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Mittwoch, 18. Juli 2012

Buchbesprechung (seltene Bücher): DIE WAHRHEIT DES K. BISST von Lorenz Lotmar - Schweizer Literatur nach 1945

Lorenz Lotmar
Die Wahrheit des K. Bisst
Roman
CH-Oberegg 1982,158 Seiten
ISBN 3-85830-020-9
CHF 24.-, EUR 13.80, Orte Verlag


Die Wahrheit des K. Bisst: Das ist die Geschichte eines Mannes, der in einer imaginären Welt lebt, weil er die Welt, so wie sie sich präsentiert, nicht erträgt. Aber K. Bisst ist nicht einer, der flüchtet. Er lebt. Wahrhaftiger als die Mitmacher, wirklicher als die Angepassten. Zwar wird er nie mehr als Schiedsrichter ein großes Spiel zwischen zwei großen Mannschaften anpfeifen, aber er pfeift dennoch täglich eines an ... und verunsichert damit alle, die sich, wie seine Psychiater, für die Normalität entschieden haben.
Lorenz Lotmar hat mit diesem Roman schon vor Jahren ein Buch geschrieben, das, wenn man so will, die Unruhe der Jugend vorweggenommen hat. Auch Lotmar ging es darum, dass Fantasie an die Macht kommt und Bürokratie und die Manager der Zerstörung endlich ihre Mäntel und Krawatten ausziehen.

Lorenz Lotmar wurde 1945 in Aarau/Schweiz geboren. Er begann mit 20 zu schreiben und verdiente sich sein Leben als Schlagzeuger. Später in Zürich schrieb er seinen ersten Roman und begann die Arbeit an der Trilogie "Die Opferung". 1980 nahm er sich in München das Leben. Er hinterließ ein umfangreiches Werk.

Im orte-Verlag erschienen: "Die Wahrheit des K. Bisst", "Der Handlinienmann", "Irgendwie einen Sonntag hinter sich bringen" und "Die Opferung", Roman (1991). Bisher unveröffentlicht sind zahlreiche Manuskripte, darunter Erzählungen, Hörspiele, Theaterfragmente und Notizen. Derzeit entstehen aus der "Opferung" ein Theaterstück und ein Spielfilm.


Hartmut Gürtler, in scribd.com über den Autor:
"Mit den Verlagen und Medien hatte Lotmar karrieremässig viel verdient, auch noch posthum: Ein ehemaliger Kulturredaktordes „Sterns“ schrieb Gürtler, er fühle sich mitschuldig an Lotmars Tod und versprach Unterstützung bei der Veröffentlichung des Nachlasses - nichts hat er gehalten. Lotmar durchschaute das Kasperlitheater der Feuilletonredaktionen, trieb mit ihnen sein Spiel. Und sie fielen - gedankenlos, wie sie sind - darauf herein. Einem Blatt sagte er, er meditiere und schriebe in einem großen Sarg mit Neonbeleuchtung und bequemer Polsterung, der inmitten seines Arbeitszimmers stehe. Die Lüge wurde von weiteren Publikationen nachgeplappert. Er bewies damit, dass diese Redaktionen voneinander abkupferten und nur nach billigen Sensationen lechzten.
Lotmar lehnte sich gegen Zwänge im Leben auf, dennoch war sein eigenes Leben sehr genormt: Schreiben von 8.15 bis 12.15, dann Mittagessen im „Blutigen Daumen“, später ein kurzer Schlaf und ein Spaziergang, worauf er wieder arbeitete. Mit einer verbissenen Ausschließlichkeit widmete er sich, offenbar sehr selbstdiszipliniert, dem Schreiben. Er schrieb - in blauer Arbeitskleidung und mit Wachs in den Ohren - in einem abgedunkelten Zimmer (in München hatte er es sogar mit Isolierplatten ausgestattet.) An die Wand machte er aus Zeitschriften ausgeschnittene Männerportraits, die ihm als Vorlagen für seine Figuren dienten (Einer dieser Männer ziert das Titelbild der „Opferung“). Selber gelesen hat Lotmar laut Peter Fritz wohl relativ wenig, weil seine Augen rasch ermüdeten. „Die Blendung“ von Canetti war für ihn das bedeutendste Buch. Lotmar mochte Silvia Plath, Kurt Tucholsky, James Joyce und Vance Packard."

Hartmut Gürtler zu DIE WAHRHEIT DES K. BISST

Eine interessante Parabel über einen ehemaligen Schiedsrichter, der offiziell nicht mehr aktiv ist, sich aber dennoch weiterhin als der Schiedsrichter wähnt, und dies sogar über den Spielfeldrand hinaus ... Er begreift die ganze Welt als Fussballgeschehen, über das er entscheiden kann. „Die Wahrheit des K. Bisst“ wurde von Günter Kunert fürs Fernsehen verfilmt (Erstausstrahlung: ZDF, 22. Januar 1985).

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