Etwa eine Million Väter sind betroffen: Sie können  ihre Kinder nicht mehr sehen, weil die Ex-Partnerinnen den Kontakt  verhindern. In "Entsorgte Väter - Der Kampf um die Kinder: Warum Männer  weniger Recht bekommen" (Buchbesprechung folgt) verschafft Katrin Hummel diesen Vätern Gehör.
Im  Interview mit dem Lübbe Verlag erzählt die FAZ-Journalistin unter anderem von den  emotionalen Gesprächen, die sie mit den Vätern geführt hat, welche  Tricks die Mütter anwenden, um den Kontakt der Väter zu ihren Kindern zu  verhindern und welche Chancen sie für entsorgte Väter in der Zukunft  sieht.
 
               
                                                                               Etwa eine Million Väter in Deutschland  haben kein Umgangsrecht mit ihren Kindern, weil die Mütter es nicht  zulassen. Warum schreiben Sie als Frau über entsorgte Väter?
In  meiner journalistischen Arbeit ging es mir schon oft darum, denen eine  Stimme zu geben, die niemand hören wollte. Meist waren das Frauen. Und  nun berichte ich über Männer, die nicht gehört werden. Ich will damit  nicht Partei ergreifen, schon gar nicht gegen mein Geschlecht, das oft  genug im Nachteil ist. Geschlechtersolidarität darf aber nicht zur  Komplizenschaft werden.
In Ihrem Buch schildern Sie die  Erfahrungen dreier Männer. Wie haben Sie die Gespräche empfunden?
Ich  war gleichzeitig betroffen und wütend: Einerseits war es sehr  berührend, die Schilderungen der Männer anzuhören, weil in den  Gesprächen viele Emotionen hochkamen. Andererseits waren die  Geschichten, die sie mir geschildert haben, so absolut unglaublich für  mich (obwohl ich ja aus den Akten wusste, dass sie wahr sind), dass mir  fast die Galle hochgekommen ist. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt:  Wie kann es sein, dass so etwas in Deutschland möglich ist und niemand  diesen Frauen Einhalt gebietet?
Wie kommt es, dass Väter,  selbst wenn sie mit den Müttern ihrer Kinder verheiratet waren, ihren  Rechtsanspruch nicht durchsetzen können?
Weil Mütter, die den  Umgang des Vaters mit seinen Kinder boykottieren, vom Gesetzgeber nicht  hart genug bestraft und von Psychologen nicht so geschult werden, dass  sie dies unterlassen. Im Prinzip hat jeder, wirklich jeder Vater das  gesetzlich verbriefte Recht, sein Kind regelmäßig zu sehen. Aber diese  Mütter hebeln das Gesetz einfach aus, und das ist möglich, weil es  genügend Lücken gibt. Sie können zum Beispiel mit dem Kind weit weg  ziehen vom Wohnort des Vaters, so dass der es sich aus finanziellen  Gründen nicht leisten kann, sein Kind regelmäßig zu besuchen. Oder sie  können den Umgang einfach ausfallen lassen, und nichts passiert. Oder  sie werfen ihm sexuellen Missbrauch des Kindes vor. Das muss dann erst  mal geprüft werden, so gewinnen sie auch wieder Zeit. Und, und, und ...
Welche  Tricks wenden Mütter an, um ihre Ex-Männer von den Kindern  fernzuhalten?
Wenn Eltern nach der Trennung über den Umgang mit  dem Kind streiten, wird der vom Gericht geregelt. In der Regel darf der  Vater sein Kind dann an jedem zweiten Wochenende sehen. Wenn so ein  Umgangstermin dann ansteht und der Vater das Kind abholen will, kann es  sein, dass Mutter und Kind überraschend "verreist" sind. Oder sie sind  zu Hause, aber das Kind ist "krank". Oder, wenn der Umgang in einer  sozialen Einrichtung stattfinden soll: Mutter und Kind kommen einfach  nicht. Bis dann ein neuer Termin gefunden ist, können Wochen vergehen,  und dann ist das Kind vielleicht wieder "krank". Oder zur Abwechslung  mal die Mutter. In der Zwischenzeit hetzt die Mutter das Kind gegen den  Vater auf, erzählt ihm Lügen darüber, wie doof der Vater sei, so dass  das Kind ihn am Ende gar nicht mehr sehen will und der Richter  entscheidet, dass dem Kind der Umgang mit dem Vater nicht gut tut. Dann  kann der Vater sein Kind ganz offiziell nicht mehr sehen.
