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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Montag, 19. Mai 2014

Der rosarote Bach - eine Kindheitserinnerung von Harma-Regina Rieth, Fischbach b. Idar-Oberstein


Der rosarote Bach

Es war wieder einmal so ein herrlicher Sommertag, an dem man einfach raus auf die Gasse zum Spielen musste, weil die Sonne einen regelrecht vor die Tür lockte. Doch wie zu erwarten war um diese Zeit auf der Gasse noch nichts los. Meine Geschwister und Freunde, die schon zur Schule gingen, mussten wohl noch Hausaufgaben machen und lernen. Wahrscheinlich brüteten sie noch immer über ihren Aufgaben, wie Oma es stets belustigt
ausdrückte, wenn das Hausaufgabenmachen so lange dauerte. Ansonsten wären sie ja schon längst laut jubelnd aufgetreten, das war sicher. Ich durfte zwar mit Erlaubnis von Mutter schon jetzt zum Spielen raus, aber was nutzte es, wenn niemand zum Versteckspiel, zum Hüpfen, zum Laufen, Springen und Murmelspielen oder für Räuber und Gendarm da war. Nichts! Absolut nichts! Gelangweilt und missmutig, weil an diesem Tage wieder alle Freunde so unendlich lange brauchten für ihre Hausarbeiten, setzte ich mich auf den Stapel Winterholz, der vor der Haustür lag.
Ich stocherte und fingerte launisch und maulend an den verwitterten Baumrinden der Holzstämme herum. Obwohl ich wusste, dass der Baumstamm und die Rinde des Stammes nichts für meine momentane Situation konnten, reagierte ich mich missmutig und verärgert daran ab.
Es wurde Zeit, dass die anderen Kinder endlich Sommerferien bekamen, denn es war schon schlimm genug, dass morgens keiner zum Spielen da war. Aber dass dann auch noch mittags keiner vorbeischaute, das ließ mich regelrecht motzig werden.
Dass ich nach den Sommerferien eventuell selbst nachmittags über Hausaufgaben sitzen und brüten würde, verdrängte ich sogleich. Es war keine schöne Erwartung und wurde sofort von mir beiseite geschoben. Ich wollte mir den schönen Tag mit solchen unliebsamen „Zukunftsvisionen“ auf keine Fall verderben.




Da hörte ich auch schon die Worte meiner Mutter. Während sie sich weit aus dem Küchenfenster lehnte, schaute sie mir nach und rief wie immer etwas hinter mir her:
„Pass auf dein neues Kleidchen auf, Gina, mach dich nicht schmutzig, und sei artig! Ich möchte keine Klagen über dich hören. Hast du verstanden, Gina?“
Schließlich folgte noch wie immer der ermahnende Satz: „Und bleib von Grewaschs Kellerfenster weg, es ist Montag, du weißt, da ist wieder der böse Mann im Keller!“
„Immer dieses Geschiss um Grewaschs Kellerfenster, das nervt doch echt!“, meckerte ich als Antwort auf Mutters nerviges Rufen mehrmals leise in meinen Bart hinein.
Ich konnte es nicht mehr hören, immer das Gerede von Grewaschs Kellerfenster und dem angeblich bösen Mann. Wie immer dasselbe unnötige Gelaber, dachte ich wieder unwirsch.
Alles wie gehabt, Mittag für Mittag dieses Geschrei über Benehmen und Verbote! Mutter könnte sich wirklich mal etwas Neues einfallen lassen, dachte ich ein klein wenig erbost über ihr ständiges Ermahnen, ihre Gebote und Verbote bezüglich Nachmittagsgestaltung.
„Ich bin doch kein Kleinkind mehr! Schließlich gehe ich nach den Ferien schon zur Schule.
Also, was soll das?“, maulte ich.
Schmollend schob ich meine Unterlippe vor und mit zusammengekniffenen Augen schaute ich beleidigt zum Küchenfenster zurück.
Immer dieselbe Leier, immer dieselben Ermahnungen, und gleich ruft sie noch: „Und sei höflich, wenn man dich etwas fragt, Gina! Gib schön Antwort!“
Und im nächsten Moment hörte ich genau diese Worte wie ein Echo in Form von Mutters ermahnenden Rufen meinen Gedanken hinterherhallen.
„Ja, ja, ja“, äffte ich noch Minuten später die Unterhaltung mit meiner Mutter nach, während ich übelgelaunt auf dem Stapel Brennholz für den Winter saß, das vor der Haustür wie jedes Jahr fachgerecht aufgeschichtet und gelagert war. Mit weit aufgerissenen Augen und herausgestreckter Zunge grimassierte ich herum wie ein verrückt gewordener Clown.
„Und wenn du nicht hörst, was ich dir sage – setzt es was!“, kam noch der abschließende Drohsatz von ihr hinterher geflogen, alles ohne Rücksicht auf etwaige weitere Zuhörer in der Nachbarschaft.
Ich zuckte kurz im Genick zusammen und zog blitzschnell wie eine Schildkröte gekonnt meinen Kopf ein, sprang vom Holzstapel runter und weg war ich.
Ich turnte und balancierte nur noch auf einem einzelnen Holzstamm herum. Ja, Mutter schleuderte meist noch etwas Drohendes hinter einem her. Das kannte ich zur Genüge, doch es beeinflusste mein Handeln nicht im Geringsten. Daher prallte der ermahnende Zusatz auch an diesem Tage von mir ab.
Ich überlegte noch einmal genervt und missmutig, was ich jetzt mit mir und dem schönen, sonnigen und warmen Sommernachmittag anfangen könnte.
So ganz alleine als Herrscherin über die Gass!




