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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Freitag, 25. Oktober 2013

Armutsbekämpfung muss nach oben in der politischen Tagesordnung

Lebensmittelvergabe in München


„Armut wird sich weiter verfestigen und noch weiter steigen, wenn die Bundesregierung nicht endlich Maßnahmen in Angriff nimmt, die verhindern, dass immer mehr Menschen von Armut bedroht sind“. Das erklärte die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, anlässlich aktueller Zahlen des Statistischen Bundesamts zur Armutsgefährdung im Jahr 2011 in Deutschland. „Wenn 16,1 Prozent der Bevölkerung, also rund 13 Millionen Menschen, von Armut bedroht sind, dann darf die Politik dies nicht länger ignorieren“. Leider sind diese Warnungen und Forderungen schon seit Jahren laut, aber es passiert nichts in unserem ineffizienten und kaum manövrierbaren Politapparat. Was man allerdings schon eingerichtet hat, das ist der Streitkräfteeinsatz im Falle eines Aufstandes. Mit Pauken und Trompeten sowie Awacs kann der Staat unerlaubten Bevölkerungsauftritten begegnen. 

Auffallend sei, so Mascher, dass die Armutsquote vor allem bei Frauen, Alleinerziehenden und Arbeitslosen, aber auch Rentnern, sehr hoch sei. „Arbeitslosigkeit, nicht bedarfsgerechte Hartz-IV-Sätze, Niedriglöhne, mit denen man keine Familie ernähren kann, Renten, die kaum zum Leben reichen, Frauen, die in Teilzeit arbeiten, all dies wird die Armutstendenzen in Deutschland in den nächsten Jahren noch verstärken“, prognostizierte Mascher.

„Wer Armut vermeiden will, muss für ordentlich bezahlte Arbeit und gute Arbeitsbedingungen sorgen“, so Mascher. Der Sozialverband fordert daher einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Er sieht darüber hinaus auch eine gesetzliche Regelung zur Einschränkung von Leih- und Zeitarbeit sowie von befristeten Jobs als notwendig an, um Lohndumping zu bekämpfen.

„Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts machen klar, dass Armut in Deutschland ein tatsächliches Problem ist und nicht mehr wegdiskutiert werden darf. Deshalb muss die Vermeidung und Bekämpfung von Armut ganz nach oben auf die politische Tagesordnung“.

Auf Platz 3 in der Gunst der Zuschauer: P R I S O N E R S


Prisoners

Regie: Denis Villeneuve
Mit Hugh Jackman, Jake Gyllenhaal, Viola Davis mehr
Thriller
USA
Tobis Film

FSK ab 16 freigegeben


Keller Dover (Hugh Jackman) ist ein bibeltreuer Kriegsveteran. Der harte Kerl steht mit beiden Beinen fest im Leben. Dovers Welt gerät jedoch aus den Fugen, als seine sechsjährige Tochter Anna (Erin Gerasimovich) und deren Freundin Joy an Thanksgiving entführt werden. Es beginnt eine fieberhafte Suche, die von dem jungen und ambitionierten Polizisten Loki (Jake Gyllenhaal) angeführt wird, dessen primäres Ziel es jedoch ist, nach erfolgreichem Abschluss der Ermittlungen endlich der Kleinstadt zu entfliehen und in eine Großstadt versetzt zu werden. Doch alle Spuren im Entführungsfall verlaufen im Nichts. Auch den einzigen Verdächtigen, den geistig zurückgebliebenen Alex Jones (Paul Dano), muss Loki aus Mangel an Beweisen wieder laufen lassen. Familienvater Dover fasst daraufhin einen folgenschweren Entschluss: Er will die Wahrheit auf eigene Faust herausfinden und begibt sich auf einen verhängnisvollen und gnadenlosen Weg der Selbstjustiz, um die beiden kleinen Mädchen vielleicht doch noch zu finden.


In der Gunst der Zuschauer auf Platz 2: R U S H







Rush - Alles für den Sieg
3. Oktober 2013 (2 Std. 3 Min.)
Regie: Ron Howard
Mit Chris Hemsworth, Daniel Brühl, Olivia Wilde mehr
USA, Deutschland, Großbritannien

FSK ab 12 freigegeben






Die wahre Geschichte über die Rivalität zwischen zwei Formel-1-Rennfahrern, dem Österreicher Niki Lauda (Daniel Brühl) und dem Engländer James Hunt (Chris Hemsworth). Im Jahr 1976 gerät Laudas Ferrari in der zweiten Runde des deutschen Grand Prix am Nürburgring ins Schleudern und er selbst verbrennt bei dem Crash beinahe - während Hunt das Rennen gewinnt. Sechs Wochen später sitzt Lauda aber wieder am Steuer und beginnt eine furiose Aufholjagd im Kampf um den Gesamtsieg. Das atemberaubende Duell ist auch der Kampf zweier gegensätzlicher Philosophien im Rennsport: auf der einen Seite der englische Playboy und Frauenschwarm Hunt, der mit dem bekannten Model Suzy Miller (Olivia Wilde) verheiratet ist, auf der anderen Seite der ehrgeizige und disziplinierte Vorzeige-Sportler Lauda. Der schlägt Hunt beim Großen Preis von Italien und anschließend auch in Kanada sowie in den USA, doch damit ist die denkwürdige Rennsaison noch nicht gelaufen...

Seit kurzem in Kino: GRAVITY mit Sandra Bullock und George Clooney




Gravity
Regie: Alfonso Cuarón
Mit Sandra Bullock, George Clooney, Ed Harris mehr
Science-Fiction
USA, Großbritannien

FSK ab 12 freigegeben

Die brillante Bio-Medizinerin Dr. Ryan Stone (Sandra Bullock) geht auf ihre erste Weltraum-Mission. An ihrer Seite ist der Astronaut Matt Kowalski (George Clooney), ein Veteran auf seinem letzten Trip ins All vor dem Ruhestand. Doch ein Routineausflug der beiden Astronauten außerhalb der Raumkapsel endet im Desaster. Das Shuttle wird zerstört, Ryan und Matt befinden sich plötzlich ganz alleine in den dunklen Tiefen des Weltraums - um sie herum nur Stille. Die Raumfahrer haben jeglichen Kontakt zur Erde verloren und es gibt keine Aussicht auf eine Rettung, während ein Verbindungsband wenigstens verhindert, dass sich die beiden auch noch gegenseitig verlieren. Jeder Atemzug frisst etwas mehr von dem wenigen Sauerstoff, den sie noch haben, und schließlich wird Angst zu Panik und dann zu tiefer, hoffnungsloser Verzweiflung. Die Besucher haben den Film bisher als erstklassig eingestuft, mörderisch, atemraubend gut. 

Die Großstadt aus Papier


It's paper from Pingo van der Brinkloev

Das einzigartige Amazonien


Amazônia Manauara from MOOV

Dichterhain: KÜHL UND HART von Franz Kafka


Kühl und hart...

Kühl und hart ist der heutige Tag.
Die Wolken erstarren.
Die Winde sind zerrende Taue.
Die Menschen erstarren.
Die Schritte klingen metallen
Auf erzenen Steinen,
Und die Augen schauen
Weite weiße Seen.

In dem alten Städtchen stehn
Kleine helle Weihnachtshäuschen,
Ihre bunte Scheiben sehn
Auf das schneeverwehte Plätzchen.
Auf dem Mondlichtplatze geht
Still ein Mann im Schnee fürbaß,
Seinen großen Schatten weht
Der Wind die Häuschen hinauf.

