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Sonntag, 25. März 2012

Rückblick: Vampirtheater in Mühlheim/Gladbeck von Julia Röken

Schatten mit Biss


Zwei Beamte des Grauens,
Foto: Robert Königshausen
Fünf Autoren, eine Doppellesung und ein beißendes Thema!
In Mülheim und Gladbeck trat am 15.1. und am 16.1. im Rahmen einer Kombisession ein Schriftstellerquartett an und auf, deren Mitglieder in Sachen Stil nicht unterschiedlicher sein könnte – textlich wie äußerlich.

Vampire standen auf dem Programm! Angeführt von Theaterprofi B.A. Moon (alias Armin Rudziok), gewann die Textkünstlertruppe einem an sich ausgelutschten Sujet völlig neue Seiten ab, ohne den alten Nosferatu-Schauercharme zu vernachlässigen.

Während der Mitbetreiber des kultigen Mühlheimer ARTeliers einen Blick in die Zukunft wagte und von befremdlichen Ämtern für "Nocturnihumanoide-Humanoide Koexistenz" berichtete, in denen die Bürokratie nicht der einzige Schrecken ist, setzte sich der Gladbecker Satiriker Harry Michael Liedtke in einer recht martialischen (An)Klageschrift mit der neumodischen Verniedlichung und Verramschung eines Mythos auseinander.

Inga Hetten aus Trier las den Prolog ihres noch unfertigen Subkulturromans "Die Kasch-Esser" vor und erzählte von einer absonderlichen Sekte und einer merkwürdigen Droge, die den Underground erobern. Einige Vorbestellungen im Anschluss an ihren Vortrag dürften die Autorin motivieren, ihr Werk bald zu vollenden.

Der Münchner Robert Königshausen wartete mit einer Variation hinsichtlich des vampirischen Grundnahrungsmittels auf. In seinem Roman "Energiespender" wird kein Blut, sondern Lebenskraft gesaugt.

Der in Gladbeck beheimatete Dichter Dirk Juschkat, der bei den Lesungen als "lyrisches Scharnier" zwischen den Geschichten fungierte, fasste das Thema breiter und beschränkte sich nicht auf dämonische Untote. In seinen Versen ging es allgemein um dunkle Schatten.

Insgesamt war es erstaunlich vielseitig, was der elegante Bühnenmime, der wuchtige Satirerowdy, die nonkonformistische Altgruftiepunkerin, der behutsame Ideenentwickler und der melancholische Schelmendichter textlich boten. Das Untotengenre ist noch lange nicht tot, dem dargereichten Lesestoff nach zu urteilen.

Interessant war zu beobachten, wie unterschiedlich die Vorstellung vom jeweiligen Publikum aufgenommen wurde. Ausgelassenheit hier, Zurückhaltung dort. Prusteten sich die qualitätsverwöhnten Gäste im ARTelier förmlich weg, verfolgte man im CSB die Lesung eher in prüfender Verschlossenheit.

Erstaunlich eigentlich, denn die einzelnen Performances war an beiden Tagen nahezu deckungsgleich und von hoher Güte. Alle fünf lichtscheuen Gesellen zeigten sich im Vortrag sicher und lasen mit viel Verve, doch offenbar wird Blut in Mülheim schneller heiß als in Gladbeck. Ließen sich die einen bereitwillig in Wallung bringen, verharrten die anderen in Lauerstellung. Vielleicht eine Frage der Ängstlichkeit ...?

von Julia Röken aus Gladbeck