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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Dienstag, 21. Oktober 2025

Klassentreffen nach einem halben Jahrhundert

Der alte Teil des Gymnasiums, Richtung Stadt.
Auf der entgegengesetzten Seite der Neubau.
© Ralph Hammann - Wikimedia Commons, Creative Commons


Fast fünfzig Jahre ist es her: das Abitur. Na gut, wollen wir genau bleiben, 47 Jahre.  Der Schulhof war voller Laub, die Fahrradständer voll, aufgestellt Pavillons sprich Baracken wegen der hohen Schülerzahl. Die Zukunft danach, der Rückblick heute, ein flimmernder Horizont. Wir treffen uns in einem Zentrum für Behindertenhilfe mit einem eigenen kleinen Gastraum – gealtert, ergraut, manche schon schneeweiß, teils gebeugt, teils gehandicapt, doch mit denselben Stimmen, nur reifer, manchmal leiser geworden.

Wir reden über Lehrer, Mitschüler, sechs von uns sind schon gestorben, ganz schlimm der eine, der sich vor den Zug warf, kurz nach dem Abitur, über Wege, die wir gegangen sind, und Orte, die wir in neun gemeinsamen Jahren (individuell auch weniger) besuchten. Aber was uns wirklich verbindet, sind die Nächte, in denen wir feierten, im Stiftskeller, einem Gewölberaum mit Disco fing alles an, direkt an der Queich, neben der Kirche, das Kino nicht weit.

Tanzabende im Kellergewölbe an der Stiftskirche, wo der DJ die Platten noch von Hand auflegte. Hit auf Hit, heißer und heißer: „Smoke on the Water“ von Deep Purple, Queens "Bohemian Rhapsody", ein Jahrhundertstück – theatralisch, wild, unvergänglich, Pink Floyd mit "Wish You Were Here", melancholisch, sphärisch – der Sound des Abschieds und der Erinnerung, Led Zeppelin mit "Stairway to heaven", monumental und hypnotisch – ein Rock-Mythos, Aerosmith mit "Sweet Emotion", dreckig, sexy, amerikanisch, Fleetwood Mac – "Rhiannon", magisch, flirrend – kurz vor dem großen Durchbruch der Band. David Bowie und noch viele, viele mehr - Schweiß, Wein, Bier, Cola-Rum, Limo, viel zu laute Boxen. Wie wir uns aneinander drängten, tastend, lachend, scheu und kühn zugleich unsere Mädchen eroberten. Wie jemand draußen auf dem Mofa saß, die ersten Zigaretten drehte, und der Mond schien, als würde er auch tanzen wollen. 

Und dann die Feten in den Partyräumen oder Zimmern in unseren Elternhäusern, wenn die Eltern mal weg waren, auf Kur, oder einfach zu gutgläubig. Matratzen auf dem Boden, Kerzen im Gurkenglas, Nudelsalate, Hähnchen im Backofen, roter Wein aus der Tüte. Wir liebten, wie nur Jugendliche lieben, die glauben, die Zeit sei endlos und ihre Körper unsterblich.

Manche Lieben brannten heiß und kurz, andere flackern noch heute in den Augen, wenn zwei sich wiedersehen, nach fünf Jahrzehnten – und plötzlich wissen: Das war ich, das warst du!

Draußen die Welt, wieder unruhig. Einer in Amerika verteilt Grenzen wie Spielkarten, die Ukraine wird erneut zur Wette der Geschichte. Wir hören es, wir nicken, aber für diesen Abend gehört uns die Zeit.

Ein religiöser Freund stellte eine Vergrößerung des gesamten Jahrgangs aus, mit sechs Kerzen davor, wir sprachen ein Gebet für die alten Freunde. 

Und plötzlich werden sie alle wieder wach, diese ziemlich alten Körper, die mal jung waren und unbesiegbar. Heiße Diskussionen, Gelächter, Witze, Erinnerungen und Wiederbegegnungen ... und für einen Atemzug lang sind wir wieder sechzehn, siebzehn, achtzehn und älter – verliebt, verloren, Rivalen, Freunde, albern, voller Hoffnung und wild auf das Leben.

Die ganzen guten Erinnerungen, vielleicht ist das alles, was bleibt. Und vielleicht ist das genug. Aus diesem Grund wird auch das echte 50. Jubiläumsjahr heiß erwartet.



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