Menschen, die über dunkle Brücken gehn,
vorüber an Heiligen
mit matten Lichtlein.

Wolken, die über grauen Himmel ziehn
vorüber an Kirchen
mit verdämmernden Türmen.
Einer, der an der Quaderbrüstung lehnt
und in das Abendwasser schaut,
die Hände auf alten Steinen.

Franz Kafka

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Bestien und Exorzismus in der Kunst



SansSouci / SS Issue N.1 from Ditroit. 


SansSouci is a new art book including works of more than 40 contemporary artists. 

Zeichentrickfilm: Wo die kleinen Kinder herkommen - 'The Door' by David Shrigley



'The Door' by David Shrigley from James Newport

Heute Abend in Karlsruhe: Hennes Bender im Tollhaus

Hennes Bender



Bild




''Klein/Laut''
Comedy
24. Oktober 2013, 20 Uhr
Ort: Kulturzentrum Tollhaus

HENNES BENDER ist weder übertrieben groß noch sonderlich leise. Deswegen trägt seine neueste Show auch den treffenden Titel "KLEIN/LAUT"! Wie üblich holt er nicht lange aus, sondern beißt sich direkt und ohne Umwege im Wahnsinn der Realität und ihrer Nebenwirkungen fest! Ein kurzer Kracher, der lange nachhallt - oder wie sein Kollege Jochen Malmsheimer ihn nennt: "Das Cornichon des deutschen Kabaretts"!

Heute (24.10.) im TOLLHAUS zu Gast.


5. FOTOFESTIVAL MA-LU-HD: VERANSTALTUNGEN IN DIESER WOCHE



5. Fotofestival 
Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg
Grenzgänge. Magnum : Trans-Territories


VERANSTALTUNGEN IN DIESER WOCHE

Das Fotofestival läuft bis zum 10. November 2013 und bis dahin gibt es noch viele weitere Veranstaltungen, die einen Besuch lohnen.

Läuft gerade:

24.10.2013   16:00
Ort: ZEPHYR - Raum für Fotografie der Reiss-Engelhorn-Museen
Öffentliche Führung durch die Ausstellung Deutschlandreise im ZEPHYR - Raum für Fotografie, Reiss-Engelhorn-Museen
Teilnahmegebühr 3,50 Euro / 2 Euro ermäßigt zzgl. Eintritt
   
24.10.2013   18:00                                                                                                     Ort: Heidelberger Kunstverein
Öffentliche Führung durch die Ausstellung Battleground / Afghanistan im Heidelberger Kunstverein

26.10.201314:00
Öffentliche Führung durch die Ausstellung Community
Ort: Kunstverein Ludwigshafen
Öffentliche Führung durch die Ausstellung Community im Kunstverein Ludwigshafen

Good Sounds: DAUGHTRY 06, It's Not Over

Daughtry ist eine US-amerikanische Post-Grunge-Band. MEHR

Heute in Ludwigshafen am Rhein: Literaturnachmittag


Donnerstag, 24.10.2013 um 15:30 Uhr, Turm 33 Cafédrale, Maxstraße 33, 67059 Ludwigshafen

Literaturnachmittag

Anita Künkel liest `Stories aus dem Fernen Osten` von Banana Yoshimoto, Hiromi Kawakami und Franka Potente

Sie sind an Büchern interessiert, haben Spaß an lebendigen Literaturlesungen, wollen mit anderen spannende, unterhaltsame und informative Texte hören und diskutieren? Dann sind Sie hier richtig! Herzliche Einladung!

Kosten: 4.-€ inkl. einem Getränk

Mit Ausdauertraining gegen Herzschwäche


Ausdauertraining bessert die Herzschwäche


Die Leistungsfähigkeit von Patienten mit diastolischer Herzschwäche nimmt unter einem körperlichen Ausdauertraining deutlich zu, ebenso ihr subjektives Wohlbefinden. Das Training muss mindestens 2- bis 3-mal pro Woche mit einer Pulsbeschleunigung auf Werte zwischen 110 und 130/min erfolgen. „Um bei einer diastolischen Herzschwäche eine Leistungssteigerung oder Abnahme der Beschwerden zu erzielen, muss das Training regelmäßig, mindestens 2- bis 3-mal pro Woche und für eine Dauer von mindestens 30 Minuten erfolgen“, betont Prof. Hasenfuß. Das Training kann in Form von Radfahren, Schwimmen oder Walking durchgeführt werden. Muskelkräftigende Übungen (z. B. mit Theraband) können das Ausdauertraining gut unterstützen. Das Training sollte jedoch erst nach Rücksprache mit dem behandelnden Hausarzt/Kardiologen erfolgen.

Good Sounds: DAUGHTRY 05, HOME

Daughtry ist eine US-amerikanische Post-Grunge-Band. MEHR


Liebe/Erotik-Bestseller RUSH OF LOVE, Band 2


Erfolgstitel in der Spiegel-Bestsellerliste - eine erotische Geschichte

Rush of Love - Erlöst

Abbi Glines
272 Seiten, Kartoniert, Band 2 der Reihe RUSH OF LOVE, Band 1: - Verführt

Blaires Welt bricht mit einem Schlag zusammen. Alles, was sie für wahr hielt, ist nichts als Lüge. Sie weiß, dass sie niemals aufhören wird, Rush zu lieben sie weiß aber auch, dass sie ihm niemals verzeihen kann. Sie versucht, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ohne ihn. Bis ihre Welt erneut erschüttert wird. Doch was tun, wenn der Mensch, der einen am tiefsten verletzt hat, der Einzige ist, dem man noch vertrauen kann?


Abbi Glines, 1977 in Birmingham (Alabama) geboren, schrieb zahlreiche erfolgreiche Fantasy- und Jugendbücher, bevor ihr mit ihren »New Adult«-Romanen der internationale Durchbruch gelang. Heute lebt sie mit ihrem Mann und drei Kindern in Fairhope, Alabama.WEBSITE


