Der
seltsame Mönch
Collage von Walter Brusius |
Der
König ritt auf dem Pferd, das Pferd hatte einen ungewöhnlichen,
spitz zulaufenden Kopf. Am Himmel waren ein paar Wolken, und eben
ritt er auf ein Haus zu. Er klopfte an die Tür, es war um die
Mittagszeit, und drinnen im Haus schlief man.
Der
König nahm aus einer kleinen Dose eine Prise, auch dem Pferd gab er Schnupftabak aus Brasilien.
Neben
dem Haus war ein Bach mit einer Brücke.
Am
Bach saß ein Mönch, der sich die Füße wusch.
Der
König nahm nun ein Zimmer, und auch er zog sich dort aus, die
Stiefel, die Hosen, den Rock, den Hut. Nackt war er nun im Zimmer.
Rund
um das Haus lagen Berge, von denen es nichts Besonderes zu erzählen
gibt.
Später in der Gaststube saß an einem Tisch eine einzelne Frau. Auch sie
schien auf einer Reise zu sein. Der König setzte sich abseits. Bald
brachte man ihm Brot und der Frau Käse. Als dann der Mönch
erschien, auch er setzte sich abseits, den Kopf gleich über dem
Teller, brachte man ihm Soße. Jeder aß für sich, also das, was
zusammen eine Mahlzeit ergeben hätte. Als die Frau gegessen hatte,
stand der König auf, er nahm ihren Arm und führte sie zur Tür.
Dann, als er sah, dass sie zu Fuß unterwegs war, gab er ihr sogar
das Pferd. Nicht etwa leihweise, oh nein, er schenkte es ihr. Er sah
ihr nach, wie sie weiter auf der Straße ritt, wo irgendwo eine Stadt
lag.
Der
König stand noch eine Weile an der Brücke, er sah hier dem Wasser
nach, als er wieder die Gaststube betrat, war der Wirt dabei, sie zu
schmücken, wie zu einem Ball. Der Mönch saß noch am Tisch, las in
einem Buch, Scherzhaft sei gesagt, es waren etwa 500 verschiedene
Speisekarten, die man zu einem Buch gebunden hatte. Nun dürfte ein
rechtes Licht auf den Mönch fallen. Der Wirt aber stand auf einer
Leiter, spannte Schnüre und daran hingen Figuren aus gelbem Papier.
Er schob einige Tische und Stühle zur Seite, damit man Platz hatte,
erst mal zum Aufhängen und später zum Tanz.
Am
Abend jedoch kam niemand, da saß noch immer der Mönch, der im Buch
blätterte, der Wirt stand hinter der Theke, wischte einen Krug nach
dem andern mit einem Tuch, aber keine Musik erschien, keine Gäste.
Aber weder Wirt noch Mönch machten offenbar einen enttäuschten
Eindruck. Ebenso still, wie es nun war, ging der König nach oben, in
dieser schweigsamen Herberge, unter das Dach, wo er beinah ganz nah
bei den Sternen wohnte. Wie gewohnt, denn er wollte die Gewohnheiten
unbedingt beibehalten, legte er sich ins Bett. Hierüber schlief er
ein.
Am
Morgen weckte ihn eine Glocke. In der Tür stand der zufriedene Wirt
mit dem Schädel des Mönchs, er schüttelte ihn, und der Schädel
klang hell wie eine Glocke.
Der Autor
Walter Brusius arbeitet und lebt seit 1982 in Bad Kreuznach
als freischaffender Maler und unterhält dort ein Atelier.
Er hat in Köln studiert. Vor etwa zehn Jahren begann er
parallel zur Malerei Geschichten zu schreiben.
Im Eigenverlag sind bisher einige kleine Bücher
erschienen und seit zwei Jahren seine Atelierhefte.
Er verkauft sie im Atelier an einen kleinen interessierten Kreis
und in einer dortigen Buchhandlung. Sie sind auch abonnierbar.
Neben seinen Ausstellungen veranstaltet er regelmäßig Lesungen.
Ziel ist, die Atelierhefte nicht selbst zu illustrieren,
sondern andere Künstler in Form einer Koproduktion dazu einzuladen.
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