Ausblick bei Foto- und Dreharbeiten ... Kommt das auch an?

Buchbesprechung: Chinesische Heilkunst




Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu
Das Buch der Chinesischen Heilkunst
Bewährtes Heilwissen aus dem Reich der Mitte
* Traditionelle Chinesische Arzneimittel
* Akupressur und Heilmassagen
* Qi Gong und Tai Chi
* Ernährung nach den Fünf Elementen
Murnau 2010, 222 S., 1. Aufl. Dez. 2010,
14,95 € (D), Mankau Verlag


Nutzen Sie das jahrtausendealte, wertvolle Heilwissen aus dem Reich der Mitte. Im Zentrum der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) − einer exakten, systematischen Wissenschaft und ganzheitlich orientierten Heilmethode − steht die Anregung der Lebensenergie Qi. Sowohl in der Behandlung von Alltagsbeschwerden als auch bei schwer therapierbaren Symptomen wie Schmerzen, Stoffwechselkrankheiten und diversen organischen und seelischen Störungen hat sich die fernöstliche Heilkunst als wirksame Alternative oder Ergänzung zur westlichen Schulmedizin bewährt. Der Autor antwortet auf Fragen des Verlags:


Als Grundprinzip der TCM gilt die ganzheitliche Betrachtung des Menschen und die Deutung allen Lebens aus den polaren Gegensätzen Yin und Yang. Wie hat man sich das näher vorzustellen?


Prof. Li Wu: Das Zusammenwirken von Yin und Yang ist die Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin. Yin bedeutet weiblich, sanft, dunkel, dauerhaft, mit Yang verbindet man männlich, kräftig, hell, spontan. Beide sind den entsprechenden Organen zugeordnet. Die TCM bringt Yin und Yang ins Gleichgewicht, sodass die menschlichen Organe wieder harmonisch  zusammenarbeiten können und der Patient seine Gesundheit zurückerhält.


Sie betrachten die chinesische Heilkunst als wirksame Alternative und Ergänzung der so genannten westlichen Medizin. Für welche Beschwerden gilt dies besonders?


Prof. Li Wu: Die chinesische Heilkunst ist als Alternative oder Ergänzung der westlichen Schulmedizin besonders wirksam gegen chronische Schmerzen, zum Beispiel bei Migräne, HWS- und LWS-Syndrom [Schmerzen der Hals- bzw. Lendenwirbelsäule], Arthrose, Rheuma usw.  Letztlich kennt die TCM für alle Krankheitsbilder Heilungsmethoden.


In der chinesischen Medizin wird der Körper als Energiesystem betrachtet, in dem der Fluss der Lebensenergie (Qi) über die Meridiane verläuft. Wodurch wird dieser Energiefluss negativ beeinflusst und welche Behandlungsmethoden bieten sich für seine Harmonisierung an?


Prof. Li Wu: Es gibt zwölf Meridiane (Energieleitbahnen) in der TCM. Der Fluss der Lebensenergie durch die Meridiane  entscheidet,  ob ein Mensch gesund oder krank ist. Ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung sowie negative Umwelteinflüsse können den Qi-Fluss stören. Um den Qi-Fluss in den Meridianen zu harmonisieren, gebrauchen wir die bekannten Behandlungsmethoden wie Akupunktur, Akupressur, Schröpfen, Moxibustion, Qi Gong, Tai Chi, Kräuterheilkunde und Ernährungstherapie nach den Fünf Elementen.


Die Traditionelle Chinesische Medizin hat sich seit Tausenden von Jahren aus Naturbeobachtung und den spirituellen Grundlagen des Daoismus und Buddhismus entwickelt. Gibt es aktuelle Fortschritte in der Medizin, die die TCM in ihr Diagnose- und Behandlungssystem mit aufnimmt?


Prof. Li Wu: Die Traditionelle Chinesische Medizin war stets für die Methodik anderer medizinischer Richtungen offen und hat gegebenenfalls neue Behandlungs- und Diagnoseverfahren aufgenommen. Dadurch entwickelte sich die TCM auch immer weiter. Heute bedienen auch wir uns beispielsweise medizinischer Apparate, um genau festzustellen, wo die Bandscheibe zwickt. Umgekehrt hilft die TCM der modernen Medizin bei chronischen Schmerzen, bei der Ausleitung von Giftstoffen, bei Allergien etc.


Eine besondere Rolle bei der TCM spielt das Essen, das nicht nur der Ernährung, sondern der Gesunderhaltung und Heilung dient. Was zeichnet eine perfekte Mahlzeit aus und wie gewährleistet man auch heutzutage eine ausgewogene Ernährung?


Prof. Li Wu: Ein altes chinesisches Sprichwort besagt: „Essen ist das Wichtigste, medizinische Therapie spielt nur eine ergänzende Rolle.“ In der TCM spielt Essen eine entscheidende Rolle in der Prävention, also in der Gesundheitsvorsorge. Deshalb gilt ein wichtiges Prinzip für eine ausgewogene Ernährung: An erster Stelle stehen fünf Getreideprodukte (Reis, Weizen, Hirse, Mais und Dinkel), die wiederum durch Obst und Gemüse unterstützt werden; Fleisch und tierisches Eiweiß spielen nur eine ergänzende Rolle und sollten nur in Maßen verzehrt werden. Nach der TCM werden auch die Nahrungsmittel den fünf Elementen Metall, Erde, Holz, Feuer und Wasser zugeordnet. Im Ergebnis bedeutet das:  möglichst viel Getreide, Obst und Gemüse. Die Ernährung nach den Fünf Elementen ist die einfache Grundregel für eine gesunde Ernährung.


