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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Donnerstag, 14. September 2023

MPK Kaiserslautern: Neue Plastik von Gabriela Oberkofler („Erdenkugel“)

Skulpturenpark um das mpk

Versteckt im Grünen hinter dem mpk:
Erwin Wortelkamps „Skulptur Nr. 92/8 oder für Brancusi“

Acht Plastiken laden zum Entdecken ein - genug Esprit?

 

Seit Beginn der derzeitigen Sonderausstellung „Artists for Nature“ Anfang Mai im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk), Museumsplatz 1, ist auch der Vorplatz um eine Plastik reicher: die „Erdenkugel“ (2023) von Gabriela Oberkofler (Jahrgang 1975). Die Künstlerin schafft mit dieser „lebendigen Skulptur“ einen  Mikrokosmos, der mitunter seltene Nutzpflanzen, darunter essbare Wildkräuter, vereint. Außerdem verweist sie auf ihr umfangreiches Archiv, in dem sie Samen auch von zu verschwinden  drohenden Pflanzenarten bewahrt. In der Sonderausstellung des mpk, die den Klimawandel, den Verlust von  Biodiversität und die Naturzerstörung  aus künstlerischer Sicht in den Blickpunkt rückt, setzt Gabriela Oberkoflers „Erdenkugel“ ein Zeichen für biologische Vielfalt.  

 

Hinter dem Museumsgebäude steht versteckt im Grünen die „Skulptur Nr. 92/8 oder für Brancusi“ von Erwin Wortelkamp (Jahrgang 1938), der Ende des vergangenen Jahres vom Bezirksverband Pfalz mit dem Lebenswerkpreis für Bildende Kunst ausgezeichnet wurde. Diesen Platz hat sich der Künstler selbst ausgesucht. Blickt man von einem der Ausstellungsräume im zweiten Obergeschoss des mpk in Richtung Meisterschule für Handwerker (MHK), dann kann man sie entdecken. Wortelkamp hat die Skulptur 1992 in Holz gearbeitet. Für die dauerhafte Aufstellung im Außenbereich wurde sie 2004 in Bronze gegossen. Sie bezieht sich formal auf die umliegenden Treppen und ist zugleich eine Hommage an den rumänischen Bildhauer Constantin Brancusi und dessen berühmte 1937/38 monumental ausgeführte „Endlose Säule“.

 

Kaum zu übersehen ist die vier mal sechs mal zwei Meter dreißig große „Aufragende“ von Franz Bernhard (1934-2013), entstanden 2012, die in der Mitte vor dem Museum ihren Platz einnimmt. Im späten Frühjahr 2022 folgte links vorne Werner Pokornys Plastik „Circolo“ von 2013, ebenfalls aus wetterfestem Cortenstahl. Sie ersetzt Stefan Rohrers Leihgabe „Yellow Arrow“ (2011), ein Opel-Kadett, der sich um einen Baum wand und wegen anfallender Reparaturen abgebaut wurde. Werner Pokorny (1949-2022) pflegte viele Jahre lang eine gute Beziehung zum mpk und hat dort 2007 mit einer großen Einzelausstellung, die erstmals umfassend das Werk des bekannten Bildhauers vorgestellt hat, Aufmerksamkeit erregt; sechs Plastiken von ihm befinden sich im Bestand. Die dynamische Spiralform von „Circolo“ schafft Volumen; mithilfe von Durchbrechungen und Aushöhlungen entsteht ein spannungsreiches Wechselspiel von innen und außen. 

 

Ebenfalls links stehend sticht die leuchtend rot gestrichene „Große Wenga“ von Christoph Freimann (Jahrgang 1940) ins Auge, eine 13 Tonnen schwere Stahlplastik aus 12 vorgefertigten Stahlelementen, die von den Kanten eines Würfels abgeleitet sind. Dahinter, direkt vor dem Museumsgebäude, wartet Lon Pennocks (1945-2020) schwarz-braun lackierte Stahlplastik von 2018 auf ihre Entdeckung. Den rechten Teil des Vorplatzes beherrscht Erich Hausers (1930-2004) ausladende „Raumsäule 7-68“ (1968) aus Edelstahl, während sich rechts hinten vor dem Gebäude die schwarze „Große Figur“ (1991) von Hans Steinbrenner (1928-2008) erhebt. Mit diesen acht Skulpturen lädt das Museum Pfalzgalerie ein, seiner reichhaltigen Sammlung einen Besuch – am besten gleich mehrmals – abzustatten. Das mpk ist donnerstags von 11 bis 20 Uhr und dienstags, mittwochs, freitags sowie an Wochenenden und feiertags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Die Sonderausstellung „Artists for Nature“ wird noch bis 24. September gezeigt.

 

 


 


Auf der rechten Seite des Museumsvorplatzes: Gabriela Oberkoflers halbe „Erdenkugel“, Erich Hausers ausladende „Raumsäule 7-68“ und im Hintergrund die schwarze „Große Figur“ von Hans Steinbrenner (rechts) und Lon Pennocks schwarz-braun lackierte Stahlplastik (links neben der Treppe).

(Alle Fotos: mpk)

Montag, 21. August 2023

Die alten und neuen „Ikonen des Unechten“


Die alten und neuen „Ikonen des Unechten“








(SV)  In der Unterhaltungsindustrie ist seit Jahren ein Anstieg des Gender-Hoppings und der Künstlichkeit von Stars zu verzeichnen, bei dem Prominente das Geschlecht durch Operationen wechseln oder künstliche „unechte“ Rollen (quasi Game-, Cartoon-Heroes) präsentieren. Während einige argumentieren, dass dieser Trend Inklusion und Kreativität fördert, glauben andere, dass er negative Auswirkungen auf die Identitätsbildung von Heranwachsenden hat, schädliche Stereotypen aufrechterhalten und sich auf ihre geistige Gesundheit auswirken kann. Hier sollen die Auswirkungen des Gender-Hoppings und der Künstlichkeit von Prominenten auf Heranwachsende kritisch betrachtet und Argumente und Gegenargumente diskutiert werden, um ein Verständnis des Problems zu erreichen.

Eines der Hauptanliegen im Zusammenhang mit dem Gender-Hopping und der Künstlichkeit von Imitatoren durch Annahme einer modellmäßigen, prostitutionsähnlichen oder misslungenen Rollenübernahme, manchmal fast schon karikaturähnlichen Rolle oder Verkleidung als wikingerähnliche Rebellen mit Genderakzent (Wippschwänzchen oben oder am Hinterkopf) oder Heroes aus dem Krieg ist die potenzielle Verwirrung, die sie bei Kindern und Jugendlichen über ihre eigene Identität hervorrufen kann. Es präsentiert sich uns eine Kultur der Täuschung. Was ist noch echt? Die Transhure oder der Faschoboy? Lerne ich später eine Frau oder einen Mann kennen, der Trans ist? Muss ich mich sexuell verstärkt zur Verfügung stellen oder den „Helden“ anschließen? Wo bin ich und die anderen noch authentisch? Reicht mein Körper aus?



