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Donnerstag, 15. März 2012

(2) Und wenn sie nicht gestorben sind - Neues aus dem Märchenland! Ein Comedy-Märchen von Siglinde Goertz

Ächzend und stöhnend hievte sich König Erdal aus seinem Stuhl. Diese verdammten Rückenschmerzen! Hätte seine über alles geliebte Gattin ihn damals nicht einfach küssen können, statt ihn an die Wand zu werfen? Gut, das mit dem Erlösen hatte ja ausgezeichnet funktioniert, aber die Bandscheibe war seitdem hinüber. Doch dafür war er wenigstens glücklich verheiratet. Obwohl ... das Leben als Frosch war so übel auch nicht gewesen. Vor allem lukrativ. Sogar eine Schuhcreme hatten sie nach ihm benannt. Als cleverer Frosch hatte er sich natürlich die Rechte an dem Namen sichern lassen. Das brachte immer noch hübsch was ein. So konnte er demnächst beruhigt in den wohlverdienten Ruhestand gehen.

Langsam humpelte er an den Schrank und holte eine Flasche Cognac aus dem Barfach. Er goss sich ein Glas randvoll und stürzte es in einem Zug hinunter. Aaaaaaahhhhhhhhhhh!! Das hatte er gebraucht! Im Märchenland ging es in der letzten Zeit zu wie in Sodom und Gomorrha! Mit seiner Schwester Eulalia musste er auch mal ein ernstes Wort reden. Dieser Fremdgeherei würde er ein Ende bereiten. Nicht, dass es ihn persönlich gestört hätte, aber dass dieser heulende Waschlappen von Schwager ihm die Ohren vollnölte – das war mehr, als er ertragen konnte. Zum Psychologen ging der jetzt – dieses Weichei! Und ausgerechnet zu Dr. Allwissend, diesem Quacksalber. Na ja, wenn’s hilft! Heißt es nicht, dass Glaube Berge versetzt?
Vorsichtig ließ Erdal sich auf seinen Thron sinken. Nee, der Spaß am Königsein war ihm gründlich vergangen. Nie hätte er sich träumen lassen, mit was er sich alles rumschlagen musste. Jetzt rückte ihm auch noch der Tierschutzverein auf den Hals. Nur weil diese dämliche Ziege dem Wolf Wackersteine in den Bauch genäht hatte. Die tickte wohl nicht mehr ganz sauber! Was für ein Land! Nur Hohle und Ferngesteuerte! Die eine lief mit einem Reh an der Leine herum und behauptete, das wäre ihr Brüderchen, der Igel und seine Frau betrogen bei der Märchenolympiade und seine Schwiegermutter, die Frau Holle, hatte eine Anzeige wegen Körperverletzung am Hals.

Ja, okay, diese Tussi, die sie als Dienstmädchen angestellt hatte, war zwar stinkend faul gewesen. Aber musste sie deshalb gleich heißes Pech über sie gießen? Fristlose Kündigung hätte doch auch gereicht. Und wer durfte das alles ausbaden? Na, wer schon! Wenn das so weiter ging, dann konnte er demnächst den Goldesel mit Abführpillen füttern, um die Strafen zu zahlen. Oder seine Jüngste wieder, nur mit einem Hemdchen bekleidet, rausschicken, um Sterntaler zu fangen. Zugegeben, das war vielleicht ein mieser Trick, aber solange er funktionierte!

Er goss sich noch einen Cognac ein, schaute das Glas an – und trank dann gleich aus der Flasche! Langsam konnte er das alles hier nur noch im Suff ertragen! Nicht nur der Ärger mit seinen eigenen Untertanen – als wenn das nicht reichen würde. Nein, jetzt trieben sich auch noch finstere Gestalten aus dem Morgenland hier herum. Dieser Ali Baba mit seinen 40 Spießgesellen zog marodierend durchs Land und ein komischer Kauz, der sich „Kleiner Muck“ nannte, verkaufte verdorbenes Obst, nach dessen Genuss den Leuten lange Nasen und riesige Ohren wuchsen. Natürlich verkaufte er auch das Gegenmittel. Zu einem horrenden Preis, versteht sich. Und niemand konnte ihm das Handwerk legen. Konnte ja keiner beweisen, dass die langen Nasen von den Feigen kamen.

Erdal nahm noch einen kräftigen Schluck. Er hatte es satt, satt und noch einmal satt! Gleich morgen würde er sein Reich dem König Drosselbart übergeben. Der war zwar stockschwul, aber warum soll ein Schwuler kein Land regieren können? Klappte woanders ja auch - mehr oder weniger gut.

