Branford Marsalis, geboren am 26. August 1960 in Beaux Ridge, nahe New Orleans, studierte von 1979 bis 1981 an der Berklee School Of Music in Boston. Seine Kooperationen und Meisterschritte hießen Art Blakey, Lionel Hampton, aber auch Wynton Marsalis. Herbie Hancock, Clark Terry, Public Enemy und Grateful Dead muss man auch nennen, obwohl ganz unterschiedliche Musikrichtungen vorliegen. Eine sehr fruchtbare Schaffenszeit hatte er mit Sting, sein Funk-Pop-Jazz Projekt Buckshot LeFonque machte Dancefloor-Geschichte, dennoch wandte er sich ganz ab vom kommerziell ausgerichteten Auftragsmusiker. Mit seinem Jazz-Quartett Joey Calderazzo (Piano), Eric Revis (Bass), früher Jeff 'Tain' Watts, in Heidelberg Evan Sherman (Schlagzeug), trägt Marsalis zur modernen Jazzgeschichte bei.
Er kümmerte sich um Nachwuchskünstler bei Columbia und gründete nach 2000 sein eigenes Label Marsalis-Music. Bei Universal erhielt er die nötige Unterstützung, nachdem die Einnahmen zu wünschen übrig ließen.
"Unsere Musik liebt man oder man hasst sie. Dazwischen gibt es nichts", äußerte er einmal in einem Interview. Manche haben den Namen noch nie gehört, Jazz-Fans wissen, wer gemeint ist, aber auch Klassik- und STING-Fans, z.B. "An Englishman in New York".
In Heidelberg im Rahmen von Enjoy Jazz 2014 trat das Quartett am 5. November in der Stadthalle auf. In Konzerten pflegt Branford Marsalis die Kunst des Understatements. Bescheiden und mit Kalkül zieht er sich zurück, wenn er nichts zu tun hat, und steht vorne, wenn es darauf ankommt - zu Beginn des Konzerts verschwand er ganz hinter dem Vorhang, später stellte er sich nur noch diskret nach hinten, seine Einsätze nahmen auch deutlich zu. Der Einstieg dynamisch mit Cool Jazz MIGHTY SWORD, ein Stück weit getragen durch lang anhaltende Alt- und Sopransaxophonpräsenz, gefolgt von MAESTRA, ernster und virtuoser Jazzpianosolo zum Entrée und lange Bassstrecke inklusive, Sahnehäubchen Sax am Ende. JACK BAKER mit schnellen Beats, sehr eilig und reichlich hektisch mit Sax zum Einstieg und rasantem Piano zur Festigung der Chaostheorie. Beim Bass hatte man sehr oft am Abend den Eindruck, er sause die Treppe hoch und runter, die Drums mit Beatkaskaden und passgenau, mittendrin souverän und klar Branford mit seinen Saxes. IN A SENTIMENTAL MOOD mit Bepop- und Miles-Davis-Reminiszenzen bietet viele lyrische Passagen, melodisch-emotionales, traurig erzählendes Piano, die Stimmung wesentlich auch mit gerührtem Drumbesen unterlegt. Sehr nahe gehende Dialoge Sax-Piano mit dezentem Klagen fesseln den Zuhörer - außerordentlich beeindruckend waren darin in der letzten Zeit in Deutschland Michael Wollny und Heinz Sauer (!). Danach folgten weitere Erfolgstitel zum Erkennen für die Fans. Der fünfte und die nachfolgenden Titel unter dem Projektnamen SOMETHING ELSE in schnellen groovigen Schritten mit ordentlichen Staccatissimi, vorwärts peitschende Jazzrhythmen wie in Titel eins. Oder wild flehendes und fiepsendes Sax zu zittrig gestrichenem Bass, das Piano präpariert und schlagende atonale Halbtonakkorde. Dann wieder melodisches Sax zu langsam schreitendem Bass, das Sopransax Assoziationen zu Minimalorient bietend. Branford zählt zu den besten Sopransaxophonisten weltweit, neben Sidney Bechet, John Coltrane, Steve Lacy, Jerome Richardson, Wayne Shorter und Kenny G. In der Zugabe dann als erstes Lied ST. LOUIS BLUES, ein jazzig verfremdetes Stück, das New Orleans noch deutlich mitschwingen ließ, aber eben gekonnt anders!
Das Branford Marsalis Quartet ist absolut fit in Bepop und Cool sowie vielen anderen Richtungen ... Die hohe Virtuosität brauchte eine Anlaufzeit, um dann spätestens im vierten Titel nach fast zu perfekten und glatten Arrangements emotional nach vorne zu treten. Das Piano sehr gut und reichhaltig, der Bass agil und "busy", die Drums astrein. Wer in Branford Marsalis Musikkarriere stöbert, findet sehr viele Facetten seines Könnens. Die Bandbreite ist enorm!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen