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Foto: Dominik Reichenbach/ Artwork: Claus Piffl |
Die Mauerbauerdauer
Meck-Pomm, das Bundesland, das immer klingt wie ein urger mit Fritten, ist ein guter Aufbewahrungsort. Nach dem Schatz von Harald Blauzahn, dem Namensgeber von Bluetooth, der vor ein paar Jahren dort plötzlich aufgetaucht ist, hat man jetzt schon wieder etwas Erstaunliches gefunden: eine Mauer.
Eine fast 1000 Meter lange Mauer! In der Ostsee! Und sie soll 11.000 Jahre alt sein! Die Forscher vermuten eine Rentierfalle.
Ich glaube dagegen an eine prähistorische Schrebergartensiedlung. Mit prähistorischen Grenzstreitigkeiten: „Ihr Baum wächst über die Mauer!“ - „Und Ihr Mammut frisst immer die Rüben aus meinem Garten. Einfach so über die Mauer hinweg!“. - „Schauen Sie lieber, dass Ihnen nicht wieder ihr Fell verrutscht. So wie neulich beim Heringessen. Das war unschön, was man da alles gesehen hat!“ - „Um das Unschöne bei Ihnen zu vermeiden, müssten Sie ja das Fell über‘n Kopf ziehen.“
Und so ging es her und hin über die Mauer.
Solange bis die Mauer plötzlich weg war.
Das ging natürlich nicht so abrupt. Das war ein langsamer Prozess.
Zuerst hat man sich noch gewundert über den steigenden Meeresspiegel und dann hat man den Dorfältesten, den Schamanen, gefragt, und der hat gemeint, man soll sich keine Sorgen machen, die Mauer würde noch 100 Jahre oder länger stehen.
Dann ist das Wasser aber weiter gestiegen, und der Schamane hat gesagt, das ist kein Klimawandel, das ist nur eine vorübergehende Laune der Ostsee. Und das mit dem steigenden Meeresspiegel haben sich die Schurken aus dem Nachbardorf ausgedacht, damit die an unsere Weidegründe rankommen könnten. Und an unsere holden Mädchen mit den verfilzten Haaren, die ab zwanzig nur mehr die Hälfte der Zähne im Mund haben. Wer sowas sage, dass der Klimawandel komme und der Meeresspiegel steige, der sei ein Lügner und Feind des Dorfes, hat der Schamane gesagt.
Dann ist das Meer weiter gestiegen, und die Mauer war schon zur Hälfte weg, und der Schamane hat gesagt, so, es wird Zeit, die Mauer unter Denkmalschutz zu stellen. Denn so eine tolle Mauer hat man sonst nirgendwo auf der Welt. Und wird man nie wieder haben. Sicher nicht in Mykene oder Troja, niemals in China, und erst recht nicht in Südamerika, denn das kenne er gar nicht. Und was er nicht kenne, könne es nicht geben.
Und dann ist das Meer weiter gestiegen, und dann hat der Schamane gesagt:
„Wie ich schon immer gesagt habe: Die Mauer wird untergehen!“
Da war dann eine Aufregung, und die Leute haben geschrien und durcheinander geredet und gefragt: „Was? Unsere Mauer? Wann?“ Und der Schamane hat geantwortet:
„Also nach meinen Informationen ist das sofort… also unverzüglich!“
Und dann war sie - Blubb! - weg, die Mauer.
Und es sollte noch Jahrtausende dauern, bis in Deutschland wieder - mit russischem Wohlwollen - eine so schöne Mauer errichtet werden würde. Aber die wurde am Ende nicht vom Meer weggespült, sondern von der Zeit.
Man sollte also Mauern nicht nachtrauen. Oder gar bedauern.
Auch wenn sie Jahre, Jahrhunderte überdauern…. es sind nur Mauern.
Es gibt immer einen Weg um sie herum.
Mauern sind gebaute Problemlösungsinkompetenz.
Trotzdem möchten ja Donald Trump und seine geistigen Ziehkinder in Europa auch gerne wieder Mauern bauen. Ja, der Trump, ein Mensch, dessen Karriere darin besteht, vom Immobilienunternehmer zu einem RealityTV-Star, und schließlich zu einem Politiker zu werden. Also wenn René Benko einmal seine eigene TV-Show bekommt, kann man sich Sorgen machen.
Anderseits kann man die beiden nicht eins zu eins vergleichen. Schließlich hat Donald Trump am Anfang seiner Karriere vor allem das Geld der eigenen Familie in seinen Firmen verbrannt. Beim Benko läuft das Geld ja eher - was man so hört - umgekehrt: aus der Firma raus in die eigene Familie hinein.