Samstag, 19. August 2023

Fantasien zur Nacht (Video): danse 3129

 


Une minute de danse par jour
08 08 2023 / danse 3129
One Minute of Dance a Day
Nadia Shadow Dance
from
Nadia Vadori-Gauthier

Freitag, 18. August 2023

Fantasien zur Nacht (Video): lisann bed beach

 

lisann bed beach
from 

Fantasien zur Nacht (Video): Moment of Truth

 


Moment of Truth
from

Fantasien zur Nacht (Buch): Araki. Bondage

 

TASCHEN
TASCHEN
 

Lust auf Bondage? 

Wandeln Sie auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und Erotik in dieser Hommage an eines der wichtigsten Themen in Nobuyoshi Arakis Fotografie – die japanische Fesselkunst Kinbakubi. Die Ausgabe versammelt die Highlights seiner Bondagefotos und bezeugt sein Talent für die sinnliche Suche nach dem Gleichgewicht zwischen Verletzlichkeit und Verführung.


TASCHEN Verlag
18+
Araki.
Bondage
€ 100

Donnerstag, 17. August 2023

Sensation: Neurowissenschaftler rekonstruieren einen Pink-Floyd-Song aus der Gehirnaktivität der Zuhörer

Plasmasphere WIKIPEDIA


Künstliche Intelligenz hat die elektrischen Signale des Gehirns in etwas verstümmelten klassischen Rock zurückverwandelt


Forscher hoffen, dass Gehirnimplantate eines Tages Menschen, die nicht mehr sprechen können, dabei helfen können, ihre Stimme – und vielleicht sogar das Singen – zurückzugewinnen. Nun haben Wissenschaftler erstmals gezeigt, dass die elektrische Aktivität des Gehirns entschlüsselt und zur Rekonstruktion von Musik genutzt werden kann.

Wie Scientific American berichtete wurden in einer neuen Studie Daten von 29 Personen analysiert, die bereits auf epileptische Anfälle überwacht wurden, wobei man Elektroden in Briefmarkengröße verwendete, die direkt auf der Oberfläche ihres Gehirns platziert wurden. Während die Teilnehmer Pink Floyds Lied „Another Brick in the Wall, Part 1“ aus dem Jahr 1979 hörten, erfassten die Elektroden die elektrische Aktivität mehrerer Gehirnregionen, die auf musikalische Elemente wie Ton, Rhythmus, Harmonie und Texte abgestimmt waren. Mithilfe maschinellen Lernens rekonstruierten die Forscher verstümmelte, aber unverwechselbare Audiodaten dessen, was die Teilnehmer hörten. Die Studienergebnisse wurden in PLOS Biology veröffentlicht.

Neurowissenschaftler arbeiten seit Jahrzehnten daran, allein aus der Gehirnaktivität zu entschlüsseln, was Menschen sehen, hören oder denken. Im Jahr 2012 gelang es einem Team, dem der leitende Autor der neuen Studie angehörte – der kognitive Neurowissenschaftler Robert Knight von der University of California, Berkeley – als Erstem, Audioaufzeichnungen von Wörtern zu rekonstruieren, die die Teilnehmer hörten, während sie implantierte Elektroden trugen. Andere haben seitdem ähnliche Techniken verwendet, um kürzlich angesehene oder vorgestellte Bilder aus den Gehirnscans der Teilnehmer zu reproduzieren, darunter menschliche Gesichter und Landschaftsfotos. Aber der jüngste Artikel von Knight und seinen Kollegen in PLOS Biology ist der erste, der darauf hinweist, dass Wissenschaftler das Gehirn belauschen können, um Musik zu synthetisieren.

„Diese aufregenden Ergebnisse bauen auf früheren Arbeiten zur Rekonstruktion einfacher Sprache aus der Gehirnaktivität auf“, sagt Shailee Jain, Neurowissenschaftlerin an der University of California in San Francisco, die nicht an der neuen Studie beteiligt war. „Jetzt sind wir in der Lage, wirklich in das Gehirn vorzudringen, um den Kern des Klangs zu entdecken.“

Um in der Studie Gehirnaktivitätsdaten in musikalische Klänge umzuwandeln, trainierten die Forscher ein Modell der künstlichen Intelligenz, um Daten zu entschlüsseln, die von Tausenden von Elektroden erfasst wurden, die an den Teilnehmern angebracht waren, während sie während einer Operation das Lied von Pink Floyd hörten.

Warum hat sich das Team für Pink Floyd entschieden – und speziell für „Another Brick in the Wall, Teil 1“? „Der wissenschaftliche Grund, den wir in der Arbeit erwähnen, ist, dass das Lied sehr vielschichtig ist. Es bringt komplexe Akkorde, verschiedene Instrumente und unterschiedliche Rhythmen mit, die die Analyse interessant machen“, sagt Ludovic Bellier, kognitiver Neurowissenschaftler und Hauptautor der Studie. „Der weniger wissenschaftliche Grund könnte sein, dass wir Pink Floyd einfach wirklich mögen.“

Das KI-Modell analysierte Muster in der Reaktion des Gehirns auf verschiedene Komponenten des akustischen Profils des Liedes und identifizierte Änderungen in Tonhöhe, Rhythmus und Ton. Dann setzte ein anderes KI-Modell diese entwirrte Komposition wieder zusammen, um die Geräusche abzuschätzen, die die Patienten hörten. Sobald die Gehirndaten durch das Modell geleitet wurden, kehrte die Musik zurück. Die Melodie war einigermaßen intakt, und der Text war verstümmelt, aber erkennbar, wenn man wusste, worauf man achten sollte: „Alles in allem war es nur Another Brick in the Wall.“

Das Modell enthüllte auch, welche Teile des Gehirns auf unterschiedliche musikalische Merkmale des Liedes reagierten. Die Forscher fanden heraus, dass einige Teile des Audioverarbeitungszentrums des Gehirns – das sich im oberen Schläfengyrus direkt hinter und über dem Ohr befindet – auf das Einsetzen einer Stimme oder eines Synthesizers reagieren, während andere Bereiche auf anhaltendes Summen reagieren.

Obwohl sich die Ergebnisse auf Musik konzentrierten, erwarten die Forscher, dass ihre Ergebnisse am nützlichsten für die Übersetzung von Gehirnwellen in menschliche Sprache sind. Unabhängig von der Sprache enthält die Sprache melodische Nuancen, einschließlich Tempo, Betonung, Akzente und Intonation. „Diese Elemente, die wir Prosodie nennen, haben eine Bedeutung, die wir nicht allein mit Worten kommunizieren können“, sagt Bellier. Er hofft, dass das Modell Gehirn-Computer-Schnittstellen verbessern wird, also Hilfsmittel, die sprachassoziierte Gehirnwellen aufzeichnen und mithilfe von Algorithmen beabsichtigte Nachrichten rekonstruieren. Diese noch in den Kinderschuhen steckende Technologie könnte Menschen helfen, die aufgrund von Erkrankungen wie Schlaganfall oder Lähmungen die Fähigkeit zum Sprechen verloren haben.

