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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dienstag, 11. Juni 2013

Wie war's bei der Weltpremiere von FOR EVER & EVER MY LIFE AND PINK FLOYD?

Bostalsee und Zelt am Abend

Von Tonys Unfall über den "Fluchtversuch" über die Mauer
bis zur Rückholung durch Nadja. Mit dabei Ynot, sein zweites Ich



Saarländische Musicalproduktionen werden zielstrebig zum Markenzeichen und Exportschlager des Bundeslandes. Da weiß man, was drin ist! Angefangen in Neunkirchen, das die Bühnen und Stadtparks zu Musicallandschaften verwandelt und mit etlichen Produktionen wie ein Magnet das Publikum anzieht, bis hin zu Saarbrücker Produktionen. Am Abend des 07.06. gestartet und - wie einstmals das Riesen-Pic von Pink Floyd bei ihrer Animals-Tour Ende der 70er-Jahre - als Sound- und Bühnenspektakel am Bostalsee erstmals gezündet, sahen etwa 500 Gäste eine klasse Choreographie, Videoprojektionen und Lichtspiele, ansprechende und situationsgerechte Kostüme und Masken und ganz und gar nicht zuletzt sehr überzeugende Stimmen und Tänzer(innen) in der Weltpremiere des Musicals FOR EVER & EVER MY LIFE AND PINK FLOYD. 

60er-Party und 1974 in London
Das zweite Ich des Tony Day (Janko Danailow - ein zweiter Captain Sparrow/Johnny Depp) in zwiespältigem Schwarz-weiß, Juliet Felton (Maren Reimann) auffällig rot-dominant im Hosenanzug oder mal sexy schwarz im hautengen Lederanzug als Vocal, Tony Day (rundum überzeugend Michael Ewig) im Businesslook, seine strenge und gemeine Mutter (Jennifer Flaczek) in einem Kleid um 1900 auf Stelzen, seine Frau Susanna, die nicht in einer Trattoria als Wirtin enden wollte (mit starker Stimme Nina Vlaovic), seine Tochter Nadja, die ihn beeindruckend stark aus dem Jenseits zurückruft (hier: Maria-Lena Hecking), um nur einige zu nennen. Das Londoner Ambiente 1974 lebhaft und farbenfroh, originell und einfallsreich auf die Bühne gebannt. 

Und natürlich die Musik von Pink Floyd. Ich muss sagen, dass die Saarbrücker Coverband, die seit vielen Jahren eine ganz gefragte Formation ist, sogar die Nr. 1 in Deutschland war, mir gefälliger ins Ohr ging als die schwere Bass- und Wuchtwirkung einsetzende, von Pink Floyd "autorisierte" australische Formation unlängst in Trier. Waren die Australier näher dran am fast schon übersteuerten, lauten und gewaltigen Live-Sound der 60er-, 70er- und 80er-Jahre und zweifelsohne mit hervorragenden rockigen Fähigkeiten, entwickelten die Saarbrücker einen sauberen und trotzdem sehr originalnahen "Plattensound" inklusive astreiner Vocals. 

Bühnenansicht und Leadsänger
Michael Tangermann 
Die Band 2
Die Band 1























Ob Günter Werno (Vanden Plas) am Keyboard, Oleg Berlin am Sax, Michael Tangermann, Leadsänger, und Janine Dean und Katja Burgheim mit ganz stimmgewaltigen Vocals - die Musik schafft die großen Klangräume der Altmeister, produziert psychodelische und träumerische, rockige und beinharte Momente, die unter die Haut gehen. In der Bühnenarchitektur im Hintergrund auf einer die ganze Breite erreichenden Empore positioniert, konnten die Sänger(innen) genau in der Mitte der Bühne unter einer runden Videoleinwand ihre Darbietungen zelebrieren. Die Zuschauer sahen rechts von ihnen Percussion (Peter Hechler), die Drums (Achim Neckenig), die Vocals und an der Guitar (Knut Bausch), links von ihnen Keyboards, Saxophon, Bass-Guitar (Jörg Schmitt) und Rhythm-Guitar (Rolf Staudt). Die Leinwand bildete den höchsten Punkt eines vorderen halbkreisförmigen Lichtbogens, der wie ein Tor wirkt.

