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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

Übersetze/Translate/Traduis/Tradurre/Traducir/переводить/çevirmek

Sonntag, 1. Juli 2012

Dichterhain: GEDANKEN EINES "ENKIDU" von Felicitas Göbel




Gedanken eines "Enkidu"

Starke Frauen
Männer
Fassade
so massiv
wie ein Bunker
unerschütterlich
standfest
Unbesiegbar?
Ein Kern
dahinter
so klein
so zerbrechlich wie
das flammende Herz
eines Kindes
Schutz suchend
Angst
diese zu zeigen
Angst
erkannt zu werden
bloß nicht ...

loslassen

fallen lassen
Angst
fallen ge-lassen
Sucht, Sucht
Sehnsucht
nach
Schutz, durch
die Berührung
einer Hand
der Mutter
des Vaters
der wahren Liebe!

© Felicitas Göbel

Samstag, 30. Juni 2012

Fantasien zur Nacht: ZURÜCKGELASSEN von Marianne Rauch


Zurückgelassen

Spür deinen Atem noch neben mir
Dunkles Zimmer
Von schwülem Schweiß durchtränkt

Durchlebte Nacht
Bin schon längst nicht mehr bei dir
Verraten, vergessen
Im Nebel aufgehängt

Leerer Blick
Augen oft stumpf und starr
Lippen verführerisch
Fest aufeinander gepresst

Gereizter Körper
Nimmt Begierde nur noch wahr
Hemmungslos treibend
Voller Lust durchnässt

Sinne berauschen
Sucht im Abgrund erfüllen
Ausgesperrt
Bin schon längst nicht mehr bei mir

Verflucht quälendes Denken
Vernunft will es umhüllen
Verschlossen der Raum
In dem ich erfrier


© Marianne Rauch

http://www.lyric-atmosphere.blogspot.com/

 

(7) Und wenn sie nicht ...: Arme Jungfer zart! - Hochmut kommt vor dem Fall!!



Seufzend stieg Adelheid von der Waage. Schon wieder zugenommen! Ihr Mann Jakob, von allen nur Zwerg Nase genannt, kochte einfach zu gut. Und zu kalorienreich! Wenn das so weiterginge, dann passte sie bald nicht mehr in ihre Klamotten. Und sie konnte sich ja leider keine neuen Kleider vom Baum pflücken!

Im Gegensatz zu Aschenputtel, dieser arroganten Ziege! Was die sich einbildete, seit sie geheiratet hatte. Adelheid sah sie immer noch vor sich, wie sie damals ausgesehen hatte. Ewig den gleichen, verdreckten Kittel an. Wie die letzte Heckenpennerin! Und jetzt trug sie die Nase so hoch, dass es ihr beinahe hineinregnete. Nicht mal mehr ihr Name war ihr noch gut genug. Cinderella wollte sie ab sofort genannt werden. Cinderella!!!! Warum nicht gleich "Schantalle"?

Nein – sie musste sich jetzt einfach ein bisschen bremsen beim Essen. Neue Kleider konnte sie sich im Moment nicht leisten. Jetzt, wo Jakob gerade das neue Gourmet-Restaurant eröffnet hatte. Alle ihre Ersparnisse steckten darin. Ob das wohl so eine gute Idee gewesen war? Sicher, Jakob war der beste Koch weit und breit. Aber wenn man sich mal so umschaute im Land – lauter verarmter Adel. Die gingen eher selten auswärts essen. Und wenn, dann meistens in diesen Schnellimbiss, das Tischlein-deck-dich. Angeblich, weil die Kinder es dort so schön fanden. Wer’s glaubt!

Adelheid seufzte noch einmal. Leicht hatten sie es nicht im Märchenland. Ihr Mann war ein „Zugereister“, der musste sich anstrengen, um hier anerkannt zu werden. Ja, und ihr machte immer noch die unrühmliche Geschichte mit Drosselbart zu schaffen. Gut, sie sah ja ein, dass sie zum Teil auch selbst schuld daran war. Wäre sie nicht so hochmütig gewesen, dann wäre vielleicht einiges anders gekommen. Aber das war noch lange kein Grund, ihr so übel mitzuspielen. Er hatte sie doch eh nur heiraten wollen, um zu vertuschen, dass er stockschwul war. Dabei war das doch offensichtlich! Schon seine tuntige Art sich zu kleiden! Und das will was heißen, in einem Land, wo alle Männer Strumpfhosen trugen!

Schuld an allem war ja eigentlich ihr Vater. Auf einmal hatte er es so eilig, sie unter die Haube zu bringen, dass er alle heiratsfähigen Junggesellen aus dem Märchenland antanzen ließ, um sie zu verschachern. Und als sie sich, aus lauter Trotz, über jeden einzelnen lustig machte (auch über Drosselbart), wurde Paps so wütend, dass er versprach, sie mit dem ersten besten Bettler zu verheiraten, der vor seine Tür käme. 

 

Tja, und da hatte diese gehässige Schwulette natürliche DIE Chance gesehen, sich zu rächen. In total abgerissenen Klamotten erschien er vor dem Schloss – und schwups – war sie seine Frau! Nicht mal zu Hause wohnen bleiben konnte sie. „ Für die Frau eines Bettlers geziemt es sich nicht, auf einem Schloss zu leben!“ Liebevolle Worte eines liebevollen Vaters! Wie auch immer, sie musste mit diesem Penner von dannen ziehen. Hätte sie gewusst, was ihr bevorstand – sie hätte wahrscheinlich freiwillig den vergifteten Apfel von Schneewittchen verspeist.

Erst schleifte er sie wochenlang durch Feld, Wald und Wiese – um bei allem, was sie sahen, laut zu tönen: „Das gehört dem König Drosselbart, hättest du ihn genommen, wär es dein!“ Dabei wusste jeder, dass alles König Erdals Besitz war! Irgendwann hatte sie es so satt, dass sie entgegnete: „ Ich arme Jungfer zart, ach hätt ich genommen den Drosselbart!“ Dieser Satz hing ihr bis heute nach. Hatte wohl keiner die Ironie erkannt!

Endlich waren sie dann an einer verfallenen Hütte angekommen. Und da ging das Elend erst richtig los! Körbe sollte sie flechten! Dabei hasste sie Handarbeit! Natürlich wurde nix draus. Dann verlangte er von ihr, sie solle spinnen! Der spinnt wohl! Als das auch nicht klappte, sollte sie kitschige Keramikpötte auf dem Markt verkaufen. Kaum war der Stand aufgebaut, kam so ein besoffener Husar, dem der Gaul durchgegangen war und zerdepperte alles.

