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Dienstag, 9. Januar 2018

Oper Frankfurt: Premiere von Richard Strauss' CAPRICCIO am 14.01.18

Camilla Nylund (Die Gräfin)
(c) Monika Rittershaus
  
Premiere
Sonntag, 14. Januar 2018
Beginn: 18.00 Uhr
Dauer: ca. 2 Std. 20 Min. ohne Pause
Opernhaus

Capriccio
Richard Strauss 1864-1949
Konversationsstück für Musik in einem Aufzug
Text von Clemens Krauss und Richard Strauss
Uraufführung am 28. Oktober 1942, Nationaltheater, München

Mit deutschen und englischen Übertiteln

Einführung jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Holzfoyer


Musikalische Leitung: Sebastian Weigle
Regie: Brigitte Fassbaender
Bühnenbild und Kostüme: Johannes Leiacker
Licht: Joachim Klein
Dramaturgie: Mareike Wink

Die Gräfin - Camilla Nylund
Der Graf - Gordon Bintner
Flamand - AJ Glueckert
Olivier - Daniel Schmutzhard
La Roche - Alfred Reiter
Clairon - Tanja Ariane Baumgartner
Monsieur Taupe - Graham Clark
Eine italienische Sängerin - Sydney Mancasola
Ein italienischer Tenor - Mario Chang
Eine junge Tänzerin - Katharina Wiedenhofer
Der Haushofmeister - Gurgen Baveyan
Acht Diener - Isaac Lee, Jaeil Kim *, Jonas Boy, Erik Reinhardt,
Lukas Eder, Iain MacNeil *, Miroslav Stricevic, Thesele Kemane *
(* Mitglied des Opernstudios)

Chor der Oper Frankfurt
Frankfurter Opern- und Museumsorchester

Mitten im Toben des Zweiten Weltkriegs schreibt der 78-jährige Richard Strauss einen charmanten Diskurs à »l’art pour l’art« und nennt ihn Capriccio. Als sein letztes Bühnenwerk komponiert er ein so betiteltes »Konversationsstück für Musik«, in dem Künstler und Adlige im vorherrschenden, leichtfüßigen Parlandostil mit Witz und Schärfe über das Verhältnis von Musik und Wort in der Oper, aber natürlich — wie sollte es anders sein — auch über die Liebe streiten; verkörpert durch die sich um die Gunst der Gräfin Madeleine bemühenden Figuren des Komponisten Flamand und des Dichters Olivier. Strauss scheint einen Faden wieder aufzunehmen, den er dreißig Jahre zuvor mit Ariadne auf Naxos zu spinnen begonnen hatte. Dem Skeptiker, der ihm mit der Frage »Ausgerechnet jetzt, im Jahr 1942?« begegnen will, scheint Strauss zu erwidern: »Jetzt erst recht!« Seine Oper, die ursprünglich im romantisierten Pariser Rokokogewand aus der Zeit um 1775 daherkommt, ist keineswegs die ignorante Schöpfung eines Eskapisten. Sie formuliert vielmehr das überaus zeitlose Postulat einer Kunst, welche dazu beiträgt, die Welt zu dulden.

Anstoß für Strauss’ Vermächtniswerk, dessen Libretto sein Freund Clemens Krauss — von 1924 bis 1929 Intendant der Frankfurter Oper — ausführte, war das Textbuch zu Antonio Salieris Prima la musica — poi le parole. Mit diesem Werk hatte er sich einst im Wettstreit gegen Wolfgang Amadeus Mozarts Schauspieldirektor durchsetzen können. Und doch ist letztgenannter neben Richard Wagner jener, auf den Strauss immer wieder bewundernd zurückblickt. In Capriccio führt er nicht nur die Stilelemente seiner beiden kompositorischen Fixsterne zusammen, sondern verschmilzt in heiter-melancholischem Ton auch jene Elemente, die im Zentrum der werkimmanenten Diskussion stehen: Wort und Ton. Der Komponist bleibt sich selbst einmal mehr treu in der Behauptung einer Synthese beider Pole zu einer unzertrennlichen Ganzheit, welche in einem nächsten Schritt die Einheit von Verstand und Gefühl bedeutet.

Weitere Vorstellungen:
18., 20., 24., 26., 28. (15.30 Uhr; mit kostenloser Betreuung von Kindern zwischen 3 und 9 Jahren) Januar, 1., 10., 18. Februar 2018
Falls nicht anders angegeben, beginnen diese Vorstellungen um 19.30 Uhr
Preise: € 15 bis 165 (12,5% Vorverkaufsgebühr nur im externen Vorverkauf)
Karten sind bei unseren bekannten Vorverkaufsstellen, im Telefonischen Vorverkauf 069
– 212 49 49 4 oder online unter www.oper-frankfurt.de erhältlich.

Freitag, 20. Oktober 2017

Heute in Frankfurt a.M.: Eugen Eunegin (Wiederaufnahme)

Tatjana und Eugen Onegin
(c) Barbara Aumüller
EUGEN ONEGIN
PETER I. TSCHAIKOWSKI 1840 - 1893
Lyrische Szenen in drei Akten und sieben Bildern
Text vom Komponisten und Konstantin S. Schilowski
nach dem gleichnamigen Roman in Versen (1830) von Alexander S. Puschkin
Uraufführung am 29. März 1879, Maly-Theater, Moskau
Premiere am 20. November 2016

WIEDERAUFNAHME
Freitag, 20. Oktober 2017
19.30 Uhr
ca. 2 3/4 Std inkl. 1 Pause
Opernhaus

In russischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Einführung jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Holzfoyer

Musikalische Leitung
Sebastian Weigle
Regie
Dorothea Kirschbaum
Konzeption
Jim Lucassen
Szenische Leitung der Wiederaufnahme
Benjamin Cortez

Bühnenbild
Katja Haß
Kostüme
Wojciech Dziedzic
Licht
Joachim Klein
Chor
Tilman Michael
Choreografie
Olaf Reinecke
Dramaturgie
Norbert Abels


Larina, Gutsbesitzerin
Barbara Zechmeister
Tatiana, Larinas Tochter
Maria Bochmanova
Olga, Larinas Tochter
Maria Pantiukhova
Filipjewna, Amme
Elena Zilio
Eugen Onegin
Daniel Schmutzhard
Lenski
Arseny Yakovlev
Fürst Gremin
Nikolay Didenko
Saretzki
Dietrich Volle
Ein Hauptmann
Thomas Faulkner
Triquet, ein Franzose
Michael McCown
Chor der Oper Frankfurt
Frankfurter Opern- und Museumsorchester