Die Story um Tony Day beginnt an dem Tag, an dem sein Wunschtraum in Erfüllung geht, dass seine geliebte Tochter Nadja - von Juliet Felton gecoacht, was ihr Vater arrangiert und finanziert hat - einen wichtigen Auftritt als Musicalsängerin im Ensemble mit Proben im "Darkside, Live-Rock" vorbereitet. Bei der Probe wird ihr die erschreckende Nachricht überbracht, dass Tony einen Autounfall hatte und schwer verletzt wurde. Sie eilt, begleitet unter anderem von Vaters Bruder Franco und Juliet, in die Klinik. Dort wird sie darüber unterrichtet, dass ihr Vater ins Koma gefallen ist und alles sehr ernst aussieht. Tony Days Auftritt beginnt hier durch das geschickte Regiearrangement als Geist seiner selbst, der versucht über die Grenze des Lebens, eine Mauer, ins Jenseits zu gelangen. Sein alter Ego, Ynot (Why not = Warum nicht?), das zweite Ich zwischen Tod und Leben, hält ihn davon ab, und fordert ihn auf, sein Leben noch einmal zu betrachten, ob nicht doch etwas da wäre, was ihn zurückhole, denn seine Zeit sei noch nicht gekommen.


Mobbing gegen Tony und übermächtige Mutter
So beginnt eine Reise durch die Vergangenheit, mit der Musik von Pink Floyd als Zeitzeugen - von den 60er-Jahren bis in die 90er. Alle großen Songs sowie etliche unbekanntere Leckerbissen werden aufgeführt. Das Mobbing durch Mitschüler, die dominante Mutter als überlebensgroße Figur auf Stelzen, das Familienklima gestört und durch autoritäre Strukturen wie schlechte Kommunikation gekennzeichnet. Nach einem Überfall durch Mitschüler sind Bücher beschädigt, wofür ihn seine Mutter bestraft, obwohl er nichts dafür kann. Seine Frau Susanna, die er beim Tanzen kennen lernt, wirft im später vor, sich nur um sich selbst und sein Business gekümmert zu haben. Sie kündigt die Ehe und ihren Einsatz als Wirtin in einem schlecht gehenden Restaurant (Trattoria da Tony) und verlässt Tony. Nadja, noch klein, geht nicht mit, sie hört die Frage auch gar nicht, fast schon autistisch mit sich selbst beschäftigt ... Eine dramatische Szene, die Nina Vlaovic und Michael Ewig mit Gefühlstiefe hervorragend gestalten. 

Susanna verlässt die Familie
Tony arbeitet zielbewusst und mechanisch - wie mit Scheuklappen - an seiner Karriere, liebt seine Tochter, dennoch behandelt er sie wie einen Automaten, sie muss gehorchen, sie muss Erfolg haben! Steve, ein Freund von Nadja, wirft ihm das vor. Tony hat es nie leicht gehabt, alle benutzen ihn, nutzen ihn aus. Sein Bruder leiht sich ständig Geld, Juliet merkt, dass sie mit dem Coaching gut bei ihm verdienen kann usw. Seine eigene Tochter erlebt er ablehnend wie eine steinerne Wand. Sein einziger Trost ist die Musik von Pink Floyd. Sie veränderte sein Leben, sie versetzte ihn in Ekstase und vertrieb die Schwermut! Dennoch nicht so stark, dass er sich den Plan verkneifen konnte, aus dem Leben zu scheiden als ein scheinbares Mordopfer. Denn wie Nadja und alle Beteiligten erfahren, waren die Bremsleitungen seines Wagens durchgeschnitten. 

Die Regisseurin und Choreographin Ellen Kärcher, bekannt aus zahlreichen Musicalproduktionen als Buchautorin, Regisseurin und Choreographin, so bei "BeGeistert", der  "Wasserphantasie" und "Der Jedermann - das Musical!" in Neunkirchen 2012, lässt die Beteiligten in einem Art Verhör ins Rampenlicht treten, um festzustellen, inwieweit sie die Schuld an diesem Anschlag treffen könnte. Wie sich jedoch am Ende zeigt, war Tony es selbst, der seinen Selbstmord vertuschen wollte. In einer ergreifend dramatischen Szene bittet Nadja ihren Vater, zurückzukehren, sie nicht alleine zu lassen und hat Erfolg. Sie holt ihn aus dem Koma zurück. Er fühlt sich dazu auch stark genug, nicht mehr als "Uhrwerk", als ihn sein zweites Ich zurückschickt: "Jetzt erkenne ich den Sinn, mein Leben hat wieder einen Sinn!"

Die Produktion dieses beeindruckenden Werkes hat 100 Leute beschäftigt, wovon auch die meisten mit auf Tournee gehen. Tony Day (am Info- und Kartentresen) schrieb das Buch, Story und Script stammen von Achim Neckenig (Drums), der auch Music Supervisor ist, B. T'ybl, Ellen Kärcher und Jan Schuba, Kostüme und Requisite betreuten Simone Georg und Julia M. Geisert. Ein Musical, das seinen Weg machen wird. Der Motor des Ganzen ist die Freude der Musiker und Darsteller an Pink Floyd, die sie schon immer lieben. Urteilen Sie selbst!

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