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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Montag, 8. Dezember 2025

Severin Groebners Neuer Glossenhauer #88: Nikoloraturen üben
















Hintergrund: Hellbraun unpolitisch © Foto: Dominic Reichenbach / Artwork: Claus Piffl


Nikoloraturen üben

Letzten Samstag feierten wir das Fest des heiligen Nikolaus.
Der war ein Typ aus Kleinasien. Der hätte vielleicht wegen der angeheizten Stadtbild-Debatte gerade ein Problem, aufgrund seines Aussehens einen Weihnachtsmarkt ohne Ausweiskontrolle zu überqueren.
Dabei bringt er doch allen etwas.

Sogar den faschis… nein, den Rechtspo… nein, den nationali… auch nicht, den patriotischen Parteien - so heißt das jetzt laut der neuen Sicherheitsdoktrin der US-Regierung.
Also auch diesen Freunden niederen Instinkte und höchsten Einkommensklassen bringt der heilige Nikolaus eben diese neue Doktrin.
Und damit ein Problem: Wie soll man sich zwei autoritären Herrschern gleichzeitig anbiedern. Nicht wegen des Verlusts der Würde, sondern rein biologisch:
Eine kriechwillige Partei, aber zwei Ani Diktatori.

Schauen wir mal einen an, der wissen muss, wie das geht: Giovanni Infamino… nein, Infantino.
So heißt der Mann. Chef der FIFA.
Der hat gerade Donald Trump - dem Besitzer des einen potentiellen Darmausgangs und Chef eines der Länder, die die nächste Fussball WM der Männer ausrichten - den Friedenspreis der Fifa überreicht. Fifa-Friedenspreis? Noch nie gehört davon?

Kein Wunder, der Preis wurde auch extra für diesen Anlass erfunden.
Eigentlich wollte man ja die Teams für die Gruppenphase auslosen, aber Giovanni Intriganto… Infantino musste Donald Bomb… nein, Trump schnell noch den Preis überreichen und eine Medaille umhängen lassen.
Man kann ja froh sein, dass er ihm nicht noch Oralsex auf der Bühne hat angedeihen lassen.

Aber das mag Trump wahrscheinlich gar nicht.
Worauf der wirklich steht, werden wir aber erst erfahren, wenn die Epstein-Files heraus gegeben werden.
Nämlich auf: viele schwarze Balken.

Dazwischen lässt er Boote samt Fracht und Besatzung in der Karibik und dem Ostpazifik von Killerdrohnen auslöschen oder die Nationalgarde im Inneren der USA einsetzten. Was man als Besitzer des Fifa-Piece-Preis eben so macht: Irgendwo drauftreten.
Vielleicht macht er auch bald Krieg mit Venezuela.
Wegen Drogen? Angeblich.
Wegen Öl? Wahrscheinlich.
Weil dort die Frau wohnt, die den Friedensnobelpreis bekommen, den er eigentlich haben will? Ziemlich sicher.

Der andere Anus-Inhaber, der von Giovanni Intransperento…  Infantino (Jetzt merk ich mir den Namen endlich, ich schwör’s!) schon eine Fussball-WM geschenkt bekommen hat, Waldemar der Schreckliche aus Russland, besucht einstweilen Länder. Länder, die keine Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs sind: Indien.
Gut, da hätte er auch in die USA fahren können. Aber dort war er ja schon.

Der indische Possessor di Ani, Narendra Modi, hat ihn auch gleich persönlich empfangen.
Man sieht: Die können gut miteinander. Es gibt also einen Modi vivendi.
Modi hat Putin sogar umarmt. Gute Idee! So hätte ich das auch gemacht.
Gerade bei ehemaligen Geheimagenten ist es ratsam, sie auf diese Art und Weise unauffällig nach Waffen und Abhör-Einrichtungen zu untersuchen.

Wenn wir von Abhören sprechen, müssen wir aber nicht nur an die Geheimdienste denken, sondern an noch Unangenehmeres: Den Jurowischnsonggondähsd. So wird der ESC nämlich in Wien ausgesprochen.
Und die Wienerinnen und Wiener müssen es ja wissen. Schließlich müssen… dürfen sie das „mediale Großereignis“ schon wieder ausrichten.

2015 war das schon einmal der Fall. Daraufhin gab es große Flüchtlingsbewegungen, Humanitätskrisen und einen Rechtsruck in ganz Europa. Im Jahr darauf stimmte Großbritannien für den Brexit und Donald Trump wurde zum ersten mal US-Präsident.
Und alles nur wegen dem Jurowischnsonggondähsd in Wien?
Natürlich nicht.
Sondern wegen des.

Um solche katastrophale Auswirkungen einzudämmen, hat sich jetzt die EBU neue Regeln gegeben. EBU? Klingt nach einem Schmerzmittel, ist aber die European Broadcasting Union.
Und die wird es eh noch schwer haben. Sieht doch die neue Sicherheitsdoktrin der USA die Meinungsfreiheit in Europa gefährdet.

In perestaltischer Vorauseilung gibt sich deshalb die EBU neue Regeln. Dass etwa der Jurowischnsonggondähsd unpolitischer werden soll. Schließlich hat man ja schon bei der FIFA-Auslosung gesehen, bei der Preisverleihung samt Medaillen-Umhängung, wie wichtig es ist jedes mediale Großereignis von den Olympischen Spielen über die Fussball WM, den Salzburger Festspielen und bis zum Silvester-Schlagerboom frei von Politik zu halten.
Außer es sind Politiker anwesend.
Aber die sind ja nicht politisch, sondern nur da.

Was fehlt ist allerdings eine andere neue Regel für den Jurowischnsonggondähsd.
Eine, die dem Song in dem Contest helfen könnte. Die Regel, dass nur nur Musiker auftreten dürfen. Also so echte Menschen, die das auch können mit der Musik. Die nicht nur singen können, sondern auch ein Instrument beherrschen. Und das live. Und das Lied auch selbst geschrieben haben. Also Musiker eben.

So wirkliche Künstler und nicht gentechnisch hochgezüchtete Domspatzen, digitalisierte Tanzmäuse, programmiert steppende Bären und andere künstliche Unintelligenzen. Mal sehen, wer dann noch mit macht.

Schließlich wird der Jurowischnsonggondähsd ja gerade von manchen Ländern boykottiert.
Grundsätzlich: Eine gute Idee. Denn je weniger Länder mitmachen, desto kürzer wird das überteuerte Schlagerfestival.

Bei einem echten Festival wäre das anders:
Lauter Musiker aus Europa.
Und auch aus Australien. Oder Neuseeland. Oder Palästina. Und auch gerne Israel.
Das könnte ein interessanter musikalischer Austausch werden.