»So war ich in die schwierige Zwangslage geraten, mir entweder meine Freiheit zum Preise des Untergangs dieses jungen Mädchens zu erhalten oder zu heiraten «, schreibt Tschaikowski seiner Gönnerin Nadeschda von Meck im Juli 1877. Die Schwärmerei seiner jungen Braut ist vielleicht noch blauäugiger als die seiner weiblichen Heldin Tatiana. In ihrer berühmten Briefszene ist Tatiana durchaus bewusst, dass Eugen Onegin als Projektionsfläche ihrer Träume herhalten muss. Voller Sehnsucht will sie nicht auf den mutigen Versuch verzichten, Traum und Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen. Tschaikowski hat den langen Brief, den Puschkin Tatiana schreiben lässt, so zerlegt, dass wir zwar Einblick in ihre Gefühlswelt, nicht aber den Brief selbst vorgelesen bekommen. Anders als Tschaikowski ist Onegin ehrlich und weist Tatianas Liebe zurück. Tatiana lernt wie ihre Mutter, sich mit einer Vernunftehe zu begnügen. Als nach Jahren die Gefühle Onegins für die gereifte Tatiana erwachen, zweifelt sie, ob nun tatsächlich sie gemeint ist. Die russische Gesellschaft bewegt sich auf der Frankfurter Bühne durch postsowjetische Räume, die von einem goldenen Gitter umgrenzt sind. Die drei Hauptfiguren Tatiana, Lenski und Onegin scheinen Gefangene ihrer Lektüre von Liebesromanen (im ersten Akt), ihres gekränkten Künstlerstolzes (im zweiten Akt) und ihrer Schuld (im dritten Akt) zu sein.







Donnerstag, 6. Juli 2017

Wie war's bei TOSCA in der Oper Frankfurt?



v.l.n.r. Cesare Angelotti, Mario Cavaradossi und Floria Tosca
(c) Monika Rittershaus

Die Tat der Floria Tosca ist doch eine der größten Liebes- und gleichzeitig Ehrbeweise, die die Opernbühne kennt. Puccinis Oper setzte einen gebührlichen Schlusspunkt der Saison vor der Sommerpause in der Oper Frankfurt. Als Wiederaufnahme unter der Regie von Andreas Kriegenburg und musikalischer Leitung von Antonio Fogliani wurde der Publikumsliebling nicht zuschauermüde. Toscas Geliebter, den sie ständig vor lauter Eifersucht behütet und überwacht, dass ja nicht die Konkurrenz an ihn herankomme, ist der Voltaire- und Bonaparte-Anhänger Mario Cavaradossi, ein Maler, der gerade in Rom eine Kirche mit einer riesigen Madonna verschönt (Leonardo Caimi). Seine Madonna hat blaue Augen, was Tosca (hier eine wirklich ansprechende Besetzung mit Celia Costa, die kurzfristig einsprang) rasend macht, denkt sie doch an die Rivalin Attavanti. Nur eine Schwarzfärbung kann hier helfen.
Cavaradossi vor seinem Werk
(c) Wolfgang Runkel

Verhängnisvollerweise ist der Maler ein Freigeist, er ist für Meinungs- und Pressefreiheit, um 1800 noch Fremdwörter. Es kostet ihn auch den Kopf, Überzeugungen zu vertreten, die man wegen Frankreich und Bonaparte nicht will. Und Toscas Eifersucht wie Liebe ist auch der berühmte Hebel, eine politische Intrige, und sei es auch nur eine erfundene, aufzudecken und zu bestrafen. Weil Cavaradossi dem Republikaner Angelotti (Gordon Bintner) hilft, der an diesem 16. Juni 1800 aus der Engelsburg in Rom flieht, wo er ein Jahr inhaftiert war, wird er an diesem Tag zum Tod verurteilt. Das Todesurteil an Toscas Geliebtem wird am 17.06. in den Morgenstunden vollstreckt. Die Handlung ist von Puccini frei erfunden, wenn auch er wahre Begebenheiten, nämlich der historische Hintergrund des Angriffs Bonapartes auf Italien, ab 1798 bereits, einfließen lässt. Auch Angelotti gab es tatsächlich als Konsul der Bonaparte-Regierung, welche die einmarschierenden Monarchisten verachteten und verfolgten. Und Überwacher wie Akteur ist der imposante übergewichtige Baron Scarpia als berechnender und skrupelloser Polizeipräsident von Rom (brachial und breit präsent Dimitri Platanias). 

Mit Kanonendonner in Rom setzt Puccini ein Zeichen für den Sieg über Napoleon am 14. Juni, der hier am 16.Juni 1800 bekannt wurde. Aber Napoleon griff am selben Tag die Koalition aus Österreichs und Italiens Monarchisten erneut an und besiegte sie. Auch diese Nachricht trifft bei Puccini am 16. abends ein. So entwickelt dieser historische Bezug eine eigene Spannung neben der Handlung um Scarpia und Tosca. Die Monarchisten waren Frauenunterdrücker, was zu Beginn vom Messner zu hören ist, und hassten die Voltairianer wegen ihrer ketzerischen Gedanken. 

Der fliehende Angelotti kommt an diesem 16. Juni bei Puccini in die Kirche, in der Cavaradossi arbeitet. Der erkennt ihn und gibt ihm sein Tagesessen und Wein, damit er zu Kräften kommt. Der Kanonenschuss zur Feier der Niederlage Napoleons wird von beiden als  - was er natürlich auch war - Warnschuss interpretiert, der den Ausbruch Andreottis anzeigt. Der Maler nennt Andreotti ein sicheres Versteck, gibt ihm Frauenkleider mit und flieht ebenfalls. Tosca erzählt er alles. Scarpia und seine Leute tauchen in der Kirche auf, sind überzeugt, dass Cavaradossi Andreotti geholfen hat. Der Fächer der Attavanti bringt Scarpia auf die listreiche Idee: "Er an den Galgen, sie in meine Arme!" Dieser Plan wird zeremoniell verstärkt durch den Einzug des Klerus mit Gemeinde, die Würdenträger vom Regisseur Kriegenburger lässig mit runden Sonnenbrillen (à la Odenwaldschule?) ausgestattet. Der raffinierte wie skrupellose Scarpia beginnt sein übles Spiel umringt von scheinheiligen Gottesanbetern - ein einprägsames Bild am Ende des ersten Aktes. 
Scarpia (c) Barbara Aumüller