Ich tröstete mich damit, dass ich zwar wie immer zu dieser Zeit alleine auf der Gasse war, aber dafür die nächsten Stunden ohne Streitereien mit Geschwistern oder Freunden, letztendlich einmal machen konnte, was ich wollte. Ich war also die Anführerin! Endlich hatte ich das Sagen. Ich konnte selbst bestimmen, was ich machen wollte.
Begeistert über diese Tatsache, obwohl ja sonst niemand da war, den oder die ich anführen konnte, sprang ich begeistert, jedoch allzu ruckartig vom letzten Holzstamm. Der sogleich bedrohlich ins Rollen kam.
Und augenblicklich machte es raaaatsch…! Ich blieb mit meinem Kleidchen hängen. Im gleichen Moment sprang Mauzi, die Nachbarskatze, mit ihrer Beute, einer kleinen Feldmaus, im Schlund durch meinen allzu hastigen Sprung aufgeschreckt aus ihrem Versteck hinter dem Holzstapel hervor.
Auch ich erschrak durch das laute Miauen und Aufschreien von Mauzi, und wir starrten uns gegenseitig, allmählich durchaus ängstlicher werdend, entgeistert in die erschrockenen Augen. Es war in der Kürze des Augenblicks nicht festzustellen, wer vor wem mehr Angst hatte! Mauzi mit Maus im Maul und ihrem kämpferischen Verteidigungsblick, oder ich, ohne Beute, jedoch mit Riss im neuen Kleidchen. Die Maus nutzte die augenblickliche Verwirrsituation zwischen uns beiden aus, entwich Mauzi und flitzte zurück in ihr Holzstapelversteck. Weg war sie. Ich denke noch heute, dass die Maus mich doch eher dankbar als ängstlich angesehen hatte, als sie verdattert um die Ecke geflitzt war. Und Mauzi schlenderte, sich eine neue Beute suchend, verärgert weiter… Nun begutachtete ich mein Kleidchen und meckerte sogleich laut drauf los: „Auch das noch!“
Natürlich war ich mit meinem Kleidchen an einem Aststumpf hängen geblieben. Nun hatte es einen langen hässlichen Riss. Mein schönes gelb, rosa und grün kariertes Kleidchen war lädiert! Na ja, da ist der Ärger für heute Abend schon vorprogrammiert, durchzuckte mich der flüchtige Gedanke an eine eventuelle Strafpredigt von Mutter.
Aber ich wollte jetzt nicht an die bevorstehende, eventuell stressige Diskussion über den Riss im karierten Kleidchen denken.