Später hatte sie dann herausgekriegt, dass es Drosselbart selber gewesen war. Dieses boshafte Frettchen!! Da hatte Adelheid dann endgültig die Faxen dicke und suchte sich selbst einen Job. Sie fand auch recht schnell was, als Küchenhilfe im Königsschloss. Zwar kein Traumjob, aber was will man machen, wenn man nix gelernt hat? Zumindest hatte sie jeden Tag was Gutes zu essen und sie verdiente nicht schlecht.

Bei der Arbeit hatte sie dann Jakob kennen gelernt, der dort als Koch beschäftigt war. Bereits nach ein paar Tagen hatte sie ein Verhältnis mit ihm angefangen. Er war zwar nicht besonders attraktiv, aber ein sehr netter, charmanter Mann. Ja, und an dem Spruch „ Wie die Nase des Mannes... „ war wohl doch was dran. Außerdem hatte Adelheid Nachholbedarf. Ihr sogenannter Ehemann rührte sie ja nicht an. Ja klar, heute wunderte sie sich nicht mehr darüber, aber damals wusste sie ja noch nicht, wer er in Wirklichkeit war. Obwohl... wenn er auch nur den Versuch gemacht hätte, sie hätte ihm wohl einen solchen Tritt in sein Gemächt verpasst, dass er nicht mehr gewusst hätte, ob er Männchen oder Weibchen ist. Sie kicherte.. na, das wusste er eh nicht so genau!


Irgendwann hatte dieser Dummdödel gemerkt, dass da was im Busch war. Meistens übernachtete sie ja bei Jakob. Er hatte zwar auch nur ein kleines Zimmer im Schloss, aber immer noch besser, als die verwanzte Bruchbude, in der sie hausen musste. Und was sollte sie da allein, wo der Penner sich nächtelang herumtrieb? Jemand hatte ihm dann wohl die Wahrheit gesteckt, von selbst wäre der nie und nimmer darauf gekommen. Was hatte er für einen Aufstand gemacht! Und gelogen hatte er, dass sich die Balken bogen. Von wegen, sie hätte ihn doch noch heiraten wollen! Sie war ja froh, dass diese Ehe nie vollzogen wurde, so dass sie sich die Scheidung sparen konnte.


Wäre sie doch nur nicht ins Schloss gegangen, um beim Ball zuzuschauen, dann wäre ihr diese Szene erspart geblieben. War das peinlich! Sie bekam immer noch einen roten Kopf, wenn sie daran dachte. Auf die Tanzfläche hatte er sie gezerrt und ganz laut gebrüllt: „Dich heiraten? Vergiss es! Ich bin schwul – und wenn ich dich so anschaue, dann ist das auch gut so!“ Die ganze Gesellschaft grölte vor Lachen. Später hieß es dann, sie habe Jakob nur geheiratet, weil sie keinen anderen mehr mitkriegte. So ein Quatsch! Sie liebte diesen Mann – und er liebte sie! Die anderen waren ja nur neidisch. Kein Wunder, wenn man sich die „glücklichen“ Ehen ansah!

„Blödes Gesocks!“, brummte Adelheid vor sich hin. Aber sie musste nun mal gute Miene zum bösen Spiel machen. Na ja, ein bisschen heucheln fiel ihr nicht schwer. War gut fürs Geschäft! Darum würde sie sich jetzt chic machen und zu Eulalia fahren, um Rotkäppchen ein kleines Geschenk zu bringen. Pralinen – von Jakob eigenhändig zubereitet! Werbung ist alles!!

Auch wenn es sie nicht die Bohne interessierte, was dieser verzogenen Göre bei ihrer debilen Großmutter passiert war!!

© Siglinde Goertz

Freitag, 29. Juni 2012

Buchbesprechung. Wie man jede Lüge erkennt

Pamela Meyer
Wie man jede Lüge erkennt:
Zeichen verstehen, Täuschung durchschauen, Wahrheit ermitteln

München 2011, 280 Seiten, Broschur,
EUR 17,99, mvg Verlag


Ich weiß, dass du lügst!


Wir werden jeden Tag im Schnitt fast 200-mal belogen. Dennoch sind Menschen unglaublich schlecht darin, Lügen zu erkennen: Unsere Erfolgsquote liegt bei nur 52 %, also kaum besser, als wenn wir einfach eine Münze werfen würden. Mit diesem Buch können wir etwas dagegen tun: Durch die Verknüpfung von drei Disziplinen – Gesichtserkennungstraining, Befragungstraining und einer umfassenden Studie über Betrugstechniken – erhalten wir das umfassende und entscheidende Wissen, wie wir Lügen entlarven und die richtigen Informationen herauslesen können.
In diesem Buch dürfen Sie mal wieder Detektiv und Entlarver sein, nicht nur was die Körperhaltung angeht.

Mit Meyers BASIC-Methode lernen wir Schritt für Schritt, wie wir in Zukunft Lügner sofort identifizieren, und erhalten darüber hinaus erprobte Vorgehensweisen und Techniken, wie wir künftig zuverlässig die Wahrheit herausfinden können. Denn Hinweise auf Unwahrheiten und Betrügereien gibt es überall – wir müssen nur die Geheimsprache der Gesten, Gefühle und Schlüsselwörter verstehen.

Pamela Meyer ist die Gründerin von Simpatico Networks, einer der führenden Firmen, die soziale Netzwerke im Internet betreiben. Sie hat einen MBA in Harvard absolviert und ist zertifizierte Betrugssachverständige. Sie ist umfassend ausgebildet in Interview- und Befragungstechniken, der Interpretation von Mikroexpressionen des Gesichts und der Körpersprache sowie der Analyse von Aussagen und Verhalten. Für das Buch "Wie man jede Lüge erkennt" hat sie mehrere Jahre mit einem Forschungsteam zusammengearbeitet und eine umfassende Studie über Lügen und Betrug zusammengestellt.

