Michael Proksch
Dorothea Ebert
Und plötzlich waren wir Verbrecher
Geschichte einer Republikflucht
Im Sommer 1983 unternahmen die Geschwister Michael und Dorothea aus Dresden, beide Musiker, zusammen mit Dorotheas Mann und einem befreundeten Kunststudenten einen Fluchtversuch. Sie wollten während einer Ferienreise zu Fuß über die bulgarische Grenze nach Jugoslawien. Eltern und Freunde wussten nichts davon. Der Versuch scheiterte. Anfang 1984 wurden sie zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt und um die Jahreswende 1984/85 von der Bundesrepublik freigekauft.
Was brachte junge Menschen mit, wie es schien, guten Aussichten in der DDR dazu, das Risiko einer Republikflucht auf sich zu nehmen? Wie erlebten sie das Scheitern? Wie kamen sie im Gefängnis zurecht, als »Politische« unter Kriminellen? Der DDR-Alltag außerhalb und innerhalb der Gefängnisse und eine gescheiterte Flucht, erzählt aus der Perspektive von Schwester, Bruder und Mutter, die in Dresden zurückblieb.
dtv, 320 S., 14,90 €
Die Geschwister Dorothea und Michael Proksch wohnten in dem damaligen In-Viertel der Musiker und Künstler in der inneren Neustadt von Dresden. Sie hatten die Nase voll von der ideologischen Gehirnwäsche, die das Musikstudium überlagerte. Aufforderungen zur Bespitzelung anderer, selbst und gerade bei einem Parisaufenthalt, den Dorothea wahrnehmen darf. Dort sieht sie, was freies Leben bedeuten kann. Auch ihre WG-Mitbewohner sind begeistert. 1983 beschließt das Geschwisterpaar zu fliehen, gemeinsam mit den beiden Freunden. Sie besiegen ihre Angst und flüchten zunächst über Ungarn, dann über Bulgarien.
Dort werden sie im Gebirge von einem bulgarischen Grenzsoldat mit einer MP im Anschlag gestoppt.
"Wir liegen wehrlos auf dem Boden - bäuchlings. Die Soldaten kommen, halten uns ihre Gewehrläufe in den Nacken und mich ergreift das Gefühl, mein Leben sei jetzt zu Ende: Die Todesangst, die ich empfand, als ich erkannte, dass ein Gewehr auf mich gerichtet war und nur abgedrückt werden musste, bleibt wohl in meinem Gedächtnis unauslöschlich haften. Das kalte Eisen des Gewehrlaufs berührt meinen Nacken und meine Hände werden auf dem Rücken mit Lederbändern gefesselt."
Sie werden inhaftiert in dreckigen, kalten Gefängnissen der bulgarischen Staatssicherheit, nach Hohenschönhausen in der DDR gebracht, von dort nach Dresden, wo die Gefangenen schließlich zu 2 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt werden. Zuchthaus Brandenburg und Frauenzuchthaus Hoheneck heißen die Stationen, bis sie die Bundesregierung zur Jahreswende 1984/85 freikauft.
Das Geschwisterpaar kann aufatmen, es entscheidet sich für München. Dort werden sie erfolgreiche Musiker. Die fast zwei Jahre als Häftlinge werden sie nie vergessen. Wenige Jahre später fiel die Grenze.
Dorothea Ebert, geboren 1960 in Dresden, absolvierte die Meisterklasse im Fach Violine an der Musikhochschule in Dresden und konzertierte bereits während ihres Studiums im In- und Ausland. Nach der Ausbürgerung setzte sie ihr Studium in Salzburg bei Sandor Vegh fort, nahm am Internationalen Kammermusikfest in Lockenhaus teil und trat danach zusammen mit Gidon Kremer im Wiener Konzerthaus auf. Sie ist seit 1987 als Dozentin am Richard-Strauss-Konservatorium, heute Hochschule für Musik und Theater, in München tätig und gehört seit 1988 als Geigerin dem Bayerischen Staatsorchester an.
Michael Proksch, geboren 1958, studierte Klavier an der Musikhochschule in Dresden, setzte nach der Ausbürgerung seine Klavier- und Kompositionsstudien in Genf, München und Berlin fort und ist heute freiberuflicher Komponist und Pianist. Er gab Konzerte im In- und Ausland, war 2006 »Composer in Residence« der Klassik Stiftung Weimar und 2007 Preisträger im Kompositionswettbewerb des Tonkünstlerverbandes. Er komponierte Musik für Bühnenprojekte, Hörbücher und Filmproduktionen und veröffentlichte Werke zur Klavierdidaktik.
