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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dienstag, 9. Januar 2024

Nachlese: Zwei (von mir) Vergessene - Groebners Glossenhauer #20 und #21

#20



Was Du nicht sagst!


Der Dialekt hat wirklich wunderschöne Begriffe. Jeder.  

„Hannebambel“ etwa im Hessischen. Oder auch „Gscheidhaferl“ im Bayerischen oder das wunderschöne „Nonanet“ (Kurzform: „Nona“) im Wienerischen. 

Zum besseren Verständnis: Das hessische Wort heißt soviel wie „Depp“ oder „Trottel“, das bayerische etwa „Klugscheisser“ oder „Besserwisser“ und der wienerische Ausdruck ist eigentlich nicht eins zu eins übersetzbar. Er ist so etwas wie die gelangweilte Antwort auf Nachrichten, die keine Neuigkeiten sind. Im Hochdeutschen also ungefähr „Was Du nicht sagst“.

„Der Papst ist katholisch!“ - „Nonanet“, „Die K.I. kommt mir so unmenschlich vor!“ - „Nonanet.“, „Der Weihnachtsmann ist ein Cyborg, den Coca-Cola in die Welt gesetzt hat, um aus Kindern schokoladesüchtige, gehirnamputierte Serienmörder zu machen.“ - „No… nochmal…. was hast Du gerade gesagt?“

Das Nonanet ist also in seiner Verwendung also sehr spezifiziert. Es ist nur für eine Sache geeignet, aber für diese sehr gut. Das „No na net“ ist sein eigener Vollprofi.

Abschweifung:

Deshalb muß an dieser Stelle dem Gerücht entgegen getreten werden, dass „No na net“ am Schluß der wienerischen Bezeichnung der Stammtöne der Tonleiter steht. Selbstverständlich singt man auch in Wien immer nur: „Do - Re - Mi - Fa - Sol - La - Si - Do“ und nicht: „Heast - Geh - Leck - Passt - Eh - No - Na - Net“. Dies nur der Vollständigkeit halber.

Ende der Abschweifung.

Und dieser Tage kann man das „No na net“ sehr gut und oft gebrauchen. 

Denn es häufen sich gerade Meldungen, die eigentlich nichts anderes als Reaktion zulassen:

„Wladimir Putin kandidiert wieder als für das Amt des russischen Präsidenten.“ - „No na net.“

„Die AfD in Sachsen ist gesichert rechtsextrem.“ - „No na net.“ 

„Die Öl-Staaten wehren sich auf der Welt-Klima-Konferenz gegen ein CO2-Verbot.“ - „No na net.“ 

Wobei ich hier keineswegs die Welt-Klima-Konferenz klein reden möchte. 

Nein, die Staaten und Institutionen dort versuchen etwas bahnbrechendes. Die probieren unter größten Kraftanstrengungen ein im Grunde physikalisches Problem (Erderwärmung) mit finanziellen Mitteln (Katastrophenfond) zu lösen. 

Das ist wirklich einzigartig! Das ist in etwa so, als würde man versuchen einen Wasserrohrbruch im Stock darüber zu stoppen, in dem man laut philosophische Werke der europäischen Aufklärung wiederholt rezitiert. Klingt verrückt? Aber heißt nicht auch ein beliebtes Installateur-Werkzeug Vier-Kant-Schlüssel? Eben. 

Das kann doch auch gut gehen. Warum nicht auch beim nächsten Platten (wienerisch: „Patschn“) am Fahrrad, Reifen und Schlauch mit mit Opernarien beschallen, solange bis die Luft-entlassende Lücke wieder zugewachsen ist? Dauert vielleicht, aber wenn wir international zusammen stehen und mitsingen, könnte das - so wie beim Fond für Klimaschäden - funktionieren. 

Lasst uns auch die nächste Hangrutschung aufgrund von tagelangem Starkregen einfach mit einer Mathematik-Olympiade aufhalten. Auch wenn die PISA-Ergebnisse gerade zu wünschen übrig lassen, könnte das klappen. (Das Bildungsdesaster lässt sich im übrigen sicher durch regelmäßige Sauna-Besuche eindämmen.)

Wir brauchen unkonventionelle Lösungen für klar umrissene Probleme. Gedichtinterpretationen gegen Dürrekatastrophen. Ballonfahren gegen Fremdenhass. Tanzworkshops gegen das Wettrüsten. Yoga wider das Handelsbilanzdefizit. 