Jain sagt, dass zukünftige Forschungen untersuchen sollten, ob diese Modelle von der Musik, die die Teilnehmer gehört haben, auf die imaginäre innere Sprache ausgeweitet werden können.


Dienstag, 15. August 2023

Ausstellung in der Pfalzbibliothek Kaiserslautern: Starke Frauen - „Aus dem Schatten ins Licht“

Eine starke Frau:
die Kaiserslauterer Unternehmerin
Lina PFAFF (Nähmaschinen)
„Aus dem Schatten ins Licht“ – so der Titel einer Ausstellung über Frauenporträts aus der Pfalz, die am Samstag, 2. September, um 11 Uhr in der Pfalzbibliothek Kaiserslautern, Bismarckstraße 17, eröffnet wird. Sie widmet sich starken Frauen aus 1000 Jahren Pfälzer Geschichte. Nach der Begrüßung durch die stellvertretende Bezirkstagsvorsitzende Ruth Ratter hält Dr. Charlotte Glück den einführenden Vortrag. Sie hat als Historikerin des Stadtmuseums Zweibrücken zusammen mit Dr. Regina Heilmann, der Leiterin des Stadtmuseums Ludwigshafen, die Wanderausstellung erstellt (Eintritt frei, parken im Hof möglich).

Die Geschichtsschreibung war von jeher stark männlich dominiert. Je weiter man zurückgeht, desto schlechter ist die Quellenlage. Die Leistungen der Frauen lagen meist in den familiären und privaten Bereichen, wurden als selbstverständlich angesehen und selten bewusst anerkannt oder gar öffentlich gemacht. Es war ein langer Weg bis zur Durchsetzung der Frauenrechte. Erst 1903 wurden in der Pfalz zum ersten Mal Frauen zum Studium zugelassen, 1918 erhielten sie das Wahlrecht, und es dauerte bis 1949, als die rechtliche Gleichberechtigung im Grundgesetz verankert wurde. Und erst ab 1977 durften Frauen ohne Zustimmung des Ehemanns berufstätig sein. Die Ausstellung stellt schlaglichtartig die Lebensbedingungen und Leistungen der ausgewählten Frauen dar, die exemplarisch für viele andere namenlos gebliebene Heldinnen aus gut tausend Jahren Geschichte stehen. Die Ausstellung ist bis 28. Oktober in der Pfalzbibliothek montags, dienstags, donnerstags und freitags von 9 bis 16 Uhr, mittwochs von 9 bis 12 Uhr sowie samstags von 10 bis 14 Uhr zu sehen.


 


 


[Abb. s. Anlage]


Eine starke Frau: die Kaiserslauterer Unternehmerin Lina Pfaff

Mittwoch, 2. August 2023

Grand Est Mondial Air Ballons: Die Erben der Heißluftballonfahrt in Frankreich

19. Oktober 1783 im Garten der Papierfabrik Réveillon, Paris

Geschichte:

Die Brüder Montgolfier, Joseph Michel und Jacques Etienne, spielten 1783 eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Heißluftballonfahrens in Frankreich. Ihre frühen Experimente und Innovationen legten den Grundstein für den ersten bemannten Heißluftballonflug. Die Leistung der Montgolfier-Brüder beruhte auf ihrem Verständnis der wissenschaftlichen Prinzipien des Ballonfahrens. Das Auftriebsgesetz, das die wissenschaftliche Grundlage des Heißluftballonfahrens bildet, war das Ergebnis umfangreicher Forschungen von Wissenschaftlern wie Archimedes und Galileo. Die Brüder Montgolfier nutzten dieses Wissen, um ihre Heißluftballons zu entwerfen und zu bauen, mit denen sie Menschen in die Luft befördern konnten. Am 4. Juni 1783 starteten die Brüder erfolgreich ihren ersten unbemannten Heißluftballon. Dieser Meilenstein markierte den Beginn einer neuen Ära in der Luftfahrt und weckte großes Interesse und Neugier auf die Möglichkeiten des Fliegens.

Inspiriert vom Erfolg ihres unbemannten Fluges baten die Montgolfier-Brüder König Ludwig XVI. um die Erlaubnis, einen bemannten Heißluftballonflug durchzuführen. Am 21. November 1783 stieg der erste bemannte Heißluftballon namens Montgolfière vom Dach des Chateau La Muette in Versailles in die Lüfte. Der Ballon war 20 Meter hoch und hatte einen Durchmesser von 14 Metern. Der von Jean-François Pilâtre de Rozier und François Laurent d'Arlandes gesteuerte Ballon blieb etwa 25 Minuten lang in der Luft und legte dabei eine Strecke von etwa 8 Kilometern zurück. Diese historische Leistung war das erste Mal in der Geschichte, dass Menschen erfolgreich in einem Fahrzeug geflogen sind.

Der bahnbrechende Heißluftballonflug der Brüder Montgolfier hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Welt. Ihre Leistung spornte die Fantasie von Menschen in ganz Europa an und entfachte eine Leidenschaft für die Luftfahrt und Erkundung aus der Vogelperspektive. Die Montgolfière wurde zu einem ikonischen Symbol für den menschlichen Einfallsreichtum und die Möglichkeiten des Fliegens und ebnete den Weg für weitere Fortschritte in der Luftfahrt und Luftfahrt. Dieser Erfolg trieb die Entwicklung von Heißluftballons für wissenschaftliche und militärische Zwecke voran. Beispielsweise ließ Professor Jacques Charles am 27. August 1783 in Paris einen mit Wasserstoff gefüllten Ballon starten, der 45 Minuten in der Luft blieb und eine Strecke von 24 Kilometern zurücklegte.  Das Vermächtnis der Gebrüder Montgolfier wird auch heute noch gefeiert, da ihr Pioniergeist und ihre Innovation den Grundstein für die moderne Heißluftballonindustrie legten.

Heute finden weltweit Heißluftballon-Veranstaltungen und -Festivals statt, die Enthusiasten zusammenbringen und die Schönheit und Wunder dieser majestätischen Fluggeräte präsentieren. Darüber hinaus sind ihre Namen im Bereich der Luftfahrt verewigt, da nach ihnen Auszeichnungen und Ehrungen benannt wurden, um Personen zu würdigen, die bemerkenswerte Beiträge zum Ballonfahren und zur Luftfahrt geleistet haben.


Eine belgische Mongolfière mit
gut 20 Personen im Korb
Foto: #GEMAB 2023
Wie war's bei Grand Est Mondial Air Ballons?