Was versteht man genau unter den Fünf Elementen und wie passen diese in die Welt des modernen Menschen?


Prof. Li Wu: Im Bild der TCM trägt jeder Mensch die Fünf Elemente in sich, sowohl physisch als auch psychisch. Die Fünf Elemente beschreiben fünf Organe im Körper: Metall für Lunge, Holz für Leber, Wasser für Niere, Feuer für Herz und Erde für Magen. Wenn die Harmonie der Fünf Elemente hergestellt ist, dann arbeiten diese fünf wichtigen Organe auch harmonisch miteinander. In der modernen Welt jedoch sind Menschen häufig durch unterschiedliche Faktoren belastet. Durch entsprechende Ernährung, eine positive Lebenseinstellung, körperliche Bewegung sowie eine Rückbesinnung auf die Grundlagen des Lebens kann der Mensch wieder zurück zur Balance und somit zu seiner Gesundheit finden.  


(© Mankau Verlag 2010)




Wer seine Beschäftigung mit TCM vertiefen möchte, kann zur neuen Meditations-CD des Autors greifen. Lenken Sie mit dieser Meditation Ihre Gedanken auf die Elemente Wasser, Holz, Feuer, Erde und Metall – diese fünf Elemente sind Ausdruck des Denkens in Kreisläufen und erfassen alle Phänomene und Abläufe der äußeren Natur und im Menschen. Spüren Sie in der Fünf-Elemente-Meditation der Entwicklung des Seins, des Werdens, Wachsens und Vergehens nach und folgen Sie mit fünf Übungen dem Zyklus von: Ich bin – Ich werde – Ich entfalte mich – Ich gehöre dazu – Ich lasse los. 


Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu
Fünf-Elemente-Meditationen
Mit einer Einführung von Li Wu
Audio-CD, Gesamtlaufzeit ca. 55 Min.
12,95 € (D) 

Montag, 10. Oktober 2011

CDs - Niveauvolles von ECM: KUÁRA



Markku Ounaskari / Samuli Mikkonen
mit Per Jørgensen

Kuára

Markku Ounaskari: Schlagzeug; Samuli Mikkonen: Klavier; Per Jørgensen: Trompete, Stimme
November 2010

 
Dieses einzigartige musikalische Projekt "Kuara" nimmt seinen inspirierenden Ausgangspunkt bei russischen Psalmen und finno-ugrischen Volksliedern aus Udmurtien, Wepsien und Karelien. Die Melodien entfalten sich langsam und Texturen sind sorgfältig in die offenen Improvisationen und Klanglandschaften eingebettet. Die geistliche und weltliche Musik ist der Boden, aus dem neue Sounds und Ideen entstehen. Eine kontemplative Atmosphäre herrscht, Themen- und Sololinien werden mit Ruhe aufgewogen.
Der Percussionist Markku Ounaskari und der Pianist Samuli Mikkonen geboren 1967 bzw. 1973, sind viel gefragte Jazz-Musiker in Finnland. (Der Journalist Petri Sila hat einmal geschrieben, dass es einfacher wäre, die finnischen Ensembles aufzulisten, mit denen Ounaskari nicht gespielt hat als umgekehrt.) Ihr Spielen war nie von strengen Jazzdefinitionen beschränkt.
Über "Kuara" (das bedeutet "Klang" in Udmurtisch) bemerkt Ounasakari: "Wir beide, Samuli und ich, freuen uns sehr über Volksmusik der verschiedenen finnisch-verwandten Uguren-Kulturen und Stämme, die zurzeit auf russischem Territorium leben. Die Udmurten, Wepsen und Karelier haben die gleichen finnisch-ugrischen Wurzeln und ihre Sprache hat auch dieselben Wurzeln. Sie hat Ähnlichkeit mit der Tradition des Sprechgesangs und zeigt religiösen Charakter." Religion bedeutet hier die Naturmystik der Pagai-Kulturen. Das Christentum kam in Udmurtien erst im Jahre 1870 an. "Für uns präsentieren Wepsen, Udmurten und Karelier unsere Geschichte. Wir sind wirklich sehr verliebt in diese sehr schönen einfachen, oft sehr melancholischen Melodien. Wir fühlen uns dieser Musik sehr nahe und Experimentieren mit diesen Melodien erleben wir wie eine Naturbegegnung."
Die russischen Psalmen wurden auf Anregung des Produzenten Manfred Eicher aufgenommen. Ounaskari: "Die Idee der Vermischung der heidnischen religiösen Musik und der orthodoxen Musik des Ostens klang sehr gut. Mein Vater ist halb russisch und ich wuchs mit der orthodoxen Kirche auf. Ich hörte viele orthodoxen Psalmen und reichlich geistliche Musik. Das war also ein sehr naheliegende Entscheidung für mich. In unserer Überzeugung repräsentieren sowohl Volkslieder als auch Psalmen wirklich gut die slavische Kultur und Musik. Und natürlich beinhaltet die finnische Kultur diese slawische Seite auch sehr stark.“
Samuli Mikkonen gab sein ECM-Debüt mit "Virret - spirituals from the North“. Er wurde beschrieben als "der am meisten finnisch klingende Pianist seiner Generation" und seine Arbeit ist stark vom Geist Finnlands beeinflusst. Zur gleichen Zeit hatte er zahlreiche internationale Kooperationen, angefangen mit Anders Jormin und Audun Kleive bis zu Projekten mit Improvisatoren wie Paul Rutherford und George Haslam und der Teilnahme an John Zorns Cobra-Projekt. Mikkonen hat auch mit Sinfonieorchestern, Big Bands, Kammermusik-Ensembles und Jazz-Combos zusammengespielt. Und während Klavier sein Instrument ist, hat er auch eine lange Geschichte der Zusammenarbeit mit synthetischen und computergenerierten Klängen im elektro-akustischen Kontext.
Nicht weniger breit in seinem Spektrum ist Markuu Ounaskari. Er hat mit allen großen finnischen Jazz-Figuren gespielt, und mit internationalen Akteuren wie Lee Konitz, Kenny Wheeler, Tomasz Stanko und Marc Ducret in verschiedenen Formationen in den 1990er Jahren. Markku Ounaskari und Samuli Mikkonen starteten ihr Duo im Jahr 2004, dessen ursprüngliches Konzept vorsah, in offenen Formen mit spontanen Improvisationen zu spielen, das Material wie eine Skultpur in Zeitraffer zu formen. Vor zwei Jahren wurde das Duo durch den norwegischen Trompeter und Sänger Per Jørgensen (geb. 1952) erweitert, den ECM-Hörern durch seine Beiträge zu Projekten mit Jon Balke, Michael Mantler und Miki N'Doye ("Tuki"). Jørgensen kommt aus Erfahrungen mit David Murray, Dave Liebman, Jack Bruce, Don Cherry, Ed Blackwell und vielen anderen. Jon Balke nannte Jørgensen "einen magischen Musiker und Sänger" - eine Ansicht, die von vielen anderen Spielern geteilt werden.
Ounaskari und Mikkonen erstellen improvisierte Musik, die ein starkes Gefühl für Struktur hat und Zeugnis der Jahre gemeinsamer Arbeit ist. Per Jørgensen fügt hinzu: "frische klangliche Dimensionen und mehr horizontal musikalische Texturen" - eine weitere Schicht von Ton kommt mit seiner Trompete und Stimme hinzu. Ein Trio-Konzert für Finnlands „Keskisuomalainen“ betrachtend konstatierte Pentti Ronkanen: "Eine abwechslungsreiche und stimmungsvolle musikalische Reise, die jeweils Improvisation mit einen ausgeprägten Charakter beinhaltet. Besonders lohnend sind die Ruhepunkte, mit Melancholie geladen - musikalische Meditationen von keinem Genre beschränkt."