"Was ich begehre, verfolge ich", so lautet Scarpias Devise. Seine Polizisten haben Cavaradossi mittlerweile festgenommen, Scarpia kann den Maler verhören. Cavaradossi verrät weder Versteck noch anderes. Er lacht. Am "Ort der Tränen", dem Palazzo Farnese, eine Provokation für Scarpia! Er lässt ihn foltern und verhört dabei Tosca, die ihren Geliebten nicht leiden lassen will. Sie verrät das Versteck. Ihr Freund lacht die Polizei erneut aus und beschimpft sie, weil er mit dem Sieg Frankreichs rechnet. Das Todesurteil fällt. Tosca kämpft um das Leben ihres Geliebten, Scarpia will sie im Sturm erobern und lässt sich überreden, das Todesurteil abzuwenden. Scarpia ordnet an, dass es eine Scheinerschießung werden soll. Ein geschickter Schachzug. Sein "Macht es so, wie bei Palmieri ..." ist eine arglistige Täuschung. Es soll mit Platzpatronen geschossen werden. Tosca erfleht noch eine Ausreisegenehmigung für sich und ihren Begleiter, was sie auch bekommt, bevor sie sich scheinbar hingibt. Statt ihn zu küssen ersticht sie ihn verächtlich: "Das ist der Kuss der Tosca!" und "Und vor dir hat ganz Rom gezittert". Alles für den Geliebten! Andreotti wurde zwar durch ihren Hinweis gefunden, er entzog sich aber der Hinrichtung durch Selbstmord. 

Im dritten Akt kommt Tosca in den Hof der Engelsburg - das Warten auf das Morgengrauen
Cavaradossi nach der Folter
(c) Barbara Aumüller
und die Erschießung in einem soldatischen Stillleben eingefangen - macht ihm Mut, für die kommende Freiheit mit ihr zum Schein umzufallen, dann zu fliehen. Er kann es nicht glauben, dass "diese süßen Hände töteten", für ihn, um ihn zu retten. Nicht das Erschießungskommando erschießt ihn, sondern ein Offizier mit der Pistole. Ein wirklicher Tod, bittere Falschheit des Scarpia. Das Entsetzliche liegt auf der Hand, eine extreme Täuschung. In Frankfurt keine Chance mehr zur Flucht, Scarpias Schergen haben den Mord an ihrem Chef entdeckt, haben das Gebäude umstellt und wollen sich Tosca vorknöpfen. Tosca entzieht sich wie Andreotti durch Selbstmord. Er wird nur angedeutet, ein langes Tuch entrollt sich von oben nach unten und entzieht Tosca den Blicken, ein Teilvorhang. Ein sehr guter Einfall, wie auch das Bühnenbild von Harald Thor ungemein überzeugt. Das Bühnenbild arbeitet mit großen schlichten Räumen, die an Verwaltungsräume und Architektur der 60er Jahre erinnern, aber auch an Bauhaus der 20er Jahre, gleichzeitig gläserne Räume, die es erlauben, Innen und Außen abzubilden, ein Volk außerhalb zu konstituieren, ein Geschehen innen zu entwickeln. Mit zwei Ebenen und erheblicher Beteiligung der Sänger/-innen an der Verstellung der Böden und Wände, Cavaradossi als Bediener der Schaltinstrumente, was Illusion komplett auflöst, kommt auch noch mehr Parallelität zum Tragen. Ein Meisterwerk, das durch gute Regie noch viel mehr gewinnt, auch wenn die Anfangsszenen fast langweilig wirken, verspielt in Eifersüchteleien, Geplänkel, wenig Reiz. Mit Scarpia kommt die Dramatik und fesselt bis zum Schluss. Frankfurt war zum xten Mal begeistert. Bravo und tosender Beifall. Tosca - ein Dauerbrenner.

Sonntag, 12. März 2017

Wie war's bei LES TROYENS / DIE TROJANER von Berlioz in Frankfurt a.M.?

Cassandra   (c) Barbara Aumüller

Louis Hector Berlioz, geboren am 11. Dezember 1803 in La Côte-Saint-André, Département Isère und gestorben am 8. März 1869 in Paris, hatte vor wenigen Tagen seinen 148. Todestag. Er gilt den Franzosen als wichtiger Vertreter der romantischen Musik, obwohl er selbst sich nicht als Romantiker sah. Seine Oper "Les Troyes/Die Trojaner" komponierte er zwischen 1856 und 1858, überarbeitete sie allerdings bis 1864 noch weiter. Die Libretti der beiden Teile der Oper (I: 1. und 2. Akt bzw. II: 3.-5. Akt) stammen ganz aus seiner Feder. Berlioz hat zu Lebzeiten NIE eine komplette Fassung seiner Mammutoper, für ihn ein Poème lyrique, erlebt. 1863 wurde zwar der zweite Teil der Oper aufgeführt, nicht jedoch in der "Paris Opéra", die zögerte bereits fünf Jahre, sondern im Privatheater "Théâtre Lyrique" von Léon Carvalho, der starke Kürzungen und Eingriffe vornahm - der erste Teil aber erst zehn Jahre nach seinem Tod. Die erste Gesamtaufführung, an zwei Tagen allerdings, fand 1890 in Karlsruhe statt und die erste Gesamtaufführung am Stück 1950 in Boston. Berlioz hatte einen Hang zum Monumentalen, was natürlich auch eine Kostenfrage für die Opernhäuser war. Er verstand die Bühne wie ein riesiges Instrument, auf dem er spielt. Er hatte bei einigen Werken Mühe, die manchmal an die 1000 erforderlichen Sänger/innen und Musiker zusammenzutrommeln, um zu üben. Gerade der Chor der trojanischen Frauen ging in seiner Absicht schon in die Hunderte. Frankreich feiert ihn heute ähnlich wie wir Wagner.


Cassandra sieht das Unheil   (c) Barbara Aumüller

In der Frankfurter Oper hat der geneigte Opernbesucher zurzeit beste Gelegenheit, dieses sehr beeindruckende Werk in einer sehr, sehr überzeugenden Inszenierung mit einem feudalen, antiken und wagnerianisch anmutendenen Bühnenbild, einem riesigen trojanischen Pferd und einer großen (aber dennoch stark reduzierten) Anzahl an künstlerischen Mitarbeitern zu erleben. Die 4-Stunden-Oper hat unter der Leitung von John Nelson eine so starke musikalische Lebendigkeit und Bandbreite, in der Inszenierung von Eva-Maria Höckmayr ein eindringliches dramatisches Geschehen, auch wenn die Handlung nur ein Destillat des ursprünglichen Heldenepos der Trojanerlegende ist, dass die Komposition in der Grundlage erstens die Spannung auf richtigem Niveau halten kann, zweitens keine Abstürze zeigt und drittens den Stoff doch vermittelt. Die Stimmen ein Genuss, ganz vorne und bejubelt die Spitze mit Cassandra (Tanja Ariane Baumgartner), Dido (Claudia Mahnke) und Aeneas (Bryan Register). Die Einlagen der Tänzer wirken nicht nur kommentierend, sondern auch und sehr stark als ein ästhetischer Genuss, nicht zuletzt durch die Kostüme und Masken.

