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Montag, 24. Februar 2025

Vor und nach der Wahl - Severin Groebners Neuer Glossenhauer #60 und #59. "Zwanzig-prozentige gute Laune" und "Verhältniswahl"

 
































Hinschauen! Es ist nicht alles blaun! © Foto: Dominic Reichenbach / Artwork: Claus Piffl




#60     Zwanzig-prozentige gute Laune


Ja, jetzt haben wir das Ergebnis. Rund 20 % der Deutschen (und Deutschinnen?)… also rund 20 Prozent der Bevölkerung…nein… rund 20 Prozent der Wahlberechtigten (und Wahlberechtigtinnen? Oder können wir diesen schwachen Gag jetzt lassen?) … auch falsch… rund 20 Prozent der abgegebenen, gültigen Stimmen (und Stimminnen - einmal geht noch!) haben dafür votiert, dass Deutschland sozial gerechter und ökologisch nachhaltiger regiert werden soll.

Denn rund 20 Prozent - das sind die Stimmanteile von den Grünen und der Linken zusammen gerechnet. Und das sind die Stimmen, von denen in den nächsten Tagen und Wochen nicht gesprochen werden wird. Oder nur ein bißchen. 

Dabei sind das mathematisch genauso zwanzig Prozent, wie die anderen zwanzig.

Die, von denen ständig geredet werden wird. 


Von den „Blaunen“, wie wir das in Österreich nennen. Denn als Österreicher, der den Aufstieg von Jörg Haider miterleben durfte, genießt man in Deutschland zur Zeit einen riesigen Erfahrungsvorsprung. Obwohl „genießen“ und „miterleben dürfen“ vielleicht nicht ganz die richtigen Begriffe sind. Es kommt einem vor als würde Deutschland ganz dringend nocheinmal die österreichischen Neunziger Jahre erleben wollen. Man wartet schon auf den Purzelbaum von Hermann Maier mit über 100 km/h. Anders gesagt: Man kennt das schon.


Natürlich nicht in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt, sondern in jenem Binnenland, das bei den letzten olympischen Spielen Goldmedaillen - nein, nicht im Purzelbaum schlagen -  im Segeln geholt hat. Also Österreich. Ja, das soll uns mal der Wüstenstaat Saudi-Arabien im alpinen Schilaufen nachmachen. Andererseits sind die Saudis schon sehr ökologisch bei der Erdölproduktion, das muß auch mal reichen.


Zurück zu den 20 Prozent: Auf die werden jetzt alle schauen. 

Da werden Fragen gestellt werden. Die Blaunen und ihre Wähler (hier bitte bewusst keine Wählerinnen, denn die sind da selbstverständlich mitgemeint, auch wenn sie eigentlich in der Küche sein sollten. Oder in der Schweiz, wo sie leben und Steuern zahlen.) werden auf Titelblättern,  in TV-Dokumentationen und in Radio-Interviews erscheinen. In den sozialen Netzwerken sowieso, dort feiern sie mit russischen Chat-Bots Wahlparties ohne Gegenargumente. 

Alle werden sich auf sie stürzen und sie betrachten wie eine seltene Tierart, die - kaum entdeckt - sich schon wieder anschickt, theatralisch Auszusterben. Dabei machen das Tierarten gar nicht so. Die geben gar keine Interviews, bevor sie vom Planeten verschwinden, nein, die verenden still und leise auf angenehm unspektakuläre Weise. So, dass der von Natur aus unschuldige Konsument weiter Produkte mit Palmöl oder Rindfleisch vom frisch gerodeten Weideland zu sich nehmen kann. Unbehelligt genießen. 


Da könnte man sich mal bei diesen Arten auch mal bedanken, dass sie so leise sterben. 

Geht aber nicht. Denn will man ihnen mal als Anerkennung für herausragende Leistungen beim unmerklichen Verschwinden einen großen Scheck mit vielen Nullen überreichen, erscheinen die nicht zum Foto-Termin. Da dürfen die sich aber auch nicht wundern, wenn sie keine Presse kriegen. Die Arten, die.

Die Blaunen und die mit ihnen sympathisierenden Massen kriegen dagegen jede Menge Presse.

Auch weil sie keine aussterbende Art sind. Im Gegenteil: Die werden immer mehr.

Und deshalb schauen alle hin. Und das mögen die. 

Die sind nämlich auch eine ganz spezielle Art. Also eigentlich eine Unart. 

Während aber Arten sterben, vermehren sich Unarten. Und zwar durch: Aufmerksamkeit.

Was für Kompostwürmer Küchenabfälle sind, für Fliegen Kadaver und Kot, für die Elektronikindustrie seltene Erden, das ist für die Internationalen Nationalisten: Aufmerksamkeit.


