Das neue Leben ist der programmatische Titel der Eröffnungspremiere am 10. September im
Schauspielhaus. Christopher Rüping inszeniert frei nach Dante Alighieri, Meat Loaf und
Britney Spears einen Abend über verpasste Chancen, die Liebe in Gedanken und die Frage,
wie man eigentlich neu anfängt, wenn das alte Leben nicht mehr möglich ist. Dantes mehr als
700 Jahre alten Werke Vita Nova und Die Göttliche Komödie inspirieren eine emotionale
Erkundungsreise rund um die großen und kleinen Lebensfragen, im Gepäck einige der größten
Lovesongs aller Zeiten.
Zu den prägenden Namen der ersten Hälfte der Spielzeit gehören neben Christopher Rüping
auch Robert Borgmann, der für das Schauspielhaus Michail Bulgakows fantastischen
Weltroman Der Meister und Margarita adaptiert und darin den Teufel höchstselbst die korrupte
und verlogene Gesellschaft aufmischen lässt, Oliver Frljić, der im Rahmen des RuhrbühnenProjektes Zehn X Freiheit J. M. Coetzees Roman Schande (Disgrace) auf die Bühne bringt und
damit postkoloniale Identitätsfragen und die Durchlässigkeit von Täter- und Opferrollen
untersucht, oder auch die finnische Autorin und Regisseurin Saara Turunen, die mit ihrem
surrealen Stück Das Gespenst der Normalität einen so stillen wie scharfsinnigen Szenenreigen zwischen Konformitätswunsch und Selbstentfaltung entwirft und die erstmals in Deutschland
inszeniert.
Johan Simons wird sich mit Knut Hamsuns Roman Mysterien auseinandersetzen – eine
literarische Wiederentdeckung, die Fragen nach der Konstruktion von Wahrheit und Wirklichkeit
stellt. Weitere Inszenierungen des Intendanten sind das Stück Ödipus, Herrscher nach
Sophokles, das Corona-bedingt in der vergangen Saison nicht gezeigt werden konnte und eine
neue Perspektive auf die Rolle der Mutter, Witwe, Geliebten und Königin Jokaste verspricht,
sowie die Neuinterpretation von William Shakespeares blutdurstigem Machtdrama Macbeth mit
Jens Harzer in der Titelrolle.
Darüber hinaus ist der Spielplan bis Ende Januar 2022 geprägt von einem weiten Portfolio
zeitgenössischer Stoffe: Regisseur Franz-Xaver Mayr bringt in den Kammerspielen mit der
Doppel-Inszenierung antigone. ein requiem / Die Politiker die Dramatiker Thomas Köck und
Wolfram Lotz in einen spannenden Dialog über den Fortbestand demokratscher europäischer
Werte und die Rolle des einzelnen Menschen im politischen Gesellschafts-Spiel.
EnsembleMitglied Guy Clemens gibt mit Der Kissenmann von Martin McDonagh sein düster-humoriges
Regie-Debüt.
Der junge polnische Theatermacher Mateusz Staniak adaptiert Édouard Louis’
Erzählung Wer hat meinen Vater umgebracht: eine bewegende Hommage an den eigenen
Vater und dessen gescheiterte Träume, verbunden mit einer flammenden Abrechnung mit der
neoliberalen Sozialpolitik.
Regisseur Malte Jelden verwandelt Bochumer Vereinsheime in
Bühnen für Tonio Schachingers Fußball-Roman Nicht wie ihr; die bewegende
Aufstiegsgeschichte eines serbischen Profisportlers in Westeuropa. Und die Ensemble-Mitglieder
Gina Haller und Risto Kübar verwirklichen mit der Autorin Katja Brunner eine kollektive Arbeit,
die die persönlichen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Corona-Pandemie
künstlerisch verhandelt: Jeder Tag ein Vollmond.
Ein Wiedersehen gibt es außerdem mit
denTheatermacher*innen der gefeierten Inszenierungen Bilder deiner großen Liebe und Die
Hydra: Als FARN. collective plant das Team rund um die Schauspielerin Sandra Hüller und
Regisseur Tom Schneider nach Motiven von Donna Harraway ein posthumanes Theaterritual,
das eine Vision für eine Welt nach dem Antropozän beschwört: The Shape of Trouble to Come.
Nach der Corona-bedingten Verschiebung im vergangenen Jahr kann die Bochumer Version der
weltweit erfolgreichen Performance All the Sex I’ve Ever Had der kanadischen PerformanceGruppe Mammalian Diving Reflex endlich Premiere feiern: Sechs Menschen über 65 Jahren
aus dem Ruhrgebiet erzählen aus ihrem bewegten (Liebes-)Leben – ein echtes Stück
Zeitgeschichte.
Endlich gespielt werden kann auch Liesbeth Coltofs Die unendliche
Geschichte nach Michael Ende, die im Winter Menschen ab sechs Jahren zu einer
unvergesslichen Reise nach Phántasien einlädt.
Insgesamt stehen in der neuen Spielzeit 26 Premieren auf dem Programm, davon 21
Neuproduktionen und sechs Uraufführungen. Es inszenieren zwölf Regisseure und elf
Regisseurinn aus neun Ländern. In der zweiten Hälfte der Spielzeit, die ausführlich im Januar
2022 vorgestellt wird, sind weitere Premieren und Uraufführungen u. a. der Regisseur*innen Lies
Pauwels, Nora Schlocker, Selen Kara, Bianca van der Schoot sowie von Barbara Bürk und
Clemens Sienknecht geplant. Stückaufträge vergibt das Schauspielhaus an Akın Emanuel
Şipal und Özlem Özgül Dündar.