Eine Tour durch Finnland ist im Oktober und November geplant, in Helsinki in der Sello Hall, der Kathedrale von Oulu, in der Silta Hall in Jyväskylä und beim Tampere Jazz Happening. Weitere Konzerte sind für Schweden und Norwegen geplant


Samstag, 8. Oktober 2011

Fräulein Jensen und die Liebe oder Männer, Männer, nichts als Traummänner



Anne Hansen
Fräulein Jensen und die Liebe
Roman
Frankfurt 2010, 264 Seiten, Klappenbroschur
€ 14,95 (D), Eichborn Verlag

Zehn Traummänner treffen, zehn Mal Herzklopfen haben. Zehn reale (und teilweise sehr bekannte) Männer wurden von Anne Hansen alias Hannah Jensen auf die Probe gestellt.  Alle Begegnungen sind wahr!
Hannah Jensen hat einen Traum, genauer: einen Traummann. Noch genauer: Sie hat eigentlich sehr, sehr viele Traummänner. Sie liest ein Buch eines hoffnungsvollen Nachwuchsautors und denkt sich: Wer mit so viel Esprit und Fantasie formulieren kann, muss ein wunderbarer Partner sein. Sie geht in ein Musical und verliebt sich unsterblich in die Stimme der männlichen Hauptrolle.
Sie sieht »Stars in der Manege« im Fernsehen, und schon bewundert sie den Mut des Mannes, der so souverän die Löwen bändigt. Kurz: Hannah Jensen träumt Luftschlösser und hat kein Auge für das Glück vor ihrer Nase. Bis ihrer Freundin Pia der Kragen platzt: »Du triffst jetzt deine zehn Märchenprinzen, und wenn da keiner dabei ist, fängst du bitteschön an, dich für normale Jungs zu interessieren!«
So macht sich Hannah Jensen auf, den Löwendompteur Martin Lacey, den Soap-Star Joscha Kiefer, den Gedankenleser Thorsten Havener, den Stabhochspringer Tim Lobinger, Comedian Bernhard Hoecker und andere »Traummänner« tatsächlich zu treffen. Wird sie ihren Mann fürs Leben finden?

Die Top Ten der Traummänner von Anne Hansen (mit Links zum Überprüfen)


+ Alexander Alvaro
FDP-Politiker, Europaabgeordneter im Europäischen Parlament, dort seit Ende 2004 innenpolitischer Sprecher der Fraktion der Liberalen und Demokraten (ALDE) im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres.

