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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Dienstag, 21. Mai 2013

VINCENT - eine Geschichte von Reinhard Stammer, erster Teil


(c) Reinhard Stammer
VINCENT (Teil 1)
  

Eine Geschichte für Kinder ab 10 Jahren.
(Ich habe diese Geschichte für mein Buch "Kann ein Vogel träumen?" mit etlichen Bildern illustriert. Die Bilder werden demnächst in der GALLERIA ARTISTICA flashlight gezeigt.)

Vincent flog hoch über den Wolken. Für ihn schien es keine Schwerkraft zu geben, er umkreiste die Erde, kam der Sonne nah und überlegte, ob er die Sterne erreichen könnte.

Je höher er flog, desto kühner wurden seine Gedanken.

Vincent war noch jung und unbedarft. Die einzige Sorge, die ihn quälte, war die, vielleicht irgendwann einmal wieder zurück zur Erde kehren zu müssen. Aber diese Sorge verflog genauso schnell, wie er mit  ausgebreiteten Armen, einem Adler gleich, durch die Lüfte schoss.

Es ist nicht anzunehmen, dass  jemand auf der Erde ahnte, was dort über ihm passierte.

Vincent war einfach drei Jahre nach seiner Geburt verschwunden. Seine Eltern waren nicht einen Moment verzweifelt. Für sie trat das ein, wenn auch verspätet, worum sie auch schon vor seiner Geburt bemüht gewesen waren: ihn gar nicht erst zur Welt kommen lassen.

Die ersten zwei Jahre, in denen Vincent mit seinen Eltern leben musste, waren, wie man sich denken konnte, nicht die glücklichsten. Er bekam wenig zu essen, wurde geschlagen und er fühlte, dass er unerwünscht war. Er schrie wenig, denn er hätte sowieso niemanden damit erreichen können. Auch aß er nicht sehr viel, kaum mehr als ein kleiner Vogel. Sowenig, dass ein Blick auf seinen kleinen, dünnen Körper den Eindruck erwecken musste, Vincent würde bald wie eine Feder davonschweben. Es war natürlich niemand da, der einen Blick auf Vincent geworfen hat und wenn es jemanden gegeben hätte, wäre das Jugendamt eingeschaltet worden.

Seine Eltern interessierte es nicht, wie es ihrem Kind ging. Sie schienen sogar etwas beglückt darüber zu sein, dass Vincent sehr krank wurde und ihnen vielleicht nicht mehr lange zur Last fallen würde. Er war  wohl auch sehr krank, auf der einen Seite. Auf der anderen Seite durchlebte er in dieser Krankheit einen Prozess, der ihn von Grund auf veränderte. Er wurde immer schwächer und das Stehen fiel ihm zunehmend schwerer. Er begann sich immer häufiger unterhalb des Zimmerfensters zu legen und in den Himmel zu schauen. Es sei erwähnt, dass ihn seine Eltern niemals mit nach draußen nahmen, aus Angst davor, Nachbarn könnten das Elend, in dem sie Vincent dahinvegetieren ließen, erkennen, um es alsdann bei staatlicher Stelle zu melden. Abgesehen davon, hatten sie auch gar nicht das Bedürfnis ihm mehr von der Welt zu zeigen.

Vincent fing an zu träumen. Ärzte würden vielleicht gesagt sagen haben, so sie ihn gesehen hätten: Der Junge fängt zu halluzinieren an. Aber alles im Leben kann man von zwei Seiten betrachten. Vincent natürlich nicht. Er erreichte nicht das  Alter, um so differenziert denken zu können. Er sah Bilder und fing an, die gewohnten schmerzvollen Eindrücke, die damit verbunden waren, durch Bilder, die ihm durch das Schauen nach draußen vermittelt wurden, auszutauschen.

Die Sonne, für die er keinen Begriff kannte, spendete ihm Wärme, das Blau des Himmels, wofür er natürlich ebenfalls keine Worte hatte, erfüllte ihn mit Sehnsucht. Der Mond, der sich immer wieder verändernd, sein karges Zimmer, in ein fahles, unwirkliches Licht hüllte. Die Sterne, die ihm aus weiter, weiter Ferne zuzuwinken schienen. Dann die Vögel, die er auch nur als Erscheinungen in seinem Blickfeld wahrnahm und sich einfügten in das eine große Ganze,  die dort oben so unbeschwert und leicht, manchmal wie Pfeile hin und herschossen und manchmal, ohne die Flügel zu bewegen, auf unsichtbaren Wellen dahinglitten. Einige schienen in der Luft stehen zu bleiben. Es kam vor, dass sich ein kleiner Vogel auf den Fenstersims setzte und zu ihm hereinschaute. Er neigte seinen kleinen Kopf zur Seite und fing an, auf seine Art mit Vincent zu sprechen.

So zumindest erschien es ihm, denn zu sprechen hatte er in den zweieinhalb Jahren nicht gelernt. Einzelne, ganz wenige Worte, die er hörte und zuordnen konnte, nutzte er manchmal, um ein Bedürfnis  auszudrücken, das gemeinhin unerfüllt blieb. Zum Schluss war es meist das Wort Schlafen, wie oft schrie seine Mutter ihn an: „Schlaf endlich ein“. Nun fühlte er mehr, als dass er es sagte, "Ich möchte nur noch schlafen."

Dies änderte sich, nachdem er seine Position unterhalb des Fensters eingenommen hatte. Er schlief kaum noch.

Er nahm die Welt da draußen als ein riesiges bewegtes Bild wahr. Alles gehörte zusammen und verschmolz miteinander. Es schien dort eine wunderbare, fremde Kraft zu geben, die ihm erstmalig in seinem Leben, das Gefühl von Glück und Liebe vermittelte.


(c) Reinhard Stammer
Er wurde jedoch durch seine Lebensumstände daran gehindert, ganz in dieser Welt aufzugehen. Seine Sehnsucht  von hier fort zu kommen, wuchs von Tag zu Tag. Er nahm seine kleine, von Schmerz erfüllte Welt kaum noch wahr. Eines Tages setzte er sich nackt vor das Fenster und wartete auf den kleinen freundlichen Besucher, der sich auch bald auf die andere Seite des Fensters setzte, seinen Kopf zur Seite neigte und einige fröhliche Strophen zu singen anfing. Vincent fühlte, wie sich etwas in und an ihm veränderte. Er fing zu singen an, allerdings in der Sprache des Vogels und ihm wuchsen kleine Federn.

