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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Freitag, 18. August 2017

Picknick-Zeit in Frankfurt a.M. (Filmreihe): MILOU EN MAI (Malle 1990)





MILOU EN MAI – Eine Komödie im Mai
(FR /IT 1990; R: Louis Malle) OmU

Samstag, 19. August 2017
18 Uhr

Mittwoch, 23. August 2017
18 Uhr

Der 60-jährige Milou lebt mit seiner Mutter in einem Anwesen in Südfrankreich. Als diese stirbt, ruft er die Familie zur Beerdigung zusammen. Aber es ist der Mai ’68, welcher sich nicht nur in Nachrichten aus dem fernen Paris, sondern auch in lokalen Streiks niederschlägt. Das lässt die Familienzusammenkunft länger dauern als eigentlich geplant. Louis Malle wirft in dieser melancholischen Komödie einen kritischen wie liebevollen Blick auf das französische Bürgertum und trauert der zum Untergang verurteilten Lebensart nach.

Dienstag, 1. August 2017

Heute im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt a.M.: Schweizer Picknick

Dienstag, 01.08.2017
12-21 Uhr – Schweizer Picknick

Die Schweiz feiert ihren 726. Geburtstag und lädt zum Raclette-Picknick mit Alphornklängen in den Metzlerpark ein.

Veranstaltungen

Museumseintritt frei von 10-18 Uhr, Speisen und Getränke zum Selbstkostenpreis. Eine Veranstaltung des Schweizerischen Generalkonsulat in Frankfurt am Main in Kooperation mit Gstaad Saanenland Tourismus und dem Museum Angewandte Kunst.

Keine Anmeldung erforderlich.

Donnerstag, 29. Juni 2017

Wie war's bei TIME TO SAY GOODBYE. ONE SONG FOR THE ROAD in Frankfurt a.M.?

Oliver Reese und
Prof. Dr. Felix Semmelroth
(c) Birgit Hupfeld

Das Ensemble
(c) Birgit Hupfeld
Der Intendant des Frankfurter Schauspiels Oliver Reese wurde am Samstag, den 24.06.2017, in Frankfurt a.M. nach acht Jahren Arbeit in der Mainmetropole mit einer großen Fete „Time to say Goodbye. One Song for the Road” im Schauspielhaus verabschiedet.

Der Abend begann mit einer zweieinhalbstündigen Revue, in der Oliver Reese herrlich abwechslungsreich eine Art Best of der letzten Jahre präsentierte. Wer anschließend mitfeiern wollte, konnte im und vorm Schauspiel feiern, Musik hören, Tanzen und von dem trotz allem zeitlosen Design, der großen gläsernen Theaterbühne, die bald dem Abriss oder der Totalsanierung zum Opfer fallen werden, Abschied nehmen.

In der Show sangen, tanzten und spielten die Schauspieler des Hauses, begleitet von einer Live-Combo, Highlights und Leckerbissen der zurückliegenden Spielzeiten. Szenen und Monologe aus DER NACKTE WAHNSINN von Michael Frayn, mit der knackig erotischen Haushälterin-Dummerles-Sexbomben-Einlage von Sandra Gerling, die im Staatstheater Stuttgart weitermachen wird, WIR LIEBEN UND WISSEN NICHTS von Moritz Rinke, DREI TAGE AUF DEM LAND von Patrick Marber, DIE BLECHTROMMEL von Günter Grass, SAFE PLACES. Ein Projekt mit Schauspiel und Tanz von Falk Richter und Anouk van Dijk [Wir brauchen Grenzen in Europa (?)], DIE WIEDERVEREINIGUNG DER BEIDEN KOREAS von Joël Pommerat, WILLE ZUR WAHRHEIT von und über Thomas Bernhard, MEDEA von Euripides, CLAVIGO von J.W. Goethe, PHÄDRA von Jean Racine, KUNST von Yasmina Reza, PRINZ FRIEDRICH VON HOMBURG von Heinrich v. Kleist. Constanze Becker bombadierte uns mit den Namen von Brotsorten, "Ich bin Gott/Lycinski", der Geisteskranke mit Vernunft, tobte als Auge des Publikums, CAN, die deutsche Rockspezialband aus Köln, wurde sehr eigenwillig in einer Interpretation geglättet und romantisiert.

Die abschließenden Worte sprach Prof. Dr. Felix Semmelroth, der sich für die bewegten, kreativen und abwechslungsreichen vergangenen acht Jahre sehr bedankte. 

Mit Reese gehen einige der Schauspieler, denen wir begeistert gefolgt sind durch die Abgründe und Sensationen, Irrungen und Wirrungen der Theaterstücke. Oliver Reese geht nach Berlin, sein Nachfolger in Frankfurt wird Anselm Weber.

Samstag, 24. Juni 2017

Frankfurt a.M.: Intendant Oliver Reese verabschiedet sich



TIME TO SAY GOODBYE
ONE SONG FOR THE ROAD
EIN MUSIKALISCHER RÜCKBLICK AUF ACHT JAHRE INTENDANZ REESE


»Music was my first love… and it will be my last.« Das Schauspiel Frankfurt verabschiedet sich mit den Sternstunden der Theatermusikgeschichte, den Songs, die Sie zum Lachen, Weinen,  Mitsingen bewegt haben – mit einem Text- und Liederabend zum Dabeisein und In-Erinnerung-Behalten. Alle Schauspielerinnen und Schauspieler versammeln sich ein letztes Mal auf der Bühne, um sich zu verabschieden und die Highlights von 255 Produktionen Revue passieren zu lassen. Von »Cabaret«, über »Clavigo« und »Safe Places« bis hin zum letzten großen Ensemblestück »Eine Familie« schlagen wir den Bogen über acht Jahre Schauspiel Frankfurt und sagen gemeinsam: Adieu. Anschließend findet eine große Abschiedsparty auf der großen Bühne mit DJ Efdemin und DJ Boris (Ostgut, Berlin), im gesamten Foyer und der Panorama Bar, mit Buffet und »Come Together« statt.


Schauspielhaus

Sa 24.06.2017 19.30 Uhr

AUSVERKAUFT
Evtl. Restkarten an der Abendkasse

Dienstag, 20. Juni 2017

Wie war's bei ÖDIPUS - VOR DER STADT in Frankfurt a.M.?




Ödipus (Marc Oliver Schulze) und Iokaste (Constanze Becker)
(c) Birgit Hupfeld



Zurzeit in Frankfurt a.M. in der Weseler Werft am Main, unweit von der EZB, hat das Schauspiel Frankfurt eine Bühne aufgebaut, die bis Freitag den 23.06. ein Stück antikes Theater in den Abend zaubert. Schlichtes Holz für die Bühne und als Kulisse das, was auch sonst da zu sehen ist, der architektonische und sonstige Alltag am Main mit all seinen Dramen und Höhepunkten der Ödipalen und Nichtmehr-Ödipalen. 