Und natürlich wird es dann politisch. Deshalb werden neben Künstlern aus Israel etwa auch welche aus Ägypten oder Syrien dabei sein. Oder sonstwo aus dem Nahen Osten. Gibt es doch dort zahlreiche großartige Künstlerinnen und Künstler, die ihren Regierungen mehr als nur „kritisch“ gegenüber stehen.

Und Russland wäre dann auch dabei. Damit man auch wieder russische Künstler hört, die das Lied „Ich möchte Schwanensee sehen!“ singen. Dort ginge das dann. Geht in Russland gerade nicht.
Dafür geht man nämlich im Putin-Paradies ins Gefängnis.
Langsam wird einem klar, was „unpolitisch“ womöglich noch bedeutet.

Davon steht aber nichts in der neuen amerikanischen Sicherheitsdoktrin.
Man könnte aber ein Lied davon singen.
Ist ja schließlich Nikolo.

—-

groebner live:
Alle Termine gibt es hier.

Nächster Vierteljahresrückblick „Quartalsweise“ 11.12. 
Buch&Wein, Frankfurt

Satirischer Jahresrückblick 12.12. 
Filmklubb, Offenbach

groebner gesehen:
Der freundliche Sender 3Sat hat mein Programm „
ÜberHaltung“ ausgestrahlt.
Für alle, die es noch nicht gesehen haben, die haben jetzt in der Mediathek (Achtung Wortwitz) 
das Nachsehen.

groebner gehört:
Satire-Pop-Album 
„Nicht mein Problem“

Zusammen mit den sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen Fine Degen, Ella Carina Werner, Jess Jochimsen und Sascha Bendiks (ich schätze alle mindestens drei Jahre jünger) war ich auf Schloß Kapfenburg und habe dort bei für SWR Kultur die
 „Nacht der Poeten“ mit lustigen Texten bestritten.
Teil eins könnt Ihr Euch hier 
anhören.
Teil zwei jetzt auch, nämlich hier.

„Ende der Welt“ auf Bayern 2 und in der ARD-Audiothek, wo ich nachdenke, wie eine 
Welle und das Verschwinden einer Regierung zusammenhängen könnte. Oder wie schwer das Leben auf Probe ist.

In Bayern 2 hab ich auch auf den November gerückblickt.

Und einen ganz neuen Song (ist die Zugabe vom neuen Programm, aber psst!) kann man direkt 
auf der Homepage hören.

groebner gefolgt:
Videos auf 
YouTube, auf Instagram oder auf Facebook zu sehen.



Der „Neue Glossenhauer“ ist ein Projekt der freiwilligen Selbstausbeutung, wer es dennoch materiell unterstützen will, hier wäre die Bankverbindung für Österreich:
Severin Groebner, Bawag, IBAN: AT39 6000 0000 7212 6709
Hier die jene für Deutschland:
Severin Groebner, Stadtsparkasse München, IBAN: DE51 7015 0000 0031 1293 64

Oper Frankfurt a.M.: MITRIDATE, RE DI PONTO von Wolfgang Amadeus Mozart

Sonntag, 7. Dezember 2025, um 18 Uhr im Opernhaus
Premiere / Frankfurter szenische Erstaufführung

MITRIDATE, RE DI PONTO

Opera seria in drei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart
In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln.

In der Bildmitte Robert Murray (Mitridate) und Ensemble
Bildnachweis: Matthias Baus

Musikalische Leitung: Leo Hussain; Inszenierung: Claus Guth

Mitwirkende: Robert Murray (Mitridate), Bianca Tognocchi (Aspasia), Monika Buczkowska-Ward (Sifare), Franko Klisović (Farnace), Jihun Hong (Marzio), Kudaibergen Abildin (Arbate), Philippe Jacq (Majordomus) u.a.

Weitere Vorstellungen: 11. (19 h), 14., 20., 22. (19 h), 28. Dezember 2025, 4., 10. Januar 2026
Falls nicht anders angegeben, beginnen diese Vorstellungen um 18 Uhr.
Preise: € 16 bis 190 zzgl. 12,5% Vorverkaufsgebühr


In Koproduktion mit dem Teatro Real, Madrid, dem Teatro di San Carlo, Neapel, und dem Gran Teatre del Liceu, Barcelona
Mit freundlicher Unterstützung des Frankfurter Patronatsvereins – Sektion Oper


Mit gerade einmal 14 Jahren schrieb Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Mitridate, re di Ponto. Das Werk komponierte er für das Mailänder Opernhaus, dessen höfisches Umfeld dem jungen Komponisten anfänglich große Skepsis entgegenbrachte. Doch die Kritik sollte schon während der Proben verstummen. Mozart ist in seiner ersten Opera seria auf der Suche nach angemessenen musikalischen Darstellungsweisen für die komplexen und widersprüchlichen Seelenlagen seiner Charaktere. Der Text der im Jahr 1770 am Teatro Regio Ducale in Mailand uraufgeführten Oper stammt von Vittorio Amedeo Cigna-Santi nach Jean Baptiste Racine. 

Mozarts Mitridate ist viel mehr als ein Jugendwerk, bricht er doch musikalisch klassische Konventionen seiner Zeit. Die Arien sind geprägt von sich entwickelnder emotionaler Intensität, die affektive Eindeutigkeit tritt in den Hintergrund. Im Mittelpunkt der Oper steht mit König Mitridate eine starke Vaterfigur. Mozart verhandelt rund um sieben Charaktere die Herausforderungen und Konflikthaftigkeit menschlichen Zusammenlebens – inhaltlich sowie musikalisch. 

Der alternde König will noch einmal heiraten. Doch er spürt, dass seine beiden Söhne ihm die Liebe seiner Verlobten Aspasia wie auch den Thron streitig machen könnten. Deshalb streut Mitridate nach einer Niederlage gegen die Römer das Gerücht, er habe in der Schlacht den Tod gefunden. Prompt bedrängt sein Ältester Farnace die junge Braut des Vaters, ihn zu heiraten. Doch Aspasia liebt insgeheim dessen jüngeren Bruder Sifare und bittet ihn um Schutz gegen Farnaces Annäherungsversuche. Da erscheint der totgeglaubte König von Pontus; er wird begleitet von Ismene, der Farnace einst die Ehe versprach. Die Figuren beginnen, sich argwöhnisch zu belauern ...

Die zweite Premiere einer Mozart-Oper in dieser Frankfurter Spielzeit – nach Così fan tutte – wird von Leo Hussain geleitet, der in dieser Saison auch Weinbergs Die Passagierin dirigiert. Verantwortlich für die Inszenierung, eine Koproduktion mit Opernhäusern in Madrid, Neapel und Barcelona, ist Claus Guth. Er inszenierte in Frankfurt zuletzt im Jahr 2023 Elektra. Zuvor gewannen seine hier entstandenen Inszenierungen von Daphne und Pelléas et Mélisande jeweils den Theaterpreis DER FAUST. 

