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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Montag, 23. Dezember 2013

Durch die Nacht mit Anne Will und Serdar Somuncu



Seit Somuncu auf der Bühne steht, beleidigt, attackiert und provoziert er hemmungslos. Legendär sind seine gewagten öffentlichen Lesungen aus "Mein Kampf", die ihm zu Polizeischutz verhalfen, umstritten sein Bühnenprogramm "Hassprediger", und durch seine selbst gedrehten "Hate-Night-Videos" wurde er schließlich zum Internet-Star. Immer wieder verwirrt er sein Publikum und seine Kritiker mit einem Wechselspiel aus Substanz und Plattitüden. 
Somuncu bewegt sich zwischen den Welten, ambivalent wie Istanbul. 
Zwischen Moschee und dem schwul-lesbischen Verein Lambda, zwischen CNN und Rapstudio, zwischen Okzident und Orient lassen sich Anne Will und Serdar Somuncu durch die Metropole am Bosporus treiben. Dabei zeigt sie viel Sinn für Humor und er seine weiche Seite. Immer wieder wird Anne Will herausgefordert. Nach jedem sinnvollen Gespräch folgt eine absurde Wendung, die sie manchmal sprachlos macht. Auf dem Basar, auf dem Serdar nach einem ernsten Gespräch über Burkas plötzlich ein Hochzeitsgeschenk für Anne Will kauft oder im Restaurant, in dem Anne Will darüber spricht, warum sie ihre Lebenspartnerin der Öffentlichkeit präsentiert hat, und er behauptet, die Gabe zu haben, paarungswillige Frauen riechen zu können. 
Während des anschließenden Besuchs beim Fernsehsender CNN aber wird das Gespräch hitzig und sehr ernst. Eine der beliebtesten Talkshowmoderatorinnen der Türkei, Sirin Payzin, erzählt den beiden, dass sie in ihrer 20-jährigen Karriere keine Pressefreiheit erlebt hat und einige Dutzend Journalisten im Gefängnis sitzen. Gleichzeitig sei die Türkei weltoffener und moderner als die meisten islamischen Staaten. Nur mit Ironie könne das Land nicht umgehen, moniert Serdar. 
Bei der erfolgreichen Rapperin Ayben, die in ihren Songs die Belästigung von Frauen anprangert, lässt Anne Will sich herausfordern, "ein bisschen zu rappen". Nun erlebt man die toughe Fernsehfrau sichtlich verunsichert. Doch sie lässt sich auf alles ein, was diese Nacht bietet. 
Zum Ende "wird es schwul" kündigt Serdar an. Anne Will reagiert mit einem Kopfschütteln. Bei Lambda, einer Organisation, die sich für die Rechte von Schwulen und Lesben einsetzt, begegnen sie einer mutigen Aktivistin und führen ein emotionales Gespräch über die Lebensumstände Homosexueller in der Türkei. Serdar ist sichtlich bewegt, und Anne Will lädt die junge Türkin sogar zur Gay Pride nach Köln ein. "Es war ein sehr schöner Abend", sagt Anne Will zum Schluss. "Ja, aber ein bisschen hast Du auch genervt", erwidert Serdar, aber vielleicht meinte er damit auch sich selbst.

(Deutschland, 2012, 52mn)
ZDF

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