Der Chor am linken und rechten Rand der Bühne verkörpert das Volk des Königpaares Iokaste und Laios, der auf einer Reise erschlagen, Ödipus nachrücken lassen musste. Ödipus löste das Rätsel der Sphinx und vertrieb sie damit, die Belohnung war Iokaste. Es sind Ankläger, Zeugen, Kommentatoren, die da ganz nach der griechischen Tragödienstruktur hinter den in der Antike üblichen Masken versteckt sind. Ein Drama voller Spannung und vielfältiger Bezüge und Bedeutungen, das schon vor Jahrtausenden die Zuschauer in seinen Bann zog. 

König Ödipus, durchbohrte Füße von Kindheit an, der Grund für die brutale Verletzung ihm lange nicht bekannt, eine Vorsichtsmaßnahme des Königs Laios, der vom Orakel geweissagt bekam, dass aus Rache für sein lüsternes Verlangen nach dem Sohn des Königs Pelops sein eigener Sohn ihn töten werde und seine Frau zur Gemahlin nehmen würde. In der äußerst eindringlichen, weil puristisch auf das Zentrum des Stückes, die Beziehung von Ödipus und Iokaste, fixiert, und sehr gelungenen Abschiedsinszenierung von Michael Thalheimer werden die verkrüppelten Füße und Behinderung des Ödipus mit schweren Hochplateau-Holzsandalen und extrem schwerem Gang dargestellt.  

Verblüffenderweise trägt auch König Kreon, der das Geschick Thebens vor und nach Ödipus als Bruder der Königin bestimmte, diese Holzschuhe. Ihm passen sie nicht, er fällt heraus aus ihnen, obwohl er ja als Herrscher seine Gattin bzw. Schwester auch schwängern müsste, wollte er Nachwuchs für Theben. Diese Aussicht auf massiven (Geschwister-) Inzest scheint für Thalheimer genug Beweiskraft zu haben, ihn in die Schicksalsnähe zu Ödipus zu rücken. Hinzukommt, dass laut Mythologie Kreon auch beinahe von seinem Sohn Haimon erschlagen worden wäre, den er allerdings mit Eurydike zeugte (seine Schwester Iokaste offensichtlich nicht zum königlichen Nachkommen zwang), weil dieser den Anblick der toten Antigone nicht ertragen konnte. Aber das Geschick wendete das Schwert gegen ihn selbst. Haimon hätte beinahe auch einen Vatermord begangen. So blieb Kreon noch ein weiteres Mal Herrscher. 


Ödipus (Marc Oliver Schulze)
(c) Birgit Hupfeld
Das Drama nimmt seinen Beginn mit Verwirrung im Volk, Unruhe und Angst herrscht wegen einer umgehenden Pest. Das Volk ist ratlos und bittet Ödipus um Lösung des Konflikts. In diesem Angstklima kommen Urängste auf, einen Fluch als Bestrafung erhalten zu haben im Verbund mit dem Gerücht über Ödipus und dem Verdacht, dass er der Auslöser sei. Die Enthüllung des blinden Sehers Teiresias, schön gespielt von Michael Benthin, von der Maske mit betonten Augen versehen, der auf diesen Wellen reiten kann, es aber erst tut, als er selbst als Mörder des Laios beschuldigt wird, bringt allen noch mehr Gewissheit, dass Iokaste in Wahrheit Ödipus' Mutter ist und Ödipus seinen Vater Laios getötet hatte. Ödipus leitet eine Untersuchung des Falles ein. Der einzige (Entlastungs-) Zeuge gibt an, dass der Mord nicht von einer Einzelperson, sondern von einer Räuberbande verübt wurde.

Laios wollte mit der Verstümmelung des Ödipus verhindern, dass der Sohn einmal ausgesetzt jemals zurückkäme, am besten sollte er sterben. Aber ein Hirte fand das Kind und brachte es nach Korinth, wo es schließlich bei dem Königspaar Polybos und Merope landete und an Sohnes statt aufgezogen wurde. Ödipus erfuhr von einem Betrunkenen erst viele Jahre später, dass er nicht der leibliche Sohn des Königspaares in Korinth sein sollte und dass ein Fluch über ihm auf Erfüllung harre, dass er den Vater erschlagen, die Mutter schwängern werde. Er befragte das Orakel, bekam die Bestätigung und versuchte das Unheil sofort abzuwenden, indem er Korinth verließ und nach Theben zog. Ödipus wusste genau, wie schwer das Vergehen des Inzests mit der eigenen Mutter geahndet wurde, die Verbannung von allem Leben, die absolute Verfluchung und Vogelfreiheit. Jeder durfte ihn töten. Das alles wollte er vermeiden. 

Der schwere Selbstentlarvungsgang des Ödipus durch den Fluch hin zum Outen als "Mutterschänder wider Willen" und zur brutalen Selbstbestrafung wird von Marc Oliver Schulze in einer extrem guten und äußerst ansprechenden Art mit einem Ausbruch von tiefem Schmerz und größter Scham gespielt, dass man König Ödipus hier bestens und ganz stark vertreten sieht. Dasselbe gilt für Iokaste und Constanze Becker, die nach Gewahrwerdung der Wirklichkeit nicht hörbare und entsetzliche Schreie im Innern ausstößt, ebenfalls von Entsetzen, Schmerz und Scham evoziert. Aber sein Plan, genau dieser Weg nach Theben ist der unheilvolle, die Erfüllung des Orakels. An einer Wegkreuzung traf er auf ein Gespann, dessen Lenker ihn, Ödipus zu arrogant behandelte, ein Streit beginnt, Ödipus tötete den Wagenlenker und aus Versehen den Fahrgast - Laios. Vor Theben auf dem Phikeischen Berg löste er das Rätsel der Sphinx, einem weiblichen Drachen mit Menschenkopf und gefährlich für viele Reisende, das uns fast zu einfach in Sophokles Drama erscheint, wodurch sich der Fluch noch weiter beschleunigte. Der Bezwinger der Sphinx wurde vom Volk gefeiert, Iokaste zum Mann gegeben. Die beiden zeugten zwei Söhne als Zwillinge und zwei Töchter.


Ödipus (Marc Oliver Schulze) 
(c) Birgit Hupfeld
Ödipus glaubt zunächst Teiresias nicht, macht ihn lächerlich, auch Iokaste tut das, und glaubt an eine Verschwörung zwischen Kreon und dem Seher. Als Ödipus von einem aus Korinth eintreffenden Boten erfährt, dass der verstorbene Polybos und dessen Frau nicht seine leiblichen Eltern sind, sondern er von einem Knecht des Laios überbracht worden wäre, wächst die Gewissheit. Auch Iokaste erkennt die Wahrheit. Der korinthische Bote, der Ödipus als Kind wegbringen musste, enthüllt obendrein noch die Wahrheit über die Narben an seinen durchstochenen Füßen. 