In der höchst anspruchsvollen Titelpartie des König Mitridate ist der britische Tenor Robert Murray zu erleben, der in Frankfurt debütiert. Mitridate interpretierte er bereits an der Hamburgischen Staatsoper. Darüber hinaus gastiert er regelmäßig international, zum Beispiel bei den Salzburger Festspielen, in London oder Oslo. Der Schauspieler Philipp Jacq – dem Frankfurter Publikum bekannt als Zeremonienmeister / Duc de Bedford in Jeanne d’Arc au bûcher und als Dr. Crabbe in Brittens Peter Grimes – sowie Mitglieder des Ensembles und des Opernstudios ergänzen die Besetzung der szenischen Frankfurter Erstaufführung von Mozarts Werk.

Wie Europa Selenskyj und die Ukraine besser schützen kann – und was das für die Ära Trump bedeutet

Der Krieg in der Ukraine ist längst mehr als ein regionaler Konflikt. Zwischen amerikanischen Richtungswechseln, russischem Druck und anhaltender militärischer Belastung rückt die Frage in den Vordergrund, wie die Europäische Union den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und die Bevölkerung besser schützen – und ihnen eine langfristige Perspektive geben kann. Eine Antwort führt unweigerlich zu Europas Rolle auf dem geopolitischen Spielfeld: Die EU wird zum entscheidenden Stabilitätsfaktor, gerade weil die USA unter Donald Trump einen unberechenbaren, teils europaschädlichen Kurs eingeschlagen haben.


Stabilität durch politische Geschlossenheit

Für die Ukraine ist politische Klarheit aus Europa derzeit genauso wichtig wie militärische Ausrüstung. Eine gemeinsame europäische Linie zu territorialer Integrität, Sicherheitsgarantien und dem künftigen Verhältnis zu Russland würde Selenskyj signalisieren, dass er nicht zwischen konkurrierenden Großmachtkonzepten navigieren muss. Vor allem kein Opfer der russischen Großmachtsfantasien wird, die komplett überholt und antidemokratisch sind. Die Ukraine blüht und gedeiht ohne Moskau zehnmal besser! Und wir können erfolgreich mit Kiew kooperieren.

Europäische Geschlossenheit schafft außerdem eines, das in Washington schwankt bzw. dauernd verschwindet: Verlässlichkeit.

Wirtschaftliche Absicherung als strategischer Schutz

Die EU ist der wichtigste wirtschaftliche Lebensanker der Ukraine. Hilfspakete, Haushaltsunterstützung und Wiederaufbauprogramme stabilisieren ukrainische Institutionen und Kommunen – eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Widerstandskraft.
Je funktionsfähiger das Land bleibt, desto schwerer wird es für Russland, politischen Druck zu entfalten.
Europa hat hier eine Stärke, die von Rüstungsdebatten oft verdrängt wird: wirtschaftliche Geduld und langfristige Infrastrukturplanung.

Diplomatie: Europas unterschätzte Macht

Die EU kann Formate schaffen, die Washington und Moskau bewusst außen vor lassen, ohne sie zu isolieren. Ein europäisch geführtes Verhandlungsumfeld, eingebettet in UNO-Strukturen und ergänzt durch Partner wie Kanada, Japan oder die Türkei, würde der Ukraine einen diplomatischen Raum eröffnen, der weniger konfrontativ und zugleich souveräner ist.
Europa wäre hier nicht Vermittler zwischen zwei Seiten, sondern Garant, dass die Ukraine nicht zur Spielmasse fremder Pläne wird.

Militärische Unterstützung: Koordination statt Eskalation

Während einzelne europäische Staaten Waffen liefern, bleibt die Herausforderung eine andere: Logistik, Geschwindigkeit und Abstimmung.
Eine europäische Koordinationsstruktur – schneller als das bisherige Ramstein-Format, unbürokratischer als nationale Einzelwege – könnte dafür sorgen, dass zugesagte Schutzmittel tatsächlich rechtzeitig ankommen.
Entscheidend ist nicht die Menge, sondern die Verlässlichkeit.

Was tun mit Trump?

Trumps außenpolitischer Ansatz stellt Europa vor ein Dilemma: Die Ukraine darf nicht von amerikanischen innenpolitischen Wechselfällen abhängig sein, gleichzeitig bleibt Washington ein zentraler Akteur. Auch das ist nicht garantiert. Die USA wollen sich von Europa und NATO zurückziehen. Die EU kann z.B. diese drei Dinge tun:

  1. Schutzwall gegen abrupten Kurswechsel: Eigene Hilfspfade und Garantien aufbauen, die unabhängig vom Weißen Haus funktionieren.

  2. Diplomatische Einbindung statt Konfrontation: In Washington klar kommunizieren, dass Europa offene Dialogkanäle erhält – aber keine einseitigen Planskizzen akzeptiert, die ukrainische Souveränität untergraben.

  3. Transatlantische Arbeitsteilung: Dort kooperieren, wo es möglich ist (Rüstung, Sanktionen), und dort eigenständig handeln, wo amerikanische Positionen schwanken (Wiederaufbau, Vermittlung, geostrategische Planung).

Trumps Einfluss lässt sich nicht neutralisieren, aber ein robuster europäischer Rahmen kann die Folgen abmildern.


Ein vorsichtiger Hoffnungsschimmer

Trotz der schwierigen Lage sprechen mehrere Trends für einen möglichen europäischen Moment:

  • Europas ökonomische Stütze bleibt stabil.

  • Das politische Interesse an einer eigenständigen Sicherheitspolitik wächst.

  • Viele internationale Partner bevorzugen einen moderierenden europäischen Ansatz gegenüber schnellen, bilateralen Deals mit dem Überfallenen als Verlierer.


Europa kann die Ukraine nicht allein militärisch schützen – aber es kann etwas, das derzeit wichtiger ist:

Eine dauerhafte politische, wirtschaftliche und diplomatische Umgebung schaffen, in der Selenskyj handlungsfähig bleibt und die Bevölkerung eine Zukunft sieht, die nicht vom nächsten geopolitischen Kurswechsel abhängt.


Samstag, 6. Dezember 2025

In die Friedensverhandlungen USA und Russland reingehört

 

  • Hintergrund: In einer vertraulichen Krisenschalte mit europäischen Spitzenpolitikern und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj soll Bundeskanzler Friedrich Merz laut Spiegel Zweifel an der Rolle der US-Unterhändler im Ukraine-Krieg geäußert haben. Seine angebliche Bemerkung: „Sie spielen Spielchen, sowohl mit euch als auch mit uns.“

  • Russische Reaktion: Kirill Dmitrijew, Putins Verhandlungsführer gegenüber Washington, griff Merz daraufhin öffentlich auf X an. Er erklärte: „Lieber Merz, Sie sind nicht einmal im Spiel.“

  • Vorwürfe Dmitrijews: Dmitrijew warf Merz vor, den Frieden zu sabotieren, unrealistische Ideen zu vertreten und durch „Kriegstreiberei, der Torpedierung des Friedens, unrealistische Vorschläge, dem Selbstmord der westlichen Zivilisation, Migration und dickköpfige Dummheit“ die westliche Zivilisation ins Verderben zu führen.

