Der
Cosmopolit: Musiker, Maler und Gourmet
Stephan
Sulke feierte im vergangenen Jahr seinen 67sten Geburtstag.
Vielleicht beging er auch den so wie ein kleines, neugieriges und
unerschrockenes Kind. Um dann bei nächster Gelegenheit zu
konstatieren, er habe irgendwann einfach Lust gehabt, „Lieder zu
machen mit etwas schlaueren Ideen und gescheiteren Texten“.
Vorsicht allerdings ist angezeigt bei diesem Überzeugungstäter,
denn der Mann spannt gerne Fallstricke und legt sich zum Schmunzeln
in den Hinterhalt. Und wenn dann keiner kommt und er nichts zu lachen
kriegt, geht er halt heim und macht was anderes. Manchmal über zwei
Jahrzehnte lang, wie vor seinem Platten-Comeback 2009. Irgendwie aber
freut sich immer alle Welt, den Herrn Sulke wohlbehalten wieder zu
sehen.
Was
mag das wohl für einer sein,
dieser Typ, der sich nicht im Geringsten bemüht, aus seinem Leben
und seiner Poesie auf Biegen und Brechen eine Einheit zu formen. Das
Kind Berliner Emigranten, in Shanghai zur Welt gekommen, in der
Schweiz aufgewachsen, in Frankreich und den USA zuhause gewesen: eine
Vita der Rastlosigkeit, die sich auch im kunterbunten Fächer der von
ihm bisher ausgeübten Tätigkeiten wiederspiegelt. Sulke war
Jurastudent in Zürich und Bern, veröffentlichte Lieder in englisch
und französisch unter Pseudonym, leitete sein eigenes Tonstudio,
baute technische Geräte für Rundfunksender, komponierte Songs, die
von Erika Pluhar, Katja Ebstein, Herbert Grönemeyer und anderen
interpretiert wurden, arbeitete in einem Architekturbüro und hatte
Ausstellungen als Bildhauer und Maler.
Und
dann diese lakonischen, wie Miniaturen in den Raum gestellten Lieder.
Solch krude Gegensätzlichkeit leugnet Sulke absolut nicht: „Ich
mag Gegensätze. Gegensätze sind der Ursprung aller Dinge. Abgesehen
davon, hab ich auch nicht sehr viel Phantasie, will heißen, ich seh’
die Dinge, wie sie wahrscheinlich sind und beschreib einfach das
Gesehene. Auch hab ich eine ungeduldige und unstete Seele. Viele
Dinge verleiden mir relativ schnell. Ich gehe nicht hin und schaue
mir die Pyramiden 25-mal an, wenn ich sie mal gesehen habe, dann habe
ich sie halt gesehen.“ Was uns mit seinen Liedern gänzlich anders
geht.
Musik
aus der Querulanten-Werkstatt
Das
neue Album „Enten hätt’ ich züchten sollen...“
Der geneigte Hörer erlebt hier nie zuvor Gehörtes wie „Mein Leben“, „Sie hat mich bloss mit einem Lächeln angefasst“, die legendäre „Uschi “ in neuem Gewand, nämlich im Duett mit der Kultfigur Lilo Wanders oder das zart ironische „Hey Mister Radio Mann“ ebenso wie ein Duett mit Milva „La Rossa“ namens „Das muss doch gehn“ oder den Titelsong „Enten hätt’ ich züchten sollen…“. Der sei, so Stephan Sulke, „sowohl neu wie auch alt, ich habe ein betagtes Lied mit neuen Zeilen und Akkorden versehen“. Und mit neuem Witz obendrein.
Sulke ist kein Mann fürs Grobe, kein Liedermacher im politischen Sinn.
„Diese Anti-Gesellschaftswut“, sagt er, „ist nichts für mich.
Ich fühl mich in unserer Gesellschaft einigermaßen wohl. Schau dir
nur Schlagzeilen an, wie fade und vergilbt die nach einem Jahr
aussehen“.
Er
verliert sich gern in seinen Aphorismen und liebt die überraschend
derben Sätze, die sich indes niemals in seinen Liedern finden. Viel
zu direkt, zu wenig hintersinnig. Schön, dass dieser Typ sich nicht
in den Turm der Intellektuellen verkrochen hat. „Ich habe so viel
Schule hinter mir“, kommentiert Stephan Sulke mit charmant
süffisantem Unterton, „Latein, Altgriechisch, Botanik, alles
mögliche. Und ich muss ehrlich sagen: genützt hat es mir nicht
viel. Genützt haben mir eher die wirklich herben Niederlagen, die
schallenden Ohrfeigen.“ Und genau das macht seine Lieder, macht
auch sein neues Album so liebenswert. Und zum Unikat.
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