Ödipus stürzt entsetzt los, um Iokaste zu finden, sie hat sich bereits selbst gerichtet. Ödipus stach sich in der Mythologie die Augen aus, bei Sophokles blendet er sich selbst mit Iokastes goldenen Spangen. Ödipus hat sich seinem Schicksal ergeben. Er übergab in der Sage seine Kinder Kreon, der erneut die Herrschaft über Theben übernahm. Nach ihm die beiden Söhne des Ödipus, und dann wieder Kreon. 

Ein Stück großartiges und unvergessliches Theater in einer frischen Nacht mit kühler Brise am Mainufer. Beeindruckend die Masken von Ödipus und Iokaste als Königin. Vor der Leinwand der Nacht der verkrüppelte Kämpfer mit entblößtem Oberkörper und goldener Vogelmaske und Iokaste in rotem Königinnenkleid und voller Tragik.

Sonntag, 12. März 2017

Wie war's bei LES TROYENS / DIE TROJANER von Berlioz in Frankfurt a.M.?

Cassandra   (c) Barbara Aumüller

Louis Hector Berlioz, geboren am 11. Dezember 1803 in La Côte-Saint-André, Département Isère und gestorben am 8. März 1869 in Paris, hatte vor wenigen Tagen seinen 148. Todestag. Er gilt den Franzosen als wichtiger Vertreter der romantischen Musik, obwohl er selbst sich nicht als Romantiker sah. Seine Oper "Les Troyes/Die Trojaner" komponierte er zwischen 1856 und 1858, überarbeitete sie allerdings bis 1864 noch weiter. Die Libretti der beiden Teile der Oper (I: 1. und 2. Akt bzw. II: 3.-5. Akt) stammen ganz aus seiner Feder. Berlioz hat zu Lebzeiten NIE eine komplette Fassung seiner Mammutoper, für ihn ein Poème lyrique, erlebt. 1863 wurde zwar der zweite Teil der Oper aufgeführt, nicht jedoch in der "Paris Opéra", die zögerte bereits fünf Jahre, sondern im Privatheater "Théâtre Lyrique" von Léon Carvalho, der starke Kürzungen und Eingriffe vornahm - der erste Teil aber erst zehn Jahre nach seinem Tod. Die erste Gesamtaufführung, an zwei Tagen allerdings, fand 1890 in Karlsruhe statt und die erste Gesamtaufführung am Stück 1950 in Boston. Berlioz hatte einen Hang zum Monumentalen, was natürlich auch eine Kostenfrage für die Opernhäuser war. Er verstand die Bühne wie ein riesiges Instrument, auf dem er spielt. Er hatte bei einigen Werken Mühe, die manchmal an die 1000 erforderlichen Sänger/innen und Musiker zusammenzutrommeln, um zu üben. Gerade der Chor der trojanischen Frauen ging in seiner Absicht schon in die Hunderte. Frankreich feiert ihn heute ähnlich wie wir Wagner.


Cassandra sieht das Unheil   (c) Barbara Aumüller

In der Frankfurter Oper hat der geneigte Opernbesucher zurzeit beste Gelegenheit, dieses sehr beeindruckende Werk in einer sehr, sehr überzeugenden Inszenierung mit einem feudalen, antiken und wagnerianisch anmutendenen Bühnenbild, einem riesigen trojanischen Pferd und einer großen (aber dennoch stark reduzierten) Anzahl an künstlerischen Mitarbeitern zu erleben. Die 4-Stunden-Oper hat unter der Leitung von John Nelson eine so starke musikalische Lebendigkeit und Bandbreite, in der Inszenierung von Eva-Maria Höckmayr ein eindringliches dramatisches Geschehen, auch wenn die Handlung nur ein Destillat des ursprünglichen Heldenepos der Trojanerlegende ist, dass die Komposition in der Grundlage erstens die Spannung auf richtigem Niveau halten kann, zweitens keine Abstürze zeigt und drittens den Stoff doch vermittelt. Die Stimmen ein Genuss, ganz vorne und bejubelt die Spitze mit Cassandra (Tanja Ariane Baumgartner), Dido (Claudia Mahnke) und Aeneas (Bryan Register). Die Einlagen der Tänzer wirken nicht nur kommentierend, sondern auch und sehr stark als ein ästhetischer Genuss, nicht zuletzt durch die Kostüme und Masken.

Die Regie hat den Trojaner-Männern braun-pastellige Hitlerjugend-Uniformen (ohne Embleme) mit kurzen Hosen angezogen, um die Glorifizierung von Sagenhelden und Göttermenschen zu exponieren, wie es in der Ideologie der Nazis in der allgemeinen Propaganda, vor allem auch in Schulen und Universitäten verbreitet wurde. Man kann sich darüber streiten. So werden durch die Idee der Imperiumsfanatiker die sagenhaften Gründer des späteren römischen Reiches beleuchtet, das ja Jahrhunderte hielt im Gegensatz zu den maximal fünfeinhalb Jahren Blitzbesetzungen von europäischen, euroasiatischen und afrikanischen Ländern mit Massenmorden an Minderheiten enormen Ausmaßes, wie es die IS heute in kleinerem arabischem Rahmen betreibt, und Vertreibung der Hitlerarmeen bei gewaltigem Aufmarschszenario zu Hause bis zur Kapitulation. 

Berlioz war ein belesener Mensch, ein Liebhaber der Literatur, so hatte er seinen Vergil und Shakespeare gut gelesen und bewegte sich einmal frei, einmal quellentreu entlang Vergils "Aeneis" und holte sich bei Shakespeares "Der Kaufmann von Venedig" die Liebesszene von Jessica und Lorenzo für Aeneas und Dido dazu. Aeneas ist ein konfuser Held, er weiß nicht so ganz was tun, bis er durch Hectors Erscheinung erfährt, dass er der Begründer eines riesigen Imperiums werden soll. Diese Prophezeiung setzt er in die Tat um, Merkur erinnert ihn noch mal in einer "Timer-Funktion" beim Liebespiel mit Dido daran, und verlässt nicht nur seine trojanische Frau, sondern auch die Herrscherin von Karthago, Dido, um den Plan zu erfüllen. Er weiß, dass er dabei den Tod finden wird, aber todessehnsüchtig bewegt er sich und seine Flotte darauf zu. 