  • Russische Argumentation: Moskau schiebt die Verantwortung für den Krieg weiterhin dem Westen zu. Präsident Putin behauptet regelmäßig, die Ukraine werde von westlichen Staaten als Werkzeug gegen Russland missbraucht.

  • Zur Person Dmitrijew: Er gilt als erfahrener Unterhändler, der schon während der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump stark auf wirtschaftliche Anreize setzte und heute die zentrale Figur in den Gesprächen mit Washington ist.


Freitag, 5. Dezember 2025

Brandaktuell: Europa soll „ausgelöscht“ werden? – Die neue Endzeit-Rhetorik zweier Männer, die uns fassungslos machen


Wenn Wladimir Putin und Donald Trump neuerdings von der „Auslöschung“ der europäischen Zivilisation sprechen, klingt das nicht nach Politik, sondern nach einer Mischung aus geopolitischem Theater, autoritärer Machtdemonstration und persönlichem Größenwahn. Zwei Männer, die auf der Weltbühne stehen wie überhitzte Statisten eines Endzeitfilms – und Europa soll gefälligst zittern.

Doch die eigentliche Ungeheuerlichkeit steckt nicht einmal im Inhalt der Drohung, sondern in der Gedankenwelt, die sie hervorbringt.

Denn wer mit „Auslöschung“ spielt, setzt voraus,
  • dass Menschenleben nichts als kalkulierbare Masse sind,
  • dass Kultur, Geschichte, Städte, Völker verhandelbar sind als Kulisse,
  • dass Gewalt ein legitimes Mittel ist, sobald sie dem eigenen Machtzweck dient.

Und der Begriff setzt voraus, was die beiden Protagonisten täglich demonstrieren,

  • dass Zynismus für Stärke gehalten wird,
  • dass Drohungen für Politik gehalten werden.

Beides ist falsch. Beides ist gefährlich.
Beides ist die moralische Bankrotterklärung einer politischen Klasse, die sich selbst disqualifiziert. Was richten diese Politiker an? Einen Riesenschaden.

Die Drohung ist nicht das Problem. Der Skandal ist, dass sie überhaupt ausgesprochen wird.

Wer das Wort „Auslöschung“ in den Mund nimmt, hat bereits eine Grenze überschritten, bei der jede Form politischer Vernunft abgelegt wurde wie eine alte Jacke. Das ist nicht Realpolitik, das ist moralische Verwahrlosung am Mikrofon.


Drohen ist einfach — denken wäre schwerer

Putin setzt seit Jahren auf Eskalation, erst militärisch, dann rhetorisch.
Trump wiederum liebt den großen Knall, vorzugsweise verbal, weil er damit die Illusion von Stärke erzeugt. 

Beide eint dieselbe Methode: Sie werfen mit maximaler Bedrohlichkeit um sich, um Europa nervös zu machen. Angst soll regieren, nicht Argument.

Dass zwei Narzissten im Schaukelstuhl der Geschichte mit heißen Eisen spielen, heißt nicht, dass Europa wankt. Die Pointe an dieser ganzen martialischen Inszenierung: Europa soll weniger bedroht wirken als vielmehr verunsichert, gelähmt, eingeschüchtert. Dafür braucht es allerdings mehr als zwei Männer, die „Armageddon“ sagen und sich dabei stark fühlen. Die Drohung wirkt wie ein Bluff mit Atombombenfilm im Hintergrund. Sie ist nicht glaubwürdig, sie ist nicht strategisch sauber, sie ist nicht realpolitisch konsequent. Sie ist vor allem eins: ein Symptom der Enthemmung.

Politik verkommt bei solchen Figuren zur Kraftmeierei. Die Welt wird zur Bühne für Kränkungen. Zivilisationen werden zu Spielmarken. Und Europa – das alte Europa, das schon Dutzende Diktatoren überlebt hat – soll plötzlich vor zwei Stimmen aus der Asservatenkammer des 18. bis 20. Jahrhunderts kapitulieren?

Nein. Europa hat größere Gegner überstanden als testosterongetriebene Drohkulissen. Der Kontinent ist nicht unsterblich, aber er ist auch nicht aus Zucker. Die wahren Gefahren liegen selten in den markigen Sprüchen, sondern in den Reaktionen darauf: Panik, politischer Rückzug, Selbstentmachtung. Europa stirbt nicht durch Drohungen. Europa stirbt nur, wenn es diesen beiden Säbelrasslern glaubt, wenn es sich ihnen unterwirft.

Mittwoch, 3. Dezember 2025

Ausländergruppen in Deutschland – Erwerbstätigkeit, Sozialbezug und demographische Struktur


Deutschland beherbergt heute rund 14 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Diese Zahl verdeutlicht die enorme Bedeutung von Migration für Gesellschaft und Arbeitsmarkt. Die Zusammensetzung der Ausländergruppen ist historisch gewachsen und durch aktuelle Krisen geprägt. Während klassische Gastarbeitergruppen wie Türken, Italiener oder Griechen seit den 1960er Jahren fest etabliert sind, haben EU-Freizügigkeitszuwanderer aus Polen, Rumänien und Kroatien in den letzten zwei Jahrzehnten stark zugenommen. Hinzu kommen Flüchtlingsgruppen aus Syrien, Afghanistan und seit 2022 in großer Zahl aus der Ukraine (Statistisches Bundesamt) (Bundeszentrale für politische Bildung).


Erwerbstätigkeit

Die Erwerbsquote von Ausländern liegt im Schnitt bei etwa 65 %, während sie bei Deutschen rund 75 % beträgt (Bundesagentur für Arbeit). Andere Zahlen sprechen von 69,9 % und 79,9%. Besonders hoch ist die Erwerbsbeteiligung bei EU-Bürgern: Polen erreichen etwa 75 %, Rumänen rund 70 %. Diese Gruppen sind stark in Bau, Logistik, Pflege und Gastronomie vertreten. Dagegen liegt die Erwerbsquote bei Syrern bei etwa 42 %, bei Afghanen bei 38 % und bei Ukrainern bei nur 32 % (DIW Berlin) (Bundesagentur für Arbeit). Die Ursachen liegen in Sprachbarrieren, fehlender Anerkennung von Qualifikationen und der hohen Zahl von Frauen mit Kindern.


Sozialbezug

Rund 3,5 bis 4 Millionen Ausländer beziehen Bürgergeld oder Grundsicherung (Bundesagentur für Arbeit). Besonders betroffen sind Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan und der Ukraine, deren Sozialleistungsquote bei über 55 % liegt. EU-Bürger hingegen sind deutlich seltener im dauerhaften Sozialbezug, da sie meist direkt in Arbeit gehen. Die Belastung der Sozialkassen ist daher stark von der Herkunftsgruppe abhängig.