Erdal grinste in sich hinein. Wieder sah er die Szene vor sich, als Drosselbart zu der Königstochter, die ihn erst verspottet hatte und nachher doch heiraten wollte, die unvergesslichen Worte sprach: „Dich heiraten? Vergiss es! Ich bin schwul – und wenn ich dich so anschaue, dann ist das auch gut so!“ Na, die hatte aber doof geguckt! Weil sie keinen anderen mehr abkriegte, heiratete sie später den Zwerg Nase. Der war zwar grottenhässlich, aber dafür kochte er wie ein Gott. Und Drosselbart trieb es jetzt mit Dornröschens Mann. Ach, sollten sie doch alle glücklich werden! Aber bitte ohne ihn!

„Goldmariechen“, brüllte er nach der Angetrauten, „Goldmariechen!!!! Pack die Koffer, sammel Schneeweißchen und Rosenrot ein und sag Heinrich, er soll morgen ganz früh anspannen! Wir hauen ab hier!“

Und so geschah es! Am nächsten Morgen stieg die ganze Familie frohen Mutes in die Kutsche und machte sich auf den Weg in ein schöneres Leben. Und wenn sie nicht gestorben sind ...

Montag, 5. März 2012

(1) Und wenn sie nicht gestorben sind ... Ein Comedy-Märchen von Siglinde Goertz

... leben sie glücklich und zufrieden... oder?


Ach nee, das Märchenland ist auch nicht mehr das, was es mal war!
„Die olle Memme“, regte Prinzessin Eulalia sich auf. „Nicht mal mehr in den Keller traut er sich. Was ist nur aus dem Kerl geworden, der mit Totenköpfen kegelte und vor nix Angst hatte?“
„Tja“, meinte Schneewittchen und nahm einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse, „vielleicht sollte er mal wieder in die Welt hinausziehen. Dieses Mal um das Fürchten zu verlernen“.
Eulalia seufzte. Hätte sie doch damals nicht den Eimer mit den Fischen über ihm ausgekippt. Seitdem war der Mann nur noch ein Nervenbündel. Und sie selbst auch! Sein feiges Gejammer ging ihr aber so was von auf die Eierstöcke.. War es da ein Wunder, dass sie sich heimlich mit dem starken Hans tröstete? Das war wenigstens noch ein Kerl nach ihrem Geschmack. Kein kleines Mädchen, als Mann verkleidet. Zwar nicht besonders helle, aber dafür hatte er andere Qualitäten. Und dumm ... Na, man kennt ja den Spruch!
Sie schaute ihre Freundinnen, Aschenputtel und Schneewittchen, an und verdrehte die Augen. Richtig glücklich sahen die beiden auch nicht aus! Wobei Aschenputtel sich ja eigentlich gar nicht beklagen konnte. Ja gut, sie hatte jetzt ein wenig Ärger, weil Stiefmutter und -schwestern sie auf Unterhalt verklagen wollten. Eine Frechheit! Sollten sie doch Hartz IV beantragen, mussten andere ja auch. Aber Rumpelstilzchen, Aschis Anwalt, hatte sie schon beruhigt. Sie würde nichts zahlen müssen. Schließlich war sie mit denen ja nicht verwandt! Wobei ... Ob man diesem Anwalt trauen konnte? So ganz astrein war der auch nicht. Was der damals mit der Tochter vom Müller abgezogen hatte, war nicht unbedingt die feine Art. Und seine Wutausbrüche waren berüchtigt. Eulalia zuckte mit den Schultern. Konnte ihr ja wurscht sein. Das war Aschis Problem.