Oder Gesprächstherapie gegen das Haushaltsloch!

Klingt neu, crazy, weird oder vielleicht sogar komplett meschugge, aber in der deutschen Bundesregierung arbeitet man anscheinend schon mit solchen Methoden.

Wozu lehrt man denn auf den Universitäten seit Jahren fächerübergreifende Studien, wenn man nicht auch mal fächerübergreifende Lösungen anbietet? Also: Was tun gegen hungernde Kinder in Wohlstandsgesellschaften? Na? Logisch: Pilates fürs obere Management.

Explodierende Schwermetall- und Feinstaubbelastungen in Ballungsräumen? Dagegen hilft der Romanerstling einer burmesischen Tennisspielerin. Und dass Chorsingen in Alpentälern gut ist gegen Müllinseln in den Weltmeeren versteht sich jetzt wohl von selbst.

Also wenn die „internationale Gemeinschaft“ jetzt recht viel Geld in einen Fond stopft und gleichzeitig ein tausendfaches davon in Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen, die schön CO2 in die Luft blasen, dann werden wir, unsere Kinder (die wir jetzt gerade noch mit Plastikspielzeug versuchen zu bestechen) oder unsere Kindeskinder eines Tages aufs Thermometer schauen und sagen: 

„Hoppala! Es hat ja über 50 Grad! Das ist aber ganz schön heiß!“ 

Dann wird irgendjemand vielleicht antworten: 

„No na net.“

 - „Gscheidhaferl!“

„Hannebambel.“




Groebner Live - Nächste Termine: 


„ÜberHaltung“ - Sonntag 28.1. Frankfurt, Stalburg Theater - Samstag 10.2. Offenbach, Filmklubb - alle Termine.



#21 

Weihnachten vs. Satire 1:0


Es ist Weihnachten. Und das ist gut so. Die Menschheit freut sich an Geschenken, von denen sie nicht weiß, wohin damit. Und über den Besuch von Verwandten, von denen sie nicht weiß, woher.

Aber sonst ist es schön. Stress, Rempeleien in der Schlange an der Supermarktkasse und Schreiduelle im Straßenverkehr sind vorbei, jetzt muss nur noch gegessen werden. Und verdaut. Und vergessen.

Denn dazu ist so ein Fest ja auch da. Einmal im Jahr alles vergessen, was sonst noch so auf dem runden Planeten nicht so ganz rund läuft. Das bleibt draußen. Ob Krieg, Klima oder andere Katastrophen, die einzigen Strophen, die uns jetzt interessieren, sind die von „Stille Nacht“. 

Und deshalb hat auch der Satiriker zu schweigen. Er muss seinen Kopf in den nicht vorhandenen Schnee stecken und dort warten bis der Alltag wieder öffnet. Meist am 7. Jänner.

Das ist so, weil Satire ja eine Form der Auseinandersetzung mit der Gegenwart ist. 

Wenn aber die Gegenwart ausgeblendet wird und hinter einem üppig dekorierten, etwas schrägen, an der Zimmerdecke kratzenden Weihnachtsbaum zu verschwinden hat, ist auch der Satiriker im Zwangsurlaub.

Wobei es sicher viele Menschen gibt, die sich eine Verlängerung dieses Zustands der selbstgewählten Ahnungslosigkeit wünschen würden. Warum kann man nicht das ganze Jahr sagen: „Jetzt hör mir auf mit diesen Geschichten, es ist Weihnachten.“?

Das ist doch die wahre Informationsfreiheit: die Freiheit von Information. 

Man könnte doch ohne Probleme nach Weihnachten, das große Fest des Aufräumens feiern. Weltweit werfen Menschen Zeug weg, das sie eigentlich nicht brauchen. Alle fotografieren ihren Müll und stellen ihn auf Instagram, bis zum Höhepunkt der Festivität. Das ist eine Woche vor Aschermittwoch, wenn der heilige Müllmann kommt. Mit seinem Müllfahrzeug Rud… Ru… R… Rüdiger braust er heran, nimmt alles mit und lädt das ganze Zeug am Nordpol ab. Oder im Ozean. Dann ist eine Woche Fasching vulgo Karneval und alle haben Zeug an, das sie den Rest des Jahres niemals tragen würden, sind betrunken und man amüsiert sich mit Freuden weit unterhalb des eigenen Niveaus. 

