Volksfeste haben einen hohen Zuspruch, das Feiern in der Großgruppe und Masse ein besonderer Lustspender. Damals noch mit Pferderennen auf einer Trabrennbahn, wo heute der Fußballplatz ist, und Viehmarkt mit Prämierung von Ochsen und Pferden sowie einer Show landwirtschaftlicher Geräte mit Vorführungen. Dazu die Buden, wie sie heute noch in der Trierer Straße lokalisiert sind, und vor allem eigenes Bier aus Kuseler Brauereien. Zwischen 1938 und 1948 gab es keine Kuseler Mess. Der heraufdämmernde geplante Vernichtungskrieg brauchte andere Veranstaltungen ...
Heute - nach 90 Jahren - ein Volksfest mit fliegenden Händlern, Fahrgeschäften und Verköstigungen aller Art, wie man sie überall findet. Und dennoch, Tradition und eigene Noten machen eben ein Kuseler Fest draus. Zu der Tradition gehört die Inthronisierung der Kuseline am ersten Abend, junge Frauen aus Kusel, die einer Jury besonders zusagen, wegen ihres Auftretens, ihres Aussehens, ihres Niveaus, ihrer gesellschaftlichen Fähigkeiten usw. Dieser Brauch ist jünger, aber immerhin schon 37 Jahre alt. So auch manche Kuseline, die am Nachbartisch saß und in den letzten Jahren Kuseline war. Die alte Kuseline und werdende Gymnasiallehrerin verabschiedete sich, blickte wie alle anderen wehmütig auf ein Jahr Werbeinsätze und nette Events und Menschen zurück, die neue Kuseline, die Abiturientin Julia, nahm die Wahl dankend entgegen. Ihr Vater (CDU-Vorsitzender in Kusel), der mit seinem Bruder eine stark frequentierte HNO-Praxis führt, freute sich mit ihr über die neuen Möglichkeiten und Chancen.
Es gehört aber auch dazu der anschließende Fassanstich, die Ehrung der Mitarbeiter usw. Dieses Jahr wurde der Messemanager Erich Simon nach 19 Jahren Organisationsarbeit verabschiedet, der neue Manager begrüßt. Dankworte auch vom amtierenden Justizminister Jochen Hartloff (SPD), der zuvor 25 Jahre Bürgermeister der Stadt war. Die Bürgermeisterin Ulrike Nagel (SPD) zeigte einen gekonnten Spundhammerschlag und nimmt es mit den Herren ganz lässig auf. Sie eröffnete die Jubiläumsmess mit dem Evergreenslogan "Es lebe die Mess!", und das Feiern ging erst richtig los. Eine Männergesangsgruppe hatte sich zu swingenden pfälzischen Entertainern umdekoriert, mit dabei der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Dr. Stefan Spitzer (CDU). Sie sangen zwei pfälzische Loblieder auf Kusel und die Tradition.
Am Samstag ging es weiter mit dem Kuseler Umzug, der über 60 Teilnehmer hatte, die je nach Ausstattung, Vermögen und Erfahrung, bescheiden mitliefen oder umfangreich ausgestattete Werbefahrzeuge für die Dörfer, Vereine, Geschäfte bewegten. Leider kommt der berühmte Sohn der Stadt Kusel, Fritz Wunderlich, den in den 60er-Jahren im Karrierebeginn als Tenorstar der jähe Tod durch einen Treppensturz ereilte, immer etwas zu kurz. Eine Ikone der Kuseler - aber für meine Begriffe defizitär in der öffentlichen Präsentation . Das Stadtmuseummobil notdürftig, ohne Esprit, eine paar antike Accessoires auf den Anhänger gestellt und ein Großplakat von Wunderlich an der Stirnseite befestigt. So wirkt auch das Stadtmuseum von außen. Innen dagegen sehr überzeugend.
Die Mess geht weiter bis Dienstag, Ehrungen, Reden, Musik für jeden, Frühschoppen für alle, Tanz und Abschlussfeuerwerk am Dienstag. Eine Stadt und Region kämpft mit diesem Volksfest auch um ihre Zukunft, die pekuniär immer in Frage steht. Neue Selbstständige können kaum noch Fuß fassen, wenn sie nicht einen renommierten Traditionsbetrieb übernehmen oder sehr gefragte Dienstleistungen anbieten. Für Innovationen kaum Chancen. Die aktuelle Lage etwas angespannt, da die bislang angesiedelte Bundeswehrkaserne zum Jahresende komplett nach Idar-Oberstein verlagert sein wird. Staatliche Subventionen entfallen, auch wenn Altbürgermeister und Minister Hartloff schon kräftige Summen in den letzten Jahren für seine Stadt in Mainz locker machte. Die Bevölkerung schrumpft, die Kasse schwankt, auch angesichts der kommunalen Entschuldung bis 2020. Aber die Kuseler sind zuversichtlich ... Wie wohl die 100. Kuseler Mess aussehen wird?
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