LESEPROBE:
Steve Marks, ein Risikokapitalanleger aus Nord-Kalifornien, hatte ein gutes Gefühl, als er im Herbst 2005 das Büro des Geschäftsführers betrat. Er war zu Gast bei einer jungen, aufstrebenden Firma für Computeranimationen, um herauszufinden, ob es sich lohnen würde, in diese zu investieren. Sie schienen auf Anhieb gut zusammenzupassen. In der Firma, die in San Franciscos angesagtem Stadtteil South of Market gelegen war, traf er auf modebewusst gekleidete junge Animatoren, die eifrig an ihren Schreibtischen arbeiteten und mit energischen Schritten die lange, offene Bürofläche überquerten.
Marks war vom Enthusiasmus der Angestellten und der produktiven Atmosphäre des Ortes begeistert. Genau das war es, was ihm vorgeschwebt hatte. Ihm war bekannt, dass die Firma ihre Produktionskosten um 40 Prozent des branchenüblichen Durchschnitts gesenkt hatte. Ein Teil der Arbeit wurde nach Fernost ausgelagert, was ideale Voraussetzungen dafür schaffte, den Markt in ein paar Jahren zu beherrschen. Die Zahlen sahen gut aus – nun musste er sich nur noch vergewissern, dass der Geschäftsführer genügend Weitsicht besaß, um das Unternehmen zu einer sicheren und einträglichen Investition zu machen.
Der CEO verschwendete keine Zeit mit einer formalen Präsentation. Vielmehr führte er Marks durch die diversen Räumlichkeiten, wies auf verschiedene Aspekte der Arbeit hin und beantwortete Marks’ Fragen quasi im Vorbeigehen. Diesem fiel auf, dass er hastig sprach und manchmal einige Wörter durcheinander brachte, ansonsten aber wirkte er selbstbewusst und gefasst. Er war eindeutig stolz auf das, was seine Firma in so kurzer Zeit erreicht hatte, und Marks konnte sehen warum. Nach der Besichtigung bedankte er sich beim Geschäftsführer und ging zu den Aufzügen. Er war sich praktisch sicher, dass er mit guten Nachrichten ins Büro zurückkehren würde.
Auf seinem Weg zum Ausgang passierte er einen Schreibtisch, an dem eine ganz in Schwarz gekleidete junge Frau saß. Mit ihrer Lederweste und dem Nasenring wirkte sie auf ihn eher wie eine partyfreudige Nachtschwärmerin als eine gewissenhafte Büroangestellte – was aber auch nicht weiter ungewöhnlich war, denn schließlich handelte es sich um eine junge, unkonventionelle Firma.
Marks hielt inne und beobachtete die Frau, die angestrengt auf den Bildschirm starrte.
»Woran arbeiten Sie denn gerade?«, fragte er beiläufig.
Die junge Frau sah ihn an.
»Woran ich gerade arbeite? Ach, nur so eine Softwaregeschichte«, entgegnete sie.
Sie unterhielten sich eine Weile über unverfängliche Themen, bis Marks sich schließlich verabschiedete. Er hatte es sich anders überlegt. Er wusste, dass er nun doch nicht in die Firma investieren würde. Marks schritt geradewegs zurück ins Büro des Geschäftsführers, doch diesmal wollte er ihm einige völlig andere Fragen stellen. Es dauerte nicht lange, bis er die Gewissheit erlangt hatte, dass die junge Frau und viele der anderen »Firmenangestellten« in Wirklichkeit Schauspieler waren.Sie waren für Marks’ Besuch engagiert worden, um den Eindruck von Geschäftigkeit und florierendem Unternehmertum zu erzeugen – das Gegenteil von dem, was tatsächlich der Fall war: Tatsächlich stand die Firma kurz vor der Insolvenz. Marks war somit Zeuge geworden, wie die Schauspieler Honorare einstrichen, die eigentlich für ein Personal bestimmt waren, das gar nicht existierte. Mehr noch, er hatte es vermieden, eine überaus schlechte Investition zu tätigen.
Wie war ihm das gelungen? Bevor wir die Verhaltensweisen besprechen, die Ihnen helfen, Täuschungen zu entlarven (siehe hierzu die Kapitel drei, vier und fünf), sollten wir uns zunächst einen größeren Überblick über das Phänomen der Lüge und ihre verschiedenen Spielarten verschaffen.

Von Lügen umgeben
Steve Marks’ Geschichte ist nur ein schillerndes Beispiel für jene Art von Täuschungen, die uns tagtäglich begegnen. Nur allzu oft hören wir in den Medien von Menschen, deren Vertrauen missbraucht wurde – von einem unehrlichen Börsenmakler, Anlageberater, Angestellten oder von einem Vorstandsmitglied, das Informationen an die Presse durchsickern ließ, sowie von den fatalen Konsequenzen, die dieser Vertrauensbruch mit sich brachte. Und wenn Ihnen die Fülle an schlechten Nachrichten nicht ausreicht, um sich verwundert die Augen zu reiben und zu fragen: »Könnte mir das auch passieren?«, dann sollten Sie sich einmal die folgenden Statistiken vor Augen führen:
– Jeder vierte Amerikaner findet es legitim, seine Versicherungsgesellschaft zu belügen.(2)
– Ein Drittel aller Bewerbungsschreiben enthält vorsätzlich falsche Informationen.(3)
– Jeder fünfte Angestellte in den USA gibt an, ihm sei bewusst, dass am Arbeitsplatz betrügerische Machenschaften an der Tagesordnung sind. (4)
– Über 75 Prozent aller Lügen bleiben unerkannt. (5)
– Täuschungen und Betrügereien kosten die Geschäftswelt der Vereinigten Staaten jährlich 994 Milliarden US-Dollar – was in etwa 7 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts entspricht. (6)

LAD MAL WIEDER GÄSTE EIN (Rezepte): Ankes Aalsuppe mit Schwemmklößchen (Hamburg)

In vielen Küchen europäischer Länder gibt es so manches Gericht, das wegen seiner regionalen Art der Zubereitung im Ruf besonderer Originalität steht. Dazu gehört auch die »Hamburger Aalsuppe«. Oft bestaunt, viel gerühmt, von Gourmets gelegentlich sehr kritisch geprüft, weil sie mit ihrer süß-sauren Üppigkeit mancherlei scheinbar Unvereinbares zu vereinen wagt. Für den norddeutschen Feinschmecker verkörpert sie eine kulinarische Weltanschauung. Aus dieser Küche kommen hier im Blog noch einige sehr eigenwillige, aber wohlschmeckende Kombinationen ...