Verzweifelte Dido   (c) Barbara Aumüller

Die Frauen haben bei Berlioz eine tragische Rolle. Cassandra, die Seherin, der keiner glaubte, obwohl das Pferd, vor dem sie warnte, das Ende Trojas war, fordert von den Trojanerinnen ihre Ehre zu bewahren, indem sie sich umbringen, anstatt sich den Griechen hinzugeben, viele folgen ihr in den Freitod. Dido in Karthago fühlt sich so betrogen von Aeneas, dass sie sich mit seinem Schwert umbringt. Eine unkluge Entscheidung der einst so gefeierten und geliebten Herrscherin, Liebeskummer und Entehrungsängste machen es möglich. Ihre Gefolgsleute schwören bei dieser Gelegenheit die Jahrhunderte dauernde Fehde zwischen Karthago und Rom.

Ein Meisterwerk der Musikgeschichte, undenkbar ohne Vergils Dichtung und Vergil überbietend in der Tiefe der Kunst.


OPER FRANKFURT A.M. --- MÄRZ 2017

FR 03. DO 09. SO 12. SA 18. SO 26.

Sonntag, 5. März 2017

Heute im Bockenheimer Depot Frankfurt a.M.: SIEBEN GEGEN THEBEN / ANTIGONE

Bockenheimer Depot
3 Stunden 10 Min., eine Pause
AUSVERKAUFT

Evtl. Restkarten an der Abendkasse

(c) Birgit Hupfeld

SIEBEN GEGEN THEBEN / ANTIGONE
AISCHYLOS/SOPHOKLES
DEUTSCH VON DURS GRÜNBEIN / PETER KRUMME


SOLLN SIE ZUGRUNDE GEHEN, ICH WILL SIE AUSGELÖSCHT.

Nach dem Tod von Ödipus sollen seine Söhne Eteokles und Polyneikes abwechselnd über Theben herrschen. Doch einmal im Besitz der Macht weigert sich Eteokles, den Thron wieder zu räumen. Polyneikes schwört Rache und zieht mit sieben verbündeten Heerführern gegen seine Heimat. Es kommt zu einem grausamen Gemetzel vor den Toren der Stadt, von dem einzig die Boten in drastischen Worten berichten. Mit dem Tod der Brüder scheint der Fluch des Ödipus endlich erfüllt und Kreon, der neue König Thebens, verfügt, dass der Aggressor Polyneikes nicht bestattet werden darf. Doch Polyneikes’ Schwester Antigone widersetzt sich dem Befehl Kreons. Mit Antigone schuf Sophokles eine Ikone des Widerstands gegen herrschaftliche Willkür. 

Regie und Bühne
Ulrich Rasche
Komposition
Ari Benjamin Meyers
Kostüme
Romy Springsguth
Bühnenbildmitarbeit
Sabine Mäder
Chorleitung
Toni Jessen, Alexander Weise
Video
Jonas Link
Dramaturgie
Michael Billenkamp

Besetzung
Alexander Fehling (Eteokles)
Bettina Hoppe (Antigone)
Paula Hans (Ismene)
Toni Jessen, Anton von Lucke, Sam Michelson, Justus Pfankuch 
(Mitglied im SCHAUSPIELstudio)
Christoph Pütthoff, Sebastian Schneider 
(Boten/Kreon)
Paula Hans, Bettina Hoppe, Deleila Piasko, Eva Maria Sommersberg, Olga Wäscher 
(Chor der thebanischen Jungfrauen)


Špela Mastnak/Yuka Ohta (Schlagwerk), 
Carsten Hein/Thomsen Merkel (Bass), 
Christopher Rennebach (Posaune), 
Berk Schneider (Posaune), 
Keith Bernard Stonum (Tenor) 

(Live-Musiker)

Regisseur Ulrich Rasche hat zuletzt eine von Presse und Publikum gefeierte Version von Georg Büchners »Dantons Tod« als »überwältigendes Revolutions-Oratorium« (Süddeutsche Zeitung) auf die Bühne des Schauspiel Frankfurt gebracht. In »Sieben gegen Theben/ Antigone« sucht Rasche den Zusammenhang von Macht, Sprache und Fanatismus zu ergründen. So sind Begriffe wie »Feind« und »Opfer« lediglich Worte und Zuschreibungen, gleichzeitig aber fungieren sie als Auslöser und Ursache für die Radikalisierung der Menschen. 

Weitere Termine
März 2017
Sa 11.03.  Do 16.03.  Fr 17.03.  Do 23.03.  Fr 24.03.  
20.00 Uhr – 23.10 Uhr
AUSVERKAUFT
Evtl. Restkarten an der Abendkasse

Dienstag, 27. Dezember 2016

Frankfurt a.M.: Ein Tag Oper für Jugendliche

(c) Stephan Morgenstern


An vier ausgewählten Terminen in der Saison können Jugendliche von 14 bis 19 Jahren einen ganzen Tag in der Oper Frankfurt verbringen und sie von allen Seiten kennenlernen. Der zweite Operntag im Rahmen des Vermittlungsprogramms JETZT! Oper für Dich in der Spielzeit 2016/17 widmet sich in den Winterferien Giacomo Puccinis La Bohème am

Donnerstag, dem 5. Januar 2017, ab 15.00 Uhr im Opernhaus.

Der Tag beginnt mit einer Führung hinter die Kulissen. Wie können eigentlich alle den Dirigenten sehen? Wie echt sehen die Requisiten aus nächster Nähe aus? Wer stellt all die Dinge her, die aus einem Bühnenraum ein Bühnenbild werden lassen? Und was tut überhaupt ein Inspizient?
Nach einer gemeinsamen Pause beginnt der szenische Workshop. Hier geht’s nicht um Theorie: Es wird kaum gesessen und wenig gelesen! Umso wichtiger sind Bewegung, Musik, Kreativität, Teamwork und Freude am Darstellen. Die Jugendlichen schlüpfen selbst in die Rollen des Stücks, Probenkostüme helfen bei der Verwandlung. Sie versuchen sich in szenischen Momenten dieser
im weihnachtlichen Paris spielenden Geschichte um die todkranke Stickerin Mimì und ihrer Liebe zu dem mittellosen Poeten Rodolfo, dessen Eifersucht den beiden das Leben schwer macht...
Zum Abschluss darf nach dem Abendessen in der Opernkantine der gemeinsame
Vorstellungsbesuch nicht fehlen (19.30 Uhr). In der Pause können sich die jungen Zuschauer dann austauschen: Machen es die Opernsänger auf der Bühne wohl besser als sie selbst?