Genauer gesagt: Schlechte Stimmung und Aufmerksamkeit.

Sie besorgen die schlechte Stimmung und die besorgt Ihnen Aufmerksamkeit. Eine Aufmerksamkeit, die sie dazu nutzen, darauf hinzuweisen, wie schlecht die Stimmung doch sei. Was ihnen wieder Aufmerksamkeit verschafft.

Und weiter geht der Reigen. Hinunter in den Keller der schlechten Laune.


Auch weil die Menschen lieber denen zuhören, die sagen: „Das ist fürchterlich!“, als denen, die meinen: „Das ist die Lösung.“ Empörung ist emotional interessanter als Entwicklung. Und deshalb geht’s weiter in die schlechte Stimmung, weil das mehr Spaß macht.

In Deutschland ist die Laune bereits soweit unten, das nach diesem Wahlergebnis nur einer Bundeskanzler werden kann, der aus dem Sauerland kommt. Sagt doch auch alles. Und deshalb schauen da jetzt auch alle hin. Auf die zwanzig immer schlecht gelaunten, stetig nörgelnden, üble Stimmung verbreitenden, blaunbrauen Prozent, die sich am liebsten mit amerikanischen Milliardären (Apropos Geld: dieser Newsletter verträgt finanzielle Unterstützung. Infos: Siehe unten.) oder Milliarden von russischen Fakeprofilen unterhalten.


Und genau deshalb kommt dieser Glossenhauer auch erst am Montag. 

Um darauf hinzuweisen, dass man auch woanders hinschauen kann. 

Auf die abgegebenen Stimmen für nachhaltige und sozialen Lösungen. 

Sind auch zwanzig Prozent. Nur machen die bessere Laune.

Und das ist genau das, was gegen schlechte Stimmung hilft. 

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Groebner live:


Frankfurt, Donnerstag 13.3. Buch & Wein - Quartalsweise, der Vierteljahresrückblick.


Frankfurt, Donnerstag 20.3. Stalburg Theater - ÜberHaltung (letzte Runde des hochgelobten Programms)


Karlsruhe, Samstag 22.3. Kabarett in der Orgelfabrik -  ÜberHaltung (letzte Runde des hochgelobten Programms)


Gilching, Donnerstag 3.4. Kulturmoni -  ÜberHaltung (letzte Runde des hochgelobten Programms)


Erlangen, Freitag 4.4. Fifty-Fifty -  ÜberHaltung (letzte Runde des hochgelobten Programms)


Alle Termine hier.



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#59

Verhältniswahl

Deutschland steht vor der Wahl. Vogue
Und das in Zeiten, die man getrost als „historisch interessant“  bezeichnen darf, was bekanntlich ein Fluch ist. Sowas wünscht der eine Chinese dem anderen, wenn ihm der den letzten Sitzplatz beim Volkskongress der kommunistischen Partei Chinas weggeschnappt hat. Ein seltsamer Fluch eigentlich.
Denn wenn ich einem Zeitgenossen wünsche, er möge „in historisch interessanten Zeiten“ leben, dann werde ich ja selbst auch darin leben. Das ist ja die tiefere Bedeutung des Wortes „Zeitgenosse“. Beide genießen die selbe Zeit. Der Fluch „du mögest in historisch interessanten Zeiten leben“ ergibt also nur Sinn, wenn der, der den Fluch ausspricht, die Kunst der Zeitreise beherrscht. Vielleicht ist das auch der Grund, warum er sich auf dem Parteitag der kommunistischen Partei Chinas tummelt, weil er der einzige ist, der unbemerkt wieder weg kann.


Aber Zeitreisen sind ja auch gerade en Vogue. Aber nicht en woke.
Die USA etwa reisen unter ihrem neuen Präsidenten geradewegs ins alte Rom.
Zeitliche Koordinaten: erstes Jahrhundert vor Beginn unserer Zeitrechnung.
Als die römische Republik sich in eine Diktatur verwandelte. An deren Spitze stand ein gewisser „Caesar“. Das war für große Teile der europäischen Herrscherklasse auch noch Jahrhunderte später so sexy, dass sie sich nach ihm (wie etwa „Kaiser“ oder „Zar“) benannten. Geschichtsunterricht Ende.
Wer das nicht glaubt, schaue sich Star Wars I-III an, da sieht man genau, wie der Donald Trump einen auf Imperator macht. Und auch, was er noch mit J.D. Vance vorhat. Der heißt ja schon so: Tschei Di. Das klingt schon sehr nach „Jedi“.
Ich glaube, ich bin da etwas ganz Großem auf der Spur.