Die Regie hat den Trojaner-Männern braun-pastellige Hitlerjugend-Uniformen (ohne Embleme) mit kurzen Hosen angezogen, um die Glorifizierung von Sagenhelden und Göttermenschen zu exponieren, wie es in der Ideologie der Nazis in der allgemeinen Propaganda, vor allem auch in Schulen und Universitäten verbreitet wurde. Man kann sich darüber streiten. So werden durch die Idee der Imperiumsfanatiker die sagenhaften Gründer des späteren römischen Reiches beleuchtet, das ja Jahrhunderte hielt im Gegensatz zu den maximal fünfeinhalb Jahren Blitzbesetzungen von europäischen, euroasiatischen und afrikanischen Ländern mit Massenmorden an Minderheiten enormen Ausmaßes, wie es die IS heute in kleinerem arabischem Rahmen betreibt, und Vertreibung der Hitlerarmeen bei gewaltigem Aufmarschszenario zu Hause bis zur Kapitulation. 

Berlioz war ein belesener Mensch, ein Liebhaber der Literatur, so hatte er seinen Vergil und Shakespeare gut gelesen und bewegte sich einmal frei, einmal quellentreu entlang Vergils "Aeneis" und holte sich bei Shakespeares "Der Kaufmann von Venedig" die Liebesszene von Jessica und Lorenzo für Aeneas und Dido dazu. Aeneas ist ein konfuser Held, er weiß nicht so ganz was tun, bis er durch Hectors Erscheinung erfährt, dass er der Begründer eines riesigen Imperiums werden soll. Diese Prophezeiung setzt er in die Tat um, Merkur erinnert ihn noch mal in einer "Timer-Funktion" beim Liebespiel mit Dido daran, und verlässt nicht nur seine trojanische Frau, sondern auch die Herrscherin von Karthago, Dido, um den Plan zu erfüllen. Er weiß, dass er dabei den Tod finden wird, aber todessehnsüchtig bewegt er sich und seine Flotte darauf zu. 


Verzweifelte Dido   (c) Barbara Aumüller

Die Frauen haben bei Berlioz eine tragische Rolle. Cassandra, die Seherin, der keiner glaubte, obwohl das Pferd, vor dem sie warnte, das Ende Trojas war, fordert von den Trojanerinnen ihre Ehre zu bewahren, indem sie sich umbringen, anstatt sich den Griechen hinzugeben, viele folgen ihr in den Freitod. Dido in Karthago fühlt sich so betrogen von Aeneas, dass sie sich mit seinem Schwert umbringt. Eine unkluge Entscheidung der einst so gefeierten und geliebten Herrscherin, Liebeskummer und Entehrungsängste machen es möglich. Ihre Gefolgsleute schwören bei dieser Gelegenheit die Jahrhunderte dauernde Fehde zwischen Karthago und Rom.

Ein Meisterwerk der Musikgeschichte, undenkbar ohne Vergils Dichtung und Vergil überbietend in der Tiefe der Kunst.


OPER FRANKFURT A.M. --- MÄRZ 2017

FR 03. DO 09. SO 12. SA 18. SO 26.

Freitag, 24. Februar 2017

Wie war's bei Sergej Prokofjews DER SPIELER in Frankfurt?



Wie überschäumend und wie elend zugleich es einem gehen kann beim Glücksspiel, zeigt herrlich die Oper DER SPIELER von Sergej Prokofjew. Alle Ausprägungen der Glücksspielsucht werden beleuchtet, die Verzerrungen der Wahrnehmung, die Versprechen, ihre Schulden bald zu begleichen, das Prahlen, bald über noch mehr Geld zu verfügen ... und die bittere Realität. Es gibt Menschen, die einfach nur gerne Glücksspiele spielen, und andere, die spielsüchtig sind oder es schnell werden. Dass sie trotz erheblicher persönlicher Nachteile, wie z.B. großen finanziellen Verlusten, bis hin zum Verlust der gesamten materiellen Existenz, weiter spielen, ist reichlich absurd und kaum nachvollziehbar. Sie geraten wie beim Trinken in einen Teufelskreis. Aufhören erst, wenn kein Geld mehr da ist, weiterspielen selbstverständlich bei Gewinn, um noch mehr zu gewinnen, und weiterspielen, wenn verloren wird, denn das verlorene Geld muss zurückgewonnen werden. Spieler können nicht mehr entscheiden, ob sie spielen wollen oder nicht, sie müssen. Die Kontrolle über ihr Verhalten haben sie schon lange verloren. Dies alles zieht Konsequenzen für die Betroffenen selbst nach sich, aber auch für die Familien, Freunde, Bekannten, Kollegen, am Arbeitsplatz. Lügen und Ausreden wegen der Zockerei, Verlust der Authentizität, die Gegenüber verlieren das Vertrauen, die Partner wenden sich oft ab. Die existenzielle Lebensgrundlage geht verloren, das Spiel bestimmt das Alltagsleben. Jede Gelegenheit wird wahrgenommen und Familie, Berufsleben und soziale Kontakte vernachlässigt. Alltagsproblemen und negativen Gefühlen weichen sie aus, indem sie spielen. Dostojewski war ein Meister im Erkennen von psychischen Eigenheiten und stellte auch hier ein klassisches Psychogramm auf.

Sämtliche Figuren aus Prokofjews Oper erscheinen einem wie Automatenmenschen, Kunstfiguren, hörig dem Spiel, gierig nach Geld, krank und blutleer. 
Der General, der mit Familie, Bekannten und Gläubigern in besagtem (erfundenen) Roulettenburg wohnt, in dessen Casino Regisseur Harry Kupfer die Handlung spielen lässt, seine Schulden durch Spielen erhöht und darauf wartet, dass die reiche Tante endlich stirbt und ihr Erbe freisetzt, damit er seine Schulden bei de Grieux, dem Kavalier von Polina, der Stieftochter des Generals, begleichen kann. Mit Geld könnte er auch die eher mittellose, aber doch reizvoll junge Mademoiselle Blanche heiraten. Aleksej Iwanowitsch wiederum, der Hauslehrer des Generals, und Erzähler des Geschehens, weiß um die Intrigen de Grieux, der auch mit Blanche liebäugelt, und möchte ihm dessen zweites Objekt der Begierde Polina ausspannen, in die er unsterblich verliebt ist. Die jedoch lässt Aleksej nur als Verehrer an der Angel zappeln, spielt mit ihm, verspottet und verachtet ihn im Grund. Das gesamte Geschehen wird durch meisterhafte Regie und Bühnenbild auf einem großen Rouletterad in der Bühnenmitte akzentuiert, die Sängerinnen und Sänger wie Kugeln purzelnde Schauspieler, einander bekämpfend, einander angenähert, miteinander spielend, dem Götzen Geld Opfer und Anbetung darbringend.