 
Zutaten für 6-8 Personen:
2 kg    Schinkenknochen vom Katenschinken
3 l        Wasser
750 g  kleine Ostseeaale = 300 g filetierte Aals
150 g  Kurpflaumen (entsteint)
l Btl.     Backobst
1-2       Äpfel
3 EL    Johannisbeergelee
2 EL    Essig
1 Bund  Suppengrün
 
2 Stangen Lauch, 2 Mohren, 1 kleine Sellerieknolle, 1 Zwiebel
 
Salbei, Thymian, Bohnenkraut, Majoran, Basilikum, Pfeffer, Salz, Zucker, Petersilie

Schwemmklößchen:
1/4 l Wasser, 80 g Butter, 1 Prise Salz, 125 g Mehl, 3 Eier, etwas Muskat

Die Schinkenknochen zerkleinern, in einen großen Suppentopf geben und mit Wasser bedecken. Einmal aufkochen lassen, gut abschäumen. Die Gewürze, das Backobst sowie das geputzte Suppengemüse und Zwiebeln hinzufügen. Die Brühe bei leichter Hitze etwa 2 Std. langsam köcheln lassen. Sie darf nicht sprudelnd kochen, da sie sonst trübe wird.
Lauch, Mohren, Sellerie in Streifen oder Rauten schneiden. Den vorbereiteten, filetierten Aal in 2 cm breite Stücke schneiden. Die Brühe durch ein Haarsieb oder Passiertuch gießen, entfetten und mit Salz, Pfeffer, Zucker, Johannisbeergelee und Essig abschmecken. Erneut zum Kochen bringen und die Gemüsestreifen und Aalstücke in der Brühe langsam garziehen lassen.
Die Äpfel schälen, das Kerngehäuse herausstechen und in feine Scheiben schneiden. In den letzten Minuten zusammen mit den Pflaumen in der Brühe ziehen lassen.
Für die Klößchen Butter zerlaufen lassen, Mehl unterrühren, dann die Eier, mit Salz und Muskat würzen und im heißen Wasser garen lassen.

Dichterhain: HAIKU II von Viktoria Vonseelen

















Fordernde Winde
Erklimmen Mauern aus Stein,
Umtanzen mein Herz.


Sternenklar die Nacht:
Dem Himmel entgegen fällt
Mein staunendes Ich.


Ruf der Nachtigall
Weckt Sehnsucht. Will sein deine
Königin der Nacht.



(c) Viktoria Vonseelen, Sprecherin (http://www.viktoria-vonseelen.de/)

Donnerstag, 28. Juni 2012

Buchbesprechung: UNTERIRDISCHES SAARBRÜCKEN von Florian Brunner

 Florian Brunner
Unterirdisches Saarbrücken
Stollen - Bunker - Felsenkeller.
Einblicke in den Saarbrücker Untergrund
Geistkirch Verlag 2011

Florian Brunner, Fotograf und Verleger, ist für dieses Buch abgetaucht in das unbekannte Saarbrücken, das tiefer gelegte und tieferliegende und hat Interessantes ausgegraben. In seinem Buch mit einzigartigen Fotos, Hintergrundinformationen und bislang unveröffentlichten Karten, gelingt ihm ein faszinierender Überblick über das unbekannte unterirdische Saarbrücken.

Im Keller der Geschichte sozusagen..., im Gedärm des Stadtorganismus, der Kanalisation. Daneben, viel größer und zwischen all den kriegerischen Zwecken, Bunker und Lazarette, ganze Krankenhäuser aus jahrzehntelanger Kriegsbesessenheit der Deutschen Richtung Westen natürlich die genießerischen Momente - der Keller des Hofbräuhauses oder fantastische Weinkeller - und last not least die Notrundfunkstation.

Das geschäftige Stadtbild der Landeshauptstadt Saarbrücken täuscht über die Vielfalt hinweg, die es im Untergrund zu entdecken gibt. Die Eingänge in den Untergrund sind allerdings heute kaum mehr auszumachen.
Sensationell sind auch die Superlativen: Durch die hochbrisante geografische Lage an der einstigen Kriegsfront im 2. Weltkrieg war Saarbrücken ein Pulverfass. So stehen den Bürgern auch aus dieser Zeit in über 160 Bauwerken rund 60.000 Schutzplätze zur Verfügung, die größte Schutzplatzdichte in Deutschland.

Im Untergrund liegen zudem gigantische Felsenlabyrinthe, Anlagen aus dem Mittelalter, dem Kalten Krieg, rund 70 Kilometer begehbarer Kanalisation und ein Stollen, der in seiner Gesamtlänge den Gotthard-Straßentunnel übertrumpft.
Daher kann sich Saarbrücken mit anderen Großstädten messen, die bereits mit einem regelrechten Untergrund-Tourismus aufwarten können. Einen ersten Schritt in diese Richtung ist nun gegangen worden:

Das unterirdische Saarbrücken war bislang noch nicht umfassend dokumentiert. Bei seiner aufwändigen Spurensuche begab sich der Fotograf Florian Brunner in die Tiefen seiner Heimatstadt und machte dabei spannende Entdeckungen. I

Florian Brunner (*1961) ist Fotografenmeister, lebt in Saarbrücken und arbeitet in der Verlags- und Werbebranche.
Sein Interesse für das Verborgene führte ihn in den Saarbrücker Untergrund. Mit seiner Kamera und dem Blick für das Außergewöhnliche begab er sich auf eine spannende Entdeckungsreise. Dabei begegneten ihm interessante Menschen und Zeitzeugen, die ihm sensationelle Einblicke ermöglichten. Die Vielfalt, die der Untergrund seiner Heimatstadt bietet, übertraf seine Erwartungen um Längen.


AKTUELLE TERMINE:

+++ 20. August 2012, Heusweiler:
Vortrag über das Unterirdische Saarbrücken. Private Veranstaltung.

+++ 3. Oktober 2012, Berlin: Vertretung des Saarlandes beim Bund:
Mehrere Vorträge von Florian Brunner über das Unterirdische Saarbrücken. Genaue Zeiten und weitere Informationen folgen. . .

http://www.unterirdisches-saarbruecken.de

Dichterhain: LIEBE HEILT von Hannes M. Pum

LIEBE HEILT
von Hannes M. Pum

 











HAST DU BEMERKT DIE WANDLUNG DEINES ICH
IN DEM AUGENBLICK, DA DU DEINE LIEBE ERKANNTEST?
IN JENER EWIGKEIT, IN DER ALLE LAST VON DIR WICH;
IN DER DU DEINEN KUMMER VERBRANNTEST.

WIE DU, FREI VON JEGLICHEM GEDANKEN,
SCHWEBEND DEINE SEELE BERÜHRTEST,
WIE ALL DEINE TRÄUME IN DIR VERSANKEN,
DA DU DEINE LIPPEN AN SEINE FÜHRTEST.

WIE MUSIKGEWORDENE ERDE
BEGANN, DEINE VERLETZUNGEN ZU HEILEN,
ALS DEIN LIEBSTER DIR GESTAND, ER WERDE
MIT SEINER LIEBE EWIG BEI DIR VERWEILEN.