Leseprobe
Rush of Love - Erlöst
Abbi Glines
Rush

Vor dreizehn Jahren …
Es klopfte an der Tür, dann war nur noch leises Fußscharren zu hören. Mir wurde schwer ums Herz. Mom hatte von unterwegs aus angerufen und mir gesagt, wo sie gewesen waren und dass sie sich nun erst mal mit ihren Freundinnen ein paar Cocktails genehmigen müsse. Was bedeutete, dass ich Nan trösten müsste. Meiner Mom wäre das nach all dem, was passiert war, zu stressig. Zumindest hatte sie das bei ihrem Anruf behauptet.
»Rush?«, rief Nan und bekam dann Schluckauf. Sie hatte geweint.
»Ich bin hier, Nan.« Ich rappelte mich aus dem Sitzsack in der Ecke hoch, in den ich mich gekuschelt hatte. Das war mein Versteck. So was brauchte man in diesem Haus. Hatte man keines, geschahen schlimme Dinge.
In Nans tränennassem Gesicht klebten Strähnen ihrer roten Locken. Mit bebender Unterlippe sah sie mit traurigen Augen zu mir auf. Glücklich blickten sie fast nie. Meine Mutter gab sich nur dann mit Nan ab, wenn sie sie herausputzen und mit ihr angeben wollte. Die übrige Zeit behandelte sie sie wie Luft. Ich dagegen tat mein Bestes, Nan das Gefühl zu geben, erwünscht zu sein.
»Ich hab ihn nicht gesehen. Er war nicht da«, flüsterte sie und schluchzte auf. Ich brauchte nicht zu fragen, wer er war. Das wusste ich auch so. Mom hatte Nans ewige Fragerei nach ihrem Vater sattgehabt. Und hatte beschlossen, mit ihr zu ihm zu fahren. Ich wünschte, sie hätte mir Bescheid gegeben und mich mitgenommen. Angesichts von Nans kummervoller Miene packte mich die kalte Wut. Wenn ich diesen Menschen je zu Gesicht bekäme, würde er von mir eins auf die Nase kriegen. Ich wollte ihn bluten sehen.
»Na, komm her«, sagte ich und breitete die Arme aus. Sie schlang ihre zarten Ärmchen um meine Taille und drückte mich fest. Solche Momente schnürten mir die Kehle zu. Sie tat mir so leid. Von meinem Dad wusste ich ja zumindest, dass er mich gernhatte. Er verbrachte Zeit mit mir.
»Er hat andere Töchter. Zwei. Und sie sind … sooo hübsch! Ihr Haar sieht aus wie Engelshaar. Und sie haben eine Mom, die sie draußen im Dreck spielen lässt. Sie hatten Tennisschuhe an. Schmutzige!« Nan war neidisch auf schmutzige Tennisschuhe. Bei unserer Mutter musste sie immer wie aus dem Ei gepellt aussehen. So etwas wie Tennisschuhe hatte sie noch nie besessen.
»Sie können nicht hübscher sein als du«, versicherte ich ihr im Brustton der Überzeugung.
Schniefend löste sich Nan von mir und sah mich mit ihren großen grünen Augen an. »Doch, sind sie. Ich hab sie gesehen. Und ich hab Fotos von beiden mit einem Mann an der Wand hängen sehen. Er liebt sie … und mich, mich liebt er nicht.«
Ich konnte sie nicht anlügen. Sie hatte recht. Er liebte sie nicht.
»Er ist ein Vollidiot. Aber du hast ja mich, Nan. Ich bin immer für dich da!«

Blaire


Gegenwart …
Fünfzehn Meilen außerhalb Stadt mussten reichen. Niemand aus Sumit würde so weit zu einer Apotheke fahren. Außer natürlich, er war neunzehn und wollte etwas besorgen, worüber niemand in der Stadt Bescheid wissen durfte. Alles, was in der Apotheke in Sumit, Alabama, gekauft wurde, machte in kürzester Zeit die Runde. Vor allem, wenn man unverheiratet war und Kondome kaufte … oder einen Schwangerschaftstest.
Mit gesenktem Blick legte ich die Schwangerschaftstests auf die Ladentheke. In meinen Augen mussten sich Angst und Schuldgefühle spiegeln, und das brauchte keiner zu sehen. Ich hatte es ja noch nicht einmal Cain erzählt. Seitdem ich Rush vor drei Wochen aus meinem Leben verbannt hatte, hatten Cain und ich wieder mehr Zeit miteinander verbracht. Es war so ungezwungen und einfach zwischen uns. Er drängte mich nicht zu reden, aber wenn ich darüber reden wollte, hörte er zu.
»Sechzehn Dollar und fünfzehn Cent, bitte«, sagte die Dame auf der anderen Seite der Ladentheke. Ich hörte die Sorge in ihrer Stimme. Was nicht überraschte. Schließlich handelte es sich um den Schandkauf, vor dem sich alle Mädchen im Teenageralter fürchteten. Ich gab ihr einen Zwanzigdollarschein, ohne den Blick von der kleinen Tüte zu heben, die sie vor mich hingestellt hatte. Diese Tüte enthielt die Antwort, die ich gleichermaßen brauchte und fürchtete. Es wäre leichter gewesen, einfach darüber hinwegzusehen, dass meine Periode zwei Wochen überfällig war, und so zu tun, als wäre alles wie immer. Aber ich musste es wissen.
»So, bitte schön, drei Dollar und fünfundachtzig Cent zurück«, sagte sie. Ich nahm das Wechselgeld aus ihrer ausgestreckten Hand.
»Danke«, murmelte ich und schnappte mir die Tüte.
»Ich hoffe, es wendet sich alles zum Guten«, sagte die Dame in freundlichem Ton. Ich hob den Blick und sah in ein mitfühlendes braunes Augenpaar. Sie war eine Fremde, die ich nie wiedersehen würde, aber in diesem Moment half es, dass es eine Mitwisserin gab. Ich fühlte mich nicht mehr so allein.
»Ich auch«, erwiderte ich, bevor ich mich umdrehte und durch die Tür wieder in die heiße Sommersonne trat.
Ich war auf dem Parkplatz zwei Schritte weit gekommen, als mein Blick auf die Fahrerseite meines Pick-ups fiel. Cain lehnte dagegen, die Arme vor der Brust verschränkt. Seine graue Baseballkappe, auf der ein »A« für »University of Alabama« prangte, hatte er sich tief ins Gesicht gezogen, sodass ich seine Augen nicht sehen konnte.
Ich blieb stehen und starrte ihn an. Es brachte nichts, ihn anzulügen. Ihm war klar, dass ich nicht hergekommen war, um Kondome zu kaufen. Es gab nur die andere Möglichkeit. Auch wenn ich seinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte, wusste ich, dass er es wusste.