Direkt in räumlicher Nähe das Sanatorium bzw. Hotel, das eigentlich eine Psychiatrie ist, wo die ganzen Charaktere wohl auch gut aufgehoben wären. Die Zwangsjacke als Zeichen für die Fesseln der Sucht taucht im Hintergrund auf. 

Die gute Tante ist nicht tot, sondern völlig lebendig, auch anklingende Mordideen zur Erbbeschleunigung blieben erfolglos. Sie kommt aus Moskau, dominiert, bricht mit dem Neffen General, der erfährt, dass er nie etwas bekommen würde, und verspielt ein angeblich ungeheures Vermögen. Sie lädt Polina ein, bei ihr zu leben, und reist wieder ab. Der General, dem Wahnsinn und Herztod nahe, seine Erbe stark reduziert ... De Grieux verlässt die jetzt uninteressante Polina, auch Mademoiselle Blanche lässt den General links liegen.

Nun hängt sich Polina an Aleksej, der daraufhin sofort ins  Casino geht, um deren Schulden bei de Grieux zu bezahlen. Nachdem ihm dies auch tatsächlich mit einem medienträchtigen Supergewinn gelingt, scheitert eine Beziehung mit Polina daran, dass seine Spielsucht größer geworden ist als die Liebe. Der überraschende Gewinn von 100.000 bei Roulette und Trente et quarante hat ihn komplett gewandelt. Polina flüchtet zu Mr Astley, Aleksej zieht tatsächlich mit der Honigfliege Mademoiselle Blanche nach Paris. Im Roman verarmt Aleksej in Paris und schlägt sich als spielsüchtiger Lakai in Homburg und Baden-Baden durch. Er verdrängt seine geliebte Polina vollends durch seine massive Spielsucht.

Prokofjew unternahm 1927 seine legendäre erste Reise in die 10 Jahre junge Sowjetunion. Er war kein Dissident, sondern in Absprache mit Lunatscharski, Lenins Volkskommissar für Bildung und Kultur, mit offiziellem Pass ausgereist und hatte in den Vereinigten Staaten, im bayerischen Ettal und in Paris gelebt. Die Reise war eine Wiederannäherung an Russland und eine Eingliederung in das sowjetische System. Überall wurde er als wichtiger sowjetischer Komponist gefeiert, so jedenfalls seine Sicht. Wieder zurück in Paris nahm er sich den Spieler wieder vor. Die Realisierung in der Sowjetunion scheiterte trotz grundlegender Umarbeitung erneut. So kam es im Theatre de la Monnaie in Brüssel 1929 zur Uraufführung in französischer Sprache.

In der Berliner Staatsoper unter den Linden zeigten sich Kritik und Publikum zufrieden. Zwei Jahre lang hielt sich die Oper im Spielplan. 1931 erstellte Prokofjew eine sinfonische Suite, indem er die verstreuten musikalischen Charaktere der Hauptpersonen zu vier Porträts und Finale op. 49 zusammenfasste. Die Oper selbst wurde zu Lebzeiten des Komponisten nicht mehr gespielt. Die russische konzertante Erstaufführung fand 1963 in Leningrad statt und fast zwanzig Jahre nach Prokofjews Tod kam 1970 in Tartu und 1974 in Moskau "Der Spieler" in der Sowjetunion auf die Bühne.

Die Oper hat zwar einen zähen Anfang, es klingt zunächst alles gequält und kaum kommt Geschwindigkeit auf, wäre da nicht das Glücksrad in der Mitte und eine fantastische Las Vegas-Glückspielszenerie, die einen in Bann hält. Aber gegen Ende des ersten Teils erfährt man dann die gewünschte Dynamik, der Humor entwickelt sich immer stärker, die Absurdität und eine gewisse Lächerlichkeit der Süchtigen macht sich immer breiter, ihr Kranksein mit Rollis symbolisiert. Ganz exponiert das Aufeinanderprallen von Liebe und Sucht. Eine seltene und sehenswerte Oper, zumindest unter der Regie von Harry Kupfer. 




Donnerstag, 16. Februar 2017

Oper Frankfurt: DER SPIELER von SERGEI S. PROKOFJEW

Frank von Aken (Aleksej)                            (c) Barbara Aumüller

Opernhaus Frankfurt
Freitag, den 17. Februar 2017
19.30 Uhr
ca. 2 1/2 Stunden inkl. einer Pause

DER SPIELER
(IGROK)
SERGEI S. PROKOFJEW 1891-1953
Oper in vier Akten
Text vom Komponisten nach dem Roman Igrok (1866) von Fjodor M. Dostojewski
Uraufführung der 2. Fassung am 29. April 1929, Théâtre Royal de la Monnaie, Brüssel

In deutscher Sprache mit Übertiteln

Einführung eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn vor jeder Vorstellung im Holzfoyer


Musikalische Leitung
Sebastian Weigle
Regie
Harry Kupfer
Szenische Leitung der Wiederaufnahme
Alan Barnes
Bühnenbild
Hans Schavernoch
Kostüme
Yan Tax
Licht
Joachim Klein
Video
Thomas Reimer
Dramaturgie
Malte Krasting


Als Fjodor M. Dostojewski in nur 26 Tagen seinen Roman Der Spieler verfasste, wusste er genau, worüber er schrieb: das Glücksspiel. Die alle menschlichen Gefühle überrollende Sucht hat er aus der Perspektive des jungen Hauslehrers Alexej geschildert, der zur Entourage einer zwielichtigen Gesellschaft im fiktiven Roulettenburg gehört. Der pensionierte General ist noch einmal entflammt, seine Angebetete Blanche aber spekuliert einzig auf die zu erwartende Erbschaft. Tatsächlich ist der General bankrott und musste dem Marquis bereits seinen gesamten Besitz verpfänden. Dieser hat ein Auge auf Polina, die Ziehtochter des Generals, geworfen. In sie ist auch Alexei leidenschaftlich verliebt. Doch dann taucht die angeblich auf dem Sterbebett liegende Erbtante überraschend rüstig auf, um ihr Vermögen eigenhändig zu verspielen. Selbst Alexei wird vom Sog des Spielrausches erfasst. Sein verzweifelter Glücksspiel-Nihilismus saugt schlussendlich alles auf. Prokofjew vermeidet die große Geste und sieht sich als klar akzentuierte Begleitung des Bühnengeschehens. Dabei behandelt er den Gesang wie direkte Rede und in scharfer musikalischer Unmittelbarkeit. Regisseur Harry Kupfer lässt diese Geschichte Ende der 1920er Jahre in einem riesigen Kasino spielen, in dessen Zentrum das Rad eines Roulettetisches rotiert, auf dem die Spieler selbst zu unkontrollierten Kugeln im gesellschaftlichen Raum werden.