Wenn man eins hat.

Danach beginnt das Frühlingsfest. 

Denn der Frühling ist die Zeit des Nestbaus in der Natur und so ist auch der Mensch angehalten sich neue Einrichtungsgegenstände zuzulegen. Schließlich hat man ja gerade erst alles weggeworfen.

Das Frühlingsfest begehen die Gläubigen also mit einer ständigen Wallfahrt ins örtliche Einrichtungshaus und wieder zurück. Man darf nur aus dem Auto aussteigen, um die gerade frisch erworbenen Möbel ein- oder auszuladen. Oder zum Zweck das soeben verzehrte Mittagsmenu wieder los zu werden. Ziel ist es so oft wie möglich das Möbelcenter zu besuchen und dabei soviel Kilometer zu machen, wie nur geht. Wer es schafft den Erdumfang herein zu fahren, bekommt vom Papst den Segen „Urbi et Orbi“ (für den Stadtbewohner mit Kaugummi).

Dann ist endlich Sommer und wir dürfen anschließend schon wieder feiern. Das Fest der Ölung. Ein angeblich alter, heidnischer Brauch aus dem vorchristlichen, römischen Reich, in dem man sich in Badeanstalten trifft, sich gegenseitig mit Sonnenöl einschmiert, in Frittier-Öl heraus gebackene Pommes isst und dazu Bier (dänisch: Öl) trinkt. Wer am Ende des Sommers aussieht wie ein Jägerschnitzel (ohne Sauce) hat gewonnen, wird zum „Herr des Sommers“ gekürt, und - nachdem ihm eine aus Stroh geflochtene Krone aufgesetzt wurde - bekommt er eine Hautkrebsvorsorgeuntersuchung gratis.

Dann ist Herbst, da muss man noch einmal dem großen Geist des Konsumismus dienen, bevor wieder diese selbstkasteiende Weihnachtszeit anbricht. Also am besten ein dreimonatiges Erntedankfest. Muss man sich vorstellen wie das Vorbild in München, aber nicht nur im Oktober und nicht nur in München. Ein landesweites Septemberoktobernovemberfest. Denn obwohl die Kirche gerne vom „Lamm Gottes“ spricht, bleiben die Hühner und Schweine Gottes völlig unerwähnt. Aber auch die hat der Herr für uns vorbereitet. Der Herr der Massentierhaltung genauer gesagt, der uns hinweg nimmt die Kunde der Welt. Denn wenn wir drei Monate ständig nur zwischen Braten und Bett hin- und herpendeln, kriegen wir garantiert nichts mit von der Welt. Und das ist ja der Plan. 

Und dann ist auch schon wieder Weihnachten. Und wir haben es geschafft.

Ein ganzes Jahr nur selige Festzeiten und keinerlei Nachrichten. 

Und ein Blick in den Spiegel zeigt uns: Runder sind wir geworden. Aber auch bräuner. Und die Wohnung ist voller Möbel, von denen wir nicht wissen wohin. 

Es ist eng. Riecht seltsam nach Sonnenöl und Bratenfett. Aber wir sind glücklich.

Ahnungslos glücklich.

Aber dann wollen wir es doch mal wissen, holen das Smartphone raus und dann sagt irgendwer: „Lass das bitte! Es ist doch Weihnachten.“


In diesem Sinne:

Frohes Fest.




Groebners neue Glosse für Radio Bayern Zwei „Ende der Welt“ zum Nachhören.


Der „Neue Glossenhauer“ ist ein Projekt der freiwilligen Selbstausbeutung, wer es dennoch materiell unterstützen will, hier wäre die Bankverbindung für Österreich: 

Severin Groebner, Bawag, IBAN: AT39 6000 0000 7212 6709 

Hier die jene für Deutschland: 

Severin Groebner, Stadtsparkasse München, IBAN: DE51 7015 0000 0031 1293 64

Oper Frankfurt a.M.: SALOME Drama in einem Aufzug von Richard Strauss

Zweite Wiederaufnahme  

Salome 
Bildnachweis: Barbara Aumüller

SALOME 

Drama in einem Aufzug von Richard Strauss 
Text vom Komponisten nach Oscar Wilde 
In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
 