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter, der mich schon plagte, seitdem ich am Morgen in den Pick-up gestiegen und zur Stadt hinausgefahren war. Nun waren es nicht nur ich und die Fremde hinter der Ladentheke, die Bescheid wussten. Mein bester Freund tat es auch.
Ich zwang mich, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Er würde Fragen stellen, und ich müsste sie beantworten. Nach den letzten Wochen war ich ihm das schuldig. Er verdiente es, die Wahrheit zu erfahren. Nur: Wie fing ich an?
Kurz vor ihm blieb ich stehen. Ich war froh, dass er sein Gesicht beschirmte. Seine Miene wollte ich lieber nicht sehen, wenn ich ihm alles erklärte.
Zunächst mal schwiegen wir uns an. Ich wollte, dass er das Gespräch begann, aber nachdem er gefühlte zehn Minuten nichts sagte, fragte ich schließlich: »Woher hast du gewusst, wo ich bin?«
»Schließlich wohnst du bei meiner Großmutter. Kaum hast du angefangen, dich sonderbar aufzuführen, da hat sie auch schon bei mir angerufen. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht«, erwiderte er.
Tränen brannten in meinen Augen. Ich würde jetzt nicht losheulen. Geheult hatte ich nun wirklich schon genug. Ich drückte die Tüte mit den Schwangerschaftstests fester an mich und straffte die Schultern. »Du bist mir hinterhergefahren«, sagte ich. Es war keine Frage.
»Na logisch«, erwiderte er, schüttelte den Kopf und wandte dann den Blick vom mir ab. »Hattest du eigentlich vor, es mir zu erzählen, Blaire?«
Hatte ich das? Keine Ahnung. So weit war ich mit meinen Überlegungen noch gar nicht gekommen. »Ich bin mir ja noch nicht mal sicher, ob’s überhaupt was zu erzählen gibt«, antwortete ich aufrichtig.
Wieder schüttelte Cain den Kopf und lachte dann höhnisch auf. »Nicht sicher, ja? Du bist die ganze Strecke hierhergefahren, weil du dir nicht sicher bist?«
Er war wütend. Oder verletzt? Für beides gab es überhaupt keinen Anlass. »Ich bin mir auf jeden Fall nicht sicher, bis ich diesen Test gemacht habe. Meine Tage sind überfällig. Das ist alles. Und jetzt sag mir, wieso ich dir davon erzählen sollte. Dich betrifft’s doch gar nicht!«
Langsam richtete Cain seinen Blick wieder auf mich. Er schob seine Kappe zurück, sodass seine Augen nicht länger beschattet wurden. Ungläubigkeit und Kummer waren darin zu lesen. Damit hatte ich gar nicht gerechnet. Das war fast schlimmer, als in seinen Augen Verdammung zu entdecken. In gewisser Hinsicht wäre mir das lieber gewesen.
»Wirklich? So siehst du das also? Nach allem, was wir durchgemacht haben, denkst du so darüber?«
Du meine Güte, was wir durchgemacht hatten, lag lange zurück. Genau genommen hatte ich eine Menge mit ihm durchgemacht. Während er seine Highschoolzeit genossen hatte, hatte ich alle Mühe gehabt, dass mir mein Leben nicht entglitt. Was bildete er sich eigentlich ein? Mich packte die Wut, und ich funkelte ihn an.
»Ja, Cain. Genau so sehe ich das! Ich kapiere nicht ganz, was genau wir deiner Meinung nach durchgemacht haben. Wir waren beste Freunde, dann waren wir ein Paar, schließlich wurde meine Mom krank. Aber du hattest nur Sex im Kopf und hast mich betrogen. Und ich habe mich allein um meine Mom gekümmert. Ohne jemanden zu haben, bei dem ich mich hätte anlehnen können. Dann starb sie, und ich fuhr nach Florida. Danach war mein Herz in Stücke zerrissen, und meine Welt lag in Scherben. Ich kam wieder nach Hause. Und du warst für mich da. Ich habe dich nicht darum gebeten, aber so war’s nun mal. Klar bin ich dir dafür dankbar, aber deshalb kann ich noch lange nicht sagen: Okay, was davor war – vergeben und vergessen! Schließlich hast du mich genau da, wo ich dich am dringendsten gebraucht hätte, im Stich gelassen! Verzeih mir also bitte, dass ich, wenn mir gerade wieder der Boden unter den Füßen weggerissen wird, nicht gleich zu dir gerannt komme. Das hast du dir noch nicht verdient!«
Ich atmete schwer, und die Tränen, gegen die ich angekämpft hatte, liefen mir nun über die Wangen. Verdammter Mist, ich hatte doch nicht weinen wollen! Ich ging auf ihn zu und stieß ihn mit aller Kraft aus dem Weg, damit ich zur Wagentür kam. Nur weg von hier. Weg von ihm.
»Geh da weg!«, schrie ich und versuchte, die Tür aufzumachen, gegen die er immer noch lehnte.
Ich rechnete damit, dass er auf mich einreden würde. Ich rechnete mit allem Möglichen, nur nicht damit, dass er tat, worum ich ihn gebeten hatte. Doch so war’s. Ich stieg auf den Fahrersitz, warf die kleine Plastiktüte auf den Sitz neben mich, ließ den Motor an und stieß zurück. Cain hatte sich geradeso viel vom Fleck gerührt, dass ich einsteigen konnte. Er stand da und starrte zu Boden, als würde er dort alle Antworten finden.
Vielleicht hätte ich ihm das nicht alles an den Kopf knallen sollen. Vielleicht hätte ich alles für mich behalten sollen wie all die Jahre zuvor auch schon. Aber jetzt war es zu spät. Er hatte mich zum falschen Zeitpunkt auf dem falschen Fuß erwischt. Und ich würde mir deswegen jetzt keine Vorwürfe machen.
Zu seiner Großmutter konnte ich nun allerdings auch nicht zurück. Ihr schwante etwas. Und wahrscheinlich würde Cain sie anrufen und ihr alles brühwarm erzählen. Na ja, vielleicht nicht die ganze Wahrheit, aber etwas, das ihr nahekam. Also blieb mir nichts anderes übrig, als den Schwangerschaftstest auf der Toilette irgendeiner Tankstelle zu machen. Konnte es noch schlimmer kommen?