Das Kinder- und Jugendtheater in Bochum hat im vergangenen Jahr mit der Eröffnung des neuen
Theaterreviers eine herausgehobene Bedeutung erfahren. Dem Credo „Eure Kunst! Eure
Regeln!“ folgend, wurde das Programm des Jungen Schauspielhauses der ersten Spielzeithälfte
auf der Pressekonferenz von der 12-jährigen Ariane Castella vorgestellt, einem Mitglied des 15-
köpfigen Jugendaufsichtsrates Drama Control. Im Gespräch mit der künstlerischen Leiterin
Cathrin Rose berichtete sie von vier Produktionen, die bis Ende Januar 2022 im Theaterrevier
Premiere haben werden: die Uraufführung NERVT! (Regie: Thorsten Bihegue, in Kooperation
mit der Jungen Bühne Bochum), in der sich fünf Superheld*innen auf die Suche nach dem guten
Leben begeben; die Uraufführung Ton (Regie: Barbara Kölling), einem Stück zum Anfassen mit
echtem Lehm und Musik für Menschen ab zwei Jahren; das Objekttheater Wie Rosie den
3 / 41 Käsekopter erfand (Regie: Sara Hasenbrink) nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Andrea
Beaty und David Roberts sowie ein Stück für 10 Schauspieler*innen, das in der Regie von
Robert Lehniger in Kooperation mit dem Studiengang Schauspiel der Folkwang Universität der
Künste entsteht.
Tanz wird in der kommenden Saison eine besondere Rolle im Programm des Schauspielhaus
Bochum spielen. Dafür lädt das Theater die berühmte Kompanie Nederlands Dans Theater
(NDT) aus Den Haag ein, unterschiedliche herausragende Inszenierungen ihres Repertoires in
Bochum zu zeigen. Zudem kann sich das Publikum auf die Uraufführung Vortex freuen, ein
hybrides, mitreißendes Bühnenereignis der Choreografin Maria Chiara de’ Nobili und des Lichtund Videokünstlers Ulf Langheinrich.
Ergänzt wird die stilistische Vielfalt durch das Programm im Medienkunstzentrum Oval Office
(Kurator: Tobias Staab), in dem bis Ende des Jahres 2021 bei freiem Eintritt – powered by BrostStiftung – Film-, Licht- und Video-Installationen von Jon Rafman, Kurt Hentschläger und
Interactive Media Foundation / Filmtank / Artificial Rome geplant sind. Erfolgreiche DiskursVeranstaltungen wie Norbert Lammerts Gesprächsreihe Ein Gast. Eine Stunde oder das
Klimaforum Wie wollen wir hier leben? werden fortgesetzt. Und auch ein Konzertprogramm ist,
hoffentlich, endlich wieder möglich und präsentiert eine musikalische Bandbreite, die von der
Klassik-Reihe Montagsmusik über das intime Konzert- und Talkformat Songs & Lyrics by …
bis hin zu großen Konzertereignissen der Bands SQÜRL (Jim Jarmusch & Carter Logan) und
Tindersticks reicht.
Zusammen mit dem Planetarium Bochum veranstaltet das Schauspielhaus zum zweiten Mal das
Festival DIVE für immersive Künste, zu erleben im November 2021. Die FIDENA, das
Figurentheater der Nationen, wird im Mai 2022 an der Königsallee gastieren, und das
Schauspielhaus Bochum richtet 2022 das Westwind Festival aus, das NRW-Theatertreffen für
Kinder- und Jugendthheater (11.–17.06.2022).
Die Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich Transfer Bochum/Zürich wird fortgesetzt: Aus
Bochum reist Johan Simons’ Inszenierung von Shakespeares King Lear in die Schweiz und geht
dort vorübergehend in den Spielplan ein, während aus Zürich zwei Inszenierungen nach Bochum
kommen: Der Streik – Ein Musical von Nicolas Stemann nach Ayn Rand sowie Einfach das
Ende der Welt, womit Regisseur Christopher Rüping 2021 zum Berliner Theatertreffen
eingeladen war.
Etliche beliebte Produktionen aus dem Repertoire werden weiterhin gezeigt, darunter natürlich
auch die Neuproduktionen, die gerade im Juni und Juli Premiere hatten oder noch haben werden:
Peer Gynt nach Henrik Ibsen (Regie: Dušan David Pařízek), Der gefesselte Prometheus von
Aischylos (Regie: Anna Stiepani), Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich nach
David Foster Wallace (Regie: Tamo Gvenetadze) sowie die Uraufführung Noise. Das
Rauschen der Menge von Manuela Infante, Gewinnerin des Werkauftrags des Stückemarkts
des Berliner Theatertreffens, (Regie: Manuela Infante), Premiere am 2. Juli in den Kammerspielen.
Veränderungen gibt es im Schauspiel-Ensemble: Neu nach Bochum kommen Victor IJdens,
Absolvent der Schauspielschule in Amsterdam, und Alexander Wertmann von der Hochschule
für Schauspiel Ernst Busch.
Um weiterhin flexibel auf die jeweils aktuelle Corona-Schutzverordnung zu reagieren, startet der
Karten-Vorverkauf in der Spielzeit 2021/2022 voraussichtlich 14 Tage vor der jeweiligen
Veranstaltung. Fällt der Vorverkaufstag auf einen Sonn- oder Feiertag, beginnt er am Tag danach.
Weitere Informationen zum Programm – auch über die erste Spielzeithälfte hinaus – gibt es auf der frisch relaunchten Website unter www.schauspielhausbochum.de.
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