Musikalische Leitung: Leo Hussain 
Regie: Barrie Kosky 
Szenische Leitung der Wiederaufnahme: Alan Barnes 
Bühnenbild und Kostüme: Katrin Lea Tag 
Licht: Joachim Klein 
Dramaturgie: Zsolt Horpácsy 


Salome: Ambur Braid  Jochanaan: Nicholas Brownlee  3. Jude: Magnus Dietrich  4. Jude: Andrew Kim  Herodes: Matthias Wohlbrecht  5. Jude: Alfred Reiter  Herodias: Claudia Mahnke / Katharina Magiera (19., 27.1., 3.2.2024)  Narraboth: Michael Porter / Gerard Schneider (3.2.2024)  Ein Page der Herodias: Bianca Andrew  1. Jude: Theo Lebow  1. Nazarener: Thomas Faulkner  2. Nazarener: Sakhiwe Mkosana  1. Soldat: Erik van Heyningen  2. Soldat: Seungwon Choi  Sklavin: Chiara Bäuml  2. Jude: Andrew Bidlack  Statisterie der Oper Frankfurt; 

Frankfurter Opern- und Museumsorchester  

Salome von Richard Strauss (1864-1949) in der Sicht von Barrie Kosky war – trotz Corona – einer der großen  Erfolge der Spielzeit 2019/20. „Was für ein radikaler Ansatz! Was für ein genialer Wurf!“ (Das Opernglas) und „Barrie Kosky ist eine geradlinige, psychologisch tiefschürfende und abgrundtief schwarze Salome gelungen“ (SWR 2 /  Kultur aktuell). Die Opernwelt übertitelte ihre Rezension mit „Ein Coup – Selten wurde Richard Strauss’ Salome so  packend auf den Punkt gebracht wie von (…) Barrie Kosky an der Oper Frankfurt“. Da wunderte es niemanden,  dass wenig später in der Autor*innenumfrage dieses Magazins die Nominierungen für Kosky und seine Produktion  in allen Kategorien so zahlreich waren, inklusive Ernennung von Katrin Lea Tag zur „Bühnenbildnerin des Jahres“. 

Ein schwarzer Raum, lediglich durchschnitten von Scheinwerferkegeln. Eine bildliche Umsetzung des Mond-Motivs, das die Protagonist*innen in den Fokus stellt, und damit ganz nah an das Publikum heranrückt – das  gilt vor allem für die Titelheldin: „Die Szene gehört Salome: In einem spektakulären, intensiven, total  hingebungsvollen Rollendebüt ist die Kanadierin Ambur Braid zu erleben, mit einem unermüdlichen,  dominanten, in der Höhe gewaltigen, nach unten immens abschattierten Sopran und dem Gesicht einer so  komödien- wie thrillertauglichen Collegestudentin“, war etwa in der Frankfurter Rundschau zu lesen. Da wird  es viele Zuschauer*innen erfreuen, dass die Sopranistin erneut mit von der Partie ist.

Die musikalische Leitung liegt bei Leo Hussain, der hier zuletzt 2022/23 für Vorstellungen der Wiederaufnahmeserie von  Humperdincks Hänsel und Gretel zu Gast war. An der Oper Frankfurt leitete er darüber hinaus bereits  L’Heure espagnole / La vida breve und Weinbergs Die Passagierin, Wiederaufnahmeserien von Tosca und  Carmen sowie die Premierenserie von Cimarosas L’italiana in Londra. Der amerikanische Bassbariton  Nicholas Brownlee war bereits in Vorstellungen der ersten Wiederaufnahme als Jochanaan zu erleben und  zählt mit Amonasro (Aida) und Escamillo (Carmen) zwei bedeutende Rollendebüts zu seinen aktuellen  Frankfurter Aufgaben. Ebenfalls mit der Produktion vertraut sind Claudia Mahnke und Katharina Magiera –  letztere war in der Premierenserie als Page besetzt –, die nun im Wechsel als Herodias auftreten werden. Zu  den Neubesetzungen gehört Matthias Wohlbrecht (Herodes), Kammersänger des Badischen  Staatstheaters Karlsruhe, der damit sein Debüt im Haus am Willy-Brandt-Platz gibt, sowie aus dem  Ensemble u.a. Michael Porter (Narraboth) und Bianca Andrew (Ein Page der Herodias). Alle weiteren  Partien sind mit wenigen Ausnahmen ebenfalls aus dem Ensemble und Opernstudio besetzt. 