(c) Hannes M. Pum
Er ist Autor und Regisseur an der Bühne St. Oswald, Theater für eine freie Gesellschaft, in Österreich.

Mittwoch, 27. Juni 2012

Neues von TRIKONT (Our own voice - Stimmen Bayerns): DER RAUSCH

Nach den beiden 2011 erschienenen CDs "Die Liebe" und "Der Tod" in der Reihe "Stimmen Bayerns" folgt nun die dritte:
"Der Rausch"


Eine einzigartige Enzyklopädie der bayerischen Seele. Gedichte, Kurzgeschichten, Essays, Musik, Songs und Sketche, Radiofeatures, Soundcollagen, Film-Tonspuren und 0-Töne.
Herausgeber sind Eva Mair-Holmes, Andreas Koll und Achim Bergmann.
Wir wachsen auf und werden alt und ständig spricht jemand zu uns und wir sprechen mit anderen. Der Klang der Sprache vermittelt uns wie wenig sonst Vertrautheit, Beständigkeit und Stabilität. Nicht nur im Privaten findet Sprache ihren Ausdruck, es gibt quasi noch ein Allgemeingut an Stimmen. Stimmen aus dem Radio, die uns in Vergangenes zurückkatapultieren oder uns Neues zeigen: den Kommissar im Fernsehen, den Moderator unserer Lieblingssendung, den Kasper! Auf der Kinder-Kassette von vor vielen Jahren, den Volksschauspieler mit seiner unverwechselbaren Klangfärbung, das rollende r der Nachrichtensprecherin aus einer Zeit, in der es nur ein Fernsehprogramm gab usw. usw.
Stimmen die fast jeder kennt, die das Zuhause aller sind und eine Verbindung herstellen zwischen uns und den anderen. Sie stehen für den Klang Bayerns, sie sind ihr populärster Ausdruck. Generationen sind mit diesen Stimmen groß geworden - sie beinhalten Klischees und Abgrund, Verschrobenheit und Sentimentalität.
Diese Stimmen und der Klang ihrer Sprache verkörpern gleichsam die »bayerische Übereinkunft«, sie sind das »Einheimischsein« jedes einzelnen. Dieses Gefühl an einem Ort daheim, also »einheimisch« zu sein, wird sicher unterschiedlich wahrgenommen - aber jeder, der länger an einem Platz lebt, der seine Aufmerksamkeit und sein Interesse einer Gegend widmet, wird wissen, was dieser Begriff bedeutet und was wir damit meinen.
Unsere "Stimmen Bayerns" können deshalb auch ohne Dialekt sprechen und trotzdem mit dem Lebensgefühl einer Gegend verbunden sein. Das Sprechen wird in dieser Sammlung nicht nur als Transportmittel von Inhalten benutzt, es geht um den Sound von Sprache und um die schiere Freude am Lebendigsein, (selbst wenn man dem Tod ins Auge sieht). Es geht um Rhythmus und Melodien des Denkens, in denen gemeinsame und individuelle Erfahrungen zusammenfließen und plötzlich von allen erkannt und verstanden werden können.

»Ich möcht mich mal richtig in der Sprache darenna.« Herbert
Achternbusch
»Im Grunde besitze ich nur meinen Geburtsort und bin besessen von seiner Sprache.« ross MacDonald
»Eine Sprache vorstellen heißt, sich eine Lebensform vorstellen.« Ludwig Wittgenstein

Weitere CDs in dieser Reihe werden unter anderem sein:

"Die Freiheit." "Der Irrsinn." "Mord und Totschlag."

PRESSESTIMMEN
„..ein außergewöhnliches akustisches Projekt, das das Münchner Label da begonnen hat. In Planung sind bereits weitere, verheißungsvoll klingende Zusammenstellungen zu den Themen Rausch, Freiheit, Verbrechen, Hass, Betrug sowie Mord und Totschlag. Nun ist das bajuwarische Sonderbewusstsein von jeher beliebter Gegenstand ethnologischer Untersuchungen. Wohlstand, Stolz und Lebensart eines - das bisserl Barockbrimborium einmal beiseitegelassen - jahrhundertelang ja nicht sonderliche produktiven Völkchens irritieren das ahnungslose, sich ständig irgendwie vergeblich krummlegende Nordlicht immer wieder. Wie machen die das da nur im Süden? So fragt der neidische Saupreiß. Ist es die katholische Akzeptanz des üblichen existenzieilen Dramas, wodurch immerhin der ganze undramatische Rest wiederum lebenswert wird, wohingegen der uneinsichtige Protestant - du Rindviech, du depperts - das Drama durch unermüdliche Rackerei gänzlich und total verschwinden lassen möchte? Bekanntlich ist das die große Illusion innerweltlicher Askese, wie auch immer: Warum Liebe wehtut und dennoch süchtig macht, erfahren wir hier von den bayerischen Größen Albert Ostermaier, Josef Bierbichler und Franz Xaver Kroetz; wir hören Martina Gedeck Ödön von Horvath lesen und Gustl Bayrhammer Ludwig Thoma... Die Liebe wird ebenso wenig neu erfunden wie das bayerische Rätsel definitiv gelöst. Wer jedoch in den Seelenhaushalt jener Weltgegend hineinhorchen möchte, der kommt an dieser intelligenten wie amüsanten, naturgemäß exzessiven Sammlung nicht vorbei - getreu dem Motto „Imog di scho". Oder, um mit Marcus H. Rosenmüller zu singen: „schalalala, ist die Liebe nicht schön." DIE ZEIT

Dichterhain: HEIMKEHR von Walter Brusius




Heimkehr




Schon seit einiger Zeit ging Paul durch den Garten, an Büschen und Bäumen vorbei, aber er konnte sich an nichts mehr erinnern. Irgendwo hier im Garten war das Grab seines Vaters.

Die Mutter hatte so unter dem Verlust ihres Mannes gelitten, dass sie Paul, ihr Kind, dabei ganz vergessen hatte. So etwas kann passieren.

Nicht nur den Frauen.

Der Garten war sehr groß, ein hoher Zaun aus Eisen war drum herum. Die Tür quietschte wie eine von einem Gefängnis, das war schon schrecklich genug, und schwer war sie zu öffnen.

Man kann nicht ewig Kind sein.

Viel, viel, viel war mit Efeu zugewachsen. Wie eine Tischdecke bedeckte es vieles. Und machte den Garten dunkel.

Auch noch, dazu.

Die hohen Bäume, sie sahen mit den Ästen alle wie der Vater aus. 