+ Thorsten Havener 
Der Gedankenleser 

+ Steffen Henssler
Deutscher TV- und Starkoch

+ Bernard Hoëcker
Deutscher Schauspieler, Komiker und Moderator 

+ Joscha Kiefer
Deutscher Schauspieler, spielte in der ARD-Serie Verbotene Liebe bis Folge 3056 die Rolle von Sebastian Graf von Lahnstein 

+ Martin Lacey
Löwendompteur beim Zirkus Krone

+ Tim Lobinger 
Deutscher Stabhochspringer, Vize-Europameister 2006 

+ Rocko Schamoni
Deutscher Entertainer, Musiker, Autor („Dorfpunks"), Schauspieler („Fleisch ist mein Gemüse"), Clubbetreiber 

+ Kevin Tarte
US-amerikanischer Musical-Sänger, der seit 1988 in Deutschland und Österreich arbeitet – u. a. Hauptrolle im Musical Tanz der Vampire 

+ Patrick Winczewski 
Die deutsche Stimme von Hugh Grant (und Tom Cruise in „Eyes Wide Shut" u. a.), deutscher Schauspieler, Synchronsprecher, Filmregisseur 



Interview mit Anne Hansen zur Entstehungsgeschichte ihres Romans

Erzählen Sie uns etwas über die Entstehungsgeschichte Ihres Romans, Frau Hansen!
Da ich ausgebildete Journalistin bin, wollte ich unbedingt einen Roman schreiben, der auf Tatsachen basiert. Denn: Nichts ist spannender als die Wahrheit! Darum habe ich mich dafür entschieden, reale Personen zu treffen und diese Begegnungen eins zu eins so aufzuschreiben. Die Treffen waren wirklich sehr lustig, ich hätte sie mir nie im Leben ausdenken können. Zum Beispiel hätte ich mir nie träumen lassen, dass plötzlich der Modellathlet Tim Lobinger nur in Unterhose vor mir steht! Und der FDP-Abgeordnete Alexander Alvaro schleuste mich beispielsweise heimlich in eine Sitzung des Europäischen Parlaments und zwinkerte mir verschwörerisch zu, als der Vorsitzende die Sitzung eröffnete. In diesem Moment habe ich übrigens für einen kurzen Augenblick überlegt, bei der nächsten Wahl die FDP zu wählen, aber dann wirklich nur für einen ganz kurzen Augenblick! Was auch eine sehr wichtige Begebenheit während der Recherche war: Um den Gedankenleser Thorsten Havener kennenzulernen, habe ich mir ein paar Tage vor dem Interviewtermin eine Show mit ihm angesehen. Er wusste zu dem Zeitpunkt nicht, dass ich im Publikum sitze, außerdem kannte er mich ja noch gar nicht. Trotzdem hat er mich zufällig für ein Experiment ausgewählt und mich auf die Bühne geholt. Als wir uns zwei Tage später zum Interview trafen, war er mehr als überrascht, dass ich die Schriftstellerin war!


Wie haben Sie Hannah Jensens Top Ten der Traummänner zusammengestellt?
Es gibt so viele potenzielle Traummänner und ich habe so einige angefragt, ob sie mitmachen wollen. Fast die ganze Fußballnationalmannschaft hat geschlossen abgesagt (meine Protagonistin wollte doch so gerne Spielerfrau werden!) und auch dem Geiger David Garrett bin ich nahezu hinterhergestalkt, doch er ließ sich leider nicht erweichen. Aber die Top Ten, wie sie sich jetzt im Buch findet, hat diese Bezeichnung mehr als verdient. Ich bin äußerst zufrieden mit diesen Kandidaten!


Anne Hansen und Hannah Jensen – gibt es Parallelen zwischen Ihnen und Ihrer Hauptfigur?
Es gibt Parallelen, aber der größte Unterschied liegt auf der Hand: Ich bin seit Jahren in einer sehr glücklichen Beziehung. (Mein Freund wäre übrigens nur eifersüchtig gewesen, wenn ich meinen langjährigen Schwarm, den Schauspieler Florian David Fitz, getroffen hätte. Der hatte aber leider keine Zeit – oder aus Sicht meines Freundes: Gott sei Dank!)

Textauszüge 
"Ich verliebte mich in Rocko Schamoni, als ich wegen Jens furchtbaren Liebeskummer hatte. Pia kam sofort mit einem Erste-Hilfe-Koffer vorbei, nachdem ich »Jens hat Schluss … mit Franziska wieder …« in den Hörer geschluchzt hatte. Der Erste-Hilfe-Koffer bestand aus einem Aufkleber für den Badezimmerspiegel mit der Aufschrift »Ich bin schön«, einer Algen-Gesichtsmaske sowie dem Hörbuch »Dorfpunks « von Rocko Schamoni. Ich solle mich gar nicht erst mithilfe von Schokolade oder Rotwein in mein Elend hineinsteigern. Nach vorne blicken, sagte Pia. Immer nach vorne blicken. Um dann selbstbewusster denn je (Aufkleber), porentiefreiner denn je (Maske) und witziger denn je (Hörbuch) den nächsten Traummann zu erobern. »Verschwende deine Energien doch nicht mit Jens«, sagte Pia und schob die CD in meine Stereoanlage."