Frauen und Kinder

Die Fluchtmigration ist durch einen hohen Anteil von Frauen und Kindern geprägt. Bei Ukrainerinnen liegt der Frauenanteil bei etwa 58 %, bei Syrerinnen bei 52 %. Rund 35–40 % der Geflüchteten sind minderjährig (BMFSFJ) (DIW Berlin). Dies stellt Kommunen vor große Herausforderungen in der Kinderbetreuung und im Schulwesen und wirkt indirekt auf die Erwerbsbeteiligung der Mütter.


Regionale Unterschiede

Die Verteilung ist stark regional geprägt. In Nordrhein-Westfalen leben rund 2,8 Millionen Ausländer, in Bayern etwa 2 Millionen, in Baden-Württemberg rund 1,9 Millionen. Ballungsräume wie Berlin und Hamburg weisen besonders hohe Sozialleistungsquoten auf, da dort viele Geflüchtete leben und der Wohnungsmarkt angespannt ist (Statistisches Bundesamt). In Süddeutschland gelingt die Arbeitsmarktintegration schneller, während in strukturschwächeren Regionen mehr Menschen dauerhaft auf Sozialleistungen angewiesen sind.


Entwicklung und Prognose

Seit 2015 zeigt sich ein klarer Trend: Die Erwerbsquoten von Flüchtlingsgruppen steigen langsam, aber stetig. Syrer etwa verbesserten sich von 20 % (2015) auf 42 % (2025), Afghanen von 18 % auf 38 %. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2030 Syrer eine Quote von 55 % und Afghanen von 50 % erreichen könnten (DIW Berlin) (Bundesagentur für Arbeit). EU-Bürger bleiben konstant hoch integriert, während die Integration von Ukrainerinnen stark von Sprachförderung und Kinderbetreuung abhängt.


Die Analyse zeigt:

  • EU-Freizügigkeitsgruppen sind Arbeitsmarkt-getrieben und entlasten die Sozialkassen.
  • Flüchtlingsgruppen belasten kurzfristig die Sozialkassen, zeigen aber mittelfristig Fortschritte.
  • Frauen und Kinder prägen die Fluchtmigration und erklären die niedrigere Erwerbsquote.
  • Regionale Unterschiede sind entscheidend: Süddeutschland integriert schneller, Ballungsräume sind stärker belastet.

Deutschland steht damit vor der doppelten Aufgabe, einerseits die Sozialkassen zu stabilisieren und andererseits durch gezielte Sprachförderung, Kinderbetreuung und Anerkennung von Qualifikationen die Erwerbsintegration weiter zu beschleunigen.


Vergleich der Ausländergruppen in Deutschland (Stand 2025, gerundet)

Diese Tabelle zeigt Anzahl, Erwerbsquote, Anteil im Sozialbezug sowie Frauen- und Kinderanteil der größten Gruppen.

Nationalität Anzahl Erwerbsquote Sozialbezug Frauen Kinder
Türkei1,5 Mio.~65%~20%~50%~25%
Polen870.000~75%~10%~45%~20%
Rumänien800.000~70%~15%~45%~22%
Italien650.000~68%~18%~48%~20%
Syrien800.000~42%~55%~52%~40%
Afghanistan300.000~38%~60%~50%~42%
Ukraine1,1–1,2 Mio.~32%~55–60%~58%~35%
Kroatien400.000~72%~12%~46%~21%
Griechenland350.000~70%~15%~47%~20%
Russland300.000~60%~25%

Montag, 1. Dezember 2025

„Wir sind die Gegenwart“ – Jugendkriminalität heute

 

Sie heißen Malik, Aylin, Jamal, Leonie, Cem, Ronny und Amina. Sie leben in Berlin, Stuttgart, Bremen, Leipzig, München oder irgendwo dazwischen, etwa im ehemaligen Ruhrgebiet. Sie sind jung, wütend, bewaffnet – und sie sind nicht allein. Ihre Geschichten sind keine Ausnahmen, sondern Symptome einer Gesellschaft, die an ihren Rändern bröckelt.

Malik, 16, aus Berlin-Neukölln, trägt ein Messer in der Jackentasche. „Nicht, weil ich jemandem was tun will. Aber weil ich weiß, dass mir jemand was tun will.“ Er gehört keiner Gang an, aber er kennt sie alle. Die „K47“, die „36er“, die „Schattenfront“. Sie kämpfen um Straßen, um Respekt, um Drogenumschlagplätze. „Die Polizei kommt nur, wenn’s knallt. Davor sind wir uns selbst überlassen.“

Berlin-Neukölln, im November. Die Straßen sind feucht, die Laternen werfen milchiges Licht auf die Pflastersteine. Hier lebt Aylin, 17 Jahre alt, Tochter kurdischer Eltern, aufgewachsen zwischen Shisha-Bars, Spielhallen und dem ständigen Summen der Polizeisirenen. „Ich wollte nie dazugehören“, sagt sie, „aber wenn du jeden Tag hörst, dass du eh nichts wirst, dann willst du wenigstens Respekt.“ Aylin ist Teil einer Clique, die sich „K47“ nennt. Sie dealen mit Cannabis, manchmal Ecstasy. Die Jungs tragen Messer, die Mädchen halten Wache. Ihre Welt ist ein Revierkampf – nicht um Geld, sondern um Würde und Anerkennung, Position des Stärkeren.

In Hamburg, am Rand von St. Pauli, sitzt Jamal, 19, auf einer Parkbank. Er ist müde. „Ich hab mit 14 angefangen, für die Großen zu laufen. Kokain, Ecstasy, was halt ging. Die Polizei kennt uns alle beim Namen.“ Jamal stammt aus einer libanesischen Familie, seine Eltern sprechen kaum Deutsch. Die Schule war nie ein Ort der Sicherheit. „Ich war der Ausländer, der Störfaktor. Jetzt bin ich der Dealer. Wenigstens bin ich jemand.“ Hamburgs Hafen ist Umschlagplatz für Drogen – und Jamal ist ein Rädchen im System.

In Bremen spricht Ahmed, 16, aus Syrien. Er kam 2015 als Flüchtling. „Ich wollte einfach nur Frieden. Aber hier gibt es andere Kriege.“ Ahmed wurde von älteren Jugendlichen in eine Bande gezogen, die sich „Die Straße“ nennt. Sie kontrollieren Teile des Viertels, vertreiben Konkurrenten mit Gewalt. „Ich habe Angst, aber ich habe auch Familie in Aleppo. Ich muss Geld schicken.“ Seine Geschichte ist eine von vielen, die zwischen Migration, Trauma und Überlebensdruck verlaufen.