Rush

Früher hatten die Wellen, die ans Ufer brandeten, mich immer beruhigen können. Wenn ich eine andere Sicht auf die Dinge brauchte, hatte ich mich schon seit Kindheitstagen hier auf die Terrasse verzogen und das Meer beobachtet – und es hatte immer geholfen. Doch jetzt haute das nicht mehr hin.
Das Haus war leer. Meine Mutter und … der Mann, der, wenn es nach mir ginge, für alle Ewigkeit in der Hölle schmoren sollte, hatten es verlassen, als ich vor drei Wochen aus Alabama zurückgekommen war. Ich war wütend, am Boden zerstört und völlig außer mir gewesen. Nachdem ich gedroht hatte, diesen Kerl umzubringen, hatte ich gefordert, dass er und meine Mutter sofort das Haus verließen. Ich wollte keinen von beiden mehr sehen. Eigentlich hätte ich meine Mutter in der Zwischenzeit einmal anrufen und mit ihr reden müssen, aber dazu konnte ich mich einfach nicht durchringen.
Ihr zu verzeihen war leichter gesagt als getan. Nan hatte etliche Male vorbeigeschaut und mich angefleht, mit Mom zu reden. Nan konnte für das alles ja nichts, aber auch ihr konnte ich mich nicht anvertrauen. Sie erinnerte mich daran, was ich verloren hatte. Was ich kaum gehabt hatte. Was zu finden ich nie erwartet hatte.
Ein lautes Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Ich begriff, dass jemand vor der Tür stehen musste, denn nun klingelte es obendrein noch. Danach wieder Klopfen. Wer, verdammt noch mal, war das? Seitdem mich Blaire verlassen hatte, hatte mich außer Grant und meiner Schwester niemand mehr besucht.
Ich stellte mein Bier auf dem Tisch neben mir ab und stand auf. Wer auch immer es war, er hatte besser einen guten Grund, hier völlig uneingeladen aufzukreuzen. Ich ging durchs Haus, das noch picobello aussah, seit Henrietta, die Zugehfrau, es beim letzten Mal sauber gemacht hatte. Ohne Partys oder überhaupt ein gesellschaftliches Leben war Ordnung zu halten kein Problem mehr. Eigentlich gefiel mir das viel besser so.
Es klopfte mittlerweile wie wild, und ich riss die Tür auf, um der Person dahinter mitzuteilen, sie solle sich zum Teufel scheren. Doch die Worte blieben mir im Hals stecken. Dass mir dieser Typ wieder unter die Augen käme, hatte ich nicht gedacht. Ich war ihm nur einmal begegnet und hatte auf Anhieb eine tiefe Abneigung gegen ihn verspürt. Nun war er hier, und ich hätte ihn am liebsten an der Schulter gepackt und geschüttelt, damit er mir sagte, wie es ihr ginge. Ob alles okay mit ihr wäre. Wo sie jetzt wohl wohnte? Gott, doch wohl hoffentlich nicht bei ihm? Was, wenn er … Nein, nein, nein, das durfte nicht sein! Das würde sie nicht tun. Meine Blaire doch nicht!
Automatisch ballten sich meine Hände zu Fäusten.
»Eines muss ich wissen«, sagte Cain, der Junge aus Blaires Vergangenheit, den ich ungläubig anstarrte. »Habt ihr«, er stockte und schluckte. »Hast du sie … Ach, fuck …« Er nahm seine Baseballkappe herunter und fuhr sich durchs Haar. Er hatte dunkle Augenringe und sah erschöpft aus.
Mir blieb das Herz stehen. Ich packte ihn am Arm. »Wo ist Blaire? Alles in Ordnung mit ihr?«
»Es geht ihr gut … Also, es ist alles okay mit ihr. Und jetzt lass mich los, verflucht noch mal, du brichst mir ja noch den Arm!«, schnauzte Cain und riss sich von mir los. »Blaire ist gesund und munter in Sumit. Deswegen bin ich nicht hier.«
Ach nein? Wieso denn dann? Außer Blaire verband uns doch nichts!
»Als sie Sumit verlassen hat, war sie unschuldig. Absolut unschuldig. Ich war ihr einziger richtiger Freund. Ich kann das also beurteilen. Wir sind von klein auf beste Freunde gewesen. Die Blaire, die zurückkam, war nicht mehr dieselbe. Aber sie spricht nicht darüber. Ich muss einfach wissen, ob sie und du … ob ihr beide … Hast du sie gevögelt?«
Mein Blick vernebelte sich, und ich hatte nur noch einen Gedanken: Ich wollte ihm den Hals umdrehen. Er hatte eine Grenze überschritten. So durfte er über Blaire nicht reden. Und solche Fragen stellen oder ihre Unschuld anzweifeln schon gleich gar nicht. Blaire war unschuldig, verdammt. Er hatte kein Recht!
»Ach du Scheiße! Rush, Bro, lass ihn los!«, rief Grant. Ich hörte ihn, allerdings nur aus weiter Ferne und wie aus einem Tunnel. Meine ganze Aufmerksamkeit galt dem Kerl vor mir, auf dessen Gesicht gerade meine Faust landete, sodass ihm Blut aus der Nase spritzte. Genau so sollte es sein. Ich wollte, verdammt noch mal, dass er blutete!
Zwei Arme umschlangen mich von hinten und zogen mich weg, während Cain zurückstolperte und sich die Hand an die Nase hielt. In seinen Augen stand die blanke Panik. Genauer gesagt, in einem seiner Augen. Das andere war bereits ratzfatz zugeschwollen.
»Meine Fresse, was hast du ihm denn nur gesagt?«, fragte Grant, der mich schraubstockartig umfasst hielt.
»Wehe, du sagst es!«, brüllte ich, als ich sah, dass Cain antworten wollte. Ich ertrug es nicht, ihn so über sie reden zu hören. Nichts an dem, was Blaire und ich getan hatten, war schmutzig oder falsch. Er tat ja gerade so, als hätte ich sie zugrunde gerichtet. Dabei war Blaire unschuldig. So unglaublich unschuldig. Und nichts von dem, was wir getan hatten, änderte etwas daran.
Grant, der mich noch immer fest umklammert hielt, wandte sich an Cain. »Hey, du ziehst jetzt mal besser Leine! Er hat bald zehn Kilo mehr an Muskelmasse drauf als ich, und ich kann ihn nicht ewig in Schach halten. Also zisch ab. Und lass dich hier nie mehr blicken! Kannst von Glück reden, dass ich rechtzeitig aufgetaucht bin.«
Cain nickte und taumelte dann zu seinem Pick-up. Meine Wut hatte sich inzwischen zwar etwas gelegt, doch ganz verraucht war sie nicht. Am liebsten hätte ich ihn weiter vermöbelt. Ihm jeden Gedanken aus dem Leib geprügelt, von wegen Blaire wäre nicht mehr so vollkommen wie zu dem Zeitpunkt, als sie Alabama verlassen hatte. Er wusste ja nicht, was sie alles durchgemacht hatte. Welche Hölle ihr meine Familie bereitet hatte. Wie konnte er sich da um sie kümmern? Sie brauchte mich.
»Wenn ich dich jetzt loslasse, rennst du dann wie angestochen hinter seinem Pick-up her, oder hast du dich hübsch langsam wieder eingekriegt?«, fragte Grant und lockerte seinen Griff.
»Alles okay«, versicherte ich ihm, schüttelte seine Arme ab und ging zum Geländer, umklammerte es und holte ein paarmal tief Luft. Der Schmerz war wieder mit voller Wucht zurückgekehrt. Ich hatte es geschafft, ihn tief in mir zu vergraben, bis er nur noch leise pochte, aber beim Anblick dieser Memme waren die Erinnerungen wieder hochgekommen. Jene Nacht, von der ich mich nie erholen würde. Die mir für immer einen Stempel aufgedrückt hatte.
»Dürfte ich erfahren, worum’s da eben ging? Oder willst du mir auch die Fresse polieren?«, fragte Grant, nachdem er genügend Sicherheitsabstand zwischen uns gelassen hatte.
Grant war mein Halbbruder. Als wir klein waren, waren sein Vater und meine Mutter miteinander verheiratet gewesen. Lang genug, dass wir uns für immer verbunden fühlten. Obwohl meine Mom seitdem diverse Ehemänner verschlissen hatte, betrachtete ich Grant immer noch als Familie. Er besaß genug Einblick, um zu wissen, dass es um Blaire gehen musste.
»Das war Blaires Exfreund«, erwiderte ich, ohne ihn anzusehen.
Grant räusperte sich. »Und er ist hergekommen, um sich damit zu brüsten? Oder bist du ihm an die Gurgel gegangen, weil er auch mal was mit ihr hatte?«
Beides. Nichts von beidem. Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Er ist hergekommen und hat blöde Fragen gestellt. Über mich und Blaire, Dinge, die ihn einen Dreck angehen.« »Ah so, verstehe. Das macht Sinn. Na, das ist ihm ja wohl teuer zu stehen gekommen. Immerhin hat der Bursche zusätzlich zu seinem blauen Auge vermutlich auch noch eine gebrochene Nase!«
Endlich hob ich den Kopf und sah zu Grant. »Danke, dass du mich von ihm weggezogen hast. Ich hab einfach rotgesehen.«
Grant nickte und öffnete dann die Tür. »Komm. Auf den Schreck trinken wir ein Bierchen!«