Der Autor
Walter Brusius arbeitet und lebt seit 1982 in Bad Kreuznach als freischaffender Maler und unterhält dort ein Atelier. 
Mehr Informationen siehe PORTRAITS
 

Dienstag, 26. Juni 2012

Für Sie besucht: Patrick Roth in den Heidelberger Poetikvorlesungen




Die erste Poetikvorlesung von Patrick Roth in Heidelberg am 22.6.2012 (2012 die 20. Poetikvorlesungen) war ein fesselnder Vortrag, der uns erläuterte, was es mit dem geheimnisvollen Titel der Vorlesung BILD-FLAMME auf sich hat. Wir tauchen ein in Patrick Roths Biografie, ins Jahr 1972, einen Tag vorm Deutsch-Abitur in Karlsruhe, wo die Mutter eines Freundes die beiden Cineasten nach Frankfurt/Main karrte, um sie den letzten Film des D.W. Griffith-Festivals (D.W. Griffith galt ihnen als Gott des Stummfilms) im dortigenTurmkino erleben zu erlassen. In BIRTH OF AMERICA gab es eine Szene, in der ein junger Soldat Abschied von seiner Geliebten nehmen will, sie dabei nicht am Fenster sieht, dafür aber weiß, dass sie hinter dem Vorhang steht. Neben ihm ein gesatteltes Pferd. An dieser Stelle nahm P. Roth damals eine Bildflamme wahr, eine fahrende Lichtsäule von rechts nach links, wie ein Blitz, ein objektiv ihn ergreifendes Gefühl, ein Spezialeffekt.
                25 Jahre danach verstand er, dass es das nicht wahr, auch kein Laborfehler etwa, denn beim Wiedersehen des Films entpuppte sich das Damalige als Fata Morgana. Ihm wurde klar, dass es ein psychisches Geschehen, eine psychische Szene hineinschießend in die filmische Szene war.
                Der Autor hat ein teleologisches System entwickelt, indem es keinen typischen Sinnverlust der Moderne oder gar einen Mangel an Sinn gibt, sondern vielmehr eine Sinnanreicherung, fast schon ein Diktat des Sinns. Denn jeder sucht, was er  s o l l. Alles Handeln ist traumvermittelt und mehr, es ist eine Botschaft von Gott, um es so direkt zu sagen. Das Handeln wird zu einer Reinkarnation der Träume. Und so lebt auch jeder Mensch die Antwort auf die Fragen der Existenz, bevor er es versteht ...
                Das frühere, eigentliche Ich wird noch einmal abgebildet in einem verwirklichenden, handelnden, auslebenden Ich. Gottes Rolle ist hier bestimmend.
                Den Autor veranlasste die Begegnung mit der BILD-FLAMME bald danach zu seinem Projekt DIE FLAMME, das erst 1984 nicht als Film, wie geplant, sondern als Hörspiel herauskam. Genauso verband sich das Bild des gesattelten Pferdes aus der BILD-FLAMME mit dem eines Navarro-Indianers auf einem Pferd im Mainzer Dom in einem Traum. Dieses Traumbild drehte er als die letzte Szene seines Filmes 12 PLACES I REMEMBER im Death Valley, um sie mit der Szene im Mainzer Dom zu überlagern und festzuhalten. Dabei stieg das Pferd mit Indianer unerwartet auf und wurde zu genau der gesuchten Szene im Traumbildkontext des Sinnsuchers P. Roth.
                Auf den Achsen der Flammen, der Pferde, des Indianers wird die BILD-FLAMME zu  einem Sinngeber, Richtungsweiser, der über den Umweg der Holocaust-Erfahrung und -Aufarbeitung, der das Leid mit in das Leben brachte, ihn, den Autor, mit jeglicher Form des Dunkels, Abgrundes, Horrors und Schreckens konfrontierte. In einer Conjunctio der Gegensätze wird eine Doppelexistenz evident: Abgrund, Tiefe, Gott, Sinn auf der einen Seite und Horror, Schrecken auf der anderen Seite. In der Metapher "Ein Meer der Gnade stößt an einen Feuersee" wird klar, dass der über das Unbewuste sich vermittelnde Gott der Tiefe, des Abgrunds gute und schlechte Zustände, extreme Gegensätze kennt und gleichzeitig zulässt - mit einem höheren Sinn, der die Sucher weitertreibt. Die Conclusio daraus: Man muss Gott lieben  u n d  fürchten!
                Der Kreis der Suche schließt sich mit einem alles entscheidenden Traum vom 23.1.2012, in dem ein Navarro-Indianer eine weiße Frau vorstellte, deren Gesichtshälfte stark verbrannt war. Statt das Gesicht zu berühren fasst der Träumende jedoch die Hände der Frau, deren Arme sogar vom Indianer gestützt und hingeführt werden und die Berührung erst ermöglicht. Dieser Traum, der zu einem Versöhnungsakt der Berührung bewegte, aufforderte mit dem Leid zu leben, es nicht anzuerkennen, es aber zu integrieren in sein Leben, war eine Botschaft, sich selbst mit dem Leid zu versöhnen.
                Zur Erklärung wiederum reihte sich innerpsychisch ein Gemälde des Schweizer Malers Birkhäuser ein, DER GESPALTENE. Der Indianer gibt dem Traumich förmlich die in Obhut genommene Frau, um eine Gewahrwerdung der und Versöhnung mit den begangenen Verbrechen zu erreichen, und weiter, übertragen auf den Holocaust, das Verbrechen an den Juden anzunehmen, sich auch damit zu versöhnen. So vermittelt sich letztendlich die Deutung, dass der Träumende nach Amerika gesandt wurde, um diese Frau zu retten, die Verbrechen an ihr zu sühnen, eine Versöhnung einzuleiten ...

Dichterhain: DIE LIEBE DER FRAUEN von Ute AnneMarie Schuster

(c) gleichnamiges Bild von Gabriele Springer







 Die Liebe der Frauen


Leise tanzen sanfte Hände,
über eisigkaltes Glas.
Atem schluckt die Fensterscheibe,
sie will nichts mehr als nur DAS.


Softig weich und so ein Absatz,
Frau steht kurz vorm Herzinfarkt.
Zitternd trommeln kleine Finger,
gleichsam mit dem Herz im Takt.


Haben, haben stöhnt die Seele,
selbst wenn dieser Schuh mich drückt.
Haben, haben spricht das Mündchen,
ohne ihn werd ich verrückt.


Auch die Freundin denkt nicht anders,
dieser Schuh gehört nur mir.
Doch wir haben ja vier Füße,
also bleibt der Schöne hier.


