Sabine M. Krämer
Bis später
Roman
Mainz 2010, 138 S., Paperback, (Hardcover geplant)
14,90 €, Ventil Verlag
"Der Ventil Verlag wurde 1999 als Zusammenschluss des Verlags Jens Neumann, der Literaturzeitschrift Ventile - Texte & Bilder (amanita-media) und der Buchreihe testcard - Beiträge zur Popgeschichte gegründet. Der Verlagssitz ist in Mainz. Im Jahre 2004 kam es zum Zusammenschluss von Ventil Verlag und dem 1999 gegründeten und von Theo Bender geführten Bender Verlag." (wikipedia). Zu den Veröffentlichungen zählen Bücher über Hip-Hop, Free Jazz, Popjournalismus, Popliteratur, Punk, Hardcore Punk sowie rechte und reaktionäre Tendenzen in der Popkultur, Feminismus und Queer Studies.
In sehr eindringlicher und äußerst feinfühliger Art hat Sabine Krämer hier verschiedene Momentaufnahmen am Ende des Lebens entworfen. Innere Monologe von Todgeweihten, Greisen, Menschen, die oft noch nicht abgeschlossen haben mit ihrem Leben und nicht verstehen, warum sie jetzt im Hospiz sind, gehen sollen, oder unklare, wirre Vorgänge erleben. Sich fragen, weshalb dies und das mit ihnen passiert oder nicht passiert, mit ihnen getan wird oder unterlassen wird zu tun.
Die Vergangenheit, die Gegenwart und die ungewisse Zukunft greifen ineinander, der Blick schwenkt zurück, in die Jetztzeit und in die Zukunft - hin und her. Die Innenschau verschiedener Menschen ist der Autorin sehr gut gelungen. Viele Senioren werden sich in ähnlicher Lage wiedererkennen oder Jüngere werden verstehen, was in einem alten Kopf vorgehen kann.
In der letzten Geschichte der Blick von der anderen Seite: Die Pflegekraft, die in verschiedene Räume geht, ganz Unterschiedliches erlebt, Patienten mit sich selbst beschäftigt sieht oder mit überraschend gestorbenen Menschen konfrontiert wird, teilweise erschreckende Situationen, weil Menschen im Todeskampf oder durch einen Unfall unnatürliche Positionen im Sterbebett einnehmen.
In diesem kleinen Bändchen mit großer Wirkung hat Sabine Krämer die Übergänge von Leben zu Tod in der Pflegesituation erlebbar und nachfühlbar gemacht.
"Diesmal ist es wirklich der Anfang. Ich werde nicht mehr aufstehen können, meine Knochen werden nicht mehr heilen. Es dauert nur wenige Tage, bis sich auf diesen Knochen nichts als nur noch Haut spannt. Es ist Sommer geworden. Die Mittags- und Nachmittagssonne knallt auf die Hauswand, auf die zugezogenen Fensterläden, hinter denen mein Bett steht, die Luft dick und heiß, sie riecht nach Erde.
Ich muss aufstehen. Ich habe zu tun. Ich muss packen. Ich werde abgeholt! Meine Hände greifen nach dem Koffer, nach den Kleidern, den Geschenken ins Leere. Meine Füße finden keinen Boden. Und dann ist da dieses Fest draußen vor meinem Fenster. Die Musik: Wir kommen alle alle alle in den Himmel. Weil wir so lieb sind."
"Sie haben mich aus dem Haus geführt und hierher gebracht. Hier hat man mich am selben Abend in den Keller,in dieses Bett gebracht. Ich habe nur eine Nacht hier drin geschlafen und am nächsten Morgen schon habe ich nicht mehr aufstehen können. Seitdem liege ich hier. Ich komme nicht mehr raus, im Leben nicht mehr. Aber du, du kommst jetzt zu mir. Steig über das Gitter. Komm, leg dich zu mir. Ich hab hier Platz nur für dich. Ich deck dich zu mit meinem weißen Hemd.
Da drüben bist du, mein Schatz, nicht zu fassen. Steig über den Zaun. Komm zu mir in den Garten. Siehst du die kleinen roten Lichter überall, die Blumen, die Steine? Mein Häuschen so groß wie ich und du. Meine Hände sind braun, sagst du, mein Mund ist braun. Was ich gemacht habe, fragst du. Ich bin im Garten, es ist feucht. Herbst ist, hier im eckigen Untergeschoss. Es ist dunkel. Ich will nichts, nur dich."
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Donnerstag, 28. Oktober 2010
Buchbesprechung: Bis später - Ventil Verlag (Unabhängige Verlage in Deutschland)
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