Die Grand Est Mondial Air Ballons sind eine mit Spannung erwartete Veranstaltung, die
Heißluftballon-Enthusiasten aus der ganzen Welt anzieht. Diese alle zwei Jahre im Nordosten Frankreichs stattfindende Veranstaltung ist die größte Heißluftballonveranstaltung in Europa. Es nehmen immer Dutzende von Piloten teil. In 2023 waren es rund Teilnehmer aus 60 Ländern. Das Spektakel findet auf dem Flugplatz Chambley-Bussières statt, der als perfekter Ort für den Massenstart  der den Himmel füllenden Heißluftballons dient. Die Veranstaltung erstreckt sich über mehrere Tage und bietet den Besuchern reichlich Gelegenheit, die Magie des Heißluftballonfahrens zu erleben und in die lebendige Atmosphäre einzutauchen.

Die Veranstaltung „Grand Est Mondial Air Ballons“ zielt darauf ab, Ballonfahrer und Zuschauer zusammenzubringen, um die Schönheit und Freude des Heißluftballonfahrens zu feiern. Es dient Ballonfahrern als Plattform, um ihr Können und ihre Kreativität durch verschiedene Aktivitäten und Wettbewerbe unter Beweis zu stellen. Einer der Höhepunkte der Veranstaltung ist die große Startlinie (La Ligne), an der sich Hunderte von Ballons versammeln, um sich auf ihren Aufstieg in den Himmel vorzubereiten. Die Veranstaltung bietet außerdem morgens und abends Massenstarts, die es den Besuchern ermöglichen, den atemberaubenden Anblick fliegender Ballons zu erleben. Darüber hinaus besteht für Besucher die Möglichkeit, Erstflüge zu buchen und den Nervenkitzel des Schwebens zwischen den Wolken zu erleben. 

Die Veranstaltung „Grand Est Mondial Air Ballons“ ist eine kostenlose Veranstaltung, die Menschen jeden Alters und jeder Herkunft willkommen heißt. Es bietet sowohl den Teilnehmern als auch den Zuschauern ein einzigartiges und unvergessliches Erlebnis. Die Veranstaltung findet vom 21. bis 30. Juli statt und gibt den Besuchern ausreichend Zeit, die verschiedenen Aktivitäten und Attraktionen zu erkunden und zu genießen. Vom farbenfrohen Spektakel der Ballons bis zur lebhaften Atmosphäre am Boden verspricht Grand Est Mondial Air Ballons allen Besuchern ein unvergessliches Erlebnis. Ganz gleich, ob Sie ein Heißluftballon-Enthusiast oder einfach nur neugierig sind, die Schönheit dieses Ereignisses mitzuerleben, Grand Est Mondial Air Ballons ist ein Muss für jeden, der ein unvergessliches Abenteuer sucht.



Fotostrecke Grand Est Mondial Air Ballons 2023

Mittwoch, 26. Juli 2023

NTM Mannheim: Heute erster Podcast und später Live-Mitschnitt im "Haymatministerium"

Die Gesprächs- und Lesereihe »Das Haymatministerium« am Nationaltheater Mannheim gibt es ab sofort auch als Podcast. Am Mittwoch, 26. Juli geht die erste Folge auf der Website des Nationaltheaters unter
ALICE HASTERS
Foto: Paula Winkler
www.nationaltheater.de
online. Es handelt sich dabei um einen Live-Mitschnitt der Ausgabe vom 28. Juni während den 22. Internationalen Schillertagen. Die Buchautor*in, Journalist*in und Moderator*in Şeyda Kurt stellt im Gespräch mit der Autorin, Moderatorin und Speakerin Alice Hasters ihr neues Buch »Hass – Von der Macht eines widerständigen Gefühls« vor. Schonungslos, launig und jenseits selbstgerechter Entrüstung erkundet Şeyda Kurt den Hass vor allem in seinem widerständigen Potenzial und von seiner schöpferischen Seite: als Kategorie der Ermächtigung und als nützliches Gefühl, das uns hilft, in der Welt zurechtzukommen.




»Das Haymatministerium« bringt alle zwei Monate (post-) migrantische, diverse und kritische Stimmen aus Kunst, Kultur und Politik ans Nationaltheater Mannheim. Die Folgen werden zukünftig kurz nach den Live-Ausgaben auch als Podcast zur Verfügung gestellt. Die nächste Live-Ausgabe am 13. Oktober beschäftigt sich mit dem »Ende der Ehe« als patriarchalische Institution anhand des gleichnamigen Buches der französischen Politologin, Sachbuchautorin und Aktivistin Emilia Roig, die im Studio Werkhaus zu Gast sein und auch aus ihrem Buch lesen wird. Das Gespräch wird moderiert von der Literaturwissenschaftlerin und Autorin Elisa Diallo. Den Live-Mitschnitt als Podcast gibt es dann in der Folgewoche.


 

Samstag, 22. Juli 2023

Wie war's in DIE ERSTEN MENSCHEN von Rainer Stephan (Worms) in der Oper Frankfurt?

Ambur Braid (Chawa) und Ian Koziara (Chabel)
Bildnachweis: Matthias Baus


Die Oper  "Die Ersten Menschen" von Rainer Stephan (1887-1915) aus Worms erzählt die Geschichte des ersten menschlichen Paares, das aus dem Paradies vertrieben wurde, und ihrer beiden Söhne. Es wurde von Kritikern als wegweisendes Werk der modernen Musik angesehen. Stephan komponierte die Oper in den Jahren 1911 bis 1914 und hätte 1915 im Winter in der Oper Frankfurt uraufführen dürfen. Der Komponist fiel bereits am 29. September 1915 im Ersten Weltkrieg in der Westukraine (Galizien) bei Tarnopol kurz nach dem Einberufungsbefehl im Alter von 28 Jahren. Ein Kritiker schrieb 1912 über Stephans Musik: „Hier hat sich eine eigene, neuartige Tonsprache von überraschender klanglicher Ausgiebigkeit herangebildet, deren Absonderlichkeiten auch da, wo sie zunächst befremden, den Stempel des Gemussten, nicht des Ertüftelten tragen.“ Die Uraufführung fand schließlich posthum am 1. Juli 1920 in der Oper Frankfurt unter der Leitung von Ludwig Rottenberg statt.

Der Text und Titel stammt von Otto Borngräber, der ein Drama gleichen Namens geschrieben hatte. Borngräbers "Erotisches Mysterium" von 1908 wurde bei seiner Münchener Uraufführung 1912 zu einem Skandal - anschließend für das gesamte Königreich Bayern verboten. Der Grund ist schlichtweg das sehr ungewöhnliche und kaum als Liebesgeschichte, mehr als Triebabfuhr zu wertende Inzestverhältnis von Eva (Chawa) und Sohn Abel (Chabel). Borngräber starb 1916 in Lugano ebenfalls jung mit 42 Jahren. Eine illustre Biografie, ein kritischer Geist. Aber auch ein schwärmerischer und krass expressionistisch verzerrter Text mit dem Grundkonflikt Religiösität und Atheismus, Fortpflanzung um jeden Preis oder nicht? 