Blaire

Wohin konnte ich gehen? Mir fiel als einziger Ort das Grab meiner Mutter ein. Ich hatte kein Zuhause. Und zu Granny Q konnte ich auch nicht mehr zurück. Cain wartete vermutlich schon bei seiner Großmutter auf mich. Na ja, vielleicht auch nicht. Vielleicht hatte ich es mir mit ihm auch endgültig verdorben. Ich ließ mich am Rand des Grabs nieder und schlang die Arme um meine Beine.
Ich war nach Sumit zurückgekehrt, weil es der einzige Ort war, den ich kannte. Nun musste ich ihn wieder verlassen, da ich hier nicht bleiben konnte. Einmal mehr würde mein Leben eine plötzliche Wendung nehmen. Eine, auf die ich nicht vorbereitet war. Als ich klein war, hatte unsere Mom uns zur Sonntagsschule in der hiesigen Baptistenkirche gebracht. Ich erinnerte mich an ein Bibelzitat, das sie uns dort vorgelesen hatten, in dem es hieß, Gott würde uns nur so viel aufbürden, wie wir auch ertragen könnten. Allmählich fragte ich mich jedoch, ob das nur für diejenigen galt, die jeden Sonntag in die Kirche gingen und vor dem Zubettgehen grundsätzlich beteten. Denn in meinem Fall teilte er wirklich kräftig aus.
Doch Selbstmitleid brachte mich auch nicht weiter. Stattdessen musste ein Plan her. Dass ich nicht ewig bei Granny Q wohnen und mir von Cain Unterstützung in Alltagsdingen holen könnte, war ohnehin klar gewesen. Dafür war zwischen Cain und mir zu viel vorgefallen. Dinge, die ich nicht wiederholen wollte. Es wurde Zeit zu gehen, doch wohin? Das war noch immer die große Frage – wie auch schon drei Wochen zuvor.
»Mom, ich wünschte, du wärst hier. Ich weiß nicht, was ich tun soll, und es gibt auch niemanden, den ich fragen kann«, flüsterte ich ihr auf dem stillen Friedhof zu. Ich hoffte so sehr, dass sie mich hören konnte. Mir gefiel der Gedanke nicht, dass sie unter der Erde lag. Aber nach dem Tod meiner Zwillingsschwester Valerie hatten Mom und ich auch schon hier gesessen und uns mit Valerie unterhalten. Mom hatte gemeint, ihr Geist würde über uns wachen und sie könne uns hören. Ich wünschte mir inständig, dass es so war.
»Ich bin’s nur. Ich vermisse euch beide so. Ich möchte nicht allein sein … Und ich habe Angst!« Bis auf das Rascheln der Blätter in den Bäumen war es still um mich herum. »Du hast mir mal gesagt, wenn ich nur fest genug hinhören würde, dann würde ich die Antwort in meinem Herzen finden. Ich versuche es, Mom, aber ich bin so verwirrt. Vielleicht könntest du mir ja irgendwie einen kleinen Fingerzeig geben?«
Ich stützte mein Kinn auf meine Knie und schloss die Augen. Ich würde nicht weinen!
»Erinnerst du dich, als du mir gesagt hast, ich müsste Cain genau sagen, was ich empfinde? Dass ich mich erst dann besser fühlen könnte, wenn alles gesagt sei? Tja, genau das habe ich heute gemacht. Selbst wenn er mir verzeiht, wird es nie mehr so sein wie vorher. Aber gut, ich sollte mein Leben allmählich selbst in die Hand nehmen. Wenn ich nur wüsste, wie!«
Allein dadurch, dass ich alles einmal aussprach, fühlte ich mich schon besser. Die Stille um mich herum hatte ein Ende, als eine Wagentür zugeschlagen wurde.
Ich löste die Arme von den Beinen und blickte zum Parkplatz, wo ein einziges Auto stand, eines, das für diesen kleinen Ort viel zu teuer war. Als ich sah, wer ausstieg, japste ich nach Luft und sprang auf. Bethy! Sie war hier! In Sumit! Auf dem Friedhof … noch dazu mit einer ausgesprochenen Nobelkutsche!
Das lange braune Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Als sich unsere Blicke trafen, lächelte sie. Ich dagegen konnte es gar nicht wirklich fassen. Bildete ich mir das Ganze vielleicht nur ein? Was wollte sie denn hier?
»Ich find’s mehr als doof, dass du kein Handy hast«, zeterte sie los. »Wie, in drei Teufels Namen, soll ich dir Bescheid geben, dass ich komme, wenn ich keine Nummer habe? Hm?« Ich verstand nur Bahnhof, aber allein der Klang ihrer Stimme bewirkte schon, dass ich das kurze Stück zu ihr rannte.
Lachend breitete Bethy die Arme aus, und ich fiel ihr um den Hals. »Du hier? Ich glaub’s einfach nicht!«, rief ich, nachdem ich sie ausgiebig gedrückt hatte.
»Japp, ich eigentlich auch nicht. Ich hab ewig gebraucht! Aber was tut man nicht alles, wenn man mit jemandem sprechen will, der sein Handy in Rosemary gelassen hat?«
Zu gern hätte ich ihr mein Herz ausgeschüttet, aber es ging nicht. Noch nicht. Ich brauchte Zeit.
»Ich freue mich riesig, dass du hier bist, aber wie hast du mich nur gefunden?«
Grinsend legte Bethy den Kopf schief. »Ich bin einfach in der Stadt herumgefahren und habe mich nach deinem Pick-up umgeschaut. Nachdem es im ganzen Ort gefühlt nur eine Straße gibt, ist das ja kein großes Kunststück.«
Ich bestaunte ihren Wagen. »Mit dem Schlitten musst du hier ganz schön für Aufsehen gesorgt haben«, sagte ich.
»Der gehört Jace und fährt sich einfach traumhaft!«
Also war sie immer noch mit Jace zusammen. Gut. Gleichzeitig verspürte ich einen Stich im Herzen. Denn Jace erinnerte mich an Rosemary. Und Rosemary erinnerte mich an Rush.
»Ich würde dich ja fragen, wie’s dir geht, aber ich seh’s ja«, sagte sie und betrachtete mich von Kopf bis Fuß. »Meine Güte, du bist nur noch ein Strich in der Landschaft! Hast du denn seit deinem Aufbruch in Rosemary nichts mehr gegessen?«
Es stimmte, mir fielen buchstäblich die Klamotten vom Leib. Doch bei all dem Druck, der auf mir lastete, brachte ich einfach nichts herunter. »Ich habe ein paar blöde Wochen hinter mir, aber so langsam kriege ich mich wieder ein, glaube ich zumindest.«
Bethy ließ den Blick zu dem Grab hinter mir wandern. Dann zu dem daneben. Als sie die Inschriften der Grabsteine las, wurde ihre Miene traurig. »Niemand kann dir deine Erinnerungen nehmen. Die bleiben dir«, sagte sie und drückte mir die Hand.
»Ich weiß. Ich glaube sowieso kein Wort von dem, was sie über meine Mom gesagt haben. Mein Vater ist ein Lügner. Und Georgianna – was die behauptet, hätte meine Mom niemals getan. Wenn überhaupt jemand für diesen ganzen Schlamassel verantwortlich ist, dann ist es mein Vater. Er hat uns allen diesen Kummer bereitet. Und nicht meine Mom. Niemals im Leben meine Mom!«
Bethy nickte und behielt meine Hand weiter fest in ihrer. Dass jemand mir zuhörte und mir glaubte und auch von der Unschuld meiner Mutter überzeugt war, tat so unglaublich gut.
»Du und deine Schwester, habt ihr euch denn sehr ähnlich gesehen?«
Valerie, wie sie lächelt, das ist meine letzte Erinnerung an sie. Ihr Lächeln war so viel strahlender als meines. Ihre Zähne waren auch ohne die Hilfe von Zahnspangen vollkommen. Und ihre Augen leuchteten viel intensiver. Dennoch: Alle behaupteten, wir sähen völlig gleich aus. Ihnen fielen die Unterschiede gar nicht auf. Ich hatte mich immer gefragt, wieso nicht. Für mich waren sie nicht zu übersehen.
»Wir glichen uns wie ein Ei dem anderen«, erwiderte ich. Bethy würde die Wahrheit nicht einleuchten.
»Gleich zwei Blaire Wynns – unvorstellbar! Da müsst ihr in diesem Städtchen doch haufenweise Herzen gebrochen haben!« Nachdem sie sich nach meiner verstorbenen Schwester erkundigt hatte, wollte sie nun offenbar die Stimmung auflockern. Wie lieb von ihr.
»Nur Valerie. Ich war schon ziemlich früh mit Cain zusammen. Habe also keine Herzen gebrochen.«
Bethys Augen weiteten sich ein wenig, dann wandte sie den Blick ab und räusperte sich. »Obwohl’s natürlich cool ist, dich wiederzusehen, und wir beide die Stadt total zum Rocken bringen könnten, bin ich, ehrlich gesagt, nicht ganz grundlos hier.«
Dass sie einen Grund gehabt haben musste herzufahren, war mir klar gewesen, nur welchen?
»Okay?«, sagte ich und wartete, dass sie fortfuhr.
»Könnten wir das vielleicht in einem Café bequatschen?« Sie furchte die Stirn und sah dann zur Straße hinüber. »Oder vielleicht in der Eisdiele, nachdem es hier was anderes anscheinend gar nicht gibt?«
Anders als ich schien sie sich zwischen Gräbern unwohl zu fühlen. Das war normal. Aber ich war nicht normal. »Ja, okay«, sagte ich und ging meine Handtasche holen, die am Grab meiner Mutter lag.
»Hier ist deine Antwort«, hörte ich eine Stimme so leise sagen, dass ich fast schon dachte, ich hätte es mir nur eingebildet. Als ich mich zu Bethy umdrehte, die die Hände in ihre Hosentaschen gesteckt hatte, lächelte sie mich an.
»Hast du was gesagt?«, fragte ich.
»Ähm, wie meinst du das? Gerade eben? Von hier aus?«, fragte sie verwirrt.
Ich nickte. »Ja. Hast du irgendwas geflüstert?«
Sie zog die Nase kraus, blickte sich dann nervös um und schüttelte den Kopf. »Nö … ähm … Komm, wir machen uns jetzt lieber mal vom Acker« Sie packte mich am Arm und zog mich hinter sich her zu Jace’ Wagen.
Ich sah zu Moms Grab zurück, und eine tiefe Ruhe überkam mich. War das etwa …? Nein, bestimmt nicht. Kopfschüttelnd wandte ich mich um und setzte mich leise lächelnd auf die Beifahrerseite.

