Ein Fantasyroman von Rolf Glöckner
LESEPROBE 5
Absturz und Flucht
Marc vertiefte sich
gelassen - um sie herum war es vollkommen ruhig - in die Steuerung
unmittelbar vor ihm. Einige der zahlreichen Beschriftungen konnte er
entziffern, andere versuchte er, so gut es ging, wenigstens zu
ergründen und dabei die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen
Instrumenten festzustellen.
„Okay“, sagte
er, „dieser Hebel hier reguliert wohl die Höhe dieses Flugkörpers;
das da scheint etwas mit der Steuerung nach oben und unten zu tun zu
haben, und dieser Drehschalter reguliert offensichtlich die
Geschwindigkeit. Ich versuche es nun einfach einmal.“
Er drehte ganz
langsam an dem Hebel und eine Anzeige veränderte sich zu einer
Instrumentenposition hin, die er glaubte, als Null zu erkennen.
„Jetzt versuche
ich, noch ein bisschen tiefer zu gehen.“
Er bewegte wieder
einen der Hebel. Auf einer großen Glasplatte, die plötzlich
durchsichtig wurde, konnte er jetzt nach draußen schauen: In weiter
Ferne tauchte gerade so etwas wie ein Horizont auf. Langsam bewegte
Marc den Hebel weiter und der Horizont kam näher.
„Musst du nicht
auch die Geschwindigkeit etwas drosseln, wenn du landen willst?“,
fragte June.
„Ja“, erwiderte
Marc, „das werde ich jetzt als nächstes versuchen. Wenn ich diesen
Hebel dort betätige, ergibt das ja unter Umständen eine
Richtungsänderung.“
Er versuchte es und
langsam wanderte der Horizont tatsächlich nach links.
„Und nun zur
anderen Seite, das scheint ja glücklicherweise sehr einfach zu sein.
Nun versuchen wir zu landen.“
Konzentriert bewegte
er die Hebel und Drehschalter, als June plötzlich ausrief: „Hier
waren wir doch schon einmal! Das ist die Burg dieser beiden komischen
Vögel. Versuche doch einfach, da zu landen, wir können dort
vielleicht unterschlüpfen.“
Marc erhöhte noch
etwas die Geschwindigkeit und rasch kam der Boden näher. Dann nahm
er die Geschwindigkeit wieder zurück, denn der mögliche Landeplatz
war inzwischen deutlich zu erkennen.
„Ich muss dieses
komische Gefährt jetzt sofort zu Boden bringen, koste es, was es
wolle“, und er betätigte entschlossen den Hebel, den er zuvor als
Bremse identifiziert hatte.
Plötzlich war ein
lautes Poltern an der Außenseite des Fluggerätes zu hören, die
Maschine drehte sich beinahe um sich selbst, sackte ab und schlug mit
einem lauten Klatschen auf sumpfigem Erdboden auf.
„Schnell raus
hier“, schrie Marc, „bevor uns die Besitzer dieses Fliegers
erwischen.“
Gemeinsam stürmten
sie hinaus aus der Zentrale, durch einen gewundenen Gang hindurch und
eine soeben aufgesprungene Luke, die sie direkt nach draußen führte.
Aus einer Höhe von etwa zwei Metern sprangen sie in das feuchte
Gelände hinab und rannten gemeinsam auf das Gebäude zu, das sich in
geringer Entfernung vor ihnen auftürmte.
Sie erreichten
gerade das Tor, als sich hinter ihnen - aus dieser Entfernung nahmen
sie das Flugzeug als eine nahezu kartoffelähnliche Kugel wahr -
einige Luken öffneten und eine bis an die Zähne bewaffnete Horde
von fürchterlich aussehenden Gestalten sich an ihre Verfolgung
machte. Marc und June erreichten schweratmend und wirklich in letzter
Sekunde das Tor, das sich wie von Geisterhand bewegt vor ihnen
öffnete, und sich, als sie hindurch gestürmt waren, wie von
Geisterhand wieder schloss.
Sie waren gerettet!