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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Montag, 16. März 2015

Wie war's im Ballett BOLÉRO im Pfalztheater Kaiserslautern


Letzten Freitagabend war das Tanzstück "Boléro" vom italienischen Choreographen Stefano Giannetti im Pfalztheater zu sehen. Die Erwartungshaltung war ganz auf eine Reise durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts mit Musik von Maurice Ravel eingestellt. 

Offensichtlich ist die Leichtigkeit der Weltsicht bei Giannetti doch sehr dominant, denn neben der reizenden Ballettshow von sechs (sieben waren geplant) sehr jungen Frauen und sechs sehr jungen Männern waren kaum Verankerungen am Zeitgeschehen auszumachen. Mit minimalsten Verweisen auf den jeweiligen Zeitpunkt der Geschichte lässt Giannetti der Tanzästhetik freien Lauf. Eine Interpretation der geschichtlichen Hintergünde ist nicht seine Intention.





Die Zeitstationen vor einem immergleichen Bild in einem Rahmen, aber auch Schaufenster, das den Blick in einen vielleicht bewohnten Raum mit Stuhl, Kleiderständer und zurückhaltend wechselnder Lein- als Rückwand, hießen 1936: zwei, drei zeitgerechte Frisuren, die auch den 20ern hätten entspringen können, als dezente Hinweise, 1945: eindeutig mit Bombenabwürfen und Detonationen, Einschüssen auf der Rückwand, ein Soldat sowie ein Zivilist, die recht grob und besitzergreifend mit zwei geschwächten Frauen umgehen, sich auch um sie streiten, 1957: graue Anzüge, pastellfarbene Seidenglanzkleider zum Sonntagstanz im Tanzcafé, 1968: die Hemden offen, Krawatten lose, wie vielleicht in den 50ies am Abend, der Tanz melancholisch-getragen und eine Blume (!) im Hintergrund, vielleicht der Aufhänger für einen Flower-Power-Hippie-Verweis. (Studenten-)Revolten europaweit und in den USA fanden bei unserem italienischen Choreographen nicht statt. 2014 dann ganz gewagt reduziert auf den Schwerpunkt Behinderung. Drei Rollifahrer starten den Tanz, die anderen gesellen sich dazu.
Vielleicht die ganze Überalterung, Zunahme von Gehbehinderungen und Rollifahrern, auch im Tanz spastische Einlagen? Es ist und bleibt ein bisschen zu einseitig. Was will Giannetti damit wirklich sagen? Sind wir alle ein bisschen behindert oder nur auf den Rolli gekommen? Oder soll der Tanz die Rettung aus der Bewegungslosigkeit sein? Denn das Aufstehen aus den Rollstühlen ist auch ein Hintersichlassen dieser Lähmung. Realiter kann man das zwar alles nicht so einfach, aber vielleicht sollte es ein Appell sein, den Vegetiergedanken gar nicht zu pflegen, sondern frohen Mutes auch mit 97 noch einen Boogie hinzulegen. Wir glauben einfach daran.


Ansonsten war alles schön anzusehen, das harte und teilweise schattierte Licht auf den nackten Beinen der Tänzerinnen stellt jedoch für manchen Ästheten ein Problem dar. Ein Genuss der Bewegungen war dagegen sicher, Giannetti greift auf Slapstick und Comedy zurück, ebenso auf fast alle anmutigen Figuren, die man sich wünscht. Trotz aller Leichtigkeit keine Langeweile, trotz aller Wiederkehr der Tanzfiguren die wunderbare Musik von Ravel. 

2014 war übrigens mit der berühmtesten Komposition Ravels unterlegt - dem Boléro, der dem Stück auch seinen Namen gab. Das Orchester stark und überzeugend, dirigiert von Markus Bieringer.

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