Mittwoch, 28. Dezember 2016

Heute in der Oper Frankfurt: EZIO von Christoph Willibald Gluck


Ezio und Fulvia        (c) Barbara Aumüller
EZIO
CHRISTOPH WILLIBALD GLUCK 1714-1787
Dramma per musica in drei Akten (Prager Fassung)
Text von Pietro Metastasio
Uraufführung in der Karnevalssaison 1750 im Teatro Nuovo, Prag

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln           

Einführung eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn vor jeder Vorstellung im Holzfoyer


Valentiniano Rupert Enticknap
Fulvia Cecelia Hall
Ezio Max Emanuel Cencic
Onoria Sydny Mancasola
Massimo Theo Lebow
Varo Michael Porter


Ein Tyrann, der launenhafte Kaiser Valentiniano, regiert in Rom. Als sein Feldherr Ezio nach dem Sieg über den Hunnenkönig Attila zurückkehrt, muss er feststellen, dass der Kaiser inzwischen seine Geliebte Fulvia begehrt. Sie ist die Tochter des Patriziers Massimo, dessen Frau vom Kaiser vergewaltigt wurde. Massimo sinnt auf Rache und will den Kaiser umbringen lassen. Er bittet Ezio um Hilfe, doch der lehnt ab. Als der Mordplan scheitert, lenkt Massimo den Verdacht auf Ezio. Beim Kaiser plädiert er auf Todesstrafe für den beim Volk beliebten Feldherrn. Massimos Plan: Nach dem Tod Ezios soll der Volkszorn den Kaiser stürzen. Doch der Kaiser glaubt Ezio und spricht ihn frei. 

In diesem Intrigenspiel zweier Männer, dem Tyrannen mit paranoiden Zügen einerseits und dem rachsüchtigen Massimo andererseits, fungiert Ezio nicht als starker Titelheld. Seine geliebte Fulvia avanciert vielmehr zur zentralen Figur der Oper. Ihre Authentizität ist mit den Intrigen nicht zu vereinbaren: Der Kaiser, ihr Vater und ihr Geliebter treiben sie in den Wahnsinn. Der spätere Opernreformer Christoph Willibald Gluck galt zunächst als traditioneller Opera seria-Komponist. Seine Prager Ezio-Vertonung zählt zu den interessantesten aus dieser frühen, vielversprechenden Schaffensperiode. Stilistisch trägt die Musik des Ezio die Merkmale eines Überganges vom Spätbarock zum galanten Stil, der gleichsam der Vorbote der Aufklärung ist. In seiner Inszenierung verwendet Vincent Boussard die ursprüngliche Form von Metastasios Textbuch: Die Wiedereinrichtung von einigen Rezitativ-Passagen verstärkt die Spannung und die Brillanz der Vorlage.

Samstag, 12. November 2016

Am Donnerstag in der Oper Frankfurt: HAPPY NEW EARS - PORTRAITKONZERT MIT DEM ENSEMBLE MODERN

Georges Aperghis     (c) Xavier Lambours


Donnerstag, den 17. November 2016, 
um 20.00 Uhr 
im Opernhaus

HAPPY NEW EARS -
PORTRAITKONZERT MIT DEM ENSEMBLE MODERN

Der griechische Komponist Georges Aperghis, dem dieses Portraitkonzert mit dem Ensemble Modern gewidmet ist, wurde 1945 in Athen geboren und lebt seit 1963 in Paris. Sein Werk kreist vor allem um eine Hinterfragung von Sprache und Bedeutung. Seine Instrumental-, Vokal- und Musiktheater-Kompositionen erforschen die Grenzen der Wahrnehmung.

Ensemble Modern  (c) Katrin Schilling
Er liebt es, "falsche Fährten" zu legen und den Zuhörer damit zu fesseln: Geschichten werden begonnen, um ihnen dann zu widersprechen oder sie einfach abzubrechen. Das Schaffen von Georges Aperghis lässt sich keiner der herrschenden Strömungen in der zeitgenössischen Musik zuordnen. Seine Musik steht im Dialog mit anderen Kunstformen; sie öffnet sich radikal dem Anderen. Zu dieser Andersartigkeit gesellt sich Innovation, wenn er in seine Aufführungen Maschinen, Automaten oder Roboter integriert. Dabei arbeitet Aperghis eng mit einer Gruppe von Interpreten zusammen, die am Schaffensprozess beteiligt sind. Dazu gehören Schauspieler wie seine Frau Edith Scob, Michael Lonsdale, Valerie Dreville und Jos Houben, Instrumentalisten wie Jean-Pierre Drouet, Richard Dubelski, Genevieve Strosser, Nicolas Hodges und Uli Fussenegger oder Vokalsolisten wie Martine Viard, Donatienne Michel-Dansac und Lionel Peintre. Seit den 1990er Jahren kommt die Zusammenarbeit mit dem Tanz (Johanne Saunier, Anne Teresa De Keersmaeker) und mit den bildenden Künsten (Daniel Levy, Kurt D'Haeseleer, Hans Op de Beeck) hinzu. Mit den führenden Ensembles fur Neue Musik in Europa pflegt Aperghis einen regelmäßigen Austausch und ist immer wieder auch mit Auftragswerken in deren Repertoire vertreten, so mit den Ensembles Ictus, Klangforum Wien, Remix, MusikFabrik, Ensemble Modern, Ensemble Intercontemporain oder auch mit den Vokalsolisten und dem Chor des SWR. Neben zahlreichen anderen Preisen wurde Georges Aperghis kurzlich mit dem Mauricio Kagel-Preis (2011) sowie mit dem Goldenen Löwen der Biennale Venedig (2015, fur das Lebenswerk) ausgezeichnet.