Cem, 18, aus Bremen, ist in einer Clique mit anderen Jugendlichen aus arabischen und türkischen Familien. „Wir sind nicht kriminell, wir wurden übersehen.“ Doch die Polizei sieht sie, aber ganz anders. Die Gruppe wurde mehrfach wegen Drogenhandel und Körperverletzung angezeigt. „Wir haben keine Perspektive. Die Schule war ein Witz. Die Lehrer haben uns aufgegeben, bevor wir angefangen haben.“

Leonie, 17, aus Stuttgart, ist Teil der „Südfront“. Ihre Gruppe hat sich mit der „Nordcrew“ zerstritten. „Die haben uns beleidigt, online. Dann haben wir sie auf dem Platz gestellt.“ Es ging um ein Revier, um Cannabis, um Status. „Ich hab keinen Abschluss. Ich war auf drei Schulen. Jetzt bin ich hier.“ Leonie weiß, dass sie später Bürgergeld beziehen wird. „Was soll ich sonst machen? Ich hab keine Ausbildung, keine Wohnung, keine Ruhe.“

Stuttgart, Einkaufszentrum Milaneo. Kevin, 17, deutsch-türkisch, steht mit seiner Gang „Südfront“ am Eingang. „Wir sind keine Kriminellen, wir sind Brüder“, sagt er. Doch die Polizei sieht das anders. Zwei rivalisierende Jugendbanden liefern sich regelmäßig Schlägereien, teils mit Waffen. „Es geht um Respekt, um unsere Hood. Die anderen sind die Feinde.“ Kevin kennt die Namen der Sozialarbeiter, aber er vertraut ihnen nicht. „Die reden viel, aber sie kommen nie allein hierher.“

Ronny, 16, aus Leipzig, ist Teil einer rechtsextremen Jugendgruppe. „Wir sind die letzte Verteidigung gegen die Überfremdung“, sagt er. Seine Gruppe nennt sich „Deutsche Jugend Voran“. Sie vernetzen sich über Telegram, trainieren in Kellern, hassen alles, was anders ist. „Wir kämpfen gegen die, die uns unser Land nehmen.“ Ronny ist in der Hauptschule gescheitert, lebt bei seiner Großmutter, hat keine Ausbildung. Seine Zukunft ist eine Akte beim Jobcenter, und wahrscheinlich auch einige bei Polizei und Justiz.

Amina, 15, aus München, lebt in einer betreuten Wohngruppe. Ihre Eltern sind aus Syrien geflüchtet. „Ich wollte Ärztin werden. Jetzt bin ich auf Bewährung.“ Sie war in eine Schlägerei verwickelt, bei der ein Mädchen schwer verletzt wurde. „Ich war nicht allein. Wir waren fünf. Wir wollten nur zeigen, dass wir nicht schwach sind.“ Amina hat Angst vor der Zukunft. „Ich werde Bürgergeld bekommen. Vielleicht irgendwann eine Maßnahme. Vielleicht irgendwann später in der Grundsicherung vergessen.“


Laut Polizeistatistik wurden 2024 über 13.800 Kinder und Jugendliche als Gewalttäter registriert – doppelt so viele wie 2016. Die Waffen reichen von Messern bis zu Schusswaffen. Die Konflikte sind territorial, ideologisch, ökonomisch.

Die rivalisierenden Gruppen sind regional organisiert: Jugendgangs wie die „Südfront“ oder „K47“ kämpfen um Straßen und Drogenmärkte. Neonazistische Gruppen wie „Active Clubs“ oder „Deutsche Jugend Voran“ bekämpfen Migranten und politische Gegner.

Die Jugendlichen stammen oft aus bildungsfernen Haushalten. 15,2 % aller Kinder und Jugendlichen gelten als armutsgefährdet. Viele haben unterbrochene Bildungsbiografien, leben in prekären Verhältnissen, sind sozial isoliert.

Ein erheblicher Teil wird später Sozialleistungen beziehen – Bürgergeld, Eingliederungshilfe, Jugendhilfe. Nicht weil sie faul sind, sondern weil sie früh in den Rastern verloren gingen.

Die Gewalt unter Jugendlichen ist kein Zufall. Sie ist das Echo einer Gesellschaft, die ihre verletzlichsten Mitglieder nicht schützt. Die Waffen sind Symptome, die Konflikte sind Spiegel, die Biografien sind Warnungen.

Malik, Leonie, Cem, Ronny und Amina sind nicht nur Täter oder Opfer. Sie sind die Gegenwart. Und wenn wir sie nicht hören, wird ihre Zukunft unsere Vergangenheit sein, weil die Kriminalität mit nachwachsenden Kandidaten für kriminelle Leben zunimmt und sich ausbreitet. Outlaw-Gewohnheiten immer und überall, nicht immer auf dem Schirm der Polizei. Wer nicht aussteigt wird als Krimineller weitermachen und kennt nur diesen Weg als Verdienstquelle.




Kriminelle Jugendbanden in deutschen Städten

Berlin, Hamburg, München, Bremen und Stuttgart sind die wichtigsten Hochburgen krimineller Jugendbanden.


Berlin

  • Historie: „36 Boys“ (1980er/90er, migrantisch geprägt) in Kreuzberg.
  • Delikte: Drogenhandel (Cannabis/Kokain), Waffen (Messer, teils Schusswaffen), Umfeld von Zwangsprostitution.
  • Zusammensetzung: Türkisch-, kurdisch-, arabischstämmige Jugendliche; auch deutsche rechtsextreme Cliquen.
  • Berlin heute: Seit 2024/25 treten zunehmend neonazistische Jugendbanden auf („Active Clubs“, „Deutsche Jugend Voran“). Gewalt richtet sich gegen Migranten, queere Menschen und politische Gegner.
  • Migrantische Gruppen & Ausschreitungen: Massenschlägereien in Parks und Einkaufszentren, Konflikte mit Polizei nach Drogenkontrollen, territoriale Kämpfe zwischen Cliquen.
  • Berlin gilt als eine der Schwerkriminellen-Hochburgen für Jugendbanden in Deutschland.


Hamburg

  • Strukturen: Hafenlage begünstigt Drogenumschlag; Jugendbanden eng mit Dealerstrukturen.
  • Delikte: Kokain/Ecstasy (Partyszene), Messerkriminalität, vereinzelt Schusswaffen; Randbereiche der Prostitution (St. Pauli).
  • Zusammensetzung: Multiethnisch: deutsche, türkische, arabische, osteuropäische Jugendliche.
  • Ausschreitungen: Wiederholte Massenschlägereien zwischen rivalisierenden Cliquen, teils mit Messern.
  • Hamburg ist eine Schwerpunktstadt für Drogenhandel und Jugendbanden.


