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Donnerstag, 9. Mai 2019

Ludwigshafen: Frühzeitig in Schulen auf die Nazi-Verbrechen und Schwerstdiskriminierung von Minderheiten, Andersdenkenden aufmerksam machen


Ausstellung zu Anne Frank in Ludwigshafen eröffnet


„Es gibt keinen sinnstiftenderen Ort als Schulen, eine solche Ausstellung zu zeigen“, sagte Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder bei der Eröffnung der Schau „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ in der Aula des Theodor-Heuss-Gymnasiums und der Anne-Frank-Realschule plus in Ludwigshafen. Millionen von Menschen hätten das Tagebuch der Anne Frank gelesen. Es erlaube, sich nicht wissenschaftlich-abgehoben mit der NS-Zeit zu beschäftigen, sondern aus der unmittelbaren Perspektive eines jungen Mädchens, das nur wenige Wochen vor der Befreiung im Konzentrationslager Bergen-Belsen starb. Er erinnerte sehr eindringlich daran, dass es „mitten in unseren Städten begann und in den Vernichtungslagern endete“. Wieder fragte, wie sich die Gewalt in einer modernen zivilisierten Gesellschaft entwickeln“ konnte, und schlug den Bogen zu heute: „Hätten wir mehr Mut und Zivilcourage aufgebracht? Widerstehen wir den Tendenzen des respektlosen Umgangs?“ – und verwies auf die Hasstiraden in den sozialen Netzwerken. Er forderte: „Wir dürfen nicht wegschauen, wenn andere diskriminiert werden.“

[Anmerkung: Ganz wichtig ist es, freiheitlich-demokratische Anschauungen und Denkweisen in die Kernzellen bzw. Familien des gewalttätigen Nationalismus, der Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz auch in Haupt- und Realschulen zu tragen. Dort findet bekanntlich weder der zweite Weltkrieg noch die Nazi-Verbrechen in irgendeiner Ausführlichkeit, sehr häufig überhaupt nicht statt. Die Schüler und ihre Eltern wollen das zumeist gar nicht hören, oder es ist keine Zeit mehr den Lehrplan zu Ende zu führen, oder es fehlen Lehrkräfte, oder die Schüler laufen davon.]


Prof. Dr. Cornelia Reifenberg, Bürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen, rief in Erinnerung, dass Anne Franks Familie, und zwar der Urgroßvater, aus dem pfälzischen Landau stamme. Eine besondere Verantwortung käme den Schulen zu, denn diese müssen „ein Ort der Toleranz und Vielfalt“ sein. Das Rahmenprogramm, das der Bezirksverband Pfalz um die Ausstellung gewoben habe, bezeichnete sie als „bemerkenswert“. Patrick Siegele, Direktor des Anne Frank Zentrums Berlin, das die Wanderausstellung erarbeitet hat, freute sich über die hochmotivierten Peer Guides, die Schulklassen und andere Gruppen durch die Ausstellung führen, sowie das vielfältige Begleitprogramm. Er erläuterte die Ausstellung, die aus einem historischen Teil und einem aktuellen Teil bestehe. Sie zeige die Perspektive der Betroffenen, aber auch der Täter und Zuschauer. „Wir brauchen eine wehrhafte Demokratie und einen funktionierenden Rechtsstaat.“ Siegele interviewte auch drei der 30 Peer Guides der neunten bis elften Klassenstufe: Der geschichtliche Aspekt hat Nele besonders angesprochen, für Pietro war klar, dass er sich als Schüler einer Schule gegen Rassismus bei diesem Projekt engagieren will, und Noa fasziniert die Idee, die Verantwortung, die wir durch unsere Geschichte haben, weiterzutragen.


Friedrich Burkhardt, Direktor des Theodor-Heuss-Gymnasiums, drückte seine große Freude über die gemeinsame Aktion der beiden Schulen aus. Sie sei „eine Chance für den Geschichts-, aber auch den Deutsch- und Sozialkundeunterricht“. Die Auseinandersetzung mit dem Einzelschicksal gebe besondere Ansatzpunkte, etwa für die Frage, wie man sich selbst verhalten würde. Das Projekt rege dazu an, auch die regionale Geschichte zu erforschen. Die Anne-Frank-Realschule plus sei hellauf begeistert gewesen, als der Bezirksverband Pfalz mit der Ausstellung auf sie zukam, sagte Schulleiter Johannes Thomas. Zunächst gewöhnungsbedürftig, aber dann hervorragend sei das Konzept, dass Jugendliche Gleichaltrige führen würden. Die Peer Guides hätten sich in einer zweitägigen Ausbildung auf ihre Aufgabe vorbereitet und würden „ihr Wissen mit großer Begeisterung“ vermitteln. Er hob hervor, dass darüber hinaus die Medien-AG der Schule Texte eingesprochen habe; die Audio-Guides könne man über QR-Codes in der Ausstellung in Deutsch, Italienisch, Türkisch und Arabisch über das Smartphone abrufen. Für die musikalische Gestaltung der Eröffnung sorgte der Leistungskurs Musik der elften Klasse des Theodor-Heuss-Gymnasiums unter Leitung von Friedrich Burkhardt.


Die Ausstellung in der Aula der beiden Ludwigshafener Schulen, Freiastraße 10, ist bis 28. Mai bei freiem Eintritt montags, dienstags und donnerstags von 8 bis 17 Uhr, freitags von 8 bis 15.30 Uhr, am Sonntag, 12. Mai, von 11 bis 18 Uhr und an den übrigen Sonntagen von 11 bis 16 Uhr zugänglich. Jeden Sonntag um 14 Uhr finden kostenlose Führungen statt. Das Begleitprogramm zur Ausstellung in Ludwigshafen, Frankenthal, Limburgerhof, Neustadt und Speyer umfasst unter anderem Vorträge, Lesungen, Theateraufführungen und Filmvorführungen sowie Workshops für Schulklassen; das Programm ist abrufbar unter www.bv-pfalz.de/annefrank. Gefördert wird das Projekt von der BASF SE, der Versicherungskammer Kulturstiftung, der Sparkasse Vorderpfalz und der Fuchs Schmierstoffe GmbH in Mannheim.




Freuen sich über die gute Resonanz (von links): Johannes Thomas, Schulleiter der Anne-Frank-Realschule plus, Patrick Siegele, Direktor des Anne Frank Zentrum Berlin, Prof. Dr. Cornelia Reifenberg, Bürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen, Theo Wieder, Vorsitzender des Bezirkstags Pfalz, Friedrich Burkhardt (Direktor des Theodor-Heuss-Gymnasiums)



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