Seine Eltern nahmen diese Veränderung nicht wahr. Wie üblich bekam er einen Teller Suppe und eine Scheibe Brot. Dann wurde er wieder alleine gelassen.

Er aß immer weniger und wurde immer dünner und leichter. Die Federn bedeckten bald seinen ganzen Körper. Zart strich er sich über sein Federkleid und sang ganz leise in der Sprache, die ihn nun jeden Tag von der anderen Seite des Fensters gelehrt wurde. Manchmal saßen dort viele kleine Vögel und sangen zunehmend intensiver und auffordernder. Komm sangen sie, komm zu uns. Du bist nun einer von uns. Fliege!

Es war eine wunderbare Melodie, mit der diese Aufforderung an ihn herangetragen wurde. Sein Herz schlug laut, als er sich vor das Fenster stellte. Es fiel ihm nicht schwer. Er fühlte sich wie von einer fremden Kraft beseelt, die ihn nun auch das Fenster öffnen ließ.

Er war ziemlich genau drei Jahre alt, als er die Arme weit spannte und sein Federkleid  zum ersten Mal in der Sonne glänzte. Er ließ seine alte Welt hinter sich. Anfangs noch etwas unbeholfen, versuchte er in der luftigen Bodenlosigkeit, das Gleichgewicht zu halten. Umringt wurde er von einer ungeheuren Anzahl seiner gefiederten Freunde, die ihm jede nur erdenkliche Hilfe angedeihen ließen. Sie zeigten ihm, wie er  die unterschiedlichen Luftströmungen erkennen und für seinen Flug nutzen konnte und wie er mit seinen Kräften haushalten musste. Eigentlich ging alles sehr schnell und es kam auch zu keinen größeren Unfällen. Nur einmal übersah er einen Mast, an dem sich Windflügel drehten und wäre fast hineingeraten. Aber er lernte sehr schnell, auch dass kleine Misserfolge notwendig waren, um aus Fehlern lernen zu können.
(c) Reinhard Stammer

Er vergaß die Zeit, als er einsam und vergessen in seinem dunklen Zimmer lebte und nur sein eigenes Herz schlagen hörte das, von den Schreien und Schlägen seiner Eltern angstvoll unterbrochen wurde. Hier oben, in dieser grenzenlosen Freiheit, schlug sein kleines Herz im Puls der Sonne, im Rauschen des Windes, im Prasseln des Regens, der manchmal dicht über  ihm aus dunklen Wolken fiel, im Krachen eines Gewitters oder im Zucken eines grellen Blitzes. Er würde niemals Worte finden, die das beschreiben würden. Alles gehörte zusammen und war eins und er gehörte dazu. Von Tag zu Tag verschmolz er mehr mit seiner neuen Umgebung, bis ihn nichts mehr umgab, sondern alles in ihm zu sein schien. Die Welt war er und er war die Welt. Er war erfüllt von Glück, man kann dieses überwältigende Gefühl auch Liebe nennen, allerdings nicht in dem uns gewohnten Sinne, sondern als ein Gefühl, das alles in sich einschloss, nichts ablehnte und nichts bevorzugte.

(...)

(c) Reinhard Stammer

Montag, 20. Mai 2013

Heute Abend: Festlicher Opernabend in Mannheim mit EUGEN ONEGIN




Eugen Onegin

Pjotr Iljitsch Tschaikowski

Musikalische Leitung Joseph Trafton
Inszenierung Regula Gerber
Bühne Sandra Meurer
Kostüme Sabine Blickenstorfer
Choreografie Guido Markowitz
Chor Tilman Michael
Dramaturgie Regine Elzenheimer


« Das Leben ist kein Roman. »


Vor dem Hintergrund ernüchternder Lebenswirklichkeit entfaltet Tschaikowski in der Konstellation von vier jungen Menschen ein Spektrum von emotionalen Extremen. Er erzählt dies aus drei Perspektiven: Die realitätsferne Tatjana lebt in literarischen Liebeswelten, bis ihr Eugen Onegin begegnet, auf den sie plötzlich all ihre angestauten Gefühle projiziert. In einem nächtlichen Monolog entfaltet sie in einem Brief an Onegin das ganze
Panorama dieser Emotionen. Er gibt sich jedoch als liebes- und beziehungsunfähiger Zyniker zu erkennen. – Der Poet Lenskij, der Tatjanas Schwester Olga überhitzt und eifersüchtig liebt, lässt sich durch Onegins dekadente Unangepasstheit zu einer Duellforderung provozieren, der er selbst zum Opfer fällt. – Onegin selbst, durch die Tötung Lenskijs immerhin zu Schuldgefühlen fähig geworden, entdeckt seine Leidenschaft für Tatjana erst, als sie durch ihre Ehe mit dem Fürsten Gremin in unerreichbare Ferne gerückt ist.

Als Tschaikowski sich 1877 entschloss, einige Szenen aus Puschkins Versroman Eugen Onegin zu vertonen, schlug er mit seinen „lyrischen Szenen“ einen für die Oper völlig neuen Weg ein: „Ich brauche keine Zaren, Zarinnen, Volksaufstände, Schlachten, Märsche, mit einem Wort alles das, was mit dem Attribut Grand opéra bezeichnet wird. Ich suche ein intimes, aber starkes Drama, das auf Konflikten beruht, die ich selber erfahren oder gesehen habe, die mich im Innersten berühren können.“

Obwohl er die Oper zu seiner Zeit für „bühnenunwirksam“ hielt, wurde sie nicht zuletzt kraft ihrer Musik zu einem der meistgespielten Repertoirewerke.