Kurz entschlossen machte ich mich auf den Weg, um endlich etwas Abenteuerliches zu erleben oder wenigstens ein ausgefallenes Spiel zu spielen. Da ich ja heute endlich mein eigener Anführer war. In Gedanken versunken schlenderte auch ich wie Mauzi weg, ungeachtet der Tatsache, dass ich mich eigentlich nicht vom Hof entfernen sollte, und machte mich heimlich auf den Weg ins Abenteuer.
Mein geheimer Weg führte mich übers Mühleck in Richtung Dorfmitte. Und noch immer war ich in Gedanken damit beschäftigt, was ich denn nun alleine spielen könnte. Doch mir wollte absolut kein Spiel einfallen, das alleine Spaß gemacht hätte.
Da entschied ich mich, mir kurzerhand die Fische im nahe gelegenen Bach anzusehen und sie heimlich zu besuchen. Vielleicht freuen sie sich, mich zu sehen, dachte ich für mich. Es ist auf alle Fälle einen Versuch wert, bevor ich hier weiter ganz lustlos und gelangweilt alleine rumhänge. Und ich schlich geradewegs in die Richtung des nahe gelegenen Baches.
Vorsichtig bog ich an der Grewerschen Hausecke ab. Und da, plötzlich stand ich vor einem mächtigen braun-weißen Ungeheuer! Erschrocken blickte ich in zwei riesengroße braune Augen mit unendlich langen, dichten, schwarzen Wimpern. Sie sahen mir direkt in meine Augen. Ich purzelte vor Schreck über den Boden, unmittelbar dem großen komischen Tier vor die Füße.
Einen Augenblick blieb ich verdattert sitzen. Augen in Augen blickend starrten wir uns an. Fluchtartig krabbelte und rutschte ich auf meinem Hosenboden rückwärts von dem braun-weiß gefleckten Ungeheuer weg! Als ich weit genug weg war, stellte ich mich auf meine Beine und rannte, so schnell ich nur konnte, fluchtartig davon, um das Ungeheuer, vorsichtshalber aus sicherer Entfernung, etwas genauer zu begutachten. Was war denn das für ein komisches Vieh?
Das Tier sah mich mit traurigen Augen an, und ich kam zu dem Schluss, dass das eventuell eine Kuh sein müsste. Ja, doch! Natürlich - das war eine Kuh! Aber wieso steht denn hier eine Kuh angebunden an der Hauswand herum?
Freundlich sah ich sie nun an, ich kam wieder näher heran und fragte neugierig: „Was machst du denn hier?“ Sie antwortete mit einem lauten „Muuuh“, und ich ergriff sofort wieder die Flucht! Atemlos und mit wild pochendem Herzen lief ich, so schnell ich nur konnte, weiter in Richtung Bach. Doch der Gedanke an das seltsame Zusammentreffen mit der traurig dreinschauenden Kuh beschäftigte mich weiter, bis ich dann endlich noch ein Stück weg den Bach erspähte. Beim Anblick des herrlich plätschernden Wassers vergäße ich die Kuh sicher wieder. Der Bach, der wirklich nur einige wenige Häuser weiter unterhalb der Gasse entlang plätscherte, glitzerte prächtig zwischen den Häusern hervor. Er zog mich immer an wie ein Magnet. Nur noch wenige Meter. Ich sah den Bach nun direkt vor mir, lief eilig mit Freudensprüngen geradewegs auf ihn zu. So kam ich gehetzt, jedoch mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht völlig außer Puste an dem kleinen Bach an.




Ohne Probleme und ohne Hilfe von meinen Geschwistern den Bach zu erreichen war mit knapp sechs Jahren schon eine beachtliche Leistung, und es machte mich unheimlich stolz, dass es mir geglückt war. Ich war stolz wie Bolle und strahlte mit der Mittagssonne um die Wette. Flüchtig dachte ich noch daran, dass ich zwar stets ermahnt wurde, mich vom Bach, und somit auch vom Wasser fernzuhalten.
Doch das war da gerade einmal in diesem Augenblick völlig in Vergessenheit geraten.
Vielleicht sehe ich heute ein paar Fische, kam mir wieder der Gedanke auf einige neue Spielgefährten in den Sinn. Alle Warnungen bezüglich Fernhalten vom Bach und Wasser großzügig zur Seite schiebend, schlich ich mich vorsichtig weiter an das herrlich verlockende Wasser heran.