Dorothea Ebert
Und plötzlich waren wir Verbrecher
Geschichte einer Republikflucht
Im Sommer 1983 unternahmen die Geschwister Michael und Dorothea aus Dresden, beide Musiker, zusammen mit Dorotheas Mann und einem befreundeten Kunststudenten einen Fluchtversuch. Sie wollten während einer Ferienreise zu Fuß über die bulgarische Grenze nach Jugoslawien. Eltern und Freunde wussten nichts davon. Der Versuch scheiterte. Anfang 1984 wurden sie zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt und um die Jahreswende 1984/85 von der Bundesrepublik freigekauft.
Was brachte junge Menschen mit, wie es schien, guten Aussichten in der DDR dazu, das Risiko einer Republikflucht auf sich zu nehmen? Wie erlebten sie das Scheitern? Wie kamen sie im Gefängnis zurecht, als »Politische« unter Kriminellen? Der DDR-Alltag außerhalb und innerhalb der Gefängnisse und eine gescheiterte Flucht, erzählt aus der Perspektive von Schwester, Bruder und Mutter, die in Dresden zurückblieb.
dtv, 320 S., 14,90 €
Die Geschwister Dorothea und Michael Proksch wohnten in dem damaligen In-Viertel der Musiker und Künstler in der inneren Neustadt von Dresden. Sie hatten die Nase voll von der ideologischen Gehirnwäsche, die das Musikstudium überlagerte. Aufforderungen zur Bespitzelung anderer, selbst und gerade bei einem Parisaufenthalt, den Dorothea wahrnehmen darf. Dort sieht sie, was freies Leben bedeuten kann. Auch ihre WG-Mitbewohner sind begeistert. 1983 beschließt das Geschwisterpaar zu fliehen, gemeinsam mit den beiden Freunden. Sie besiegen ihre Angst und flüchten zunächst über Ungarn, dann über Bulgarien.
Dort werden sie im Gebirge von einem bulgarischen Grenzsoldat mit einer MP im Anschlag gestoppt.
"Wir liegen wehrlos auf dem Boden - bäuchlings. Die Soldaten kommen, halten uns ihre Gewehrläufe in den Nacken und mich ergreift das Gefühl, mein Leben sei jetzt zu Ende: Die Todesangst, die ich empfand, als ich erkannte, dass ein Gewehr auf mich gerichtet war und nur abgedrückt werden musste, bleibt wohl in meinem Gedächtnis unauslöschlich haften. Das kalte Eisen des Gewehrlaufs berührt meinen Nacken und meine Hände werden auf dem Rücken mit Lederbändern gefesselt."
Sie werden inhaftiert in dreckigen, kalten Gefängnissen der bulgarischen Staatssicherheit, nach Hohenschönhausen in der DDR gebracht, von dort nach Dresden, wo die Gefangenen schließlich zu 2 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt werden. Zuchthaus Brandenburg und Frauenzuchthaus Hoheneck heißen die Stationen, bis sie die Bundesregierung zur Jahreswende 1984/85 freikauft.
Das Geschwisterpaar kann aufatmen, es entscheidet sich für München. Dort werden sie erfolgreiche Musiker. Die fast zwei Jahre als Häftlinge werden sie nie vergessen. Wenige Jahre später fiel die Grenze.
Dorothea Ebert, geboren 1960 in Dresden, absolvierte die Meisterklasse im Fach Violine an der Musikhochschule in Dresden und konzertierte bereits während ihres Studiums im In- und Ausland. Nach der Ausbürgerung setzte sie ihr Studium in Salzburg bei Sandor Vegh fort, nahm am Internationalen Kammermusikfest in Lockenhaus teil und trat danach zusammen mit Gidon Kremer im Wiener Konzerthaus auf. Sie ist seit 1987 als Dozentin am Richard-Strauss-Konservatorium, heute Hochschule für Musik und Theater, in München tätig und gehört seit 1988 als Geigerin dem Bayerischen Staatsorchester an.
Michael Proksch, geboren 1958, studierte Klavier an der Musikhochschule in Dresden, setzte nach der Ausbürgerung seine Klavier- und Kompositionsstudien in Genf, München und Berlin fort und ist heute freiberuflicher Komponist und Pianist. Er gab Konzerte im In- und Ausland, war 2006 »Composer in Residence« der Klassik Stiftung Weimar und 2007 Preisträger im Kompositionswettbewerb des Tonkünstlerverbandes. Er komponierte Musik für Bühnenprojekte, Hörbücher und Filmproduktionen und veröffentlichte Werke zur Klavierdidaktik.
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