Heute Abend im Nationaltheater Mannheim: Woyzeck




Nationaltheater Mannheim, Schauspielhaus

Woyzeck  (Tom Waits, Robert Wilson)


Inszenierung Georg Schmiedleitner
Bühne und Kostüme Florian Parbs
Mitarbeit Kostüme Rebekka Zimlich
Musikalische Leitung Joe Völker
Dramaturgie Ingoh Brux

Songs und Liedtexte von Tom Waits und Kathleen Brennan
Konzept von Robert Wilson
Textfassung von Ann-Christin Rommen und Wolfgang Wiens

Siehe meine Besprechung

Heute im Schloss Schwetzingen: Schwetzinger SWR Festspiele | Schwerpunkt 2013 ARD Preisträger


Schwetzinger SWR Festspiele | Schwerpunkt 2013 ARD Preisträger

20. Mai 2013

Der ARD-Musikwettbewerb ist ein wichtiger Wegbereiter für die internationale Karriere junger Musiker.

Im September 2012 in München ausgetragen, sind nur ein gutes halbes Jahr später mit Sumi Hwang (Sopran), Annelien Van Wauwe (Klarinette) und dem Novus String Quartet drei vielversprechende junge Talente bei den Schwetzinger Festspielen zu Gast.

Die koreanische Sängerin Sumi Hwang studierte von 2004 bis 2011 an der Nationalen Universität Seoul und ergänzt ihre künstlerische Ausbildung nun an der Hochschule für Musik und Theater München bei Frieder Lang.

Die belgische Klarinettistin Annelien Van Wauwe war zwischen 2005 und 2011 Studentin in der Klasse von Sabine Meyer an der Musikhochschule Lübeck und setzt seitdem ihre Studien in Paris, Rom und Berlin fort. Das südkoreanische Novus String Quartet konnte sich seit seiner Gründung im Jahr 2007 als rising star in Korea etablieren und machte auch schon international auf sich aufmerksam.


Sumi Hwang, Sopran / Novus String Quartet

Werke von Berg, Respighi und Dvořák
Montag, 20. Mai 2013
Jagdsaal
Beginn:
15.00 Uhr
Sumi Hwang
Sumi Hwang
  • Alban Berg: Vier Lieder op. 2, Bearbeitung für Sopran und Streichquartett von Heime Müller
  • Ottorino Respighi: "Il Tramonto", Poemetto lirico für Sopran und Streichquartett
  • Antonín Dvořák: Streichquartett G-Dur op. 106
Der ARD-Musikwettbewerb ist ein wichtiger Wegbereiter für die internationale Karriere junger Musiker. Im September 2012 in München ausgetragen, sind nur ein gutes halbes Jahr später mit Sumi Hwang (Sopran), Annelien Van Wauwe (Klarinette) und dem Novus String Quartet drei vielversprechende junge Talente bei den Schwetzinger SWR Festspielen zu Gast.
Die koreanische Sängerin Sumi Hwang studierte von 2004 bis 2011 an der Nationalen Universität Seoul und ergänzt ihre künstlerische Ausbildung nun an der Hochschule für Musik und Theater München bei Frieder Lang. Die belgische Klarinettistin Annelien Van Wauwe war zwischen 2005 und 2011 Studentin in der Klasse von Sabine Meyer an der Musikhochschule Lübeck und setzt seitdem ihre Studien in Paris, Rom und Berlin fort. Das südkoreanische Novus String Quartet konnte sich seit seiner Gründung im Jahr 2007 als rising star in Korea etablieren und machte auch schon international auf sich aufmerksam.    

Sumi Hwang, Sopran / Annelien Van Wauwe, Klarinette / Novus String Quartet

Werke von Schubert, Berg und Mozart
Montag, 20. Mai 2013
Jagdsaal
Beginn:
18.00 Uhr
Montage: Annelien Van Wauwe, Sumi Hwang
Annelien Van Wauwe, Sumi Hwang
  • Franz Schubert: Der Hirt auf dem Felsen D 965, Bearbeitung für Sopran, Klarinette und Streichquartett von Øystein Sonstad
  • Alban Berg: Sieben frühe Lieder, Bearbeitung für Sopran und Streichquartett von Heime Müller
  • Wolfgang Amadeus Mozart: Klarinettenquintett A-Dur KV 581



Heute Abend im Radio: Rio Sorbonne von Hubert Fichte



20.05.2013  I 18:30 Uhr  I  Dradio Kultur, Hörspiel 

Rio-Sorbonne
Von Hubert Fichte

Regie: Peter Michel Ladiges
Mit: Marianne Löchert 

Produktion: SFB/NDR/WDR 1983 
Länge: 84 '58

"Rio-Sorbonne" gehört in eine Reihe von Monologen Hubert Fichtes, in denen er existenzielle Grenzerfahrungen zwischen fremden Kulturen thematisiert. In Gisele Cossard, der Ich-Erzäh­lerin, verdichten sich Aussagen von zwei afroamerikanischen und einer aus Frankreich stammenden Frau, die Fichte zu einem brasiliani­schen Besessenheitskult inter­viewt hatte. Gisele, Frau eines französischen Diplomaten im Rio de Janeiro der 70er-Jahre, nimmt an einem Fest der Eingeborenen teil und erlebt eine erste Trance. Sie bereist Afrika, wird ihrer afrikanischen Kenntnisse wegen in Rio besonders gefeiert und findet an der Sorbonne Interesse für ihre Thesen über den "Candomble de Angola"« in Rio de Janeiro. Als Priesterin eines eigenen Tempels einerseits und als französische Botschafterin andererseits führt sie fortan ein Doppelleben.
Hubert Fichte (1935-1986,), Schrift­steller und Ethnograph. Aus Reisen und anthropologischen Studien u.a. in Bahia, Haiti und Trinidad gingen zahlreiche Veröffentlichungen und Radioarbeiten hervor: "Das Waisenhaus" (1965), "Xango" (1976), "Die Geschichte der Empfindlichkeit'" (1987).

DAS FASTNACHTTIER - Skurriles von Walter Brusius



Das Fastnachttier




Kannenbruch stand am Fenster. Ein leichter Regen fiel, der dem Licht draußen etwas Seltsames gab, der Regen macht das Licht wässrig. Auf dem Weg am Fluß war ein andrer zu sehen, mit einem Sack auf dem Rücken. Etwas weiter führte eine Brücke über den Fluß, darauf ging er zu, im Lauf des Tages kamen immer wieder Männer mit Säcken auf den Rücken, aus beiden Richtungen.