Kaum nachvollziehbare emotionale Übersteigerungen, ekstatische Gottes- und
Religionserlebnisse, eine Rückkehr zu ursprünglichen altestamentarischen, heidnischen Handlungsweisen mit Tieropfer und die sexuelle Anziehung durch die Mutter der beiden Söhne. Ein doppeltes ödipales Geschehen so stark wie ein doppelter Campari pur. In Wagners "Walküre" ebenfalls ein großes Thema. Ob sich hier der Ödipus des Dramatikers austoben musste oder bewusst zur Provokation eingesetzt wurde? Ich glaube, Letzteres trifft zu. Das Entsetzen der bayrischen Sittenwächter zeigt die Reaktion.

Das Bühnenbild der beiden Aufzüge wurde bewusst kontrastiv gehalten. Rainer Sellmeier hat die sehr gelungene Umsetzung übernommen und liefert immer detaillierte Welten ab. Zunächst eine normale Wohnung aus dem Süden Deutschlands, Baden-Württemberg, Bayern, wer weiß das schon. Ein unterirdisches Idyll im Bunker, Pseudoaussichten, Helligkeit mit Generator, fleischloses Lebensmittellager und eine Leiter nach oben. Im zweiten Aufzug das "Oben", eine völlig verwüstete Stadtlandschaft mit ausgebranntem Autowrack. Hier fand eine riesige Zerstörung statt, die Bewohner benötigen Schutzanzüge und Atemmaske.  

Die Genesis ist eigentlich schon seit Ewigkeiten passiert, die Schöpfung, Evolution bzw. der Sündenfall passiert und abgeschlossen. Der Regisseur setzt eine weitere Entwicklungsstufe auf dem Alten auf. Nach einem atomaren Krieg bleibt eine Kernfamilie übrig, während drumherum kein Mensch mehr zu leben scheint. Das gleißende weiße Licht der Bombenzündung und der Urknall mit irrwitziger Galaxienkraft scheinen hier auf einer Stufe die Ursprünge und das Ende der Menschheit zu verbinden. Der Urknall kann sich wiederholen, was er nicht schafft, produziert der Mensch selbst. Von Hiroshima bis Tschernobyl lauert der Atomtod, dennoch schwingt ein Optimismus mit, dass die Menschheit sich immer wieder von vorne erfinden kann.

v.l.n.r. Ambur Braid (Chawa; im Auto), Kampf zwischen
Ian Koziara (Chabel; hinten) und Iain MacNeil (Kajin; vorne)
Bildnachweis: Matthias Baus
Kain (Kajin) ist Pragmatiker, Rebell, Atheist. Wozu Tieropfer, wenn genug andere Lebensmittel
da sind? Es ist wohl ein seltenes Ereignis im Freien, ein Schaf gefunden zu haben, es ist ja alles kaputt. Expressionistisch übersteigert entwickelt sich die Diskussion um Gott, Opferungen, Glaube, Gehorsam, Geschlechterunterschiede zu einem eindringlichen Disput. Abel (Chabel) ist gottesfürchtig und besessen, seine Opferschlachtung das Gegenteil - brutal zerschneidet er das Schaf, seine Mutter langt auch kräftig zu. Extrem künstlich wirkt dieser Glaube, der keiner ist. Dazwischen die Eheproblematik Adahm und Chawas. Es gibt kein Begehren mehr, Chawa vermisst Sexualität. Ihre beiden Söhne geraten ins Visier, sie fühlt sich ebenso angezogen von ihnen wie die Söhne von ihr - Männer- und Frauenmangel, eine Notsituation. Kajin ringt mit sich, kann sich noch mehr kontrollieren als Abel, der blind verliebt in ihre Arme taumelt. Als Chawa sich nach oben bewegt, trifft sie Chabel und die Moral ist dahin. Sie stürzen sich aufeinander und verkehren sexuell. Die Mutter-Sohn-Beziehung rutscht in Notfortpflanzung [der letzten oder ersten (?) Menschen] und Inzest ab, aus lauter Liebeshunger, kaum zu glauben, dass eine Frau so stark in Versagungsnöten sein soll. Wie hätte die Menschheitsgeschichte ablaufen müssen, hätte die Urfamilie keine Frau für die Söhne gefunden? Mit Inzest? Sehr wahrscheinlich. War das der Anfang der Menschheitsgeschichte? Diese äußerst seltene Fragestellung mag auch den Dramatiker und dessen Zuschauer 1912 beschäftigt haben. Es ist vergleichbar mit der ebenfalls krassen Frage, ob Menschen, wenn es nichts mehr zu essen gibt oder in Extremsituationen, beginnen sich gegenseitig zu töten und zu essen. Kajin beobachtet die beiden und geht wutentbrannt dazwischen, tötet seinen Bruder aus Eifersucht und Wut, schließlich kastriert er sich sehr brutal bei lebendigem Leib aus Entsetzen über sich selbst, er stirbt ebenfalls. Alles, alles ganz weit weg von Religiosität trotz anhaltender und fortlaufender Lobpreisungen. Der schöne Schein kann sich nicht halten. Chawa und Adahm finden wieder zueinander, aber die betagten Eltern sollen noch Kinder bekommen? Oder ist Chawa schwanger von Chabel? Der Anfang der Menschheit tatsächlich durch Inzest und durch Krieg und Tote in der Urfamilie?

Der Komponist nutzt in diesem Werk innovative Kompositionstechniken und schafft eine klangliche Darstellung der Entstehung bzw. Entwicklung der Menschheit, die keine gewöhnliche ist. Die Premiere "Die Ersten Menschen" im Juli 2023 in Frankfurt war eine beeindruckende Darbietung. Sie zeigte die Fähigkeiten und das Engagement der Beteiligten, von der musikalischen Leitung des scheidenden Generalmusikdirektors Sebastian Weigle über die Solisten bis zur sorgfältigen Inszenierung von Tobias Kratzer. Das Publikum erlebte ein expressionistisches Opernwerk, das sowohl in seiner musikalischen Ausführung als auch in seiner Ausgestaltung einen tiefen Eindruck hinterlässt.

Ein herausragendes Merkmal des Werkes ist die Verwendung von ungewöhnlichen Instrumenten und Klängen, um die Entwicklung der Menschheit darzustellen. Stephan nutzt beispielsweise primitive Trommeln, um die Anfänge der menschlichen Zivilisation zu repräsentieren. Diese unkonventionelle Instrumentierung verleiht dem Werk eine einzigartige Atmosphäre und zeigt Stephans kreative Herangehensweise an die Musik. Ein weiteres Highlight ist die Verwendung von Dissonanzen und atonaler Musik, um die Konflikte und Herausforderungen der Menschheit darzustellen. Stephan stellt musikalisch die Spannung zwischen Fortschritt und Rückschritt dar und spiegelt damit die menschliche Erfahrung wider. Diese Dissonanzen können als kritische Reflexion auf die Gesellschaft und ihren Zustand nach 1900 verstanden werden, in der das Werk entstanden ist, sowie übergeordnet ein menschliches Problem beschreiben. "Die Ersten Menschen" ist ein bedeutendes Werk in der Musikgeschichte, das einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der modernen Musik geleistet hat.