Und Trump hat tolle Ideen, wie man noch mehr Bauruinen produzieren kann. Er möchte jetzt den nuklearen Schutzschirm von Europa abziehen, wenn nicht ausreichend gezahlt wird. Schutzgelderpressung nennt man das in der Immobilienblase, glaub ich. Denn sonst kann die russische Regierung, so Trump, machen, was sie will. Und was rauskommt, wenn die russische Regierung macht, was sie will, sieht man ja gerade in der Ukraine und im Fall Navalny: Särge.
Und deshalb denken die Europäer jetzt nach.
Nicht über Schutzgeld, sondern über eine gemeinsame Armee und gemeinsame Atomwaffen. Das ist einerseits gut und andererseits auch ein bisschen gefährlich.
Denn eine gemeinsame europäische Armee… ja … das ist ein uralter Gedanke, nur hat man sich leider seit dem Zusammenbruch des Weströmischen Reichs nicht über einen Oberbefehl für Europa einigen können. Und das versucht mit Waffen auszudiskutieren. Ein paar hundert Jahre lang.
Solchen Leuten will man jetzt auch noch Atombomben geben?
Man darf nicht vergessen, dass die Atombombe eine Waffe ist, die man einerseits nicht einsetzen will, obwohl man es kann, andererseits ständig den Willen demonstrieren muss, sie jederzeit einsetzen zu können. Das ist in etwa so schizophren, wie wenn man ständig behaupten würde, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, während man gleichzeitig sämtliche effizienten Maßnahmen gegen die globale Klimaerhitzung torpediert.
Also… Ok, das Mindset wäre vorhanden.
Bleiben unwichtige Details: Wo sollen die Dinger stationiert werden? Wer hat den Oberbefehl darüber? Und in welcher Sprache soll eigentlich das Kommando zum Abschuss gegeben werden?
Vielleicht in diesem Computerkursdiplomatenenglisch, das alle in der EU so leidlich beherrschen? Oder doch lieber in einer Minderheitensprache, damit das Risiko minimiert wird, dass nicht irgendeiner nebenbei durch eine unbedachte Äußerung eine atomar bestückte Rakete losschickt, obwohl er eigentlich gerade eine EU-Verordnung ausdrucken wollte.
Also Sorbisch etwa. Oder Ladinisch? Oder Baskisch? Oder Liechtensteinisch? Oder unterhalten sich die Leute dort nur in Bankleitzahlen?
Andererseits: Echte Sprachen könnte eine K.I. lernen. Das wäre eine permanente Sicherheitslücke. Da wäre ein Dialekt besser. Am besten einer, der sich ständig verändert und undeutlich genuschelt wird. Ich sag mal - völlig aus der Luft gegriffen, etwas Verrücktes, was mir zufällig durch den Kopf geht - Wienerisch.
Wenn der Overkill, das atomare Armageddon, der Weltuntergang kommen muss, dann soll das doch auch richtig klingen: „Oisooo…Aaaans, zwaaaaa, gemmagemma… Bumm!“
Das hätte auch eine gewisse Tradition. Wurden doch die letzten beiden Weltkriege auch von Österreichern ausgelöst. Einmal von einem senilen Monarchen in Bad Ischl (dieses Jahr europäisches Kulturhauptdorf!), das andere Mal von einem herumkreischenden Charlie-Chaplin-Imitator aus Oberösterreich.
Insofern ist die Lage gar nicht so schlimm, wie es scheint. Denn die Rolle Österreichs beim aktuellen Konflikt beschränkt sich lediglich darauf, sich verteidigungspolitisch in Vogel-Strauß-Yoga zu üben, mit der Raiffeisenbank International im russischen Ausland Geschäfte zu machen und Putin weiterhin artig Gas abzukaufen.
Aber sollte mal ein russisches U-Boot vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns auftauchen, dem René Benko entsteigt und der dann grinsend ankündigt, er werde hier jetzt ein Fernsehstudio errichten für seine erste eigene TV-Show, dann…
…. könnte es eng werden.
Und was dann sicher gar nichts hilft ist: Mauern bauen.
Groebner Live mit „ÜberHaltung“:
Der „Neue Glossenhauer“ ist ein Projekt der freiwilligen Selbstausbeutung, wer es dennoch materiell unterstützen will, hier wäre die Bankverbindung für Österreich:
Severin Groebner, Bawag, IBAN: AT39 6000 0000 7212 6709
Hier die jene für Deutschland:
Severin Groebner, Stadtsparkasse München, IBAN: DE51 7015 0000 0031 1293 64