Zum Inhalt: König Herodes hält den Propheten Jochanaan gefangen, doch seine Stieftochter Prinzessin Salome,  Tochter der Herodias, verlangt, diesen zu sehen. Der Prinzessin verfallen, gibt der Hauptmann Narraboth derem Verlangen trotz des ausdrücklichen Verbotes des Herrschers nach. Als Salome auf Jochanaan trifft, weist dieser sie  zurück, woraufhin der von Eifersucht geplagte Narraboth Selbstmord begeht. Ihr lüsterner Stiefvater verlangt, dass  die vom Propheten Verfluchte für die feiernde Gesellschaft tanzt. Schließlich leistet sie der Aufforderung unter der  Prämisse, jeden Wunsch erfüllt zu bekommen, mit dem „Tanz der sieben Schleier“ Folge und fordert im Gegenzug  Jochanaans Kopf. Jegliche Umstimmungsversuche des entsetzten Tetrarchen bleiben erfolglos. Salome küsst den  Mund des auf dem Silbertablett liegenden Hauptes und wird auf Herodes’ Befehl hin ebenfalls getötet. 

Wiederaufnahme: Samstag, 6. Januar 2024, um 19.30 Uhr im Opernhaus 
Weitere Vorstellungen: 12., 14. (18 Uhr), 19., 27. Januar, 3. Februar 2024 (anschließend dritte Frankfurt  Opera Night – nur mit Sonderticket) 
Falls nicht anders angegeben, beginnen diese Vorstellungen um 19.30 Uhr 
Preise: € 16 bis 132 (12,5% Vorverkaufsgebühr nur im externen Vorverkauf) 

Karten sind bei unseren bekannten Vorverkaufsstellen, im Telefonischen Vorverkauf 069 – 212 49 49 4 oder online unter www.oper-frankfurt.de erhältlich.
 

Montag, 8. Januar 2024

Groebners Neuer Glossenhauer #24: Unvorstellbares

Foto: Dominik Reichenbach/Artwork: Claus Piffl



Unvorstellbares 


Silvester ist vorbei. 

Nur leider hört in diversen Weltregionen das Raketenschießen trotzdem nicht auf. 

Die einen schießen auf die anderen, die anderen auf die einen. Und am Schluß landen alle Raketen auf den Köpfen der Zivilbevölkerung. 


Und „Zivilbevölkerung“ ist ein komisches Wort. Gibt es nur in den Nachrichten. Und immer wenn irgendwas Scheußliches passiert. Nie heißt es: „Der Frühlingsanfang wurde von der Zivilbevölkerung gebührend gefeiert!“ Oder „Ein Konzertereignis, das große Teile der Zivilbevölkerung elektrisiert hat.“ 

Das Wort klingt immer nach einer besonderen Spezies. Irgendeiner Form von Kleinstlebewesen oder etwas ähnlichem: 

„Ich hab jetzt dieses Joghurt gekauft. Mit Zivilbevölkerung!“

„Und? Wie ist es? Das soll ja soooo gesund sein!“ 

Oder klingt „Zivilbevölkerung“ nicht nach einem Parameter in einem Computerspiel?

„Ich hab jetzt in meinem Bereich die Waffenproduktion um 300 Prozent gesteigert und trotzdem den Energieverbrauch um 43 Prozent gesenkt, ich glaube ich gewinne.“

„Nun, ja. Du hast aber auch einen Verlust von 78 Prozent der Zivilbevölkerung.“

„Ja, ist aber egal, ich hab vorher auf 90 Prozent automatisierte Waffensysteme umgestellt.“

Und da weiß man jetzt gar nicht, ist das Gaming oder doch ein Live-Bericht aus einer der diversen, echten Kommandozentralen. So ähnlich klingt das. Nur, daß es in einem Fall kein Spiel ist.

Also wer ist diese Zivilbevölkerung? Kurz gesagt: Das sind die, die keine Uniformen tragen und keine Raketen haben. 

Das sind mehr so…. Leute. 