Originalfassung des Dramas von 1908





Wie war's in LE VIN HERBÉ von Frank Martin in der OPER FRANKFURT?

v.l.n.r. Juanita Lascarro (Iseut, die Blonde), Jarrett Porter (Herzog Hoël),   
Theo Lebow (Kaherdin) und Rodrigo Porras Garulo (Tristan)
Bildnachweis: Barbara Aumüller

"Le Vin herbé" ist eine Kammeroper in zwölf Szenen und basiert auf der tragischen Liebesgeschichte von Tristan und Isolde. Der Text der Oper wurde von Joseph Bédier verfasst und basiert auf dessen Roman "Roman de Tristan et Iseut". Frank Martin komponierte das Werk zwischen 1938 und 1940. In einer Zeit, die Wagners Tristan und Isolde feierte und ideologisch vereinnahmte, komponierte Frank Martin einen neutralen Tristan, nahe an den literarischen Überlieferungen der Tristan-Saga und quasi als Herausforderung von Richard Wagners Pomp und seinen Interpreten. Martin stellte in seinem Oratorium Solostimmen, ein Vokalensemble, sechs solistische Streicher und Klavier gegen die wagnerische orchestrale Vollbesetzung, vor allem auch mit dessen  Blasinstrumenten (Fagott mit tiefem A, eine Altoboe, eine Bassklarinette, Trompete in C). 

Juanita Lascarro (Iseut, die Blonde; liegend) und
Rodrigo Porras Garulo (Tristan; hockend)

In Frankfurt a.M. wegen Corona erst am 07. Juli 2023 von Tilmann Köhler zur Premiere gebracht, erwartete uns ein großes etwa 10 m hohes und 20 m breites "Regal" in stumpfem Winkel auf der Bühne, in dessen 32 Fächern die Solisten und Chorstimmen agierten, den Platz wechselten und so eine Präsentationsform im Sinne einer dynamisch-vividen Ausstellung verwirklichten. Das Bühnenbild stammt von Karoly Risz, Kostüme von Susanne Uhl. 

Die musikalische Komposition in „Le Vin herbé“ zeigt Frank Martins Meisterschaft in Harmonie und Tonalität, die vom Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Takeshi Moriuchi, Tokyo, jetzt Frankfurt, sehr adäquat umgesetzt wurde. Der Einsatz reicher Harmonien und Chromatik erzeugt in der gesamten Oper ein Gefühl emotionaler Tiefe und Komplexität. In der Eröffnungsszene beispielsweise spiegeln die dissonanten Akkorde und aufgelösten Harmonien den inneren Aufruhr der Charaktere wider. Diese musikalische Sprache wird durch Martins Wahl der Tonalität noch verstärkt, mit häufigen Modulationen und Tonartenwechseln, die ein Gefühl von Spannung und Vorfreude erzeugen. Neben den harmonischen Elementen tragen auch die melodischen Muster und Motive von „Le Vin herbé“ (Kräutertrank) zu seiner musikalischen Schönheit bei. Martin verwebt gekonnt wiederkehrende melodische Themen durch die Oper und schafft so ein Gefühl der Einheit und des Zusammenhalts. Beispielsweise wird das betörend schöne Liebesthema, das erstmals im Duett zwischen Tristan Rodrigo Porras Garulo (Tristan) und Juanita Lascarro (Iseult, die Blonde) vorgestellt wurde, später in verschiedenen Formen wieder aufgenommen und stellt die dauerhafte Liebe zwischen den beiden Figuren dar. Dieses melodische Motiv dient als roter Faden, der die Oper zusammenhält.

Das Libretto von „Le Vin herbé“ basiert auf der Legende von Tristan und Iseult, einer zeitlosen Geschichte über verbotene Liebe und tragisches Schicksal. Der Librettist Joseph Bédier adaptiert die Geschichte gekonnt für die Oper und fängt die Essenz der Charaktere und ihre komplexen Beziehungen ein. Die emotionale Reise von Tristan und Iseult wird mit Tiefe und Nuancen dargestellt und ermöglicht es dem Publikum, sich in ihre Kämpfe und Konflikte hineinzuversetzen. Besonders hervorzuheben ist die Charakterentwicklung in „Le Vin herbé“. Tristan und Iseult werden als sich verändernde Charaktere dargestellt, jeder mit seinen eigenen Stärken und Schwachstellen. Der sehr überzeugende Tenor Garulo und die reizvolle Sopranistin Lascarro stellen dies ganz hervorragend dar. Durch ihre Interaktionen und Soli werden wir Zeuge ihres Wachstums und ihrer Transformation, während sie die Komplexität ihrer Liebe inmitten gesellschaftlicher Normen, Grenzen und moralischer Dilemmata bewältigen.

Der Kräutertrank, der auch ein Zaubertrank und Gift ist bestimmt das Leben der Menschen, die ihn zusammen trinken. Er ermöglicht unglaublich tiefe Liebe und verheißt auch, dass beide zusammen sterben werden. Was im ersten Akt aufblitzt nach dem ungeplanten Genuss des Getränks, das ursprünglich von Iseults Mutter für ihre Tochter als Braut des Königs Marc (herrschender Bassbariton Kihwan Sim) und den König gedacht war, ist Tristans Vision, dass aus seinem Herz ein Brombeerstrauch wachsen würde, der beide miteinander verbinden würde. Am Ende schließt sich der Kreis. Die Liebenden werden getrennt, Marc heiratet Iseut, Tristan entführt sie, und beide entkommen dem Tod, weil Marc die Reinheit der Liebe zwischen dem schlafenden Paar erkennt und sie verschont. Jahre später hat Tristan seine Iseult 2 (die Weißhändige, konkurrierend die aparte Mezzosopranistin Cecilia Hall) geheiratet, die ihn auch liebt, er aber sinnt nach seiner wirklich Geliebten. In einem Krieg, den er mit und für seinen Freund Kaherdin (Tenor Theo Lebow) führt, wird er von einer vergifteten Lanze getroffen. Er hofft auf die Rückkehr seiner Geliebten, er weiß, dass sie kommen wird, weil er sie hatte rufen lassen, stirbt aber nach der Lüge seiner zweiten Frau, dass Iseut, die Blonde, nicht auf dem Weg sei. Diese kommt aber doch, umarmt den vergifteten Mann und stirbt ebenfalls. König Marc lässt die beiden an der Küste der Normandie begraben. Aus dem Grab Tristans wächst ein Brombeerstrauch über beide Gräber. 


