Siegbert Münch
Schneedorf
Kurzgeschichten
Wir wurden immer dünner, die Kinder und ich. Es war ja auch nichts mehr
Essbares da. Manchmal habe ich Suppe von Heuresten gekocht, damit die
Kinder etwas im Bauch hatten. Sie wisse nicht mehr genau wann,
jedenfalls vor Weihnachten habe es gekratzt am Fensterladen. Danach habe
sich ihr Mann ein paarmal mit seinem Spezi, dem Kaucher, getroffen. Von
da an hat der Bernhard abends das Haus verlassen. Im Holzschuppen nach
dem Rechten sehen, hat er behauptet und seine Spur zeigte auch nur über
den Hof. Er hat von diesem Tag an nicht mehr über Hunger geklagt, obwohl
er kaum mehr etwas aß. Nur Schneewasser hat er getrunken, viel. Warum
sie nicht gleich die Polizei verständigt habe, als sie ihren Mann
gefunden hatteIch war so böse, wie er dalag, nackt, mit feistem Bauch, die Hände auf den Rücken gefesselt, erstickt an einer Speckseite im Rachen. Während die Kinder und ich beinahe verhungert wären, hat er sich jeden Abend den Wanst vollgehauen. Hinter idyllischen Türen und Fenstern hockt das Grauen, getarnt als Harmonie, als Liebe, als Familienfreude - doch wer die Fassade zu durchdringen vermag, dem stockt vor Furcht der Atem. Bitterböse Kurzgeschichten aus dem Kaiserslauterner Raum ...
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