Die beiden letzten Operntage für Jugendliche von 14 bis 19 Jahren in der Saison 2016/17:
Strawinskys The Rake’s Progress Donnerstag, 6. April 2017 (in den Osterferien)
Puccinis Tosca Sonntag, 18. Juni 2017

Der Operntag kostet 30 € pro Person (inklusive Führung, szenischem Workshop, abendlicher Aufführung und Verpflegung), die unbedingt notwendige Anmeldung ist möglich unter jetzt@buehnen-frankfurt.de.

Sonntag, 25. Dezember 2016

An Weihnachten geführt durchs Museum: UNTER WAFFEN und die beginnende Moderne in YOKOHAMA in Frankfurt a.M.


(c) Dorothy
Führungen im MAK,
Museum Moderne Kunst, Frankfurt a. Main


Unter Waffen
Fire & Forget 2
So, 25. Dezember 2016, 15 Uhr

Granaten am Weihnachtsbaum? Dieser skurrile Baumschmuck von Dorothy ist eigentlich Teil einer globalen Anti-Kriegskampagne. 
Mehr zur Bedeutung von Waffen in Design, Mode und Kunst erfahren Sie am ersten Weihnachtsfeiertag bei einer öffentlichen Führung durch die Ausstellung Unter Waffen. Fire & Forget 2.

Ohne Anmeldung. Im Eintrittspreis von 9 Euro, ermäßigt 4,50 Euro enthalten.



Familienführung
Yokohama 1868–1912
Als die Bilder leuchten lernten
Mo, 26. Dezember 2016, 15 Uhr

Familien mit Kindern können am zweiten Weihnachtsfeiertag in der Ausstellung Yokohama 1868-1912. Als die Bilder leuchten lernten faszinierende Fotografien und Druckgrafiken entdecken, die farbenfroh und detailreich über die anbrechende Moderne in Japan erzählen.

Ohne Anmeldung. Im Eintrittspreis von 9 Euro, ermäßigt 4,50 Euro enthalten.



Gun 2015, Aluminium-ABS-Plastik, NCVM-Beschichtung
(c) Jean-Luc-Brigot
Kuratorenführung
Unter Waffen
Fire & Forget 2
So, 1. Januar 2017, 15 Uhr

Das Museumsjahr 2017 läutet an Neujahr Museumsdirektor Matthias Wagner K ein, der in einer Kuratorenführung Einblicke in die Ausstellung Unter Waffen. Fire & Forget 2 gibt.

Ohne Anmeldung. Im Eintrittspreis von 9 Euro, ermäßigt 4,50 Euro enthalten.


Dienstag, 27. September 2016

Wie war's bei FALSTAFF, Commedia lirica von Guiseppe Verdi, in Frankfurt a.M.?


Dr. Cajus platzt ins Wirtshaus herein zu Falstaff
(c) Monika Rittershaus
Falstaff, seit Shakespeare der Inbegriff einer speziellen Kunstfigur, ist ein dicker Ritter, Saufbold und raufsüchtig, angeberisch und philosophisch, unmoralisch und kriminell. Eine runde lustige Figur auf der Bühne, dem immer einfach das Geld fehlt für sein opulentes Leben und der sich was einfallen lassen muss, um an die lieben Silberlinge zu kommen. Das Thema wurde mindestens 15-mal prominent vertont, einmal auch bei Orson Welles filmisch verarbeitet. Namen wie Adolphe Adam (1856), Michael William Balfe (1838), Ludwig van Beethoven (1823), Antonio Salieri (1799) und eben Giuseppe Verdi tauchen auf. Für Verdi war es seine letzte Oper (1893 in der Mailänder Scala uraufgeführt), die dafür aber auch einmal auf Anhieb positiv angenommen wurde.

Der Komponist hat Falstaff zum Philosophen und geistreichen Narr ausstaffiert. In der Frankfurter Oper wurde die Commedia lirica in drei Akten am 23.09.2016 zum zweiten Mal wiederaufgenommen und begeistert von den Zuschauern begrüßt und gefeiert. 

Die Geschichte um den einerseits bacchantischen, andererseits eher abschreckenden geldgierigen Galan bereitet doch viel Spaß und wird in Frankfurt mit einem aufwändigen Bühnenbild, fahrbaren haushohen Kulissen, Special Effects und wunderbaren Kostümen versehen. Die Musik vom Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Julia Jones lange Strecken heiter und kurzweilig, die Stimmen herrlich voluminös bei Sir John Falstaff (Željko Lucic), und Mister Ford, Alices Gatte (James Rutherford) und kraftvoll feminin bei Nannetta, Alices Tochter (Kateryna Kasper), Mrs. Alice Ford (Jessica Strong), Mrs. Meg Page (Paula Murrihy) und Mrs. Quickly (Anna Larsson). 

Zum Schießen der Münchhausenauftritt von Dr. Cajus (Hans-Jürgen Schöpflin), der auf einer riesigen Kanonenkugel ins Wirtshaus „hereinplatzt“, die Figur des versoffenen, rotnasigen Bardolfo (Ralf Simon), in Falstaffs Diensten, der nicht nur überzeugend klauen kann, sondern auch als falsche Braut an Cajus Seite am Ende ganz irritierte Neigungen bei beiden andeutet. Ein Glück mit einem solchen Diener, dessen Nase auch nachts noch leuchtet, gesegnet zu sein. Eifersüchtig auf den neuen Freund seines Alter Egos ist Pistola, der zweite Bedienstete (Barnaby Rea, wie Rutherford, Kasper, Strong, Murrihy, Larsson und Simon Rollendebütanten, Larsson zudem das erste Mal an der Frankfurter Oper).

Sir John Falstaff ist halt trotz Geist ein Schlawiner, deswegen verabredet er sich mit zwei Frauen auf einmal und schreibt er beiden denselben Liebesbrief. Was ihn eigentlich interessiert, das ist das Geld der beiden und der Spaß, es zu bekommen. Sowohl Alice als auch Meg verwalten das Ehevermögen. Die zwei Gefoppten beschließen ihm ordentlich den Kopf zu waschen und stellen ihm geschickt eine Falle. Der Mann von Alice hat mittlerweile durch die beiden „ehrenhaften“, kriminellen und versoffenen Faktoten Bardolfo und Pistola, die den Liebesbriefbetrug nicht mitmachen wollten, von dem Plan Falstaffs erfahren und stellt ihm ebenfalls eine Falle, um ihn in flagranti zu erwischen. 

In schöner witziger Eile auf der Bühne lässt Verdi alles zusammenfließen im Haus der Alice. Da muss sich Falstaff in der Truhe für Schmutzwäsche verstecken, poltert der „General“ Ford mit seinen Mannen durch die Stube, um aufgrund eines deutlichen Kussgeräusches einen Paravent umzureißen, hinter dem sich seine Tochter Nannetta mit Fenton aufhält, den er gar nicht zum Schwiegersohn haben will. Während die Soldaten weitersuchen, landet Falstaff im „Stadtgraben“ (Themse). Nach diesen beiden Akten scheint schon alles in einem witzigen Höhepunkt erledigt, aber im dritten Akt treiben die hochgenommenen Frauen ihr Spiel weiter. 