So wie wir. Menschen, die im Auto zur Arbeit fahren, mit dem Hund rausgehen oder auf dem Weg zum Supermarkt die lange Strecke über den Park nehmen, weil die Sonne gerade scheint und sie sich denken: 

„So ein schöner Tag, ich könnte ja eigentlich…“ 

Und dann denken sie sich nichts mehr, weil Ihnen die Rakete von der anderen Seite gerade den Schädel vom Rumpf reisst.

Oder den Rumpf vom Schädel. Ansichtssache. 

Auf jeden Fall ist die Zivilbevölkerung dann geteilter Meinung. Weil sie selbst geteilt ist.

Und Teil der Nachrichten. Denn da gibt es dann „Opfer unter der Zivilbevölkerung.“.

Und diese Nachrichten werden dann geteilt. In den Sozialen Netzwerken und die Emotionen gehen hoch und man fordert Vergeltung. Damit die Zivilbevölkerung auf der anderen Seite, die eigentlich auch nur Spazieren gehen will, auch massakriert wird.

Und die nächste Rakete kommt.


Aber es gibt ja nicht nur Krieg auf der Welt. Es gibt auch andere Katastrophen. Überschwemmungen etwa. Wegen des Klimawandels. Weil ja höhere Lufttemperaturen mehr Wasser speichern können. Das ist ein Naturgesetz. 

Und ein Naturgesetz ist  - im Gegensatz zu einem Heizungsgesetz - ein Gesetz, das man auch mit Hilfe der Bildzeitung nicht aufweichen kann.

Die Naturgesetze weichen selbst auf. Deiche z.B. Die Naturgesetze wirken einfach.

Und wenn man den Menschen das erklären will, wie das so ist mit den Naturgesetzen und dem Klimawandel und welche Auswirkungen das hat und haben wird, dann sagen sie den ersten Satz der Ignoranzerhaltung, der da lautet: 

„Das kann ich mir nicht vorstellen!“

Und den sagen sie so laut und selbstbewusst, als wäre das von belang, was sie sich in ihrem bildschirmverseuchten Schrumpfköpfen vorstellen können. Und was nicht. 

Als würde ihre mangelnde Vorstellungsgabe irgendwelche Auswirkungen haben. Als würden sich Naturgesetze von ihrem Wirken abhalten lassen, weil der Herr Müller oder der Herr Murat, die Frau Anna oder die Frau Aisha oder das kleine Ich-bin-ich irgendetwas „nicht vorstellen“ kann. Dabei ist das völlig egal.

Warme Luft speichert trotzdem mehr Wasser.

Und das kommt dann runter. Irgendwo. In England, Frankreich oder Deutschland. Oder Österreich oder Slowenien oder sonstwo. Im Sommer oder Winter oder irgendwann dazwischen.

Und dann kommen die Medien und nennen die Menschen in den Überschwemmungsgebieten plötzlich: Zivilbevölkerung. Und dann weißt Du: Jetzt ist was Scheußliches passiert.


Und Du bleibst dran und schaust Dir das an. Die Bilder von den Überschwemmungen. Und was die Leute vor Ort zu sagen haben. Und was die Leute im Studio. Und irgendwann fällt er dann: der zweite Ignoranzerhaltungssatz, der da lautet: 

„Das so etwas passiert, hätte man sich nie vorstellen können.“ 


„Hallo?! Herr Groebner?“, werden Sie jetzt sagen, „das soll Satire sein? Das ist überhaupt nicht lustig.


Ja lustig ist das alles natürlich nicht. Die Menschen leiden, Häuser werden überschwemmt, Sandsäcke werden geschichtet, Pegel steigen und dann kommt auch noch der Ministerpräsident oder - wenn’s ganz hart kommt - der Bundeskanzler. Und alle Medien berichten darüber, dass er keine Gummistiefel anhat.

Und die Leute vor Ort sind dann sauer auf den Bundeskanzler. Weil auch er nicht - nicht einmal zusammen mit der Bildzeitung - diese Naturgesetze aushebeln kann.

Das hat man sich anscheinend nicht vorstellen können.


Und doch gibt es zwischen all diesen Schauermeldungen humoristische Kleinode zu entdecken. Versteckt zwischen Betroffenheit und Berichten aus dem Überschwemmungsgebiet, tauchen plötzlich Namen von Flüssen auf, die klingen, als hätte  sich der bekiffte Redaktionsazubi kurz vor Sendungsbeginn etwas ausgedacht. 

Flüsse namens Ohre, Ilse, Mulde, Bode, Hase, Wümme, Jeetze oder Dumme.