Pappeln, hohe Bäume, das Grün dieser Blätter etwas Metallisches, die Blätter in der Farbe von oxidiertem Kupfer, die Farbe macht die Bäume unecht, verlieh ihnen jedoch gleichzeitig etwas Religiöses.

Der Regen filterte das Licht also, vieles fing er in den Tropfen ein, ließ es an anderer Stelle unbesehen versickern.

Bilder, so oder so, die auf Kannenbruchs Augen trafen.

Vom Uferdamm ging es steil in den Fluß; eine Möwe flog ins Bild. Sie überflog die Brücke. Die Möwe, ihr Gefieder war hell, schneeweiß. Ebenso weiß war ein Tuch, das Kannenbruch aus der Tasche zog, mit dem er die Stirn wischt; auf der Stirn stand der Schweiß, Kannenbruch war nicht zum Vergnügen aufgestanden, sondern weil ihn der Schmerz aus dem Bett trieb.

Kurz darauf bellte ein Hund. Kannenbruch ging zur Tür, öffnete. Vor der Tür ein Mann, er mit einem viel zu großen Hut; Kannenbruch trat einen Schritt zur Seite, der Mann mit dem Hut trat ein. Der andre nahm den Hut dann ab, man sah sein Gesicht.

Er zog ein Glas aus der Tasche. In ihm summte eine Fliege. Das Glas stellte er auf den Tisch. Mit einem Deckel war es verschlossen, die Fliege summte, brummte im Glas hin und her.

Feiner Regen glitzerte.

Wie das Flüssige das zu Stande brachte?

Draußen knurrte, kratzte noch immer der Hund an der Tür.

Kannenbruch schob das Tuch weg.

Was für ein schöner Tag. Sehen wir vom leichten Regen einmal ab“, sagte er; lachte und er zeigte auf den Mantel da, auf dem fein das Glitzern der Tröpfchen war.

Hinter ihm stand sein Bett, das von vier aus Holz geschnitzten Figuren getragen wird. Vier dicke nackte Männer knieten, hielten das Bett. Die Männer trugen Röcke aus Bast.

Bald wird es Winter. Haben Sie sich schon auf den Winter vorbereitet, Kannenbruch?“

Er drehte den Hut, mit einer geschickten Bewegung, wie ein Kreisel drehte er sich rasch ein paar Mal auf dem Tisch.

Er ging zum Fenster, stand dort wie Kannenbruch kurz zuvor, sah dort die Bilder, die Kannenbruch vor ihm gesehen hatte. Die Hände auf dem Rücken. Stand schweigend, die Hände hinterrücks gefaltet.

Der Mantel des Fremden sog die Tropfen nun auf.

Nach und nach verlor sich der Glanz. 

(c) Walter Brusius

Sonntag, 19. Mai 2013

Wie war's beim Tingvall Trio in Trier?


Tingvall Trio

In Triers altehrwürdiger Multifunktionskirche, Sporthalle und Eventbühne Ehemalige Reichsabtei St. Maximin gab es am 12.05. nach TUBULAR BELLS FOR 2 gleich noch einen Leckerbissen von Popp Concerts: das Tingvall-Trio.  Zu hören gab es nicht die unerbittliche orchestrale Steigerung und das durchdringende Aufschreien der E-Gitarrenschrägen und Vehemenz der Keyboards und Synthesizer, sondern die exakten, schnellen und sauberen Töne aus dem Könnerjazz. 

Dieses ausgezeichnete und preisgekrönte Jazztrio - drei Mal mit dem Jazz-ECHO ausgezeichnet, zuletzt unter anderem mit dem Publikumspreis als bester Live-Act - bestehend aus Martin Tingvall (Piano, Schweden), Omar Rodriguez Calvo (Bass, Kuba) und Jürgen Spiegel (Drums, Percussion, Deutschland), kultiviert eine besondere Art des Jazz, die sich herausschält, wenn man in einige Lieder hineingehört hat. Martin Tingvall tourt auch solo. Er ist bekannt durch seine Kompositionen für TV- und Kinoproduktionen und als Songwriter für eine Reihe von verschiedenen Künstlern. Besonders auffiel seine Arbeit mit Udo Lindenberg, zu dessen vielfach prämiertem Comeback-Album "Stark wie zwei" Martin Tingvall einige Titel beisteuerte, darunter Lindenbergs Hit "Wenn du durchhängst", was man bei Tingvalls Musik gar nicht erwartet.
Was am Anfang noch nach einem richtig gutem lockeren Jazz aussah - Martin Tingvall warf das Programm mit seinem Trio bereits nach dem ersten Titel gleich mal über den Haufen und schlug eine neue Reihenfolge ein - entwickelte sich zu einer gehaltvollen, ausdrucksreichen und eindringlichen Metasprache der existenziellen und poetisch-expressiven Art. Mit einem dominanten Piano, Tingvall zunächst mit vielfältigen Staccati und kraftvollem Ausdruck, später lyrischer werdend, Omar Rodriguez Calvo mit extrastarkem wendigem Bass, virtuosem Saitenspiel und, wie um seine Pfeile aus schnellen gezupften Tonfolgen abschießen zu können, der Bogen im Köcher am Bass hängend, immer griffbereit. Jürgen Spiegel, die ersten Titel auffällig zurückhaltend in den Liedern, nur taktgebende, viele hölzerne Schlagwerkzeichen, dazwischen mit sanftem und beruhigendem Besen Stimmung aufbauend und pflegend, gegen Mitte und in die zweite Hälfte hinein jedoch gewaltig sich entfaltend zu Drumkaskaden.
Es wurden Titel aus den vorhandenen Alben oder noch nicht veröffentlichte Titel gespielt, so etwa Utsikt (aus: Norr), sehr schnell, dominanter Bass mit Solo, einen Soundteppich schaffend, abrupter Übergang. Helikt (ohne Album) mit gestrichenem Bass, pathetischem Aufbau und lyrischem Fortschreiten, Tremoli vom Piano. Heitere, unbekümmerte Stücke (z.B. Wellden - Held) folgten.  Mustasch (aus: Skagerrak, Schnurrbart) ein erfassendes Stück mit starkem Rhythmus, durchscheinendem Bossa Nova, beschleunigend, härter werdend, auch die Drums, alle bis zur teuflischen Geschwindigkeit. Broellop (aus: Vägen, Der Klang) verheißungsvoll voranschreitend, harmonische Akkorde begleiten das erzählende Piano auf seinem Weg, ein Verweilen und Fortsetzen. Hajskraj (aus:Vattensorga, Angsthaie), Staccatopassagen von Tingvall zu orientalischen Halbtönen auf dem Kontrabass, eindringliche Steigerung durch die Drums - mit abruptem Ende. Und besonders überzeugend empfand ich auch Efter Livet (aus: Vägen, Das Leben danach), ein getrageneres Stück, schwermütiges, mit kleinen Trommelwirbeln, akzentuiertem Klavier und zäsurscharfen Bassschritten - eine Steigerung mit atonalen Elementen,und schließlich schwere Trommelschläge zu einem feierlichen Zug zu einem Ziel (?). Auch der Titel danach eine Wucht. Alles in allem starker, edler Jazz.