Dieser Vice-Vance, der Pavian von Donald… nein: Padavan, der hat jetzt in München in einer Rede den Europäer klar gemacht: Demokratie ist, wenn Faschisten jederzeit an die Macht kommen können. Auch mit Hilfe begüterter oligarchischer Freunde aus dem Ausland. Ob die jetzt Musk oder Putin heißen, ist auch egal. Ob Big Tech oder Big Oil… egal. Hauptsache: Big Money.
(Apropos Geld: Diesen Newsletter unterstützen? Siehe unten.)

Es beschleicht einen das Gefühl gefangen zu sein. Gefangen in einem politikwissenschaftlichem Seminar Anfang der Neunziger, in dem ein sehr engagierter außerordentlicher Professor mit sehr viel Emphase einem an praktischem Beispiel erklärt, wie aufgrund der Kumulation von Kapital es zu Monopolbildung kommt, woraus zwangsläufig eine politische Einflussnahme resultiert, die wiederum zu undemokratischen Staatsformen - wie etwa Faschismus - führt.
Und man sitzt da und hört sich das alles an. Und hat es ja sowieso schon verstanden. Und man möchte aufstehen und rausgehen, weil man ja auch sich mit etwas positivem beschäftigen möchte. Aber das geht nicht.
Denn das Seminar ist kein Seminar, sondern die Realität.

Und deshalb steht jetzt Deutschland vor der Wahl.
Und das halbe Land spricht über psychisch gestörte Attentäter aus dem Ausland.
Und die andere Hälfte spricht über das Ausland. Nicht über die USA. Auch nicht über Russland oder Frankreich. Nein, sondern über: Österreich.
Man schaut besorgt drein in deutschen Diskussionen und warnt vor „österreichischen Verhältnissen“. Das ist sicher löblich. Aber auch verwirrend.
Denn welche „Verhältnisse“ sind gemeint?

Das Verhältnis zwischen Leistung und Unfreundlichkeit in der Gastronomie? Soll heißen: Ist es wirklich ein Zeichen guter Küche, wenn die Kellner permanent unfreundlich sind? Lächeln deshalb alle Servicekräfte in Deutschland so zwanghaft? Anders gefragt: Muss der Tafelspitz mit Rahmgemüse, Bratkartoffeln, Apfelkren und Schnittlauchsauce unbedingt mit einem Gesicht serviert werden, als hätte der Kellner Dich gerade ungelenk tanzen gesehen?
Oder sind mit den „österreichischen Verhältnisse“ doch die Beziehungen gemeint, die man mit Geschlechtsverkehrpartnern aus dem Alpenraum im Schi-Urlaub pflegt? (Der Fachmann spricht hier auch von „Gspusi“ - aber nur, wenn der Fachmann Österreichisch kann.)

Oder sind gar die politischen Verhältnisse gemeint, die man in Österreich spätestens seit dem Erscheinen von Jörg Haider auf der innenpolitischen Bühne (1986 - also vor 39 Jahren) pflegt. Nämlich den formschönen, gutgeübten, derb-demagogischen „Ausländerwahlkampf“. Ein Wahlkampf, der auch anhält, wenn gar keine Wahl ansteht, weil alles, alles, alles immer nur mit und durch und in Bezug zu dem „Ausländer“ gesehen wird. Und weil der „Ausländer“ dann an allem schuld ist, gibt es keine Sozialpolitik mehr, keine Wohnungsnot, keine Arbeitslosigkeit, keinen Ungerechtigkeit, keinen Klimawandel  und schon gar keine Umverteilung… warum? Weil: Ausländer.

Und dass man mit so einer Partei, die nichts anderes als „Ausländer“ im Kopf hat, keinen Staat machen kann, sieht man ja. In Österreich.
Aber auch in den USA. Dort wird der Staat nämlich gerade umgebaut. Solche Parteien, solche „American Caesars“ machen keinen Staat, sie basteln sich nämlich ihren eigenen. Und schon wieder ist man in diesem Politikwissenschaftlichen Seminar. 

Was in Deutschland droht, sind also keine österreichischen, sondern amerikanischen Verhältnisse. 
Wenn’s ganz blöd kommt: russische.
Österreich dagegen ist…naja… ist halt ein bißchen unregierbar. Mei.
Dafür sind Kellner unfreundlich. Und die Gspusis lässig.
Also jetzt: bitte wählen gehen.
Was Anständiges. Was die Demokratie stärkt.
Denn wer will sich schon wiederfinden in „historisch interessanten Zeiten“?

Groebner live:
ÜberHaltung“ letzte Runde:
20.3. Frankfurt - Stalburg Theater, 22.3. Karlsruhe - Orgelfabrik, 3.4. Gilching - Kulturmoni, 4.4. Erlangen - Fifty-Fifty 
Alle Termine hier.

Groebner zum Hören:
Radiosatiren und Satire-Pop-Album „Nicht mein Problem

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