Das hört man und sagt sich: das sind Namen, die hätte man sich echt nicht vorstellen können.

Da wartet man doch auf Flussnamen wie „die Feuchte“, „die Meine“ oder „die Nase.“, um die Berichterstattung sagen zu hören: Hier sehen sie wie die Nase rinnt.


Aber die tapferen Korrespondentinnen und Korrespondenten müssen ja die echten Namen aussprechen. Und zwar ernst. Und die immer gleichen Fragen aus dem Studio beantworten. Während sie - mit Gummistiefeln - im Wasser stehen.

Und so entstehen die ewig gleichen Berichterstattungsdialoge:


1. Wie ist die Lage - Die Lage ist angespannt.

2. Halten die Deiche? - Die Deiche sind aufgeweicht und der Druck ist groß.

3. Es gibt ja eine Welle der Solidarität - Ja, aber die Helfer sind schon seit Tagen im Einsatz und daher extrem übermüdet.

4. Wie geht es weiter? - Wir hoffen das Beste, aber es kann vorläufig keine Entwarnung gegeben werden.


Und dann heißt es „Danke“ und „wir schalten weiter zu den Börsennachrichten: Wie geht es dem Dax?“ - „Dem Dax geht’s gut, heute ist er…“


Ganz anders würde diese Berichte ja klingen, wenn mal jemand wie ich Korrespondent in einem Hochwassergebiet wäre. Ich wäre nicht so geduldig. Und würde einfach mal ehrlich (und ein bißchen emotional) antworten. Einfach so, wie man sich als Teil der „Zivilbevölkerung“ nach Dauerregen wahrscheinlich fühlt. 

Und dann würde der Dialog so klingen:


Wie ist die Lage?

 - Na wie wird die Lage wohl sein? Es regnet seit gefühlten drei Jahrhunderten und der halbe Landkreis steht unter Wasser. Die Lage ist: nass… nass… nass… und noch einmal nass. Sieht man doch. Blöde Frage.


Äh… ja, aber die Deiche halten? 

- Woher soll ich das wissen? Bin ich ein Maulwurf? Kann ich rein schauen in den Damm, hä? Es regnet und regnet und regnet. Und mit dem geheimen Wissen, dass wir alle seinerzeit im Sandkasten erworben haben, würde ich sagen: Lange geht das nicht gut… stimmt’s?


Ja… natürlich…aber es gibt ja eine Welle der Solidarität.

- Was ist denn das für eine Formulierung bei einer Hochwasserkatastrophe? „Welle der Solidarität“? Was sagst Du denn beim nächsten Waldbrand? „Da wird einem warm ums Herz“? Oder „Die Flamme der Mitmenschlichkeit“ brennt hier besonders hell? Halloooo? Ein bißchen Sensibilität wäre schon schön.


Das ist auch irgendwie richtig…ja, okay… aber wie geht es denn nun weiter?

- Das ist die nächste blöde Frage! Das weiß keiner. Niemand. Es regnet und regnet und regnet. Es ist verdammt nochmal NASS! Überall ist Wasser und Wasser und Wasser und Wasser und Wasser… Hast Du das endlich kapiert, Du Wüstenmaus in Deinem Studio-Terrarium?


Ja, danke. 

Das war unser Korrespondent Severin Groebner aus Pumpe an der Feuchte. 


Das wäre mal eine interessante Berichterstattung, oder?

Aber dass das mal passiert… ganz ehrlich: 

Das kann ich mir nicht vorstellen.



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Groebner live mit „ÜberHaltung - Unterhaltung über Alles“:

28.1. Frankfurt Stalburg Theater - 10.2. Offenbach Filmklubb - 17.2. Wien Kabarett Niedermair - 23.2. Karlsruhe Orgelfabrik

Alle Termine hier.


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Der „Neue Glossenhauer“ ist ein Projekt der freiwilligen Selbstausbeutung, wer es dennoch materiell unterstützen will, hier wäre die Bankverbindung für Österreich: 

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Sonntag, 7. Januar 2024

Der Vorsitzende der Kommission soll sprechen!!

 

Vorsitzender der Kommission für Zensur und Inquisition


Bitte einmal die Lage bei FB betrachten, dear Esel! Die Sinne sind durcheinander, der Verstand geht unter, und es wird versucht eine Zensur zu errichten!