(c) Piper Verlag

Dichterhain: Gemeine Vokale von Anner Griem


Gemeine Vokale

Wer niemals in
Der Gosse lag
Nächtens durch
Die Gassen zog
Hungrig war und
Vom Abfall aß
Keine Worte fand
Und Sätze bog
Wird niemals
Ermessen können
Wie groß ein kleines
Wort sein kann

(c) Anner Griem

Good Sounds: DAUGHTRY 04, Crawling Back To You

Daughtry ist eine US-amerikanische Post-Grunge-Band. MEHR

Experimentalvideo: DeambulationDuet von Nadin Nadege



Installation Regenschirme von Zoggolopoulos Yorgos



Mittwoch, 23. Oktober 2013

Wir lernen Kurpfälzisch 05 - f

Spargeldenkmal in Schwetzingen

Fäng - Schläge, Prügel („Willsch die Fäng? Du fängsch sie glei!“)
Feez - Unsinn, Streiche
fer ume - umsonst
Ferz - überflüssiger Kram, Unfug („Die hawwe do nor so billische Ferz“)
Fieß - Beine (Füße)
fisediere - durchsuchen
Flaaschkieschlin - Frikadellen („Fleischküchlein“)
Flabbes - Schläge, Prügel („Glei gibts Flabbes!“)
Fladderrouse/Dindeblumme/Dinderouse/Schlabbadullä -Klatschmohn (je nach Ort verschieden)
Fleesch, das - Fleisch
fuddle - Ein Dribbling beim Fußball, auch: Fußball spielen, siehe auch: rumfuddle

Heute Abend in Mannheim: "Autschland" von Kabarett Dusche

23.10.2013, 20 Uhr, Klapsmühl am Rathaus


Kabarett Dusche: "Autschland"
Ensemble-Kabarett


Na, heute schon einem auf die Zehen getreten? Oder sich den Mund verbrannt? Nicht? Dann wenigstens in einer Sache geschnitten? Auch nicht? Wahrscheinlich sich auch nie den Kopf zerbrochen oder mal ordentlich den Hintern aufgerissen? Gehören Sie am Ende gar zur „Generation schmerzfrei“? An der alles abperlt wie an einem Lotosblatt? Ertragen Sie Parlamentsdebatten ebenso klaglos wie Talkrunden mit Beckmann? Keinerlei Erregungsspitzen bei Privatsphären-Verlust durch PRISM? Vollstes Vertrauen in Staat und Regierung? Und blicken Sie zu allem noch blind-optimistisch in die Zukunft? Dann herzlichen Glückwunsch zum Einreisevisum nach Autschland! Aber immer daran denken: Frage nie, was Autschland für Dich tun kann – frage immer, was Du für Autschland tun kannst!

Mit Josefin Lössl, Wolfgang Schmitter, Hans Georg Sütsch

Regie: Gerhard Piske

Good Sounds: DAUGHTRY 03, September

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Heute Abend in Kaiserslautern: Leben des Galilei von Brecht mit Musik von Hanns Eisler


Leben des Galilei
Schauspiel von Bertolt Brecht
Premiere 05|10|2013 | Großes Haus
Musik von Hanns Eisler

Trägt ein Wissenschaftler allein die Verantwortung für die Ergebnisse seiner Forschungen?
Kooperation mit dem Theater im Pfalzbau Ludwigshafen.

Es ist das Jahr 1609. Der ständig unter Geldmangel leidende Galileo Galilei entwickelt durch den Bericht eines neuen Schülers über die Erfindung eines Fernrohrs in Holland ein eigenes, verbessertes Modell. Das neue Fernrohr hilft ihm in zweierlei Hinsicht: Er erhält für diese Erfindung einen besseren Lohn von der Universität und kann nun endlich beweisen, dass die Erde nicht starr im Mittelpunkt des Universums steht. Stattdessen dreht sie sich um ihre eigene Achse und dabei gleichzeitig um die Sonne. Galilei bringt damit das bisherige Weltbild komplett durcheinander und zieht den Ärger der Kirche auf sich, die dadurch auch das derzeitige Gesellschaftsgefüge in Gefahr sieht. Diese „ketzerischen“ Lehren sollen keine Verbreitung finden, Galileis Werke werden sofort verboten. Freunde und Familie warnen ihn vor einem Machtkampf mit der Kirche. Doch Galilei unterschätzt die Bedrohung, bis er sich schließlich mit der Inquisition konfrontiert sieht.

Bertolt Brecht arbeitete lange an diesem Stück und so gibt es drei Fassungen: Die sogenannte dänische Fassung von 1938|1939, die amerikanische von 1947 mit dem Titel „Galileo“ und schließlich die Berliner Fassung von 1955|1956. Die ständige Weiterentwicklung zeugt von seinem Interesse, nicht nur von den historischen Ereignissen um die reale Person Galileo Galilei zu erzählen. Das aktuelle politische Zeitgeschehen fand Eingang in das Stück. Unter dem Eindruck der Atombombenabwürfe 1945 wurde die Frage nach der Verantwortung des Wissenschaftlers zum zentralen Thema.

Good Sounds: DAUGHTRY 02, Leave this town

Daughtry ist eine US-amerikanische Post-Grunge-Band. MEHR

Heute Abend in Darmstadt: BÜCHNER 200: DANTONS TOD


23.10.2013, 19:30 Uhr, Staatstheater Darmstadt, Kleines Haus

BÜCHNER 200: DANTONS TOD
Inszenierung Malte Kreutzfeldt
Bühne und Kostüme Nikolaus Porz


Paris 1794. Die große Französische Revolution ist in ihr fünftes Jahr gekommen. Wie ein Orkan hat sie die Verhältnisse in ganz Europa durcheinandergewirbelt. Das Ancien Régime wurde weggespült und König Ludwig XVI., neben vielen anderen Vertretern der alten Herrschaft, enthauptet. Doch für die breite Masse des Volks hat sich nichts geändert.

