Engel des Vergessens
Roman
Göttingen 2011, 288 S., geb., Schutzumschlag
18,90 € (D); Wallstein Verlag
Zu Beginn von Maja Haderlaps Roman ist die Ich-Erzählerin ein kleines Mädchen: Sie erzählt vom kargen Alltag in der Abgeschiedenheit der Kärntner Berge, von der dominanter Großmutter und dem schwierigen Verhältnis zwischen Vater und Mutter. Ihr Vater griff schon mal zur Flinte und drohte alle zu erschießen, worauf sich die Kinder hinter Bäumen im Sicherheitsabstand zum Haus versteckten. Dieser Vater richtete nach ihren Worten regelrechte "Verwüstungen" in ihrer Seele an. Sie beobachte ihre Umgebung genau und schildert die Eindrücke einer bäuerlichen Kindheit präzise und sinnlich.
Durch diesen unvoreingenommenen kindlichen Blick wird die Geschichte der Kärntner Slowenen im 20. Jahrhundert behutsam aufgerollt. Erst langsam begreift die Erzählerin die Zusammenhänge: Die Großmutter wurde von den Nationalsozialisten deportiert und überlebte das Konzentrationslager, der Vater schloss sich noch als Kind den Partisanen im Wald an. Doch die geschichtlichen Ereignisse beeinflussen das Leben in der vermeintlichen Abgeschiedenheit bis in die Gegenwart: Die Kriege im Zusammenhang mit der Auflösung Jugoslawiens erlebt die Ich-Erzählerin als junge Frau, die in ein eigenes Leben aufbricht.
Die im slowenischen Teil Österreichs geborene Autorin formt in ihrem fulminanten Romandebüt die Geschichte des slowenischen Volkes zu einem großen Gesang.
Die Autorin
Maja Haderlap, geb. 1961 in Eisenkappel/Zelezna Kapla (Österreich), studierte Theaterwissenschaft und Germanistik an der Universität Wien. Sie war von 1992 bis 2007 Chefdramaturgin am Stadttheater Klagenfurt und unterrichtet regelmäßig am Institut für Angewandte Kulturwissenschaft der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt. Seit 2008 lebt Maja Haderlap als freie Schriftstellerin in Klagenfurt. Sie veröffentlichte Gedichtbände auf Slowenisch und Deutsch sowie Übersetzungen aus dem Slowenischen.
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