Intermezzo 2: JOHN CAGE's Music for Marcel Duchamp by Armin Fuchs





Armin Fuchs - prepared piano -
live at the Festival "Parkmusik" artpoint 
Trombacher Hof 2007

Intermezzo 1: JOHN CAGE (4'33'' for piano, 1952)





... the master's "silent piece"
1. tacet
2. tacet

Morgen Früh: Die Unvermeidlichen, Hörspiel von Katrin Röggla


Inszenierung im Frankfurter Lab,  Foto: Walter Vorjohann
20.05.2013  I  0:05 Uhr  I  Dradio Kultur, Freispiel

Die zweite Stimme
Die Unvermeidlichen
Hörspiel von Kathrin Röggla

Regie: Leopold von Verschuer
Mit: Felix von Manteuffel, Eva

Brunner, Bettina Kurth, Kirsten
Härtung u.a.
Komposition: Bö Wiget
Ton: Jean Szymczak 

Produktion: BR 2012
Länge: 48'59

Simultanübersetzer sind ein­gepfercht in kleine schalldichte Kabinen, einzig bestückt mit Kopfhörer, Mikrofon und Räusper­taste. Hören und Sprechen sind auf das Engste miteinander ver­schmolzen. Vom Protokoll als "die Unvermeidlichen" bezeichnet, begleiten sie das politische Ge­schehen, ja machen es erst mög­lich. Ihre hoch konzentrierte, scheinbar körperlose Sprach­übertragung wird zu einer Brücke in die Zentren der Macht, die stimmliche Neutralität zur Her­ausforderung. Da gerät der Kollegenplausch auf dem Flur zum körperlichen und geistigen Identitätsnachweis - denn das Dauerkonferieren auf Krisen­gipfeln, Sicherheitskonferenzen oder Bildungsnotstandstreffen richtet bei den Beteiligten einigen Schaden an.


Kathrin Röggla, geboren 1973, schreibt Prosa, Theatertexte und Hörspiele.

Heute Abend: Pedro Claver im Prüfstand bei Hubert Fichte


 19.05.2013  I  18:30 Uhr  I  Dradio Kultur Hörspiel

Großes Auto für den Heiligen Pedro Claver
Von Hubert Fichte



Regie: Peter Michel Ladiges
Mit: Matthias Formier, Roben Rathke,

Dieter Barsche, Horst Michael
Neutze u.a.
Ton: Günter Genz
Produktion: SFB/NDR/SDR 1981
Länge: 89'25


Der Jesuitenpater Pedro Claver lebte von 1580 bis 1645. 24 Jahre seines Lebens brachte er in Cartagena de Indias zu, einem der Hauptumschlagplätze für Sklaven in der Neuen Welt. Er hat die wesentlichen Sklavenaufstände Kolumbiens und die Gründung des unabhängigen afrikanischen Dorfes San Basilio miterlebt und selbst - der Fama nach - 300.000 Afrikaner christianisiert.
In seinem dokumentarisch angelegten Hörspiel ruft Hubert Fichte Propheten und Eroberer, Kirchenfürsten und Sklaven­händler zu Zeugen auf - für und gegen den heiligen Pedro Claver. Fichte zeigt den Täufer und Helfer der Schwarzen im Widerspruch zu einer Kirche, die ihn durch die Sanktionierung des Sklavenhandels zugleich zum Instrument der Unterdrückung machte: nicht nur die Körper, auch die Köpfe der Afrikaner wurden »kolonisiert«.

Hubert Fichte (1935-2986,), Schrift­steller und Ethnograph. Aus Reisen und anthropologischen Studien u.a. in Bahia, Haiti und Trinidad gingen zahlreiche Veröffentlichungen und Radioarbeiten hervor: "Das Waisenhaus" (1965), "Xango" (1976), "Die Geschichte der Empfindlichkeit" (1987).

Dichterhain: LIED von Rainer Maria Rilke




LIED  (DU NUR, DU)

Du, der ich's nicht sage, daß ich bei Nacht
weinend liege,
deren Wesen mich müde macht
wie eine Wiege.
Du, die mir nicht sagt, wenn sie wacht
meinetwillen:
wie, wenn wir diese Pracht
ohne zu stillen
in uns ertrügen?

Sieh dir die Liebenden an,
wenn  erst das Bekennen begann,
wie bald sie lügen.

Du machst mich allein. Dich einzig kann ich vertauschen.
Eine Weile bist du's, dann wieder ist es das Rauschen,
oder es ist ein Duft ohne Rest.
Ach, in den Armen hab ich sie alle verloren,
du nur, du wirst immer wieder geboren:
weil ich niemals dich anhielt, halt ich dich fest.

