Don Alfonso instruiert Despina. (c) Barbara Aumüller |
Don Alfonso teilt den beiden Verliebten mit, dass zwei Unbekannte sie unbedingt sehen wollten. (c) Barbara Aumüller |
Guglielmo und Don Alfonso lachen über das Spiel mit Fiordiligi. (c) Barbara Aumüller |
Mozart hat nicht nur eine herrliche Leichtigkeit im Sein dabei, sondern auch eine kräftige Modernität in den Anschauungen. Die Inszenierung von Christof Loy wird dem sehr gerecht und bringt eine Art vornehme Modernität mit schlicht-modernem Bühnenbild in Weiß und buntem Kostüm hinein, so dass die Oper wunderbar unterhält, keinerlei Staub der Jahrhunderte in die Nasen schickt. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Rory Macdonald wie immer permanent stark.
Es geht hier alles in allem um eine eigenartige Beweisführung. Don Alfonso (raffiniert und stimmkräftig Simon Bailey, Bassbariton, GB) schließt mit Ferrando (überhaupt nicht orientalisch, aber gut, Ben Bliss, Tenor, USA) und Guglielmo (auch völlig unorientalisch, aber beeindruckend, Daniel Schmutzhard, Bariton, A) die Wette ab, dass er die beiden heiß verliebten und angeblich so treuen Frauen der beiden dazu bringen könnte, untreu zu werden. Denn - so seine Devise - Frauen sind einfach zu schwach den Verlockungen der Liebe zu widerstehen. Fremdgehen als Bühnen- und Paarthema Nr. 1 spricht selbstverständlich sehr viele an - gleichzeitig hat dieses Experiment etwas sehr Modernes, Aufklärerisches und Entspannendes. Was soll der Stress mit der Treue, genießt lieber die Verlockungen und kehrt glücklicher als zuvor zu euren eigentlichen Partnern zurück. Werbung für Promiskuität wäre jetzt zu viel gesagt, aber tendenziell vorhanden. So kommt es auch - die Männer verkleidet umwerben jeweils die Verlobte des anderen und ... reüssieren. Pech, es war nichts mit der ehernen Liebe und Treue. Natürlich hat das alles Don Alfonso eingefädelt. Er erzählte den Männern, dass Frauen eben nichts taugen, ein schwaches Geschlecht seien und schlechte Moral hätten. Und der Zofe Despina flüstert er im zweiten Akt via Bestechung und mit Inaussichtstellung einer Romanze mit ihm ein, dass sie die Verliebten hemmungslos über Männer und gerade Soldaten aufklären sollte, was sie auch hervorragend macht.
Zwar lobpreist die naiv und ehrbar wirkende Fiordiligi (exotisch attraktiv mit herrlicher Stimme Juanita Lascarro, Sopran, Col) ihren Verlobten Guglielmo, und die unschuldige und treue Dorabella (reizvoll und stimmstark Cecelia Hall, Mezzosopran, USA) schwärmt von ihrem Ferrando, aber nach den ersten Hinweisen von Despina (resolute, raffinierte und durchsetzungsfähige Powerfrau Louise Alder, Sopran, GB), dass Männer und Soldaten eben untreu, ein "unverbesserliches, schändliches Geschlecht" seien, kommt die Abwehr leicht ins Schwanken. Zu militärischen Einsätzen von Don Alfonso scheinbar weggeschickt, kommen sie als verkleidete Orientalen wieder zurück und beginnen um die Gunst der Frauen zu werben. Wie das in Wirklichkeit funktionieren soll, bleibt seit der Uraufführung ein großes Fragezeichen. Standhaft werden Versuche abgewehrt, immer wieder die Hinterlist der Männer durchschaut. Despina legt auch kräftig nach: Da "Frauen schon mit 15 wissen müssen, wo der Teufel den Schwanz hat", sie müssten "lügen und betrügen können, ohne rot zu werden". Und sie preist das freie Liebesleben: "Abgestreift diese Fessel", "Schluss mit der Sklaverei"! Die Frauen finden Gefallen am Flirten, kriegen Lust auf die Galane, und auch umgekehrt erfreuen sich die Männer der neuen Perspektive im Partnertausch. Alles Widersetzen schmilzt in der Hitze des Begehrens, selbst das Verkleiden als Mann bei Fiordiligi hilft nicht, die Natur bricht durch ... So erliegen die Frauen ihren Wünschen - "Was andere Leute Laster nennen, bei Frauen ist es eine Herzensnotwendigkeit!", erläutert Don Alfonso. Na? Alles halb so schlimm, unsere emotionalen Engel können nicht anders! Damit es auch Brief und Siegel bekommt, inszeniert der Don mit Despina als Notar verkleidet eine standesamtliche Hochzeit. Nun kehren die "Krieger" zurück und erkennen den "Betrug". Sie klagen und schimpfen, die Frauen gestehen voller Reue die Fehltritte, bis der Don den Vorhang hebt. Die notarielle Vermählung nur ein Schauspiel, alles halb so schlimm, die Partner kehren zueinander zurück, und Mozart empfiehlt Contenance und Coolness für alle Ups and Downs des Lebens, um selbiges immer genießen zu können.
Ein fast vierstündiger Genuss, der den Abend heiter und beschwingt macht, lebendig und abwechslungsreich, für Auge und Ohr ein Schmaus. Und immer wieder sehr starker Applaus.
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