Wie so oft hat Frau verzichtet,
nimmt ihn mit in ihren Traum.
Dort läuft sie dann über Wolken,
Absatzschmerz, den gibt’s dort kaum


(c) Ute AnneMarie Schuster, Weiz, Austria

Dichterhain: STUFEN AM HIMMEL von Volker Friebel















Stufen am Himmel


Einhundertundeinundvierzig Stufen führen zu dir,
ins Haus am Himmel. Ich bin sie
alle gegangen, wieder und wieder.


Wolken treiben, während ich gehe,
hinterlassen den Himmel uns, unberührt.


Vögel singen, während ich gehe,
tönen die Farben des Himmels uns her.


Blumen blühen, während ich gehe,
schlagen das Geheimnis des Lebens uns auf.


Einhundertundeinundvierzig Stufen führen zu dir,
ins Haus am Himmel. Ich bin sie
alle gegangen, wieder und wieder.


(c) Volker Friebel
Er wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert), und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.
Aus: Die sieben Töne des Waldes. Gedichte, Haiku und ein Essay. 2011

Montag, 25. Juni 2012

Literatur aus der Schweiz: orte 169 - ERIKA BURKART


orte 169: Erika Burkart: Die Sprache der Schatten verstehen

Die freie Autorin Erika Burkart gehört zu den prägenden Gestalten der Schweizer Literatur im 20. Jahrhundert - und auch heute, zwei Jahre nach ihrem Tod im aargauischen Muri, sind ihre Gedichte, ihre Aufzeichnungen in Prosa und ihre Erzählwerke so lebendig wie je. Wie sehr Erika Burkarts Texte uns nach wie vor ergreifen, Abgründe ahnen lassen und nachdenklich machen, wird in diesem orte-Heft fassbar: drei Lyrikkenner, der Literaturkritiker Roman Bucheli, orte-Herausgeber Werner Bucher und der Schriftsteller Ernst Halter, haben dafür ihre jeweils persönliche Auswahl an Erika Burkart-Gedichten zusammengestellt und beleuchten so dieses reiche Oeuvre von verschiedenen Seiten. Dazu kommen persönliche Erinnerungen an die Autorin und Würdigungen ihres Werks von Brigitte Fuchs, Ernst Halter, Markus Manfred Jung, Ana Lang, Fridolin Stähli und Heidi Widmer- und nicht zuletzt eine Auswahl bisher unveröffentlichter Prosanotate aus dem Nachlass von Erika Burkart. Damit bietet orte 169 allen, die diese große Dichterin schon besser kennen, Gelegenheit, Erinnerungen aufzufrischen -und bei den anderen weckt das Heft hoffentlich die Neugierde, sie genauer kennenzulernen.


orte - Schweizer Literaturzeitschrift, Nr. 169 (2012): „Erika Burkart: Die Sprache der Schatten verstehen". 80 Seiten, CHF 14-/ EUR 8.-
Erhältlich im Buchhandel oder direkt bei: orte-Verlag, Rüteggstrasse 48, CH-9413 Oberegg AI, Tel. 071 888 15 56, www.orteverlag.ch, info@orteverlag.ch

Dichterhain: WORTE AUS SEIDE von Birgit Heid



Worte aus Seide


Ein Kleid
aus Seide
hatte sie genäht
und zeichnete darauf
eine offene Türe


sie schrieb die Gedanken
in ihr Stoffbuch
ein Baum
wuchs aus dem Grab
und Vögel flogen hindurch


nähte Handschuhe
aneinander
Uniformen wurden eins
alles hängt zusammen
sagte sie

(c) Birgit Heid 

Sonntag, 24. Juni 2012

Buchbesprechung: SUNRISE von Patrick Roth


Patrick Roth
SUNRISE
Das Buch Joseph. Roman
Göttingen 2012, 510 S., geb., Schutzumschlag,
14,90 € (D), Wallstein Verlag

Patrick Roth ist in den letzten Jahren immer wieder als einer der zentralen deutschsprachigen Autoren zum Thema »Literatur und Religion« in Erscheinung getreten.
In seinem neuen Roman SUNRISE erzählt er die Geschichte von Joseph von Nazaret, dem Ziehvater Jesu. Ihm, der in der biblischen Überlieferung stets eine Randfigur geblieben ist, gibt Patrick Roth eine Geschichte. Er erzählt von einer ersten Frau Josephs und dem gemeinsamen Kind, das dem jungen Vater in einem dramatischen Sturm aus den Händen gleitet und ertrinkt. Später befreit Joseph einen ägyptischen Sklaven und verletzt dabei den Aufseher schwer. Diesem Aufseher begegnet er im Laufe seines weiteren Lebens immer wieder, und auch der befreite Sklave ist in seinen Träumen und Visionen präsent. Spricht Gott durch diese Begegnungen zu Joseph und was trägt er ihm auf?
Zentral für die Person Josephs ist seine Menschlichkeit. Er empfängt den Auftrag, wie Abraham seinen einzigen Sohn zu opfern, und hofft, dass auch er nur auf die Probe gestellt werden soll. Doch das Opfer findet nicht statt, und dadurch ermöglicht Joseph eigentlich erst die Leidensgeschichte Jesu, wie sie in der Bibel berichtet wird.
Diese bewegende Geschichte erzählt Patrick Roth in einer Sprache, die an die Bibel angelehnt ist und in ihrer elementaren Erzählkraft einen starken Sog entwickelt.

»Die Literatur darf das Erhabene und das Pathos reiten wie ein Sternenross - wenn sie kann. Und Roth kann es wie niemand sonst.« (Hubert Winkels, Die ZEIT)

Patrick Roth, geb. 1953 in Freiburg/Breisgau, wuchs in Karlsruhe auf. Er studierte in Paris und Freiburg (Anglistik, Romanistik, Germanistik), ab 1975 in Los Angeles (Filmregie und Filmproduktion, Schauspiel, Drehbuch). Seitdem lebt er in Kalifornien.
Er drehte Kurzfilme und veröffentlicht seit 1990 Romane, Novellen, Theaterstücke und Hörspiele (u.a. Riverside, Johnny Shines, Corpus Christi, Starlite Terrace, Die Nacht der Zeitlosen). Er erhielt u.a. den Rauriser Literaturpreis, den Hugo-Ball-Preis, den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung und war Mainzer Stadtschreiber.
Zurzeit laufen die Heidelberger Poetikvorlesungen (noch bis 5.7.), siehe Internet, die einem 3 besondere Abende bereiten werden. In Teil eins ging es im Wesentlichen um Traumbilder als Leitfiguren für das Handeln, das Leben und das Geführtwerden - die Bild-Flamme.