Rainer Maria Rilke
aus den "Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge"

Samstag, 18. Mai 2013

Fantasien zur Nacht: SPÄTLESE von Erika Ott


Foto: Ricarda Dämmrich - Selbstinszenierung

Spätlese

Nach unermüdlichen Weg
gabeln tagten wir
in Dämmerwänden
bis das Haarkleid
letzten Tau im Untergang
gefeiert und unser Licht
in Radixküssen
gar verlosch 

nach der Spätlese
gabst du mir einen Namen
im Schatten des Ginster
fuhren wir auf der Erde
die Kreise nach
unser stärendes Umweben
auf den Jungferninseln

das Mutgeld teilten wir uns 
unter der Hand
denn wir waren einig 
den queren Pazifik
zu unseren Füßen
nahm ich meinen
Namen dankend an.


(c) Erika Ott

Sind Sie ein Zahlenfreak? Albrecht Beutelspacher auch!


Der bekannte Mathematiker Albrecht Beutelspacher legt mit diesem Band eine kleine Zahlen­kunde für Mathematiker und Nichtmathematiker vor. Er zeigt, welchen Reichtum an Erfah­rungsmöglichkeiten die Zahlen bieten, was man alles mit Zahlen beschreiben kann, welche er­staunlichen Anwendungen Zahlen haben, - welche Zahlen besonders faszinierend sind und -welche Geheimnisse die Zahlen immer noch in sich bergen. Darüber hinaus gibt er Antworten auf jene Frage, mit der man bis heute jeden Mathematiker leicht in Verlegenheit bringen kann: Was ist eigentlich eine Zahl?

Albrecht Beutelspacher ist Professor für Mathematik an der Universität Gießen. Das von ihm gegründete Mathematikum ist das erste-mathematische Mitmachmuseum der Welt. Beu­telspacher erhielt mehrere renommierte Auszeichnungen und ist bekannt dafür, Mathematik unterhaltsam und spannend zu präsentieren. Im Verlag C. H. Beck sind von ihm erschienen: Pasta all'infinito (2001), Geheimsprachen (Beck Wissen, 2012), Christian und die Zahlen­künstler (2006) sowie Albrecht Beutelspachers Kleines Mathematikum (2010).

Heute Abend: Premiere von Elton John's & Tim Rice's AIDA.


Elton John & Tim Rice`s AIDA | Foto der Produktion am Staatstheater Darmstadt © Barbara Aumüller
18.05.2013  I  19:30 Uhr  I  Pfalztheater Kaiserslautern, Großes Haus

AIDA
Musical von Elton John und Tim Rice
Musik von Elton John, Gesangstexte von Tim Rice, Buch von Linda Woolverton, Robert Falls & David Henry Hwang
Deutsch von Michael Kunze
Premiere 18|05|2013 | Großes Haus

Eine Koproduktion mit dem Staatstheater Darmstadt.


Die Liebesgeschichte von Aida und Radames wurde durch Giuseppe Verdis Oper weltberühmt. Sie handelt von zwei jungen Menschen, verbunden durch die Liebe und zerrissen durch das Schicksal ihrer Völker. Aida, die nubische Prinzessin, lebt in ägyptischer Gefangenschaft und verliebt sich in den gefeierten Kriegshelden Radames. Er ist ihr Feind, doch als Mann erwidert er Aidas Liebe, obwohl er bereits mit Amneris, der Tochter des Pharaos, verlobt ist. Es beginnt eine leidenschaftliche Geschichte um Liebe, verletzte Gefühle und das Schicksal zweier Völker.

Der britische Popstar Elton John und seine Librettisten konzipierten das Musical-Gegenstück zu Verdis Oper zunächst als Soundtrack zu einem Zeichentrickfilm, der allerdings nie realisiert wurde. Letztlich wurde daraus eine Bühnenshow, die 1998 in Atlanta ihre Premiere erlebte. In einer überarbeiteten Fassung kam das Musical 1999 in Chicago heraus, bevor es am 23. März 2000 eine umjubelte Premiere am New Yorker Broadway erlebte. „AIDA“ wurde mit vier Tony Awards, u. a. für die beste Originalmusik, sowie mit einem Grammy Award für den besten Musicalsoundtrack ausgezeichnet.

Elton Johns eingängige Songs und Ensemblenummern für „AIDA“ sind der Popmusik verpflichtet, schließen aber auch andere Musikstile wie Reggae, Motown und Gospel sowie Elemente traditioneller Musik aus dem Vorderen Orient mit ein.

Heute Abend: Feature über die Entwicklung einer Bühnenfassung


Inszenierung in Basel

18.05.2013  I  18:05 Uhr  I  Dradio Kultur Feature

SPIELER
"Faites vos jeux!"
Mit Dostojewski an der Berliner Volksbühne
Von Jürgen Balitzki

Regie: Holger Kuhla
Mit: Henry Hübchen, Milan Peschel,

Walera Kanischtscheff 
Ton: Martin Seelig, Tjark Völker 
Produktion: RBB/DLF 2011 
Länge: 54'30

Volksbühnen-Intendant Frank Castorf entwickelt aus Dostojewskis Erzählung "Der Spieler" eine Bühnenfassung. Mit Hilfe von Schauspielern und Gewerken tastet, albert, kämpft er sich an seine fünfte Bühnenadaption des russischen Klassikers heran. Sechs Wochen lang beobachtet der Autor diesen künstlerischen Prozess und zeigt den kreativen Gestaltungs­willen eines dynamischen Kollektivs zwischen Anarchie und Diktatur. Henry Hübchen und Milan Peschel, ehemalige Volksbühne-Schauspieler, kommentieren die Vorgänge.

Jürgen Balitzki, 1948 in Berlin geboren, Buch- und Feature-Autor. War Musikjournalist bei DT 64, Chefredakteur der Musikzeitung NMl, Redakteur und Moderator beim ORB. Heute Feature-Redak­teur beim RBB. Zuletzt: "Hundeblues oder: Die Künste der Maike Maja Nowak" (RBB 2012).

Nachtjäger von Thomas Reich




Nachtjäger


Wir rasten nicht des Nachts, uns wachsen Dornen aus der Haut, unsre blutigen Rosen, wir jagen dem Mond hinterher. Wir sind die hetzende Meute / des Königs beste Wölfe, wir sind die Viehtreiber, die Schlachtenrufer, Purzelbäume schlagend durch unsere vielfältigen Existenzen. Wo oben gestern noch war unten und durcheinander, ich weiß es nicht mehr. Die Sterne kamen und nahmen meine Gedanken mit auf ihre Reise in ihrem Kometenschweif. Explosionen vernichteten die Wegelagerer bei Vollmond, Ektoplasma röchelnd.