München

  • Strukturen: Jugendbanden mit Drogenhandel, Erpressung, Gewalt dokumentiert.
  • Delikte: Crystal Meth/Ecstasy (Partyszene), Messer/Schlagwerkzeuge, selten Schusswaffen; Umfeld von Menschenhandel.
  • Zusammensetzung: Türkischstämmige, osteuropäische und deutsche Jugendliche.
  • Ausschreitungen: Schlägereien in der Innenstadt, Konflikte im Partymilieu.
  • München gilt als Hotspot für Partydrogen und Jugendbanden im süddeutschen Raum.


Bremen

  • Strukturen: Senatsberichte nennen „ausländische Jugendbanden“ mit Taten im Stadtgebiet/Umland.
  • Delikte: Cannabis/Kokain, verbreitete Messerkriminalität; Berührungspunkte zu Zwangsprostitution.
  • Zusammensetzung: Minderjährige mit verschiedenen Staatsangehörigkeiten sowie deutsche Jugendliche.
  • Ausschreitungen: Wiederkehrende Konflikte zwischen Gruppen unterschiedlicher Herkunft, oft mit Bezug zu Drogenhandel.
  • Bremen zählt zu den kleineren, aber stark belasteten Hochburgen für Jugendbanden.


Stuttgart

  • Strukturen: Rivalität zweier großer Jugendgangs mit zahlreichen Mitgliedern.
  • Delikte: Drogen (Cannabis/Kokain), Waffen (Messer/Schusswaffen), teils Kontakte zu organisierten Strukturen.
  • Zusammensetzung: Multiethnisch; deutsche und migrantische Jugendliche.
  • Ausschreitungen: Wiederholte Massenschlägereien und bewaffnete Konflikte im öffentlichen Raum.
  • Stuttgart gilt als zentrale Hochburg für Jugendbanden im Südwesten.


Quellen:
📊 BKA – Polizeiliche Kriminalstatistik 2024

Offizielle Zahlen zu Straftaten, Tatverdächtigen und Jugendgewalt in Deutschland.

📈 Statista – Jugendkriminalität in Deutschland

Daten & Fakten zu Jugendgewalt, Tatverdächtigen und Entwicklung seit 2016.

⚠️ Verfassungsschutz – Warnung vor neonazistischen Jugendbanden

Bericht über neue rechtsextreme Jugendgruppen („Active Clubs“, „Deutsche Jugend Voran“).

🧮 Statistisches Bundesamt – Armutsgefährdung von Kindern 2024

15,2 % aller Kinder und Jugendlichen (2,2 Mio.) gelten als armutsgefährdet.

💶 Destatis – Sozial- und Eingliederungshilfe

Über 1 Mio. Menschen beziehen Leistungen nach SGB II/XII, darunter viele Jugendliche.

Sonntag, 30. November 2025

Der alltägliche Krieg gegen die Demokratie aus den extremen Ecken


Die Demokratie lebt von Vertrauen, von der stillen Übereinkunft, dass Nachbarn einander respektieren, dass Institutionen für alle gelten und dass Konflikte durch Worte und Gesetze gelöst werden. Extremistische Vereinigungen jedoch – ob rechtsextrem, linksextrem oder islamistisch – führen einen „alltäglichen Krieg“ gegen diese Grundlagen. Es ist ein Krieg ohne Frontlinien, aber mit klaren Opfern: die demokratische Kultur, die Sicherheit im Alltag und das Gefühl von Zugehörigkeit.

Kommunikation als Waffe

Die Sprache dieser Gruppen ist nicht neutral, sondern bewusst aggressiv. Sie arbeitet mit Feindbildern, mit Schlagworten wie „System“, „Heimat“ oder „Widerstand“. Flugblätter, Schmierereien und digitale Kampagnen sind keine harmlosen Meinungsäußerungen, sondern gezielte Versuche, Misstrauen zu säen. In sozialen Netzwerken werden Gerüchte gestreut, Nachbarn diffamiert und demokratische Institutionen lächerlich gemacht. Kommunikation wird zur Waffe, die das Vertrauen in die gemeinsame Ordnung untergräbt.

Ziele der Zersetzung

Das Ziel ist stets dasselbe: die Delegitimierung der Demokratie. Rechtsextreme Parteien wie Die Heimat oder Der III. Weg träumen von einem ethnisch definierten Staat, Reichsbürger von der Abschaffung der Bundesrepublik, Islamisten von einem Kalifat. Linksextreme Strömungen wiederum wollen kapitalistische Strukturen zerstören. So unterschiedlich die Ideologien sind, so einig sind sie im Kern: die freiheitlich-demokratische Grundordnung soll verschwinden.

Mitglieder und Milieu

Die Mitglieder dieser Gruppen sind keine homogene Masse. Manche treten bürgerlich auf, andere kommen aus subkulturellen Szenen. Jugendliche werden durch Gemeinschaftsgefühl und „Heldenerzählungen“ angelockt. Frauen übernehmen zunehmend organisatorische Rollen. Auffällig ist das starke „Wir-Gefühl“, das durch Rituale, Aufmärsche oder paramilitärische Übungen gestärkt wird. Die Gruppe ersetzt die Gesellschaft – und grenzt alle anderen aus.

Kriminalität als Ausdruck der Ideologie

Die Kriminalitätsquote ist hoch. Rechtsextreme sind für zehntausende Straftaten pro Jahr verantwortlich: Volksverhetzung, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen. Reichsbürger fallen durch Waffenbesitz und Gewalt gegen Polizei auf. Islamistische Netzwerke rekrutieren für Terrorgruppen. Linksextreme Gruppen wiederum sind durch Sachbeschädigungen und Angriffe auf staatliche Einrichtungen präsent. Gewalt ist kein Ausrutscher, sondern integraler Bestandteil der Ideologie.

Alltagshandeln – der „Nachbarschaftsterror“

Besonders gefährlich ist die alltägliche Präsenz. Extremisten bedrohen Nachbarn, beschädigen Autos, verbreiten Gerüchte oder zeigen durch Symbole ihre Macht. Es ist ein subtiler, aber wirksamer Terror: Menschen sollen eingeschüchtert werden, damit sie schweigen. Demokratie wird nicht nur in Parlamenten angegriffen, sondern im direkten Umfeld – auf der Straße, im Verein, im Wohnhaus.

Der „alltägliche Krieg“ extremistischer Gruppen ist ein Krieg der Worte, Symbole und Einschüchterung. Er zeigt sich in Kommunikation, Zielen, Mitgliedern, Kriminalität und Alltagshandeln. Die Demokratie muss darauf mit Härte und Wachsamkeit reagieren – durch staatliche Maßnahmen, durch gesellschaftliche Solidarität und durch digitale Resilienz. Nur so kann verhindert werden, dass die zersetzende Arbeit dieser Gruppen das Fundament des Zusammenlebens zerstört.


Gemeinsame Muster

  • Kommunikation: Aggressiv, polarisierend, oft mit Feindbildern.