               
                                                                
Was sind die Beweggründe der  Mütter?
Sie sehen das Kind nicht als eigene Persönlichkeit an,  sondern als Erweiterung ihres Selbst. Somit meinen sie, sie selbst  wüssten am besten, was für das Kind gut sei. Wenn sie den Vater  ablehnen, muss das Kind das auch tun. Sie sehen nicht, dass ein in ihren  Augen "schlechter Partner" ein guter Vater sein kann. Es gibt eine  interne Studie des Bundesjustizministeriums, aus der hervorgeht, dass 80  bis 90 Prozent der Mütter, die die gemeinsame Sorge ablehnen, dafür  Gründe anführen, die sich nicht am Kindeswohl, sondern an ihrem eigenen  Wohl orientieren: Sie möchten allein entscheiden oder nichts mehr mit  dem Vater zu tun haben. Eine Rolle spielen dabei ihr  Sicherheitsbedürfnis, verletzte Gefühle, Verlustängste, Besitzansprüche  oder Kontrollbedürfnisse. Insbesondere die vom Ministerium befragten  Rechtsanwälte hielten die Motive der Mütter nur selten für plausibel,  die Mehrheit gab an, "dass die Verweigerung der gemeinsamen Sorge durch  die Mütter in weniger als der Hälfte der Fälle oder nur sehr selten  plausibel sei."
Können Sie das Verhalten nachvollziehen?
Nein.
In  einem Kapitel beschreiben Sie anhand des "Cochemer Modells" wie  Umgangskonflikte verträglich gelöst werden können. Was genau ist das  "Cochemer Modell"?
Das Cochemer Modell bezeichnet die  Arbeitsweise des Arbeitskreises Trennung und Scheidung im Landkreis  Cochem/Zell. Die Mitglieder des Arbeitskreises (Richter, Anwälte,  Beratungsstellen, Jugendamt, Gutachter, Verfahrenspfleger) haben sich  verpflichtet, allein dem Interesse der Kinder zu dienen. Wenn die Eltern  vor Gericht um Umgang streiten, erklärt der Richter dem  umgangsvereitelnden Elternteil: "Du trägst die Verantwortung für euer  Kind, und euer Kind braucht deinen Expartner ebenso wie dich. Wenn du  ihm den Vater/die Mutter vorenthältst, nimmt es bleibenden Schaden." Die  Eltern verpflichten sich in dieser Sitzung, direkt im Anschluss zur  psychologischen Beratungsstelle zu gehen und, getrennt voneinander,  Beratungstermine auszumachen. Erst wenn sie sich in der Beratung auf  regelmäßigen Umgang geeinigt haben, geht der Fall wieder ans Gericht  zurück. Der entscheidende Punkt dabei ist, dass alle Beteiligten so  lange auf den umgangsvereitelnden Elternteil einwirken, bis er oder sie  sein Fehlverhalten einsieht und versteht, dass er oder sie den Kindern  dadurch schadet.
Der Europäische Gerichtshof für  Menschenrechte in Straßburg hat im Dezember 2009 entschieden, dass die  Benachteiligung bei der Vergabe des Sorgerechts eine Diskriminierung  lediger Väter darstellt und die deutsche Regierung aufgefordert, das  Sorgerecht möglichst schnell zu reformieren. Das Justizministerium hat  daraufhin gesetzgeberische Änderungen angekündigt.
Was glauben Sie,  werden Väter in Deutschland mehr Rechte bekommen?
Frau  Leutheusser-Schnarrenberger hat ja schon angekündigt, dass sie das  Gesetz noch in dieser Legislaturperiode reformieren will. Ich vermute,  es wird darauf hinauslaufen, dass ledige Väter das Sorgerecht für ihr  Kind künftig auch gegen den Willen der Mutter werden einklagen können,  sofern sie längere Zeit mit Mutter und Kind zusammengelebt haben.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Elterndemonstration für mehr Vater- und Kinderrechte in Berlin am 26. Juni, ab 10 Uhr, hinweisen. SIEHE HIER  
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