Stephan Sulke, 67 Jahre jung, seit den
70er-Jahren aktiv und beliebt mit seinen Liedern, trat im Rahmen des
Angebots von Hama-Kulturpur in Bad Bergzabern auf. Er spielte Lieder
von seiner neuen CD „Enten hätt’ ich züchten sollen...“ - und
von vergangenen Alben immer wieder Reminiszenzen an alte Lieder.
Er
hat sein festes Publikum, auch noch und wieder nach einer 20-jährigen
Pause, die er einlegte, um zu arbeiten. Sulke war Jurastudent in
Zürich und Bern, veröffentlichte Lieder in englisch und französisch
unter Pseudonym, leitete sein eigenes Tonstudio, baute technische
Geräte für Rundfunksender, komponierte Songs, die von Erika Pluhar,
Katja Ebstein, Herbert Grönemeyer und anderen interpretiert wurden,
arbeitete in einem Architekturbüro und hatte Ausstellungen als
Bildhauer und Maler.
Seine Lieder sind immer lakonisch,
melancholisch, voller Liebe und rückwärtsgewandt. Meist ist ein
Funken Optimismus dabei, oft das Nichtvergessenkönnen der
Erlebnisse, Begegnungen, Zeit, in der man sich sehr geliebt hat.
Dazwischen erzählt er Witze, nimmt die Berner auf die Schippe,
erzählt mal von einem Berner Dackel, mal von einem Berner
Velo-Fahrer, der die Tramgleise belegte, indem er der Tram
vorausfuhr. Mal von einer Familie, in der das Mädchen schwer
zweifelnd Mama mittelt, dass Papa meinte, Menschen stammten von Affen
ab, worauf diese entgegnet: "Damit meint er seine Familie".
Die Bibelausdeutungen kann man auch nicht mehr wirklich glauben, und
doch werden die Kinder in der Schule damit konfrontiert. Diese
evidente Gegensätzlichkeit - sozusagen heitere Melancholie - leugnet
Sulke absolut nicht: „Ich mag Gegensätze. Gegensätze sind der
Ursprung aller Dinge. Abgesehen davon, hab ich auch nicht sehr viel
Phantasie, will heißen, ich seh’ die Dinge, wie sie wahrscheinlich
sind und beschreib einfach das Gesehene. Auch hab ich eine
ungeduldige und unstete Seele. Viele Dinge verleiden mir relativ
schnell. Ich gehe nicht hin und schaue mir die Pyramiden 25-mal an,
wenn ich sie mal gesehen habe, dann habe ich sie halt gesehen.“ Was
uns mit seinen Liedern gänzlich anders geht.
Sulke ist kein Liedermacher, eher ein
poetischer Barde, ein Chansonier. „Ich mag ungerade Zahlen. Ich
stand vor bald einem halben Jahrhundert zum ersten Mal mit der
Gitarre auf einer Bühne und habe englische Lieder gesungen, nicht
gerade besonders gute. Danach kam hier ein Lied und dort eines, ich
war aber immer wieder verschwunden. Vor ungefähr 35 Jahren nahm ich
dann wirklich Anlauf, gefolgt von wiederum noch längeren Pausen. Und
diese durchgewürfelten Zahlen gaben mir die Idee, ein paar alte und
jüngere meiner Lieblings-Songs in komplett neue Arrangegments zu
kleiden, und diese mit ganz neuen nie in irgendeiner Form
veröffentlichten Liedern zu mischen. So erlebt der geneigte Hörer
nun nie zuvor Gehörtes wie 'Mein Leben', 'Sie hat mich bloss mit
einem Lächeln angefasst', die legendäre 'Uschi' in neuem Gewand,
nämlich im Duett mit der Kultfigur Lilo Wanders oder das zart
ironische 'Hey Mister Radio Mann' ebenso wie ein Duett mit Milva 'La
Rossa' namens 'Das muss doch gehn' oder den Titelsong 'Enten hätt’
ich züchten sollen …'."
Spürbares Grundgefühl aller Lieder ist "Mensch, ging der
Sommer so schnell vorüber", wie auch ein Album heißt. Die
schnell vergehende Zeit lässt uns allein zurück. Eigentlich hätte
man Enten züchten sollen, denn die Hühnerzucht war verkehrt. Das
ist ein Stück Resignation, wenn alles ein Fehler war, es hätte
anders verlaufen sollen. Aber er lacht drüber und denkt: „Man
lernt eben nichts Verwertbares in der Schule". Und wieder "Ich
bin ein altes Zimmer, ein Sterbezimmer, morgen bin ich wieder ein
Kinderzimmer" ... ein ganz lyrisches, sehr melancholisches Lied.
Oder "Weißt du noch?", ein Liebeslied, dein Lachen, das
Kennenlernen, und heute? Wo gehen wir hin? Total witzig sein Song
über die Besteuerung der Atemluft, alles kostet eben Geld, und ohne
Sauerstoffbenutzungsschein geht schon mal gar nichts. Eine weitere
melancholische Liebeserklärung lässt den Zuhörer an seine eigenen
Liebesbeziehungen denken: "Hab ganz und gar vergessen, dass ich
dich nicht vergessen kann ..." Oder der massive Optimismus, dass
ja jedes Jahr der "Frühling neu gewinnt", dann muss das
gehen, "dass Liebe neu ersteht". Wir finden
Gemeinsamkeiten, wenn er in dem Song „Die Bruddeldiddeldaddeldings“
über die Piefigen, Miefigen, Kleinlichen und Peinlichen singt, die
auch Lieder verbieten und mit erhobenem Zeigefinger alles besser
wissen. Sein "Uschi, mach keinen Quatsch" in jedermanns Ohr
wird fast alleine durch die Zuhörerschaft getragen, der Abschied von
seiner Mutter "Mama, den Brief schreib ich dir wohl nie ..."
wieder ganz verloren, klein, allein und melancholisch.
Desillusioniert und klar erkennend der Song übers Fremdgehen, in dem
der Versicherungsmakler die Ehefrau ausgespannt hat und beide mit der
Lebensversicherung über 10 Mio spekulieren. Der Zufall wollt's und
er kam davon ... sein Auto ging hoch - ohne ihn. Humorvoll auch der
Kaviarschmuggel aus der damaligen DDR, nach dem Motto Rohstoffe statt
Ostmark, der Schmuggel war gar keiner, weil die Einfuhr nichts
kostete.
Ein Abend voller Liebeslieder, Träumen
von vergangener oder wieder erwachender Liebe in der Tradition von
Chansons. Sulke entlässt uns aus seinen Konzerten mit einem
heiterem, aber tiefem Gefühl.