Ensemble Modern  (c) Katrin Schilling
Drei Werke von Georges Aperghis stehen auf dem Programm: Babil - für Klarinette und 15 Musiker (1996), Parlando - für Kontrabass solo (2007) und Champ-Contrechamp - für Klavier und Ensemble (2010). Die musikalische Leitung des Ensemble Modern hat der argentinische Dirigent und Komponist Emilio Pomarico, zu den Solisten zahlen Jaan Bossier (Klarinette), Paul Cannon (Kontrabass) und Ueli Wiget (Klavier). Das Gespräch mit dem Komponisten moderiert der Intendant der Kölner Philharmonie, Louwrens Langevoort.

Karten zum Preis von 15 und 20€ (fur Studenten 7,50 und 10€ - 12,5% Vorverkaufsgebuhr nur im externen Vorverkauf) sind bei den üblichen Vorverkaufsstellen, online unter www.oper-frankfurt.de oder im Telefonischen Vorverkauf 069 . 212 49 49 4 erhältlich.

Weitere Happy New Ears-Termine der Saison 2016/17:
Montag, 12. Dezember 2016, um 20.00 Uhr im Opernhaus Portrait Hans Zender
Montag, 27. Februar 2017, um 20.00 Uhr im Holzfoyer Portrait Rebecca Saunders
Mittwoch, 21. Juni 2017, um 20.00 Uhr im Opernhaus Portrait Ernst Krenek

Dienstag, 5. April 2016

Oper Frankfurt: Messiah von Georg Friedrich Händel







P.S.: Bei der Veranstaltung OPER OHNE GRENZEN in der Oper Frankfurt wurden – wie während des Konzerts erbeten – durch die Logenschließer an den Ausgangstüren der Betrag von 5.315,24 € an Spenden für den Verein TEACHERS ON THE ROAD eingesammelt.

Die Oper Frankfurt dankt ihren Besuchern recht herzlich.

Bitte beachten Sie zudem, dass für die erkrankte Sopranistin Pumeza Matshikiza von der Staatsoper Stuttgart das Frankfurter Ensemblemitglied Karen Vuong die erste Arie der Mimì aus Puccinis LA BOHÈME sang!

Dienstag, 22. Dezember 2015

Oper Frankfurt: DIE DIEBISCHE ELSTER (LA GAZZA LADRA) von Gioacchino Rossini

COPYRIGHT: Wolfgang Runkel


WIEDERAUFNAHME
DIE DIEBISCHE ELSTER
(LA GAZZA LADRA)
Gioacchino Rossini
1792 - 1868
Melodramma in zwei Akten
Text von Giovanni Gherardini nach Théodore Baudouin d‘Aubigny und Louis-Charles Caigniez
Uraufführung am 31. Mai 1817, Teatro alla Scala, Mailand

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Dauer: 3 1/4 Stunden inkl. einer Pause

23.12.2015 | 25.12.2015 | 02.01.2016 | 08.01.2016

Einführung vor jeder Vorstellung jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Holzfoyer

ZUM WERK
Die schmissige Ouvertüre aus Gioacchino Rossinis Die diebische Elster erfreut sich bis zum heutigen Tag größter Beliebtheit; gleichwohl ist der Kontext jener heiteren Melodie den Wenigsten geläufig. Das Sujet von Rossinis opera semiseria beruhte auf einer wahren Begebenheit aus der Zeit der Napoleonischen Kriege: Das Dienstmädchen Ninetta wird des Diebstahls bezichtigt und soll laut Kriegsrecht hingerichtet werden. Während die Unschuldige in der Oper in letzter Sekunde vor der Urteilsvollstreckung durch den glücklichen Fund des Tafelbestecks gerettet wird, tauchte die silberne Beute in der Realität erst nach der Exekution in dem Nest einer Elster auf. Der amerikanische Regisseur David Alden legt in seiner psychologischen Lesart die Handlungsmotive der einzelnen Figuren schonungslos offen und entlarvt die wahren Täter in diesem bitterbösen Spiel, das Rossini unter Zwang mit einem guten Ende versah. Inspiriert vom Stummfilm der 20er Jahre wie auch von Hitchcocks The Birds versteht es Alden, verschiedene Erklärungsmodelle plausibel zu machen. Höchst effektvoll gelingt im Bühnenraum von Charles Edwards ein Gesellschaftsporträt, in welchem blinder Prinzipienwahn, vorschnelles Urteilen, Autoritätshörigkeit sowie die Verkettung unglücklicher Umstände zum Wegbereiter der Katastrophe werden.

Mittwoch, 10. Juni 2015

Wie war's bei AN UNSEREM FLUSS von Lior Navok in Frankfurt a.M.?

Michael Porter (Sipho) und Kateryna Kasper (Lucia)
(c) 
Monika Rittershaus

Seit 31.05.2015 als Uraufführung startet auf der Bühne der Frankfurter Oper im Bockenheimer Depot die neue Oper AN UNSEREM FLUSS von Lior Navok (*1971, Tel Aviv). Navok traut sich an Themen heran, die nicht gerade klassischen Opernstoff hergeben. Künstlerische Umsetzung des Holocaust-Verbrechens erscheint doch vielen sehr schwierig, vielleicht auch deplatziert. Er hatte es 2007 mit seinem Stück "And the Trains Kept Coming..." versucht und denkt über eine möglicherweise besser gewesene Bombardierung von Auschwitz bereits nach erster Kenntnisnahme der Existenz der Tötungsmaschine nach. Die Verhinderung der folgenden systematischen Massenmorde durch Vernichtung der Anlagen. Diese Diskussion ist nicht neu.

In der vorliegenden Oper beschäftigt er sich mit dem leidigen Thema der dauerhaften und enervierend die Weltöffentlichkeit beschäftigenden Problematik der aggressiven Koexistenz der beiden Feinde, Aufrührer und Opfer Israel und Palästina, auf kleinstem Raum. Das Geschehen spielt in einem Dorf namens Naos, beiderseits eines fast ganz versiegten Flusses (das Wasser wurde gedrosselt), mit Trümmern und Zerstörungsspuren - es gab bereits 19 Tote hier - vor einem großen Staudamm. Dahinter gibt es wohl Unmengen Wasser.


Was von Anfang an bei dieser Inszenierung auffällt ist eine Ungewissheit in der Kontur der Personen und der Gruppierung, in der Zugehörigkeit der Agierenden und der jeweiligen Seite insgesamt, aber auch eine Unverbindlichkeit in den geschichtlichen Bezügen. Es wird schnell klar, dass es sich hier um eine Bühnenmetapher für alle ähnlich gelagerten Konflikte handelt, ob religiös motiviert oder nicht, obwohl hier die treibende Motivation, von Gott beauftragt worden zu sein, in seinem Namen zu handeln, wie so oft bei kriegerischen Auseinandersetzungen, im Vordergrund steht. Dieser Auftrag ist die Legitimation für beide Seiten, so zu leben und zu handeln, wie sie es gerade tun. Dass Navok diesen Auftrag dramaturgisch der Gottgegebenheit entzieht und den Zustand verweltlicht und banal erklärbar macht gibt dem Geschehen eine eigene Brisanz.