Ich gehe von Feuertaufe zu Feuertaufe, ich friere, ich brenne, meine Haut härtet aus. Das gebrannte Kind scheut das Feuer nicht, nicht Brandnarben noch kochende Haut. Sollte es es nicht scheuen, wo sein Kopf die Kindlichkeit ausschwitzt just in diesem Moment? Sollte es es nicht scheuen, die Gedanken ein lichterlohes Kornfeld? Das Ballett der Epileptiker tanzt & lacht, oh ja. Schadenfreude spielt mit: Das arme Kind, es wird sich noch den Kopf zerbrechen.

Warum rennen wir überhaupt? Versuchen wir zu fliehen? Wovor eigentlich? Deine roten Schuhe,  Dorothy. Nur ich bin es, der rennt / du bist es nicht / mir kommt es nur so vor durch Merlins große Zauberkugel. Der Löwe sucht seinen Mut die Vogelscheuche ihren Verstand, der Blechmann sein Herz und mit allen dreien eint mich der gemeinsame Verlust dieser Besitztümer. Sie gingen dahin im großen Sturm in Kansas, der die ganze Hütte/Heimat/Trutzburg weggefegt hat.

Plutoniumglühen auf den Wangen von den sanften Flügeln der Komprimierung. Sie stampfen mich ein zu einem Presswürfel in der Schrottpresse eines Autofriedhofs. Mit jedem Tag fühle ich mich mehr und mehr wie ein funkensprühender Sicherungskasten. Heiß und schmorend, kurz vor dem großen Knall. Die Tage des Erschießungskommandos, ich halte den Zettel mit dem schwarzen Fleck in der Hand. Ich liege im Schützengraben, die Hände vor den Ohren und höre die Kugeln über mir sausen. In der Todeszelle warte ich, ohne Nachricht, harre bange Minuten, Stunden, Sekunden. Die Luft kurz vor einem Gewitter: Die Haut kribbelt & juckt, Ozongeruch. Tage des Donners (in Erwartung).

Die Sichel des Mondes ist die Klinge des Sensenmannes / ewiger Schnitter / sein Schatten hängt über der Stadt. Ich spüre die Gegenwart dieses grimmigen Wächters, genauso wie ich den kalten Hauch seiner rücksichtslosen Macht in meinen Gliedern spüre wie Tachyonen Echos in der Zeit. Jemand hat einen Stein ins Wasser geworfen, die Oberfläche zieht Gischtringe, Detonationswelle einer Atomexplosion.

(c) Thomas Reich, 2007

Freitag, 17. Mai 2013

Fantasien zur Nacht (Ultrakurzfilm): "La esencia del sueño"









Primera pieza audiovisual de la serie "Princesas" de los diseñadores de Ramón Herrerías: Ignacio y Ramón.
En este primer clip podemos ver la pieza "1 aroma" basada en provocar los sentidos del tacto, la vista y evocar al olfato.
Para más información: facebook.com/ramonherrerias
First media piece from the "Princesas" series from Ramón Herrerías designers Ignacio and Ramón. In this clip we can see the dress called "1 aroma" based on to cause the sense of touch, sight to evoke the smell.
For further information please visit: facebook.com/ramonherrerias

Fantasien zur Nacht: PICKNICK IM BETT MIT MEINEM LIEBHABER I von Gabriella Wollenhaupt



picknick im bett mit meinem liebhaber

picknick im bett (1) - sonett

die wilden spiele haben uns geschafft
jetzt sind die glieder müd geliebt
du schaust mich an und möchtest saft
von trauben, möglichst durchgesiebt.

du sagst, wie kirschen seien meine lippen:
ganz frisch und immer wieder neu im rot
und in der nähe meiner zarten rippen
gäb's äpfel, wie sie gott im paradies verbot.

du sagst, dass ich den wilden zauber hätte
von nelkenbäumen, die in südseeparadiesen
gleich neben orchideen um die sonne buhlen.

mein süßer eros! liegst so mattgeliebt im rosenbette!
ich lass den roten wein in deinen nabel fließen
und trink ihn aus der schönsten aller kuhlen.

(c) Gabriella Wollenhaupt

Heute Abend in Mannheim: Bitchfresse (nach dem Song von Kitty Kat)


17.05.2013  I  20:00 Uhr  I  Nationaltheater Mannheim, Werkhaus
BITCHFRESSE - Ich rappe also bin ich 


EINE SZENISCHE SPURENSUCHE
Inszenierung Robert Teufel
Bühne und Kostüme Linda Johnke
Dramaturgie Katharina Blumenkamp / Jan-Philipp Possmann
Beats, Rhymes and Life – Hip Hop gilt als authentischer Ausdruck des harten Lebens auf Deutschlands Straßen. Aber im Rap-Business wird auch nur mit Papier bezahlt. Scheinbar harte Jungs werden mit Gangsterimage zu Ghetto-Rap-Superstars aufgebläht, und wollen doch nur ihrer Mama ein Haus kaufen – denn „Mama vertraut meinem Rap“. Das eigene Leben inszeniert zwischen Ghetto-Credibility, Gewalt und Geschäft. Eine szenische Spurensuche im Hip Hop; einer globalen Bühne des Pop, die Wirklichkeit schafft und in Szene setzt.
Robert Teufel, seit der Spielzeit 2009/2010 Regieassistent am Nationaltheater Mannheim, entwickelt mit den beiden Schauspielern Matthias Thömmes und Sascha Tuxhorn einen Abend, der sich mit Identitätskonstruktionen im Hip Hop beschäftigt und die Ergebnisse der Auseinandersetzung, auch musikalisch, auf die Bühne bringen wird.
Nicht für Zuschauer unter 14 Jahren geeignet!

Kitty Kat - Bitch Fresse, das Lied zum Theaterstück heute Abend im Nationaltheater Mannheim

Wie war's bei TUBULAR BELLS FOR 2 in Trier?