»Wie begrüße ich ihn bloß? Wir treffen uns bei ihm zu Hause, das hat ja doch schon etwas Intimes. Vielleicht sollte ich ihn umarmen? Nein, ich kenne ihn ja gar nicht. Und er soll nicht denken, dass ich leicht zu haben bin und er nicht um mich kämpfen muss. Vielleicht zwei Küsschen auf die Wange? Aaaaaaaaah, ich überlege ernsthaft, ob ich Sebastian Graf von Lahnstein aus »Verbotene Liebe« küssen soll. Den Sebastian, den ich jeden Tag im Fernsehen sehe. Wie wunderbar ist das denn bitte?«

Die Autorin
Anne Hansen, geboren 1980 in Husum, lebt als freie Autorin in Berlin. Sie absolvierte die Kölner Journalistenschule und studierte Politik und Wirtschaft. Um die Glückssuche ihrer Romanfigur wirklichkeitstreu erzählen zu können, hat sie sich mit allen im Buch vorkommenden Männern getroffen. Sie glaubt an die große Liebe.

Freitag, 7. Oktober 2011

Nach Herta Müller (2010) nun auch Günter Grass beim Eifel-Literatur-Festival in Prüm


Literatur-Nobelpreisträger (1999) Günter Grass, geboren am 16. Oktober 1927 in Danzig, hat in Prüm aus seinem jüngsten Buch „Grimms Wörter“ vorgelesen. Wie es im Trierer Volksfreund hieß "zeigte Grass, dass er nichts von seinem demokratischen Kampfeswillen verloren hat: Zum Begriff „Arschkriecher“, der in seinem jüngsten Buch vorkommt, fiel ihm der versammelte Bundestag ein: Als dort Papst Benedikt XVI gesprochen habe und sinngemäß sagte, dass Mehrheitsbeschlüsse für ihn im Grunde nicht bindend seien, sei das „ein Affront dem Parlament gegenüber“ gewesen. „Und diese Arschkriecher im Parlament haben nicht gepfiffen und haben nicht gesagt: Was meinen Sie denn damit?“
Die Zuhörer applaudierten am Ende der Lesung aus „Grimms Wörter“ stehend. Ob dieses Buch sein letztes sei, ließ Grass offen.

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Film über und mit dem ECM-Produzenten Manfred Eicher: Sounds and Silence - Unterwegs mit Manfred Eicher


Gian Luigi Trovesi
Ende August erschien der Schweizer Dokumentarfilm "Sounds and Silence - Unterwegs mit Manfred Eicher" bei Arsenal Filmverleih als DVD und Blu-ray. ECM wird die DVD mit einer Soundtrack-Veröffentlichung begleiten. 


Fünf Jahre lang begleiteten die beiden Schweizer Filmproduzenten Norbert Wiedmer und Peter Guyer den Musikproduzenten Manfred Eicher sowie Musiker des Labels ECM bei Ihrer Arbeit in Studios auf der ganzen Welt. Entstanden sind zahlreiche Aufnahmen von Estland über Tunesien, Deutschland, Frankreich und Dänemark bis nach Griechenland, Argentinien und vielen weiteren Ländern, die alle in die Dokumentation „Sounds and Silence“ mit eingeflossen sind. Der Film vermittelt mit seinen eindrucksvollen Bildern und der so ganz eigenen Musik die Produktionsarbeit von ECM und gibt Einblicke in die Arbeit unterschiedlicher Musiker und Komponisten, unter Ihnen solch bedeutende Namen wie Arvo Pärt, Eleni Karaindrou, Dino Saluzzi und Anja Lechner, Anouar Brahem, Gianluigi Trovesi und Gianni Coscia, Marilyn Mazur, Nik Bärtsch’s Ronin sowie Kim Kashkashian und Jan Garbarek.


Manfred Eicher / Arvo Pärt
Im Rahmen des Filmfestivals in Locarno fand im August 2009 die Premiere von „Sounds and Silence“ vor 7000 Besuchern auf der Piazza Grande statt. Seitdem lief der Film auf vielen weiteren Festivals weltweit, beispielsweise auf dem International Film Festival in Melbourne, der Viennale in Wien, den SFJazz Series in San Francisco, dem Pimedate Ööde Filmifestival in Estland sowie bei den Hofer Filmtagen. 2009 wurde „Sounds and Silence“ mit dem Berner Filmpreis ausgezeichnet und war für den Schweizer Filmpreis 2010 nominiert. 
Norbert Wiedmer, Peter Guyer


Pressestimmen:
Ein ungemein spannender, abwechslungsreicher Film der Leidenschaft, der Geduld und der horchenden Anteilnahme.“
Wolfram Schütte, Hofer Filmfestival

Die faszinierendsten Teile des Films sind jene, in denen man sieht und hört, wie Musik entsteht. [...] Wer den Film als Schule des Hörens begreift, wird kaum einen besseren finden.“
Wolfgang Sandner, Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Es dauert nicht lange, bis der Zuschauer versteht, was die Kamera hier dokumentieren soll: nicht die Personen, sondern die Musik.“
Thomas Steinfeld, Süddeutsche Zeitung

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Der alte Kampf gegen die Mafia - neu im Kino: Colombiana



















Cataleya (Zoe Saldana) ist erst neun Jahre alt, als sie die Ermordung ihrer Eltern durch den brutalen kolumbianischen Mafiaboss Don Luis (Beto Benites) und dessen rechte Hand Marco (Jordi Mollà) mit ansehen muss. Sie selbst entgeht dem Anschlag nur knapp und es gelingt ihr, zu ihrem Onkel Emilio (Cliff Curtis) nach Chicago zu fliehen. Getrieben von dem Wunsch nach Rache und fest entschlossen, den Mörder ihrer Eltern aufzuspüren, lässt sie sich von Emilio zur Profi-Killerin ausbilden. Doch Don Luis genießt inzwischen den Schutz der CIA. Bei dem Versuch, ihren Erzfeind aus der Reserve zu locken, gerät nicht nur Cataleya immer mehr ins Fadenkreuz des FBI sondern auch Danny (Michael Vartan), der von den dunklen Machenschaften seiner Freundin nichts ahnt…Ihre Familie wird weiter angegriffen, am Ende wird Cataleya zum Tier ...