Groebners Neuer Glossenhauer #23 - Simply the Best


© Foto: Dominik Reichenbach/Artwork: Claus Piffl

Simply the Best


Schon seit ein paar Jahren - damals noch in Papierform als Teil der „Wiener Zeitung“ (ehemals älteste Zeitung der Welt, von der österreichischen Bundesregierung dieses Jahr mutwillig eingestellt) - blickt der Glossenhauer am Jahresende auf das Jahr zurück und erstellt eine Liste jener Menschen und Institutionen, die das vergangene Jahr aufs Positivste geprägt haben. 

Das alles natürlich sehr ernsthaft, frei von Ironie und ohne jeglichen Sarkasmus. 

So wie es sich für einen Satire-Newsletter eines Kabarettisten eben gehört.

Und hier ist sie die Liste der Besten des Jahres!


Frauenversteher des Jahres: Luis Rubiales


Republikaner des Jahres: Charles III.


CDU-Mitglied des Jahres: Franziska Giffey


Putinversteher des Jahres: Jewgeni Prigoschin


Philosemit des Jahres: Dem Aiwanger Hubsi sei Bruder


Dieter Nuhr des Jahres: Jan Böhmermann


Kettensäge des Jahres: Javier Milei


U-Boot des Jahres: Titan


Grillplatz des Jahres: Kanada, Rhodos, Maui


Ernährer des Jahres: Karl Nehammer


Erklärer des Jahres: Olaf Scholz


Oppositionspolitiker des Jahres: Christian Lindner


Christian Lindner des Jahres: Florian Silbereisen


Finanzpolitiker des Jahres: René Benko


Friedensbotschafter des Jahres: Hamas


Objektivitätsbeauftragter des Jahres: Hubert „Geht’s noch?“ Seipel  - der weltweit wohl einzige Russlandversteher ohne Russisch-Kenntnisse


Zyprer des Jahres: Russen


PR-Mitarbeiter des Jahres: Chat GPT


Peniskanone des Jahres: Til Lindemann


Demokrat des Jahres: Serbiens Präsident Aleksandar Vucic 


Wildwasserpark des Jahres: Kärnten und Slowenien


Wort des Jahres: „Erinnerungsdilemma“ - gesprochen vom ehemaligen österreichischen Finanzminister. Der Begriff beschreibt einen Zustand, in dem man sich an ganz bestimmte Dinge erinnern könnte, es aber - aus politischen, finanziellen und juristischen Gründen - ganz bestimmt nicht will.


Medienpolitiker des Jahres: Österreichische Bundesregierung


Fossil des Jahres: Saudi Aramco


Mangel des Jahres: Niemand hat bei ihrem Begräbnis gesagt: „Tina Turners musikalisches Erbe ist unsterblich, sie ist als Künstlerin und Person nahezu unersetzlich und was wir hier zu Grabe tragen ist Simply the Rest.“



Severin Groebner auf Ö1 über „Ende und Anfang"




Über diesen Newsletter:


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Wobei - bis jetzt - die Leserschaft aus Österreich weitaus spendenfreudiger ist als jene aus Deutschland. Wie auch immer:

Herzlichen Dank für die Unterstützung (teilweise mit Dauerauftrag! Wow!!) an: 


Roland & Heide, Dieter, Andrea, Helga, Ulrike, Brigitte, Marcel, Irmgard, Peter, Robert & Eva, Erwin, Eva, Leopold, Peter, Friedrich, Gerd & Sylvia, Gerhard & Gertrude, Heinrich, Christian, Margarete, Karmen, Petra, Reinhard, Ernst, Gerhard, Alois & Annemarie, Wolf Dieter, Konrad, Peter, Erwin, Werner & Adelheid, Marcel, Vene, Erich, Wilhelm, Laurenz, Walter, Isa & Albert, Gertrude, Peter, Susanne, Karl & Hildegard, Barbara, Arthur & Monika, Bernhard, Marliese, Uschi & Rowald, Alfred, Peter, Barbara, Ingeborg, Christiane, Birgit & Charlie, Ernst, Georg, Markus & Anne, sowie Manfred & Roswitha

(Stand 31.12.) 


DANKE ! MERCI! OBRIGADO! GRACIAS! THANKS! PALDIES! TACK! TEERIMA KASIH!