Und die Guillotine steht noch immer nicht still, die Revolution beginnt ihre Kinder zu fressen. Mit Maximilien de Robespierre und Georges Danton stehen sich die Anführer der einflussreichsten politischen Lager konkurrierend gegenüber. Hat Robespierre eine blutige Diktatur errichtet und propagiert radikal die Herrschaft der Tugend, der alles unterzuordnen sei, so ist Danton vom Lauf der Dinge desillusioniert. In der Frage nach den Zielen der Revolution stellt er sich Robespierre in den Weg. Dem Machtkampf der beiden werden nicht nur sie selbst, sondern auch viele ihrer Anhänger zum Opfer fallen.

Georg Büchner studierte die historischen Quellen für sein groß angelegtes Panorama der Französischen Revolution genau. Neben ihren Hauptakteuren gibt er auch dem Volk, auf dessen Rücken letzten Endes alles ausgetragen wird, eine Stimme. In seinem ersten Drama, 1835 in zwei Monaten in Darmstadt fieberhaft niedergeschrieben, gibt Büchner seinem ausgeprägten Geschichtspessimismus Ausdruck. Mit Dantons Tod findet der Zyklus der Inszenierungen von Georg Büchners Bühnenwerk kurz vor seinem 200. Geburtstag seinen Abschluss.

Good Sounds: DAUGHTRY 01, Over you

Daughtry ist eine US-amerikanische Post-Grunge-Band, die 2006 gegründet wurde. Ihr Debütalbum DRAUGHTY (2006) bespielten sie mit Brad Arnold von 3 Doors Down, Rob Thomas von Matchbox Twenty, Chad Kroeger von Nickelback, Slash von Guns N' Roses sowie Profisongschreiber Max Martin und Dr. Luke. Es stieg auf Platz 2 in die US-Albumcharts ein. Nach fünf Wochen bekam die Platte Platin mit einer Million verkaufter Exemplare und erreichte Ende Januar 2007 sogar noch Platz 1 der Billboard Top 200.
Die Debütsingle It’s Not Over erreichte ebenfalls im Januar 2007 die Top 10 der Singlecharts. Des Weiteren wurde der Song als Einspielmusik der Wintersportübertragungen der ARD verwendet.
Draughty tritt als Vorgruppe von Nickelback auf.

Video installation 39˚ 44′ 11″ N x 104˚ 59′ 21″ W in Denver




The interactive video installation 39˚ 44′ 11″ N x 104˚ 59′ 21″ W, ran from November 14, 2009 thru June 7, 2010, as part of EMBRACE!, an international exhibition of 17 site-specific installations at the Denver Art Museum. The temporal works were commissioned as collective artist response to the architecture of the Daniel Libeskind-designed Fredrick C. Hamilton Building.

39˚ 44′ 11″ N x 104˚ 59′ 21″ W is a site-specific interactive video installation that seeks to develop a dialectic between ecological memory and architectural space and form. The work brings forward the ideals of ecological memory as the historical, cosmological and environmental ground for the evolving architectural memory of the Hamilton Building. Ecological memory is re-mediated through the interpretation of contemporary and historical data from the celestial to the terrestrial to the biotic into an immersive interactive environment that responds to audience movement and the range of interactions associated with the data interpretations of the installation.


The title of the work 39˚ 44′ 11″ N x 104˚ 59′ 21″ W is based upon the latitude and longitude coordinates of the Denver Art Museum’s Fusebox Gallery. The gallery is transformed into an “observatory” site for the translation of datastreams into creative ecological memory within the Hamilton building architecture.

Buchbesprechung: ICH BIN EINE NOMADIN von Ayaan Hirsi ALi

ICH BIN EINE NOMADIN, Piper, 2010, 325 S.

Ayaan Hirsi Ali, geboren 1969 in Somalia, floh 1992 in die Niederlande. Sie ist Abgeordnete im niederländischen Parlament und Autorin ('Submission'). Trotz ständiger Todesdrohungen islamistischer Fanatiker kehrte die 'meistgefährdete Person der Niederlande' Anfang 2005 aus ihrem Versteck in die Öffentlichkeit zurück, um weiter für ihre Sache einzutreten.

Sie weiß, dass ihr Kampf lebensgefährlich ist, aber sie gibt nicht auf. Ayaan Hirsi Alis Engagement gilt dem Schicksal der muslimischen Frauen, und sie ruft diese dazu auf, die Fesseln der unterdrückerischen Tradition abzustreifen, damit sie endlich selbst  bestimmen können, wie sie leben wollen. Die Texte dieses Buches brechen Tabus, verändern unseren Blick und zeigen, wie notwendig Ayaan Hirsi Alis Kampf für die unterdrückten islamischen Frauen ist.

Ein unglaubliches Leben der Autorin Ayaan Hirsi Ali und ein unermüdlicher Kampf für die Rechte der Frau und der Kinder, gerade im Islam, machen mir diese Frau sehr sympathisch. Wer die Stationen ihres Lebens liest, erschrickt. Ein Leben voll mit Flucht, im Zeichen der väterlichen politischen Widerstandtätigkeit durch Afrika und Arabien, schließlich landet sie in Holland und schafft es, eines der 28 Mandate der rechtsliberalen Volkspartij voor Vrijheid en Democratie zu bekommen, die sie abgeworben hatte. Sie wird Abgeordnete, obwohl sie vorher noch für die Amsterdamer Arbeiterpartei gekämpft hatte.  
Sie klagt die Rechtlosigkeit der Frau im Islam, die brutale Behandlung und depersonalisierende Beschneidung von Frauen und Jungen nach dem islamischen Recht an. Sie klagt an die von der Religion verordnete Hochzeit von Männern mit 8-jährigen Mädchen, die nichts anderes ist als erlaubte Pädophilie im Zeichen der Religion. Ayaan Hirsi Ali wird bekämpft und bekriegt. Bereits seit 2000 schützt man sie mit Bodyguards, da die Morddrohungen zunehmen. Sie schrieb das Drehbuch für einen Kurzfilm mit dem Titel »Submission« (Unterwerfung). Zusammen mit dem Regisseur Theo van Gogh realisierte sie den Film, der am 29. August 2004 im holländischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Bereits im November 2004 wird van Gogh in Amsterdam ermordet. Ein in den Niederlanden geborener und aufgewachsener Marokkaner, namens Mohammed Bouyeri, schoss van Gogh vom Fahrrad und schnitt dem wehrlosen Regisseur die Kehle durch. Mit dem blutigen Messer spießte Bouyeri einen fünfseitigen Bekennerbrief mit einer an Ayaan Hirsi Ali gerichteten Morddrohung in die Brust des Toten. Der Film bricht Tabus, deckt auf und klagt an. Er zeigt eine nackte Frau mit dem islamischen Schleier. Arme Fanatiker halten das nicht aus und werden blutrünstig. Hirsi Ali musste wochenlang versteckt und bewacht werden. Sie bekam eine Räumungsklage, weil die Nachbarn die Sicherheitskräfte nicht mehr ab konnten. Die Integrationsministerin hatte nichts anderes im Sinn als ihr die niederländische Staatsbürgerschaft abzuerkennen, weil sie angeblich bei der Einbürgerung falsche Angaben gemacht hatte. Widerliches politisches Taktieren, Hirsi Lai legte ihr Mandat nieder, es kam zu Parlamentsdebatten, die damalige Regierung Balkenende zerbrach. 2005 kehrte sie kämpfend in die Öffentlichkeit zurück.