Hollywood-Durchstarterin Zoe Saldana („Avatar – Aufbruch nach Pandora“, „Star Trek“) glänzt als eiskalte Rächerin in der Hauptrolle dieses furiosen Action-Thrillers, für den Genre-Spezialist Luc Besson die Produktion übernommen hat. Nach dem internationalen Erfolg von „96 Hours“ zeichnet Besson darüber hinaus erneut gemeinsam mit Robert Mark Kamen („Das fünfte Element“, „Lethal Weapon 3“) für das Drehbuch verantwortlich. Regie führte Olivier Megaton, der bereits mit „Transporter 3“ für einen Kinohit und Action vom Feinsten sorgte. COLOMBIANA ist pures Adrenalin-Action-Fight-Kino und ein furioser und atemberaubender Rachefeldzug mit einer großen Portion Coolness und Sexappeal! Karthatisches Austoben und Aufatmen am Ende. Nichts für lyrische Gemüter...

Dienstag, 4. Oktober 2011

Buchbesprechung: Glücksnahrung für alle Sinne und jede Jahreszeit



Karin Neumann
Glücksnahrung für alle Sinne und jede Jahreszeit
Wien 2010, 160 Seiten, Broschur, 
EUR 19.95, Verlag Carl Ueberreuter


Kann man Glück wirklich er-essen? Ist das nicht eine gefährliche Haltung für alle Essgestörten oder solche, die dazu neigen? Essen, um glücklicher zu werden?
Die Autorin hat in ihrem Buch für Leser zusammengestellt, wie Nahrungs­mittel die Stimmung beeinflussen, 
welche Lebensmittel Glück & Co hervorrufen und welche Faktoren für gute Laune generell wichtig sind. Durch optimale Ernährung können wir Glücksbotenstoffe im Gehirn aktivieren, in vielen Fällen glücklicher, gelassener, gesünder, leistungsfähiger und konzentrationsfähiger werden. Wer das Programm und die Informationen bewusst und verantwortungsbewusst einsetzt erfährt sicher Bereicherung des Lebens und Erlebens. Und es ist nicht zur Genussmaximierung durch Essen gedacht, sondern durch eine "glückssuchende und -herstellende" Lebensweise, auch durch positives Denken, was bei diesem Ernährungsbuch natürlich mehr im Hintergrund steht.  
Mit einem Saisonkalender für Obst, Gemüse und Krauter, optimalen Ernährungsplänen und Glücksrezepten für jede Jahreszeit könnte frau/man sich ein Glücksjahr vornehmen und einen Kurs in bewusstem Leben und bewusster Ernährung absolvieren. Karin Neumann empfiehlt die sog. basenreiche Ernährung, die zwar wissenschaftlich auf Wackelfüßen, im Volksmund aber auf festen Beinen steht, vorwiegend Obst, Gemüse und Getreideprodukte. Zur Austreibung der Gegenspieler Säuren gibt es seit Jahrzehnten auch ein vielfältiges Angebot auf dem Gesundheitsmarkt von Tröpfchen über Kochbücher, -kurse, -philosophien bis hin zu teuren und dennoch zweifelhaften Alternativkuren. Fakt bleibt, dass nicht das "basische", sondern sowohl ein vitamin- und mineralstoff- als auch ein abwechslungsreiches und bewusstes Leben die Stimmung hebt und gesund ist.  

Die Autorin
Psychotherapeutin und Ernährungsberaterin, befasst sich in ihrer psychotherapeutischen Tätigkeit seit vielen Jahren mit dem Thema Psyche & Ernährung. Ihr Arbeitsschwerpunkt umfasst stressbedingte Symptome wie Burnout, Angst- und Panikerkrankungen, Depressionen sowie Essstörungen. Sie schreibt u.a. für „Madonna", „Der Standard", „Kurier" und die „Kronen Zeitung".

Montag, 3. Oktober 2011

Zwischengedanken - Highflyer


HIGH FLYER


Das Glück ist eine Gewohnheit. 
Joseph Murphy


du bist was du denkst was
denkst du ja was hast du  
dir dabei gedacht so grundlos 
über den feldern zu schweben


während wir mähen krähst du 
kinderlieder vagabundenweisen 
jubelarien aus fünf Jahrhunderten
wer kann das ertragen das blöde


glück zur schau gestellt zelebriert 
zerebralschaden sagen wir doch 
du wagst lauthals die rasur der 
stoppeln mit deinem krummen    


u-maul du pfennigschwärmer lady 
cracker fortune cookie schmiedest 
schwerter zu pflugscharen rufst
und morgen wird gesät

Gabriele Trinckler
(aus dem Taschenkalender Poesie-Agenda des Orte Verlags, Oberegg)

Weltosteoporosetag in Bielefeld am 8. Oktober!