Freitag, 21. Juli 2023

Mit Witz, Comedy und Kabarett gegen die destruktiven Kräfte von Aggression, kriegerischen Auseinandersetzungen und Dauerkrieg

Reality-Game zur Meinungsänderung

In Zeiten des Krieges und der Konflikte suchen die Menschen nach Möglichkeiten, mit der äußerst belastenden und schwierigen Realität umzugehen. Eine unkonventionelle Methode, die sich als hilfreich erwiesen hat, ist der Einsatz von Witzen, Comedy und Kabarett. In diesem Blogbeitrag werden wir fragen und beantworten, warum und wie diese Formen der Unterhaltung den Menschen in solchen Zeiten helfen können.

Die Kraft des Lachens
Das Lachen hat eine erstaunliche Kraft, um den Geist zu erheben und Stress abzubauen. In schwierigen Zeiten kann Humor eine willkommene Ablenkung bieten und die Menschen dazu bringen, ihre Sorgen für einen Moment zu vergessen. Witze, Comedy und Kabarett können eine positive Stimmung erzeugen und sogar eine therapeutische Wirkung haben. 

Die Bewältigung von Traumata
Der Krieg hinterlässt oft tiefe emotionale Wunden. Witze, Comedy und Kabarett können dazu beitragen, diese Wunden zu heilen und den Menschen zu helfen, ihre Traumata zu bewältigen. Durch den humorvollen Umgang mit dem Thema Krieg können die Menschen eine gewisse Distanz zu ihren eigenen Erfahrungen gewinnen und so den Heilungsprozess unterstützen. 

Gesellschaftskritik und politische Satire
Witze, Comedy und Kabarett über den Krieg bieten eine Möglichkeit, gesellschaftliche Missstände und politische Probleme anzusprechen. Durch satirische Darstellungen können die Künstler auf humorvolle Weise auf die Fehler und Ungerechtigkeiten hinweisen, die mit dem Krieg einhergehen. Dies kann dazu beitragen, das Bewusstsein für diese Probleme zu schärfen und den Wunsch nach Veränderung zu wecken. 

Einheit und Solidarität
In schwierigen Zeiten kann Humor Menschen zusammenbringen und eine Atmosphäre der Einheit und Solidarität schaffen. Witze, Comedy und Kabarett über den Krieg können dazu beitragen, dass sich die Menschen verbunden fühlen und gemeinsam über die Widrigkeiten lachen. Dies stärkt den Zusammenhalt in der Gesellschaft und gibt den Menschen das Gefühl, dass sie nicht allein sind.

Witze, Comedy und Kabarett sind nicht dazu gedacht, den Krieg zu veralbern oder das Leiden der Menschen zu ignorieren. Sie dienen vielmehr als Mittel, um mit den Herausforderungen umzugehen und einen positiven Ausblick auf die Zukunft zu bewahren. 

Lassen Sie uns einmal hypothetisch darüber nachdenken, wie man auf humorvolle Weise mit den Themen "Putin verliert den Krieg" und "Wir überzeugen seine Verbündeten, dies auch zu verstehen" umgehen kann.

Stellen Sie sich vor, wir könnten eine riesige Party organisieren, bei der Putin-Treue, -Verbündete und -Anhänger eingeladen sind. Aber anstatt politischer Diskussionen und Auseinandersetzungen servieren wir ihnen eine ordentliche Portion Humor. Komiker aus der ganzen Welt treten auf und bringen die Politiker und ihre Begleitung zum Lachen. Durch den Humor könnten wir möglicherweise die starren Ansichten einiger Anhänger aufbrechen und die Bedeutung von Toleranz und Dialog im Gegensatz zum primitiven Kriegführen betonen.

Eine andere Idee wäre es, eine Reality-TV-Show namens "Putins Verbündete im Rampenlicht" zu schaffen. In dieser Show würden wir Putins Anhänger in absurde und humorvolle Situationen vielleicht auch in Kriegssettings indoor und outdoor bringen, die ihre Sichtweisen herausfordern. Durch witzige Challenges und ironische Kommentare könnten wir einen unterhaltsamen Weg finden, um die Wichtigkeit von Vielfalt und Meinungsfreiheit und Sinnlosigkeit von Krieg zu vermitteln.

In der ernsten Realität können wir mit mehr Fakten und Informationen dazu beitragen, ein breiteres Verständnis für politische Fragen zu schaffen, und die Notwendigkeit eines offenen Dialogs betonen. Wir sollten politische Differenzen auf friedliche und demokratische Weise angehen und uns für Toleranz und Verständnis einsetzen. In einer Welt, in der wir mit Humor über Dialog nachdenken, können wir vielleicht in einigen Fällen einen Weg finden, politische Differenzen zu überwinden und eine friedlichere Zukunft zu gestalten. 

Montag, 17. Juli 2023

MAK Frankfurt a.M.: "Prometheus Unbound" von Meiro Koizumi, Yokohama (VR-/AR-Reality)

Fotos: Stefan Vieregg


Eine ungewöhnliche Installation von Warten und Träumen mit literarischen Strecken und ritualhafter Wiederholung des Gesprochenen und der Handlung ist das VR- und AR-Reality-Arrangement von Meiro Koizumi im Rahmen von THEATER DER WELT 2023 (29.06.-16.07.2023) im Museum Angewandte Kunst, Frankfurt a.M. Die Anwesenheit der Besucher und Techniker führt zu einer Durchmischung von echten und unechten Figuren (Avatare von existierenden oder AI-Menschen), verschmilzt echte Realität und künstliche Realität/Projektionen. Auch andere Künstler greifen darauf zurück oder zeigen ganz andere Kunst mit Videosequenzen.

Ihre Mitbesucher werden zu fast transparenten Figuren in der VR-/AR-Brillen-Darstellung. Bewegten sie sich als Tänzer, künstlerisch, wie schwebend, wären sie fast vollständig in der visuellen Projektion integriert. So bleibt die Trennung klar, aber eben nicht sehr hart im Kontrast. Es schweben größere schwarze Würfel durch die Luft, durch einen durch. Man sieht immer wieder neue Besucher, die von Technikern ausstaffiert werden.

Höhepunkt der VR-Projektion ist ein Traum, der genau von einer Stimme beschrieben auch sichtbar wird. Eine Todeserfahrung im Traum, unbewusste Angst und Verarbeitung der Covid-19-Pandemie generiert ein Zerstückelungserlebnis des Träumenden. Er fühlt sich nach einem Bedrohungserlebnis in zwei Teile geteilt, und begegnet anderen Toten, selbst seinen Familienmitgliedern, anwesende, schwebende Personen, nicht ansprechbar, teilweise ebenfalls nur durch Augenpaare in Form von IP-Cams angedeutet.