Dichterhain: KLEINES MÄDCHEN von Carmen Olivar


    Kleines Mädchen


(c) Tanja Eickhoff
    Du wurdest hineingeboren, in eine Welt,
    in der du nicht willkommen warst.
    Kein Wunschkind. Bastard.


    Wurdest vernachlässigt und ignoriert,
    gaben sie dir doch das Gefühl ungeliebt
    und unliebenswert zu sein.


    Es stimmt mich unsagbar traurig,
    wenn ich daran denke,
    wie sie dich grausam und gedankenlos neckten,
    sie dir Schimpfnamen gaben
    und sie unglücklich waren, dass es dich gab.


    Bekamst keine Liebe,
    deine  Mutter war nie für dich da.
    Doch du – kleines Mädchen,
    sehntest dich nach Anerkennung,
    nach einer Hand, die dich hielt.


    So verging Jahr um Jahr,
    weintest viele Tränen,
    warst stumm geworden,
    voller Trauer und Verzweiflung,
    wolltest nicht mehr, wolltest gehen,
    um zu vergessen – suchtest Erlösung.


    Doch deine innere Stimme war stärker,
    nur so konntest du die Seelenqualen überstehen.
    Viele Fragen brannten auf deiner Seele,
    wolltest Antworten, um zu verstehen.


    Kleines Mädchen,
    ich nehme dich in meine Arme,
    drücke dich ganz fest an mich,
    lasse dich meine Wärme spüren,
    um dir zu sagen:
    es ist schön, dass es dich gibt,
    du bist hübsch und klug,
    ein wunderbarer kleiner Mensch,
    voller Leben und Tapferkeit,
    so zart und voller Anmut.


    Kleines Mädchen – dich liebe ich.


    (c) 26.01.1998, Carmen Olivar

Samstag, 23. Juni 2012

Die FONDATION KUBACH-WILMSEN in Bad Münster am Stein


 Rheinland-Pfalz hat teilweise ganz verblüffende Beziehungen zur modernen Kunst. In Rockenhausen findet man beispielsweise ein Vermächtnis von Picasso, vermittelt über den Kunstmäzen Daniel-Henry KAHNWEILER, der Teile seines Kunstbesitzes der Stadt vermachte, darunter Werke, Zeichnungen und schriftliche Nachlässe von Picasso. In Ludwigshafen das Hack-Museum und in Kaiserslautern die Pfalzgalerie mit etlichen supermodernen Ausstellungen wie Exponaten. In Bad Münster am Stein, einer Stadt 50 Kilometer südwestlich  von Mainz, malerisch an der Nahe mit einem einzigartigen Naturpanorama gelegen, trifft man auf die Fondation Kubach- Wilmsen, die mit einer ungewöhnlichen Bildhauerarbeit wirbt.

Mitten auf einer Verkehrsinsel in Bad Münster am Stein steht ein steinernes Buch. Es korrespondiert mit zwei Bücherstapeln vor dem Museum, oben auf dem Berg .... Der Besucher findet dort ein Steinskulpturenmuseum, entworfen vom japanischen Architekten Tadao Ando, der damit einen weiteren seiner eigenwilligen Räume schuf. Eine Aura des beinahe Heiligen umgibt diesen Ort, an dem nicht nur Skulpturen aufbewahrt werden, sondern Menschheitsgeschichte sich mitteilt.

Anna Kubach-Wilmsen, ihr verstorbener Ehemann Wolfgang Kubach nahmen sich der Materie Stein (sie sprechen nicht von Material) seit 40 Jahren an. Sie verwendeten Steine aus allen fünf Kontinenten, um Steinbücher herzustellen, die sie im ersten Stock des 2010 eröffneten Museums zeigen. Die Steine, Granit, Marmor, Quarz, Onyx, stammen aus Australien, Marokko, Russland, Indien. In schillernden Farben tragen diese Bücher die Erdgeschichte vor, stehen nebeneinander im Regal wie Beweismittel der Evolution und eben wie Kunstwerke. Sie erinnern an alle Stilmittel der Kunstgeschichte, selbst an Fotografien. Ganz trivial auch Pflastersteine aus der Wiener Altstadt als Symbole für Stadtgeschichte. Aber alles eben mehr als Stein, Kunstwerke, fast eben ein Heiligtum.
Mit ihrem Museum haben sich die beiden Bildhauer, die ganz in der Nähe zu Hause sind, einen Traum verwirklicht. Für den Bau kombinierte Ando Sichtbeton mit der Rekonstruktion einer Fachwerkscheune - starke Lichteinflüsse erhellen das Innere. Um das Gebäude drei Höfe mit einem Wasserbassin. Im Museum sind insgesamt 65 Skulpturen zu sehen. Vor den Toren entsteht nun ein Skulpturenpark, der sich terrassenförmig ins Tal senkt.

Fantasien zur Nacht: SPARGEL von Birgit Heid

SPARGEL


Die dicken
nackten Stangen
bereit zum Schälen
doch eigentlich
zu üppig
um sie lediglich
zum Essen anzubieten
ein Geschenkband
misst den
dicksten Knaben
stolze sechzehn Zentimeter
seine Umfangshaut
wie geschaffen
um ihn vorzukosten
hart und kühl
ist sein Geschmack
er würde gerne
ganz
gegessen werden
langsam
steigen seine Grade
und ich
ziehe ihn hervor
sein feuchtes Kleid
wird abgewaschen
am Mittagstisch
hat er sich
nicht verraten...


(c) Birgit Heid

Ankes Fundstücke: WIESO ICH DICHTER WURDE von Heinz Erhardt

Wieso ich Dichter wurde

Als ich das Gaslicht der Welt erblickte, war ich noch verhältnismäßig jung.
Meine Eltern waren zwei Stück, und mein Vater war sehr reich: Er hatte zwei Villen, einen guten und einen bösen.

Und eines Tages - es war sehr kalt, und fror vor mich hin, denn nicht nur meine Mutter, auch der Ofen war ausgegangen - teilte sich plötzlich die Wand, und eine wunderschöne Fee erschien! Sie hatte ein faltenreiches Gewand und ein ebensolches Gesicht. Sie schritt auf meine Lagerstatt  zu und sprach also: "Na, mein Junge, was willst du denn mal werden?

Ich antwortete - im Hinblick auf meine ziemlich feuchten Windeln:
"Ach, gute Tante, vor allem
möcht' ich gern Dichter werden!"
Das hatte die Fee missverstanden, was du, geduldiger Leser, dem vorliegenden Buch unschwer entnehmen kannst!

(c) Heinz Erhardt