Elfriede aus Deutschland - 85 Jahre alt –
sie lebt seit ihrem 66. Lebensjahr mit Osteoporose
Erfolgreich älter werden trotz Osteoporose

Osteoporose, oft auch als Knochenschwund bezeichnet, gilt immer noch als typische Erkrankung älterer Frauen und wird häufig als persönliches Schicksal abgetan, gegen das man ohnehin nichts ausrichten kann. Ein weit verbreiteter Irrtum! Auch wenn überwiegend Frauen nach den Wechseljahren an einer Osteoporose erkranken, betrifft die Osteoporose häufig auch jüngere Frauen und Männer – mit steigender Tendenz.

Besonders problematisch: Wir können nicht fühlen, wie stark unsere Knochen sind. Der Verlust an Knochenmasse verläuft daher vollkommen schmerzlos und ohne jegliche Symptome. So lange, bis der erste Knochen aus heiterem Himmel bricht. Bei banalen Anlässen wie beim Husten, beim Tragen einer Sprudelkiste oder bei einem kleinen Sturz.

Die Folgen einer Osteoporose sind schwerwiegend. Schmerzen, körperliche Beeinträchtigungen, Krankenhausaufenthalte und Berentungen verursachen alleine in Deutschland Kosten in Höhe von rund drei Milliarden Euro pro Jahr.

Aufklärung, Früherkennung und Prävention haben deshalb einen ganz besonderen Stellenwert. „Erfolgreich älter werden trotz Osteoporose“ lautet daher das Motto des diesjährigen Weltosteoporosetages am Samstag, 8. Oktober, der über die Erkrankung selbst, deren Folgen, die Therapiemöglichkeiten und die Vorsorgemaßnahmen informieren möchte.

Der Dachverband der Deutschsprachigen Osteoporose-Selbsthilfeverbände und Patientenorientierter Osteoporoseorganisationen e.V. (DOP) veranstaltet dazu an diesem Tag einen Informationstag in der Stadthalle Bielefeld. Der Dachverband der Deutschsprachigen Osteoporose-Selbsthilfeverbände und Patientenorientierter Osteoporoseorganisationen e.V. (DOP) ist ein grenzüberschreitendes Kompetenz-Netzwerk für Osteoporose-Interessierte und -Betroffene. Der Verein mit Sitz in Graz/Österreich existiert seit 2002 und ist das Sprachrohr für 8 Millionen Osteoporose-Patienten in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Interessante Vorträge namhafter Experten stehen auf dem Programm: Osteoporose in der Schwangerschaft und Knochengesundheit bei Kindern werden dabei ebenso thematisiert wie Bewegung und Ernährung zur Stärkung der Knochen und Schmerzbekämpfung bei Wirbelkörperbrüchen. Abgerundet wird das Programm durch eine interessante Ausstellung; für Angehörige von Pflegeberufen, PTAs und MTRAs sowie Erzieherinnen und Erzieher und Übungsleiterinnen und Übungsleiter in Vereinen kann die Veranstaltung als zertifizierte Fortbildung gewertet werden.

Der Weltosteoporosetag beginnt um 9.00 Uhr und endet gegen 17.00 Uhr, während des gesamten Tages ist für professionelle Kinderbetreuung gesorgt.

Alle, die sich für das Thema interessieren, sind herzlich eingeladen, der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es auch im Internet unter www.netzwerk-osteoporose.de

Sonntag, 2. Oktober 2011

Buchbesprechung: Zeitenwende - Die postfossile Epoche

Prof. Dr. Dirk Althaus
Zeitenwende:
Die postfossile Epoche
Weiterleben auf dem Blauen Planeten
Murnau 2007, Broschur, 14,95 Euro
313 S., Mankau Verlag


Müssen wir bessere Menschen werden, um als Menschheit auf dem Blauen Planeten überleben zu können? Mit welchem stammesgeschichtlichen Erbe gehen wir in die unausweichlich anbrechende postfossile Epoche? Welche Zukünfte stehen uns für ein Weiterleben offen? Ein Interview mit dem Autor.




Was kennzeichnet das seit rund 250 Jahren andauernde fossile Zeitalter, was hat es der Menschheit „gebracht“?


Prof. Althaus: Das „unermessliche“ Maß an Energiebereitstellung zog einen steilen Aufschwung an Informationsgewinn mit sich (Konrad Lorenz: Doppelhelix „Energiegewinn – Informationsgewinn“, aus: „Die Rückseite des Spiegels, 1977). Ein Erfindungs- und Entwicklungsboom kennzeichnet diese Zeit, leider auch eine Sorglosigkeit des Überschwangs im Umgang mit Energie und Materie. Wir sind damit technologisch sehr gut auf die postfossile Zeit vorbereitet, müssen aber wieder das „Haushalten“ lernen.


In wenigen Jahrzehnten werden die fossilen Energiequellen – vor allem Öl, Gas und Kohle – erschöpft sein. Welche Änderungen bringt die postfossile Zeit mit sich, wie geht es weiter?


Prof. Althaus: Zunächst: Die CO2-Hysterie endet automatisch in der postfossilen Zeit. Längst hätte man die edlen Kohlenwasserstoffe Kohle, Öl und Gas in ihrer hohen thermodynamischen Ordnung belassen müssen, um sie in der Industrie als Rohstoffe zu verwenden, statt mit der Verbrennung maximale Entropie, das ist der materielle Niedergang zur Unordnung, zu betreiben.
In der postfossilen Zeit ist Energie nur oberirdisch zu gewinnen: Sonnenstrom (Photovoltaik), Sonnenwärme (Photothermie) und Biomasse (Photosynthese). Es wird künftig in der Bauleitplanung als „Schürfrecht“ für Energieversorgung eine Energieflächenzahl (EFZ) geben, die Verschattung zur solaren Energiegewinnung sichert. Bei effizienter Gestaltung unseres Lebensraums ist die solare Strahlungsenergie auch in den gemäßigten Breiten für ein angemessenes Leben ausreichend. Langfristig wird eine Migration der Industrie und nachfolgend der Hochkultur in solare Zonen erfolgen. Kultur folgt den Ressourcen, wahrscheinlich nach Afrika, wo am meisten Land unter der Sonne ist.