Schwieriger lag der Fall bei Schneewittchen. Die Ärmste sah total verheult aus. Nix mehr mit weiß wie Schnee, rot wie Blut und schwarz wie Ebenholz. Wenigstens nicht mehr in der ursprünglich gemeinten Reihenfolge. Weiß waren jetzt die Haare, rot leuchteten die geplatzten Äderchen im Gesicht und schwarz wie Ebenholz waren höchstens noch die Ringe unter ihren Augen. Innerlich schüttelte Eulalia den Kopf. Jeder hier wusste, dass die Gute gern mal ein bisschen zu tief ins Glas schaute. Dabei war ihre Leber durch den vergifteten Apfel schon geschädigt. Andererseits ... Sie hatte auch ganz schön was auszuhalten, mit ihrem Gemahl. Jeden Tag die gleichen Fragen: „Was war mit den 7 Zwergen? Hast du mit allen ...? Waren sie besser als ich? Waren wohl richtige Orgien?... Nun gib es doch schon endlich zu ...“ Bei so viel Eifersucht konnte Frau schon das Saufen anfangen.
Ja, als die alte Hexe noch lebte, da war vieles einfacher. Wenn man ein Problem hatte, ging man einfach zu ihrem Knusperhäuschen und sie mixte einem dann ein Elixier aus irgendwelchen Pülverchen und Zaubersprüchen zusammen. Das nahm man ein paar Tage (oder mischte es jemandem ins Essen, je nachdem) und schon sah die Welt wieder besser aus. Aber leider lebte sie ja nicht mehr. Brutal ermordet von zwei „natural born killers“ namens Hänsel und Gretel. Das muss man sich mal vorstellen! Da schubst dieses Mädel die alte Frau in den Backofen. Und wird nicht mal bestraft! Im Gegenteil ... Nicht zu fassen. Angeblich soll sie eine Kannibalin gewesen sein. Gretel hatte behauptet, die Hexe hätte ihren Bruder fressen wollen.
Mädel, Mädel ... da haste aber was gründlich missverstanden. VERNASCHEN wollte sie ihn, nicht fressen, VERNASCHEN! Das ist etwas völlig anderes, als das, was du gedacht hast. Die Alte stand nun mal auf pubertierende Jünglinge. Und ein fesches Kerlchen war er ja, der Hänsel. Aber mit seinen 17 Jahren viel zu jung für die Schreckschraube. Die hatte ja schon mindestens 105 Jahre auf dem krummen Buckel. Aber immer noch spitz wie Nachbars Lumpi!


Eulalia grinste in sich hinein. Trieb sich schon eine Menge schräges Volk hier rum. Wenn sie da nur an Karlchen Legerfald dachte, das mickrige Schneiderlein. Sie könnte sich wegschreien, wenn er mit seinem Fächer wedelte und davon erzählte, dass er sieben auf einen Streich erledigt hätte. Dabei hatte seine Frau ihr mal anvertraut, dass er sich im Traum verraten hatte. Von wegen Riesen - sieben Fliegen hatte er erschlagen, der große Held! Typisch Mann, macht aus jeder Mücke einen Elefanten!
Oder Hans im Glück ... der Dummdödel. Kriegt einen Batzen Gold und verzockt alles. Da war ihr feiger Ehemann ja noch das kleinste Übel. Und der Gute hatte sich inzwischen auch in psychologische Behandlung begeben. Vielleicht würde es ja sogar helfen. Doktor Allwissend galt immerhin als Koryphäe auf diesem Gebiet. Na, mal sehen.
Eulalia trank den letzten Schluck Kaffee und erhob sich. „Kinders, ich muss los! Ich hab noch einen Friseurtermin, den darf ich nicht verpassen. Ihr wisst ja, wie schwierig es ist, bei Rapunzel dranzukommen. Und vorher muss ich noch Rotkäppchen bei der Oma abholen.“
Sprach’s – und zog von dannen. Froh, endlich entronnen zu sein. Nee, was waren die beiden langweilig geworden! Da war es ja noch unterhaltsamer, Dornröschen zu besuchen, die alte Trantüte! Hundert Jahre gepennt – und immer noch ein Temperament wie eine Schlaftablette! Und das nennt sich dann Märchenland!
Dornröschen's Mann meinte inzwischen auch, dass er sich das Wachküssen hätte sparen können. Merkte eh keiner den Unterschied! Dafür vertrieb er sich die Langeweile mit Jorinde und Joringel! Was für Namen! Waren das Kinder von Filmstars? Eulalia konnte sich nie merken, wer von beiden Männchen und wer Weibchen war. Dornröschens Gemahl war das allerdings schnuppe. Der fuhr auf beides ab. Neuerdings munkelte man aber, dass er eine heftige Affäre mit König Drosselbart habe.


Sie seufzte tief und schaute auf die Uhr. Ach was! Rotkäppchen konnte heut den ganzen Tag bei der Oma bleiben. Und auf Haareschneiden hatte sie auch keinen Bock. Sie würde sich jetzt vom Eisernen Heinrich zum Starken Hans fahren lassen. Dort würden sie die neueste CD von den "Bremer Stadtmusikanten" auflegen, am Tischlein deck dich was Leckeres essen -


- und dann den Knüppel aus dem Sack lassen!