Falstaff, wie er leibt und lebt
(c) Monika Rittershaus
Als Schwarzer Jäger mit Hirschgeweih soll er um Mitternacht ein weiteres Rendez-vous mit Alice haben, dem der Geläuterte nicht traut. Er sitzt klitschnass am Ufer, nachdem er sich aus der Truhe befreien konnte und an Land schwomm – übrigens hervorragend von Keith Warner und den Bühnenbildern/Lichttechnikern gelöst mit einem Glaskasten, der es erlaubt mit raffinierten Lichtspielen Falstaff unter Wasser zu zeigen -, und philosophiert über das Leben. Er beschließt die zweite Chance wahrzunehmen und kommt in ein arges Treiben mit Alice, Nannetta und den Bürgerinnen von Windsor, verkleidet als Feen, mit General Ford , der im unglaubwürdigen, aber lustigen Ende der Oper Dr. Cajus mit Nanetta und ein anonymes Paar gleich mit verheiratet, und Bürgern der Stadt, die den "gehörnten" Sir peinigen und piesacken, bedrohen und erschrecken, damit er für immer und ewig seinen Unsinn ablege. Der Spuk fliegt auf, die falsche Nannetta ist Bardolfo, der gerade zum Entsetzen von Pistola Cajus geheiratet hat, und die Anonymen sind Nanetta und ihr Geliebter Fenton. So sind alle Fopper und Gefoppte, denn „Alles in der Welt ist Posse, der Mensch ist als Possenreißer geboren“, wie Falstaff sagt, und er selbst ist der eigentliche Motor dieser Posse: „Ich bin es, der euch gewitzt macht. Mein Witz erschafft den Witz der anderen.“

Falstaff bereichert die Welt, er sorgt für Spaß und Humor. Er soll es nach Verdi auch weiterhin tun: „Geh, geh, alter John. Lauf dahin auf deinem Weg, so lange du kannst … Lustiges Original eines Schurken; ewig wahr, hinter jeglicher Maske, zu jeder Zeit, an jedem Ort!! Geh … Geh … Lauf Lauf … Addio!!!“

Die Schlussfuge, in die alle einstimmen, hebt die Spielchen in gemeinsamer Übereinkunft auf: Tutto nel mondo è burla, l’uom è nato burlone. (Alles ist Spaß auf Erden, der Mensch als Narr geboren.)




Freitag, 16. September 2016

Premiere / Deutsche Erstaufführung in Frankfurt a.M.: DER SANDMANN

Nathanael     (c) Monika Rittershaus  

Sonntag, 18. September 2016, 
um 18.00 Uhr im Opernhaus
Premiere / Deutsche Erstaufführung
DER SANDMANN
Oper in zehn Szenen von
Andrea Lorenzo Scartazzini (*1971)
nach Motiven der gleichnamigen Erzählung aus dem Jahr 1815 von E.T.A. Hoffmann
Text von Thomas Jonigk

Mit Übertiteln
Musikalische Leitung: Hartmut Keil
Inszenierung: Christof Loy
Bühnenbild: Barbara Pral
Kostüme: Ursula Renzenbrink
Licht: Stefan Bollinger
Choreografie: Thomas Wilhelm
Chor: Tilman Michael
Dramaturgie: Stephanie Schulze
Auftragswerk des Theater Basel
Uraufführung am 20. Oktober 2012, Theater Basel
Übernahme der Uraufführungsproduktion
Mit freundlicher Unterstützung der Aventis Foundation


Der 1971 in Basel geborene Komponist Andrea Lorenzo Scartazzini studierte u.a. bei Rudolf Kelterborn (Basel) und Wolfgang Rihm (Karlsruhe). Seine erste Oper Wut wurde 2006 in Erfurt uraufgeführt, 2012 folgte mit Der Sandmann sein zweites Bühnenwerk am Theater Basel. Die Kritik attestierte Scartazzinis Arbeit eine „starke sinnliche Qualität“, die „modern, aber keineswegs abstrakt“ wirke. Das Libretto schrieb der deutsche Schriftsteller und Dramaturg Thomas Jonigk nach Motiven der gleichnamigen Erzählung von E.T.A. Hoffmann (1815). Die Uraufführungsproduktion in der Regie von Christof Loy wurde in einer der Rezensionen als „atmosphärisch dichte Inszenierung mit leisem Witz“ gewürdigt und wird nun zur Eröffnung der Spielzeit 2016/17 an die Oper Frankfurt übernommen. Scartazzinis dritte Oper mit dem Titel Edward II wird am 19. Februar 2017 an der Deutschen Oper Berlin – erneut im Team mit Jonigk und Loy – uraufgeführt.

Zum Inhalt: Der Schriftsteller Nathanael kommt mit der Arbeit an seinem autobiographischen Roman Der Sandmann nicht voran. Zudem befindet er sich durch traumatische Erlebnisse in seiner Kindheit in einer psychisch angespannten Situation, in der er zunehmend Realität, Traum und Vorstellung nicht mehr zu unterscheiden vermag. Erscheinungen von seinem verstorbenen Vater und dem zwielichtigen Coppelius verstärken seine Lebenskrise, aus der ihm auch seine bodenständige Freundin Clara nicht heraushelfen kann. Schließlich wendet er sich der verführerischen Clarissa zu. Am Ende der Handlung steht Nathanaels Tod. Sein Roman scheint über wenige Entwürfe nicht hinausgekommen zu sein…

Die musikalische Leitung liegt bei Hartmut Keil, der bis Anfang 2016 als Kapellmeister und Studienleiter zum Ensemble der Oper Frankfurt gehörte. Der renommierte Regisseur Christof Loy fügte jüngst mit Bergs Wozzeck seinen zahlreichen Frankfurter Arbeiten einen weiteren großen Erfolg hinzu. Die Titelpartie übernimmt aus dem Ensemble erstmals der österreichische Bariton Daniel Schmutzhard, der kürzlich als Alfred in HK Grubers Geschichten aus dem Wiener Wald am Theater an der Wien reüssierte. Bis auf den neu zum Frankfurter Ensemble zählenden polnischen Bass Daniel Miroslaw (Lothar) sind die drei weiteren Rollen wie in der Basler Uraufführung besetzt: Die schwedische Sopranistin Agneta Eichenholz (in Frankfurt bisher als Fiordiligi in Così fan tutte zu erleben) gehört zu den bevorzugten Sängerinnen von Christof Loy und verkörpert auch hier die Doppelrolle Clara / Clarissa. Thomas Piffka (Vater) und Hans-Jürgen Schöpflin (Coppelius) sind ebenfalls in Frankfurt mit von der Partie.