Der Brillenbetrachter sieht sie schweben, sitzen, gruppiert im Gespräch, alleine, hintereinander laufend oder unbeweglich schwebend. Sie kommen auf den "Träumer" zu, laufen je nach Sitzposition vorbei oder durch ihn durch. Der Hintergrund wird gleißend hell, und die Szenerie ändert sich, zunächst denkt man eine Wand, eine Mauer, aber schaut man nach oben, zeigen sich Wolkenkratzer der Japan- bzw. China- oder Singapore-Klasse, genauso nach unten, über hunderte Meter nach oben und nach unten Wolkenkratzer. Irgendwo in der Mitte der Betrachter. Die Familenangehörigen und andere tagen sitzend in der Luft, weiter unten. Minutenlang also ein Mitschweben des Betrachters, fern von Höhenangst, wenn man sitzt.

Und wieder ändert sich der Ablauf: Ein großer schwarzer Körper schiebt sich in der Mitte von oben nach unten. Eine Art Skelett-Skulptur erscheint, sie zerfällt in Einzelteile, die sich im Kreis drehen und zur Mitte zurückkehren. Zerstückelung und Ganzheit im Wechsel. Dies soll symbolisieren, dass aus allen Mitwirkenden, Elementen, Traumfiguren ein einziges, zusammenfassendes Gefüge aus Knochen u.a. wird, vereint in demselben Schicksal, zerfällt und sich regeneriert, bis der Traum endet. Der Träumer erwacht, die Performance am Ende.  


Naturkatastrophen und ihre Ausmaße: Türkei/Syrien und Ahrtal

Anfang Februar wurden der Südosten der Türkei sowie Teile Syriens von mehreren verheerenden Erdbeben getroffen. Es gab Zehntausende Todesopfer, Millionen von Menschen wurden obdachlos. Häuser, Schulden oder Krankenhäuser müssen nun wiederaufgebaut werden. Hunderte Milliarden EUR kostet der Wiederaufbau und wird sicher nicht vollständig passieren.

Das Ausmaß an Zerstörung der Infrastruktur nach den Erdbeben ist enorm groß, der Wiederaufbau wird über ein Jahrzehnt dauern. Die Türkei braucht Unterstützung, deswegen auch der aufflammende Wunsch als etwaiges EU-Mitglied aus dem Topf entnehmen zu können. Das DIHK (Dt. Industrie- u. Handelskammer) und Partner sucht Wege zum Aufbau und Beschäftigung von Menschen im Katastrophengebiet.


Deutsche Katastrophenbaustelle (von mehreren): Ahrtal

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 verändert sich das Leben von 42.000 Betroffenen schlagartig. Es starben in Rheinland-Pfalz mindestens 136 Menschen., mehr als 9.000 Gebäude wurden zerstört. Die Schäden etliche Milliarden EUR.

Wie sieht es heute aus?

28 Brücken in Rheinland-Pfalz wurden zerstört oder stark beschädigt. Sechs davon sind wiederhergestellt, zwölf befinden sich im Bau oder Planung, Zehn sind noch unbearbeitet.

29 Schulen beschädigt, zehn sind repariert. 19 warten noch.

55 Kirchen zerstört oder beschädigt, darunter 26 Kirchen und Kapellen und 15 Pfarrheime. Keine Angaben, wie weit die Wiederherstellung ist.

55 Bundes-, Landes- und Kreisstraßen beschädigt, 29 endgültig wiederhergestellt.

Rund 600 Kilometer Schiene in NRW und RLP, 50 Brücken, 40 Stellwerke, 180 Bahnübergänge und mehr als 100 Bahnhöfe beschädigt oder zerstört.  90 Prozent der Bahnstrecken wieder befahrbar, 10 Prozent müssen noch wieder hergestellt werden, 

Von 174 Sportstätten 69 zerstört oder beschädigt worden. Mit Stand Anfang 2023 befinden sich davon mindestens 38 im Wiederaufbau.

Fünf Krankenhäuser und zwei Rehakliniken wurden beschädigt. Ein Krankenhaus und eine Rehaklinik wieder in Betrieb.







Donnerstag, 13. Juli 2023

Oper Frankfurt a.M.: DIE ERSTEN MENSCHEN Oper in zwei Aufzügen von Rudi Stephan noch am 15., 17., 20. Juli 2023

 v.l.n.r. Ambur Braid (Chawa) und Iain MacNeil (Kajin; stehend) 
sowie Ian Koziara (Chabel; nicht sichtbar auf dem Boden liegend)

Noch weitere Vorstellungen am 15., 17., 20. Juli 2023 


Premiere 

DIE ERSTEN MENSCHEN
Oper in zwei Aufzügen von Rudi Stephan 

In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln 

Musikalische Leitung: Sebastian Weigle; Inszenierung: Tobias Kratzer
Mitwirkende: Andreas Bauer Kanabas (Adahm), Ambur Braid (Chawa),
Iain MacNeil (Kajin), Ian Koziara (Chabel)

Falls nicht anders angegeben, beginnen diese Vorstellungen um 19.30 Uhr. 

Preise: € 16 bis 190 (12,5% Vorverkaufsgebühr nur im externen Vorverkauf) 

Mit freundlicher Unterstützung des Frankfurter Patronatsvereins – Sektion Oper 

Rudi Stephan (1887-1915) vollendete seine Oper Die ersten Menschen 1914. Die Uraufführung fand jedoch erst 1920 in Frankfurt statt; bereits fünf Jahre zuvor war der Komponist als Soldat an der Front gefallen. Eine eigenwillige Stimme war verstummt, noch ehe sich ganz entfalten konnte, was bereits wenige Werke versprachen. 

Die ersten Menschen sind aus dem Paradies vertrieben worden. Sie suchen ihren Weg in einer neuen Welt, in der sie von nun an leben müssen: Chawa erinnert sich sehnsüchtig daran, wie Adahm sie einst, im Frühling ihrer Liebe, begehrt hatte. Doch Adahm ist müde geworden und vollauf mit dem Ringen um das nackte Dasein beschäftigt. Sein Sohn Kajin verweigert sich diesem Ringen „im Schweiße des Angesichts“; stattdessen gibt er seinem inneren Drang nach und streift durch die Wildnis auf der Suche nach einer Frau. Chabel wiederum sucht das „Heil“ in der Anbetung eines gütigen Gottvaters, dem er ein Opfer darbringt. Beide begehren ihre Mutter auf unterschiedliche Weise. Als Kajin Chawa und Chabel nachts in ekstatischer Vereinigung überrascht, erschlägt er den Bruder. In einer Vision sieht er die Zukunft voraus: Ihr Kennzeichen ist „kommendes Blut kommender Menschheit“. 

Mit dieser Neuproduktion beschließt Sebastian Weigle seine 15jährige Amtszeit als Generalmusikdirektor an der Oper Frankfurt, während der für ihn die Werke von Richard Strauss und Richard Wagner im Zentrum standen. Kürzlich dirigierte er in Frankfurt eine Neuproduktion von Elektra und gastierte mit Tannhäuser am Royal Opera House Covent Garden in London sowie an der Berliner Staatsoper Unter den Linden.