Blicken wir in eine düstere Zukunft oder sehen Sie in dieser Entwicklung auch Chancen ...?


Prof. Althaus: Wenn wir in eine düstere Zukunft blicken, wird sie auch eintreten. Mich erinnern die Kassandrarufe aus allen Sparten der Gesellschaft an die Voraussagen über die erste Eisenbahnfahrt 1835 von Nürnberg nach Fürth: „Die rückwärts sitzenden Passagiere werden ersticken, weil der Fahrtwind ihre Lungen leer saugt, den Passagieren in Fahrtrichtung aber werden die Lungen platzen“ – und das bei 20 km/h.
Die neue postfossile Zeit wird sicher große Veränderung mit sich bringen, die zu den anderen großen Veränderungen – zum Beispiel der Globalisierung oder dem Aufkommen neuer ökonomischer Großmächte – hinzukommt. Düster könnte nur der Kampf um die fossilen Reste werden.
Nein, das Leben kann viel schöner werden als bisher. Wir essen, trinken, atmen nicht mehr unseren eigenen Müll (pfui Deibel), bleiben gesund, werden fröhlich, arbeiten weniger, haben Zeit, Muße, Gelassenheit und leben in großen Gemeinschaften mit vielfältigen Aufgaben und Vorteilen.


Müssen wir bessere Menschen werden, um angesichts von Klimawandel, Rohstoffausbeutung und Bevölkerungswachstum auf unserem Planeten Erde zu überleben?


Prof. Althaus: Nein, das können wir gar nicht! Bessere Menschen zu predigen ist nicht hilfreich. Eines aber müssen wir wieder lernen: die penetrante Anspruchshaltung der anonymen Gesellschaft gegenüber ablegen. In der Natur hat kein Lebewesen Ansprüche an seine Gruppe, nur Pflichten. Ich nenne das zukunftsweisende Verhalten der Menschen in der Gesellschaft „DIOGENESIS“ – Schöpfung des Weniger (Diogenes + Genesis) – und schreibe gerade über diese Lebenskunst mit Zukunft.
Dem Klimawandel entgehen wir nicht. Das ist normale Erdgeschichte, auch unser Anteil daran ist Ökologie und der wird in der postfossilen Zeit mangels Masse schwinden. Statt zu jammern wäre ingeniöse Phantasie und ein wenig mentale Mobilität angebracht, den Lebensbereich bei Veränderungen zu wechseln, wie es in der Natur selbstverständlich ist. Nicht umsonst haben alle Holländer, deren Land als erstes unter Wasser steht, vorsichtshalber schon einmal Wohnwagen.
Der Rohstoffausbeutung wird – nach dem Vorbild der Nahrungskette – materielle Kreislaufwirtschaft folgen, wenn Bergen und Deponieren teurer als Recycling werden. Auch das hilft der sauberen Lebenswelt.
Die als immer ansteigend postulierte Populationsdynamik flacht bei uns bereits ab. Das ist natürlich, wenn die Dichte die Leistungsfähigkeit des Lebensraums übersteigt, auch die soziale Leistungsfähigkeit. Das exponentielle Bevölkerungswachstum ist schon mehrmals nicht eingetreten. Je mehr uns Automaten und Roboter dienen, umso weniger Menschen sind in der arbeitsteiligen Welt erforderlich, und die erforderlichen müssen von hoher Bildung sein.
Wir können fröhlich auf dem Blauen Planeten weiterleben.


Warum beschäftigen Sie sich mit diesen Fragen? Wie kamen Sie dazu, gar ein eigenes Modell für das Menschsein in der postfossilen Epoche des Blauen Planeten zu entwickeln?


Prof. Althaus: Es begann 1973, als wir am Institut für Industrialisierung des Bauens (Helmut Weber) in Hannover serienmäßig Sonnenkollektoren auf Fertighäusern anboten und Stadtbausysteme entwickelten, die wir als Baukastensystem mit hoher Flexibilität aller Bauteile in ihrer Ordnung wiederverwendbar gestaltet haben. Forschung für das Umweltbundesamt wurde in dem Standardwerk „Ökologisches Bauen“ (1982) veröffentlicht.
Wohl ahnend, wie es in der menschlichen Gesellschaft laufen könnte, beschäftigt mich seither die Frage, warum es nicht so läuft, und es gibt ganz natürliche Hinweise, dass es nicht so laufen kann. Diese Hinweise und den unwiederbringlichen Gang der Zeit wohl beachtend mache ich als Architekt Entwürfe für neue Welten, die versuchen, eine Harmonie zwischen uns und dem Rest der Welt in Zukunft herzustellen. Je länger ich mich mit dieser Thematik beschäftigt habe, umso einfacher wurde das Modell. Fertig ist es noch lange nicht.


(© Mankau Verlag, Mai 2007)