(c) Stefan Vieregg |
Jazz und Film zusammenzubringen liegt sehr nahe, sind doch Jazzelemente in etlichen Filmen als Hintergrund hinterlegt. Im Rhein-Neckar-Raum einen Schritt aufeinander zu zu machen war nun eine andere Aufgabe und ein Schritt zur Weiterentwicklung der Kulturregion Rhein-Neckar. Dr. Michael Kötz vom IFFM - Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg meets Rainer Kern von Enjoy Jazz.
Ein verbindendes Element der neuen Kooperation in der Region ist das Crescendo als wichtiger Bestandteil der Filmmusik. Es wurde am Mannheimer Hof vor 250 Jahren erfunden und ist damit eindeutig Ankerpunkt im frühen Kino bis heute. ;-)
Und damit war auch die Brücke geschlagen zu sieben alten Filmen von 1909 bis 1930, die im Hintergrund der kommenden Stunde abliefen. Gianluca Petrellas Programm „Exp and Tricks“ vereinte - ganz ohne seine 2009 vom „Musica Jazz“-Magazin zur besten Band Italiens gewählte eigene Cosmic Band - in der Tradition seiner Jazzposaune und seines Heimatlandes und den Filmen der Cineteca Bologna die 100jährige Beziehung zwischen Jazz und Film.
Die persönlich ausgewählten, mal bekannten, mal gänzlich unbekannten bewegten Bilder zeigten auf wunderbare Weise, wie früh Filmemacher sich mit Kunst, Ästhetik und Experiment auseinandersetzten. Mit ungeheurem Aufwand - wie der legendäre und großartige Georges Méliès in Frankreich - wurden alle Requisiten mühsam gebaut und Filme coloriert, um Effekte zu generieren und Experimente zu machen. Aufwändige Bühnentechnik und heute kitschig wirkende Bühnenbauten oder schauspielerische Posen brachten das nahe, was der Zuschauer verstehen sollte. Beeindruckend und künstlerisch hochwertig das berühmte expressionistisch-futuristische „Le Ballet Mécanique“ von Fernand Léger und Marcel Duchamp (1924), dem späteren WC-Becken-Künstler, und dem surrealistischen „Un chien andalou“ von Luis Buñuel (1929), der mit Dutzenden von ungewöhnlichen Filmen in den Jahrzehnten danach aufwartete, so z.B. "Der diskrete Charme der Bourgoisie". Alle diese Filme, vor allem die künstlerischen, arbeiteten bereits mit Collagen, Überblendungen, Tricks und Illusionen. Ferner Kurzfilme des italienischen Filmpioniers Segundo de Chomón, außerdem Francis Bruguière, Oswell Blakeston, und als letzter (1930) Charlie Chaplins "The rounders". Darin zwei Betrunkene, die heimkehren, Streit mit ihren Frauen bekommen, ihnen das Geld klauen und erneut auf die Piste gehen, um im Lokal einzuschlafen, nicht ohne vorher alles durcheinander gebracht zu haben.
Zu den Filmen mit sehr beeindruckenden Bildern und Impressionen die herumgeisternde Posaune Petrellas, der mal leise und mal ganz laut bei insgesamt zu hohem Lärmpegel aufdringlich-sympathisch sich in die Hirne wand. Im Halbdunkel seiner Mischmaschinen kaum auszumachen, nur das blitzende Gold seiner Posaune immer wieder aufleuchtend, turnte er im Dunkel vor der Leinwand und setzte seine akustischen Marker und Kommentare. Ein sehr interessantes Spektakel, bei dem leider gut ein Fünftel der Zuschauer bei sonst vollem Kinoraum I wegen der Lautstärke flüchtete. Eines seiner letzten Alben ist WILD DANCE - zusammen mit Enrico Rava Quartet, wo sein Sound ebenfalls gut zu bewundern ist.
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