Er lässt zwei Botschafter als entsprungene höfische Biedermeierlinge der reichen Welt auftreten, die voneinander wissen, miteinander agieren und alles am Leben erhalten, durch Geld für Waffen, Widerstand & Co inkl. Bonus für die Rädelsführer. Für sie ist der Kriegsschauplatz wie ein Schießübungsgelände (wahrscheinlich auch für die gelieferten Waffen), ein PC-Spiel um Geld, bei dem man Punkte, und vor allem viele Millionen machen kann, eine Freizeitbeschäftigung in der Beobachtung des Live Games und Belustigung über die Naivität der rivalisierenden Seiten. Und wird es langweilig oder versiegen die Kräfte der Kämpfer oder endet der Konflikt, ziehen sie woanders hin. Tapetenwechsel, "frischer Rauch", dort ist die Fortsetzung. Man kann hier leicht an die Subventionierung des Konflikts durch die Supermächte und andere Interessierte denken, z. B. die Erbauer, Betreiber des Stausees.


Michael Porter (Sipho) 
sowie im Hintergrund das Ensemble

(c) Monika Rittershaus

Die Liebe zwischen Lucia (sehr emotional und menschlich fassbar Kateryna Kasper im Gegensatz zu den weniger ausgestalteten Kunstfiguren der Kontrahenten) auf der einen (jüdischen) Seite und Sipho (tragisch in die islamische Konfliktzone des Hochverrats geratend, mit ebenfalls guter Stimme Michael Porter) auf der anderen Seite zeigt den schwelenden Konflikt, die Verbindung zweier Jugendlicher, die sich nicht verbinden dürften, steht doch Ächtung in Aussicht, und viel mehr noch, Todesstrafe wegen Hochverrats. Auch die beiden Jungen gehen zunächst aufeinander los, als sie erfahren, dass sie aus den gegnerischen Lagern stammen, ihre Eltern von der jeweils anderen Seite getötet wurden, obwohl das Wasser des Flusses, an dem sie sich treffen, eigentlich jedem gehören soll. Und dieses Symbol für Einheit bleibt auch stützend für das ganze Geschehen. Es kommt zu keiner Einheit, aber das Treiben wird sehr stark in Frage gestellt, die Erschießung von palästinensischen Terroristen wird verhindert, auch von Sipho, der zum Selbstmordattentat durch seinen Oheim und Führer verführt werden soll ... Der Abgang der Personen könnte eine Flucht sein, auch die des jungen Paars, aber es bleibt ungewiss. Klar ist im Endgespräch  zwischen dem palästinensischen Oheim und dem erschossenen Künstler Chicken-Heart (Alexander Mayr), dass die religiöse Borniertheit Nahrung für alle Konflikte und gerade hier im Streit um das Wasser des Flusses bleibt. Würde Unbekannt die Wasserzufuhr erhöhen, könnten alle Konflikte entschärft sein, Gott müsste für das Kämpfen nicht so bemüht werden. 

Das Geschehen wird von einer Musik begleitet, die in einer völlig anderen Tonlage pendelt, als wir es gewöhnt sind. In ihrer Düsterheit, Abstraktion und Schwere integriert sie Zitate von Bruckner, Berg und Wagner. Schlagwerk/Percussion, Glocken/Schellen, Xylophon, Stick-Slip-Effekte, Legati, „springende“ Spiccati, Schlagen des Bogenrückens auf Saiten z.B. bei den Streichern etc. setzen markante Akzente. Der Zuschauer fühlt eine Verweigerung des Gefälligen, Warmen, es ist alles in abstrakte Kühle, Unwirklichkeit und Verzerrtheit getaucht, was es erlaubt, das Geschehen analytisch zu verfolgen, Reden und Gegenreden zu sammeln, die Handlungen zu hinterfragen. Bedrohlichkeit schwingt kontinuierlich mit. In dieser Position als (internationaler) Beobachter fallen die guten Stimmen, die diffusen Konturen und die Ratlosigkeit im Geschehen sowie ein sehr überzeugendes Frankfurter Opern- und Museumsorchester auf. Kostüme und Maske sind ganz spärlich eingesetzt.

Dienstag, 9. Juni 2015

Oper Frankfurt: Werkstattkonzert mit dem Ensemble Modern + Film


HAPPY  NEW  EARS  -
WERKSTATTKONZERT  MIT  DEM  ENSEMBLE  MODERN 


Die Oper Frankfurt lädt ein zum vierten und letzten Happy-New-Ears-Konzert der Spielzeit
2014/15 


am Dienstag, 
dem 9. Juni 2015, 
um 20.00 Uhr 
im Opernhaus

Das Werkstattkonzert mit dem Ensemble Modern steht diesmal unter dem Motto Musik und
Film. Zu erleben sein wird Edgard Varèses "Déserts" (1954) in Koppelung mit einem Film von Bill Viola (1994), der Sequenzen zeigt, welche in stark assoziativer Weise den Topos „Wüste“
verarbeiten. Der Abend steht zudem im Zusammenhang mit der diesjährigen Biennale für
Moderne Musik Frankfurt Rhein Main „cresc... 2015", die vom 26. bis 29. November 2015
stattfindet und unter dem Titel Images of Sound die beiden zeitbasierten Künste „Musik“ und
„Film“ in spannungsreiche Wechselspiele setzt.

Das Ensemble Modern wird dirigiert von Pablo Rus Broseta. Als Gesprächspartner werden der Musikwissenschaftler Anno Mungen und der Kunsthistoriker Rolf Lauter zu Gast sein.

Karten zum Preis von € 15 und 20 (für Studenten € 7,50 und 10; 12,5% Vorverkaufsgebühr nur im externen Vorverkauf) sind bei unseren üblichen Vorverkaufsstellen, online unter www.oper-frankfurt.de oder im Telefonischen Vorverkauf 069 – 212 49 49 4 erhältlich. 


Die Happy New Ears-Termine der kommenden Saison 2015/16: 

Dienstag, 3. November 2015    Film und Musik 
Montag, 29. Februar 2016    Portrait Allain Gaussin 
 Mittwoch, 23. März 2016     Portrait Jörg Widmann 
Montag, 13. Juni 2016      HK Gruber 
jeweils um 20.00 Uhr im Opernhaus