  • Ziele: Delegitimierung der Demokratie, Aufbau von Parallelstrukturen.

  • Mitglieder: Mischung aus ideologisch gefestigten Aktivisten und jungen Rekruten.

  • Kriminalität: Überdurchschnittlich hoch, von Propagandadelikten bis zu Gewalt.

  • Alltagshandeln: Einschüchterung, Nachbarschaftsterror, soziale Ausgrenzung.





Gruppe/Partei Mitglieder Kommunikation Ziele Kriminalität / Alltag
Die Heimat
(ehem. NPD)
≈ 2.500 Flugblätter, Social Media. Völkisch-nationalistische Ziele. Propaganda, Einschüchterung
Der III. Weg ≈ 950 Militante Bildsprache. Nationalrevolutionäre Ideologie. Gewaltaktionen
Reichsbürger / Selbstverwalter ≈ 26.000 Pseudoamtliche Schreiben. Delegitimierung des Staates. Waffen, Drohungen
Islamistische
Gruppen
≈ 11.000 Predigten, Online-Propaganda. Errichtung eines islamistischen Staates. Radikalisierung, Anschlagsplanungen

Mittwoch, 26. November 2025

Obdachlosigkeit in Deutschland bald vor dem Aus

Bild von Leroy Skalstad auf Pixabay



In Deutschland sind derzeit
rund 474.700 Menschen wohnungslos und etwa 47.000 davon obdachlos 
ohne jede Unterkunft.
Zeltstädte werden hierzulande nur vereinzelt und meist als
Protestaktionen oder Notlösungen genutzt, während Kommunen und Wohlfahrtsverbände auf Notunterkünfte, Kältehilfe und Housing-First-Programme setzen. In Ländern wie den USA (Seattle) gibt es dagegen staatlich organisierte Zeltcamps

Zeltstädte für Obdachlose sind in Deutschland nicht regulär vorgesehen. Es gab einzelne Initiativen wie das Protestcamp „Schlafen statt Strafen“ (2023), das auf Missstände aufmerksam machen sollte.

Unsere Behörden sehen Zeltlager als unsichere und nicht würdige Dauerlösung. Sie bieten keinen Schutz vor Kälte, Gewalt oder Krankheit. Viele Städte sammeln vielmehr Obdachlose ein, um sie in feste Unterkünfte zu bringen und vor Frost oder Überfall zu schützen. Ludwigshafen am Rhein hat seit Jahren ein gut funktionierendes System, aber auch Städte in NRW oder sonstwo. Deutsche Kommunen sind sogar verpflichtet, Obdachlose in Notunterkünften unterzubringen. Zeltstädte gelten als Notbehelf, nicht als reguläre Versorgung. 

In den USA, z.B. in Seattle gibt es legale Tent Cities, organisiert von sozialen Trägern, mit bis zu 100 Bewohnern. Sie sind zwar gut strukturiert (Holzpaletten, Gemeinschaftsregeln) und staatlich toleriert, aber fragil.

Die EU hat ohnehin das hehre Ziel, Obdachlosigkeit bis 2030 zu beenden. Projekte wie „Housing First“ oder soziale Stadtführungen (Invisible Cities) in Großbritannien zeigen, wie innovative Ansätze wirken können. Während „Housing First“ Menschen unmittelbar eine Wohnung bietet und dadurch Stabilität schafft, setzen Initiativen wie „Invisible Cities“ auf Empowerment: Ehemals obdachlose Menschen werden zu Stadtführerinnen und Stadtführern ausgebildet und geben Besucherinnen und Besuchern neue Perspektiven auf ihre Stadt.


Montag, 24. November 2025

Abgaben 2026 – Mehr Brutto auf dem Gehaltszettel, aber kaum Nettozuwachs


Steuerliche Entlastungen

Höherer Grundfreibetrag
Kindergeld: 259 €
Kinderfreibetrag: 6.828 €
Abbau der kalten Progression


Das Jahr 2026 markiert für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland eine Zäsur, die auf den ersten Blick positiv erscheint: Steuerliche Entlastungen sollen greifen, Freibeträge steigen, die kalte Progression wird abgebaut. Doch die Euphorie bleibt verhalten. Denn gleichzeitig erhöhen sich die Sozialabgaben, sodass die erhofften Nettozuwächse im Alltag kaum spürbar sind.

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Belastung durch die sogenannte kalte Progression zu mindern. Der Grundfreibetrag steigt, ebenso die Kinderfreibeträge und das Kindergeld. Familien und Geringverdiener profitieren davon am deutlichsten. Auch Anpassungen im Einkommensteuertarif sollen verhindern, dass Lohnerhöhungen durch die Progression sofort wieder aufgezehrt werden. Auf dem Papier bedeutet dies: mehr Netto vom Brutto.

Doch während die Steuerlast sinkt, steigen die Sozialabgaben. Die Beitragsbemessungsgrenzen in Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung werden angehoben. Damit wird ein größerer Teil des Einkommens beitragspflichtig. Hinzu kommen steigende Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung und höhere Pflegeversicherungsbeiträge für Kinderlose. Diese Entwicklung trifft vor allem mittlere und höhere Einkommen, die zwar steuerlich entlastet werden, aber gleichzeitig deutlich mehr in die Sozialkassen einzahlen müssen.

Ein Blick auf konkrete Bruttolöhne verdeutlicht die Lage: 

Bei 2.500 € brutto bleibt ein kleiner Nettozuwachs, 
bei 3.500 € neutralisieren die höheren Sozialabgaben die Steuerentlastung fast vollständig, und
bei 5.000 € überwiegt die Belastung durch Sozialabgaben.


Damit bestätigt sich die Einschätzung vieler Experten: 2026 bringt zwar strukturelle Verbesserungen im Steuersystem, aber die reale Wirkung auf das verfügbare Einkommen ist gering.

Diese Entwicklung wirft Fragen nach Verteilungsgerechtigkeit auf. Während Familien und Geringverdiener tatsächlich profitieren, bleibt für die breite Mittelschicht der Effekt enttäuschend. Die Politik steht damit vor einem Dilemma: Einerseits müssen die Sozialkassen stabil finanziert werden, andererseits soll Arbeit sich lohnen. Das Jahr 2026 zeigt, wie schwer es ist, beide Ziele gleichzeitig zu erreichen.

2026 wird in Erinnerung bleiben als ein Jahr der gegenläufigen Kräfte. Steuerliche Entlastungen und höhere Sozialleistungen stehen steigenden Sozialabgaben gegenüber. Für viele Beschäftigte bedeutet das: Mehr Brutto, aber kaum mehr Netto.


Steigende Sozialabgaben

Höhere Bemessungsgrenzen
Mehr Einkommen beitragspflichtig
Zusatzbeiträge in der KV steigen
Pflegeversicherung teurer für Kinderlose