Weitere Vorstellungen: 24., 30. September, 3., 8., 13., 23. Oktober 2016
Falls nicht anders angegeben, beginnen diese Vorstellungen um 19.30 Uhr
Preise: € 15 bis 165 (12,5% Vorverkaufsgebühr nur im externen Vorverkauf)

Karten sind bei unseren bekannten Vorverkaufsstellen, im Telefonischen Vorverkauf 069 – 212 49 49 4 oder online unter www.oper-frankfurt.de erhältlich.

Dienstag, 1. März 2016

Frankfurt a.M. / Tanzplattform Deutschland 2016: Opening mit NOT PUNK, POLOLO


Gintersdorfer/Klaßen (Bremen/Berlin/Abidjan)
Not Punk, Pololo
Mi. 02.03., Do. 03.03.2016
AUFFüHRUNG/FRANKFURT
* 90 min, PG 1: € 37,- / erm. € 18,50 | PG 2: € 29,- / erm. € 14,50 | PG 3: € 21,- / erm. € 10,50.
In Deutsch, Englisch und Französisch mit deutscher Übersetzung


ORT
Schauspiel Frankfurt
Neue Mainzer Str. 17
60311 Frankfurt am Main

Mit einem grandiosen „Clash de luxe“ der Popkulturen eröffnet das Choreografen-Duo Gintersdorfer/Klaßen die Tanzplattform Deutschland 2016! Die Extravaganz beginnt bereits bei der Besetzung mit fünfzehn Exzentrikern der internationalen Tanz-, Club- und Performanceszene. Gewidmet ist Not Punk, Pololo dem legendären Gangster John Pololo von der Elfenbeinküste. Als Stilikone für „schwere Jungs“ wurde er in den 1980er-Jahren zur subversiven Kunstfigur und hinterließ Sprüche und Tanzstile, die in den ivorischen Straßen heute noch zitiert werden. Auf der Bühne prallen nun die Pololo-Bewegung, deutscher Punk und queere Clubkultur direkt aufeinander. In rasanten Gruppenchoreografien und musikalisch-tänzerischen Soli mischen sich der Streetdance Abidjans, Twerking, Crumping und Voguing zu einem vor Energie strotzenden Happening.

Konzept, Regie, Ausstattung: Monika Gintersdorfer, Knut Klaßen * Mit: Marc Aschenbrenner, Cécilia Bengolea, Nadia Beugre, Alexander Cephus, Gotta Depri, Jule Flierl, Ted Gaier, Hauke Heumann, Jesseline Preach, Magali Sander-Fett, Anta Helena Recke, Ismaera Takeo Ishii, Eric Parfait Francis Taregue alias SKelly, Hans Unstern, Thomas Wenzel, Franck Edmond Yao alias Gadoukou la Star * Produktionsassistenz: Julia Pfeiffer * Dramaturgie: Nadine Jessen, Katinka Deecke * Mit Experimentalkleidung von: Marc Aschenbrenner * Eine Produktion von Gintersdorfer / Klaßen in Zusammenarbeit mit Theater Bremen * Gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes. Das Gastspiel wird unterstützt durch das Goethe-Institut.

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Frankfurt a.M.: Was kommt 2016 im Museum Angewandte Kunst?


108 Begegnungen mit seltenen Buddha-Skulpturen wechselten sich im Jahr 2015 ab mit dem Blick auf unseren vom Mobiltelefon veränderten Alltag. Ausstellungen mit Kooperationspartnern wie RAY sowie eine neue Betrachtung der Sammlungen des Museums in Vom Verbergen erzählten und erzählen Geschichten über die Übergänge von Fiktion und Wirklichkeit, von Zeigen und Verbergen.
Das Jahr 2016 geht zunächst der Bedeutung von Zeit und Raum auf die Spur und erweckt dazu die faszinierend gestaltete Graphic Novel Here von Richard McGuire zum Leben. Zu entdecken gibt es außerdem 100 Jahre Typografie und Grafik aus Frankfurt – unter dem Motto “Alles neu!”.
Gemeinsam mit Ihnen begeben wir uns auf die Suche nach dem Glück: Sowohl eine Depotschau mit Artefakten aus unseren Sammlungen als auch die große Ausstellung Stefan Sagmeister. The Happy Show fragen danach, was uns glücklich macht. Mit feinem Humor und ironischer Distanz kommentiert letztere das Thema.


Im Herbst folgt eine Ausstellung den Spuren, die Waffen und Gewalt in unserem Leben hinterlassen. Um überzeugende Gestaltung und Design als Prozess geht es anhand des LAMY 2000. Interventionen zwischen Design, Kunst und Wissenschaft folgen einem ewig flüchtigen Phänomen: Duft zwischen Produkt, Information und Identität.


Donnerstag, 5. November 2015

Wie war's in DIE WIEDERVEREINIGUNG DER BEIDEN KOREAS in Frankfurt a.M.

Verena Bukal als Kurtisane Denise, Till Weinheimer als bigamer Priester
Foto: Birgit Hupfeld

Ein Kaleidoskop der Beziehungen tut sich mit Joël Pommerats Theaterstück DIE WIEDERVEREINIGUNG DER BEIDEN KOREAS auf. Es sind eher abwegige Konstellationen, Ausnahmesituationen, Ungewöhnliches und Absurdes. Völlig unerwartet nimmt das Geschehen nach wenigen Minuten eine teils kaum erwartete, teils fest berechenbare Wendung, um jeden Schleier von Normalität und Bürgerlichkeit herunterzureißen. Die Problematik intensiv, jedoch aufgrund der Unerwartetheit und Reaktionen der Beteiligten erstauntes Lachen. Es ist die Entrüstetheit über die Vorkommnisse, die scheinbare Moral oder ganz im Gegenteil die Missachtung der Moral von Moralträgern, wie einem Priester. Oft ist es the worst case und gelegentlich schwebt Roald Dahl mit durch den Raum. Erstaunlich, was Pommerat alles ausgetüftelt hat.
Thomas Huber als Monsieur Dengè,
Franziska Junge als überraschte Miriam

Foto: Birgit Hupfeld

In 19 Szenen, wobei 17 und 19 zwei Teile einer Szene sind, mit 51 verschiedenen Charakteren, spannt der Autor seinen Bogen von Scheidung bis unmögliche Liebe, von Fremdgehen bis Schlussmachen, von lesbischer bis zu pädophiler Liebe und nimmt so gut wie alles auf den Arm, die Lächerlichkeit der Verletzung, der Moral, der Eifersucht, der Unmöglichkeit, des Todes  - einfach alles! Schwarzen Humor in seiner Situationskomik hat er auch.