In Trier waren am 10. Mai 2013 Daniel Holdsworth und Aidan Roberts in der ehemaligen Reichsabteikirche St. Maximin zu Gast bei Popp Concerts. Auf einer wirklich großen, wenn auch recht hohen Bühne eine Spielwiese für ihr Unternehmen, TUBULAR BELLS for 2 aufzuführen. Den Einstieg schaffte ihr Landsmann Brad Winterford mit einer ganz eigenwilligen Art zur Gitarre zu singen, übrigens ohne Schuhe. Er animierte zum Mitsingen, brachte einen Song "John Lennon, I love you" , einen für Mönchengladbach. Ganz witzig das Lied "Hermann's Mother", in die der Erzähler verliebt war, was im wohl Scherereien einbrachte, und sehr überzeugend auch "Alles klar" als Hommage an die kurze (deutsche) Art zuzustimmen und Unnötiges an Kommunikation zu vermeiden.


Mike Oldfields TUBULAR BELLS ist seit 1973 eine Kultplatte geworden, 45 Minuten, die die Jahrzehnte bis heute mit einer Millionenauflage und immer neuen Veränderungen überlebte. Der Komponist und Musiker damals 19 Jahre alt, fiel durch seine ungewöhnliche Vielfalt auf, weil er etliche Instrumente über Synthesizer imitierte/einsetzte, ohne zunächst mit einer Band aufzutreten. In einer orchestrale Klangweite vorwegnehmenden Vielfalt mit eingestreuten natürlichen Klängen (Gitarre von Marc Bolan) trat er gegen die aufkommenden Eletronikmusiker an. Klaus Schulze und Jean Michel Jarre waren zu dieser Zeit in Deutschland ebenfalls gefragte Namen. Später kam eine Band dazu, auch Vocals (Sally Oldfield) und 1974 bereits eine orchestrale Fassung. Oldfield spielte die Melodien selbst ein, nahm sie auf, sampelte und mischte und legte Livemusik mit Gitarre drüber, auch Chor und andere Liveinstrumente. 2012 bei den Olympischen Sommerspielen in London trat er wieder einmal auf der Bühne auf. Er ist mittlerweile 60 geworden, lebt als Milliardär, Fluglinienbesitzer und Abenteurer auf den Bahamas und will von Großbritannien nicht mehr viel wissen. Der Beginn der Bells wurde damals auch Filmmusik im umstrittenen "Der Exorzist", was ihm einen hohen Bekanntheitsgrad in den USA verschaffte
Wenn die Bells auch nerven können, manche empfinden sie als eine Zumutung, weil sie monoton sich steigernd ihnen als "Lärm" erscheinen, sie sind ein Klassiker, gerade die Ansage der Instrumente im ersten Teil, in dem das berühmte "Glockenspiel" oder die "tubular bells" selbst einige Hörer geradezu verzückte, oder der harmonischere zweite Teil, bis hin zu dem merkwürdigen verfremdeten Gesang.
Die beiden Australier Daniel Holdsworth und Aidan Roberts haben sich für ihre Tour die Performance von TUBULAR BELLS vorgenommen und covern bzw. interpretieren den Altmeister sehr gekonnt. Die Stimmen bleiben bisweilen hinter den Instrumenten zurück. Beide sind vielseitige und hervorragende Musiker, die das Multi-Instrumentelle genauso kultivieren wie ihr Vorbild. Ob akustische und E-Gitarren, Mandoline, Flageolett, Streichinstrumente, Percussion,  Glockenspiel, Tubular Bells, Keyboards, Synthesizer, Sampler, Expander und Acoustic Machines, sie wollten in erster Linie live natürliche Instrumente plus Elektronik einsetzen und zu zweit ein Orchester ersetzen. Dazu gehört natürlich auch das parallele Bedienen von Instrumenten oder schnelle Wechseln im Stand oder durch Bewegung. So huschte am meisten jedoch der barfüßige Daniel Holdsworth, der auch das Glockenspiel und die Bells mit Hammer bediente, über die Bühne oder von Instrument zu Instrument , während der ebenfalls barfüßige Aidan Roberts mehr stationär operierte, aber auch mal die Bells läuten ließ, und aktivierten, setzten punktgenau und ständig interagierend und kommunizierend mit den Instrumenten oder der Elektronik die geforderten Wechsel und Tempi. Steckerziehen inklusive. :-) Als Zugabe noch einmal den Beginn von TUBULAR BELLS.
Die Performance ist in jedem Fall ein Besuch wert.

38, sicher auch als Konserve interessante Minuten: Antonin Artauds Hörspiel


Die zweite Stimme
Pour en finir avec le jugement de Dieu
Von Antonin Artaud

Dradio Kultur

Regie: Antonin Artaud
Darsteller: Antonin Artaud, Maria Casares,

Roger Blin und Paul Thevenin
Produktion: Radiodiffusion francaise 1947
Regie der Synchronfassung: Götz Naleppa 

Mit: Christian Brückner 
Produktion: DLF 1997  37'57

Im November 1947 bot der französische Rundfunk dem literarischen Exzentriker Antonin Artaud an, für die Sendung "La voix des poetes" einen radiophonen Vortrag zu erarbeiten. Artaud, nach neunjährigem Aufenthalt in psychiatrischen Kliniken wieder in Paris, sah die Chance, noch einmal eine Probe seines "Theaters der Grausamkeit" zu geben.
An sechs Tagen wurde "Schluss mit dem Gottesgericht" geprobt und aufgezeichnet. Das Hörspiel wurde jedoch einen Tag vor dem Sendetermin "wegen Ungebührlichkeit" aus dem Programm ge­nommen.
Zu hören ist das Stück in der französischen Originalfassung mit einer vom Hörer selbst regulierbaren Synchronspur.

Antonin Artaud (1896-1948), Lyriker und Dramatiker, der Kunst nur als Manifestation eines zerstörerischen Willens gelten ließ.

Dichterhain: UNKRAUT von Olly Komenda-Soentgerath

Unkraut

Lass mir den roten Mohn,
die Wiege der Schmetterlinge
im Kornfeld,

den Boden des dunkelsten Tages
leuchtet er aus.


(c) Olly Komenda-Soentgerath