Schaut man sich die Szenen an, sind es auch irreale Situationen. Die Befragung in 1, warum die Scheidung nach 20 Jahren eingereicht wurde, gleicht eher einem Geständnis und Erklärung, die nie vor Gericht so stattfinden würde. Eher beim Psychiater. "Es gibt keine Liebe zwischen uns, es hat sie nie gegeben." Alles Lüge! Lieber einsam sein ist ihre Devise und: "Ich hab keine andere Wahl."


Das Lesbenpaar in 2 ist bitterböse verkracht, und nachdem die eine, die kein Ende will, wiederholt fordert: "Ich möchte alles zurück, was du von mir in dir da drin rumträgst!" entspannt sich ein erbitterter Kampf der Wildkatzen. Ein Passant auf der Bank, der unfreiwillig reingezogen wird, verhindert das Schlimmste durch Einmischung. Dann eine Putzkolonne mit drei Kräften, zwei entdecken auf dem Flur etliche Meter oberhalb einen Erhängten und erkennen den Mann der Kollegin Corinne. Diese kommt und setzt sich unter die Leiche, ohne je hochzuschauen, erzählt von Scheidungsprozess, Urteil zur Unterhaltspflicht von Pascale für die Kinder, von seiner Morddrohung den Kindern gegenüber, aber auch davon, dass sie sich lieben und Patrice wieder zu ihr zurückkehren würde. Die Wahrheit wird nicht aufgedeckt, alle putzen weiter, als ob nichts wäre.


In 4 kehrt Muriel mit ihrem Freund heim, ein Unbekannter taucht auf, stellt Ansprüche von früher und Muriel verfällt ihm voller Begierde. Sie gehen, der Freund hinterher und holt sie zurück, macht aber entrüstet Schluss. Muriel ist alleine. Dass es unmöglich ist zu heiraten, wenn man alle vier Schwestern der Braut schon angemacht und zumindest geküsst hat, wird in 5 vor dem Standesamt deutlich. Zurück bleibt ungläubig der Bräutigam. Dazwischen werden Chansons dargeboten, die oft das Gesehene kommentieren, so am Anfang und zwischen 5 und 6: "Je t'embrasse ...". Die Tochter eines Komapatienten erzählt danach dem Doktor, dass sie heiraten werde, alles Leute aus der Finanzbranche, überfällt den Doktor mit einer Kussattacke, der Freund Antoine versucht sie loszureißen, während sie von der Zukunft mit ihm schwärmt und den Doktor umklammert hält.


In 7 stellt Miriam ihrem Chef Monsieur Dengé eine Falle, er habe sie im Schlaf in seinem Zimmer im Sessel genommen. Er kollabiert allmählich und hat offensichtlich eine Menge zu verbergen... Wenn ein Priester wegen einer anderen Frau bei einer Kurtisane aussteigen will (nach 7 Jahren) zahlt er einen Abstand. Denise ist trotzdem entsetzt, träumte sie doch von einer bürgerlichen Existenz. Als Wiedergutmachung und Zeichen seiner Liebe fordert sie werktäglich bis zum Lebensende abends ein Essen mit ihm bei ihr bis etwa 22 Uhr. Sie entlässt ihn nicht aus seiner Doppelwelt. "J'attends ..."


Was tun, wenn Constantin nach 10 Jahren mit seinem alten Schlüssel in sein Haus kommt, um Elisabeth, neu verheiratet, das geschuldete "Auf Wiedersehen" zu sagen? Störung, Verblüffen, Entrüstung, und weiter mit Kreuzworträtsel. Schlimm, wenn Eltern ermitteln, weil es ihrem Sohn nach dem Schullandheim schlecht geht. Noch schlimmer, wenn der Lehrer im Schullandheim ihren Sohn nach Einnässen umgezogen hat, über den Kopf gestreichelt und in seinem Bett hat schlafen lassen. Weil er ihn liebt? "Ja, weil ich ihn liebe" kommt heraus! Wut und Entrüstung bei den Eltern.


Nachbar geht zu Nachbarin, man nähert sich an, wartet auf seine Partner und lauscht den Geräuschen im Treppenhaus. Die Partner kommen auch und haben Sex im Treppenhaus oder nebenan. Die Wartenden werden ebenfalls zärtlich, liegt ja nahe ... "Je pense à toi ..." Eltern streiten sich und sehen einen riesigen Riss in ihrer Beziehung, weil der Vater den Sohn in den Krieg schickt, die Mutter es verhindern will. Ein Ehepaar spielt wiederholt die entsetzten Eltern, weil die Kinder nach der Rückkehr vom Theater weg sind. Das Zimmermädchen wird blamiert, obwohl es bestellt wurde, auf Kinder, die es nicht gibt, aufzupassen. "Die Kinder sind das Wichtigste für unsere Beziehung. Ohne die Kinder wären wir kein Paar."


Eine Behinderte in 14 ist erneut schwanger, sie will nicht abtreiben, aber sie soll auch kein Kind bekommen. "Weil es das Kind unserer Liebe ist", will sie es, der Vertreter der Gesundheitsbehörde versucht ihr den Blödsinn Liebe auszureden. Serge und Cécile sind seit 17 Jahren verheiratet, sie hat eine Totalamnesie, weiß nichts mehr, nur die Umarmung versteht sie noch, jede Umarmung ist wie die erste: "Früher war es so, als ob Nord- und Südkorea sich vereinigen würden." "Si tu parle avec moi..."


Eine Frau nach dem Sex mit ihrem Partner sagt klar: "Wir lieben uns, aber das reicht nicht!" und geht. Er verzweifelt darüber. In 17 und 19 treffen ein Mann und eine Dirne aufeinander, sie bietet sich an und geht runter von 120 € auf Umsonst, da sagt er ja und geht mit. In 19 kehren sie zurück und sie redet ihm ins Gewissen, nachdem er ja zufrieden sei, könnte er auch mind. 5 bezahlen, was er murrend tut. In 18 entwickelt sich aus einer Freundschaftsidylle auf dem Rasen mit Gitarrenmusik eine wüste Schlägerei, weil der andere auf den Fehlern seines Freundes rumreitet und es 1000-fach wiederholt.


Soviel zu Beziehungen, eindringlich und hervorragend unter der Regie von Oliver Reese mit vielen Kostüm-, Charakter- und Situationswechseln präsentiert von 
Verena BukalFranziska JungeCorinna KirchhoffJosefin PlattCarina ZichnerMitglied im SCHAUSPIEL- studio,Thomas HuberPeter SchröderMarc Oliver SchulzeTill Weinheimer.