Vorsichtig, ganz zögerlich hielt ich einen Finger in das kühle Nass. Kurz nach rechts und links umschauend, erkannte ich sogleich, dass ich alleine am Bach war. Schnell zog ich meine Sandaletten aus und streifte die von Oma Alwine aus weißer Baumwolle gestrickten Kniestrümpfe eilig ab.
Zuerst streckte ich den linken Zeh ins Wasser, anschließend den rechten Zeh. Da das Kleidchen schon zu Beginn meines Ausfluges Schaden genommen hatte, wollte ich jetzt doch achtsam sein und auf den Rest meiner Kleidung Acht geben. Langsam tastete ich mich vom flachen Rand bis in die Mitte des Baches vor. Dann setzte ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen und umging vorsorglich die großen kantigen Bachwacken, die mir doch allzu glitschig erschienen.
Ich entschied mich dann, eine Steinbrücke für eventuell weitere Bachbesuche zu bauen. Das würde ich leicht meinem großen Bruder nachbauen können, überlegte ich kurz, und fing sofort an Stein für Stein als Brücke aneinanderzureihen, um später den Bach als stolze Baumeisterin der Steinbrücke zu überqueren. Durch die große Kraftanstrengung kam ich allerdings schon schnell ganz schön ins Schwitzen, und ich entschied mich daraufhin, kurzerhand auch das lädierte Kleidchen abzulegen. Gerade in diesem Moment hörte ich die grantige Stimme meines Großvaters, der die Dorfstraße entlang kam und mich verärgert vom Brückelchen aus beobachtet hatte. Schnell hob ich mein Kleidchen auf und streifte es wieder über.
„Schick dich, Gina, und behalte schön dein Kleidchen an, das macht man nicht! Hat dir das deine Mutter nicht gesagt?“, rief Großvater mir noch fragend zu.
Natürlich hatte Mutter mir das gesagt, doch es war gerade so herrlich warm, und ich wollte mir schließlich nur ein kleines Bad zur Abkühlung gönnen.
Doch das war jetzt vorbei, artig nickte ich meinem Großvater zu, er ging mit ermahnendem Zeigefinger in meine Richtung zeigend weiter seines Weges.
Na dann eben kein Bad, schmollte ich. Ich hüpfte und sprang weiter im kühlen Nass herum.
Die Wasserspritzer flogen bis an die andere Bachseite.



Plötzlich tauchte ein eigenartiges rosarotes Rinnsal auf, das mir von der anderen Bachseite unverhofft entgegenkam.
„Was ist den das?“, fragte ich mich laut. „Ja, wo kommt denn das schöne farbige Wasser her?“
Eilig machte ich mich auf den Weg, um das rosarote Phänomen zu erkunden. Immer weiter in Richtung des ungewöhnlichen Wassers blickend stampfte ich durch den Bach, der wunderschönen Farbenquelle entgegen. Voller Begeisterung und glückstrunken hüpfte ich, da nur ich dieses rosarote Wasserspiel genießen durfte, im Bachlauf herum! Keiner hatte je von diesem schönen farbigen Wasser erzählt! Da war ich mir ganz sicher… Das wird mein Geheimnis bleiben! Niemandem werde ich das erzählen oder gar verraten.
„Das ist geheim, geheim, geheim!“, rief ich begeistert laut aus und sprang wild im rosaroten Bach herum.
Während ich so herumtollte und hüpfte, verfärbte sich das Wasser weiter ins Rote hinein, mittlerweile war es ungewöhnlich dunkelrot. Ich hielt in meiner Hüpfbewegung inne und starrte gebannt auf den unheimlichen Farbwasserteppich, der mir jetzt langsam und unaufhörlich entgegen kam … Plötzlich wurde aus meiner anfänglichen Begeisterung pure Angst, und ich rettete mich aus dem Bach ans Ufer.
Was ist denn das nur? Wo kommt denn das rote Wasser her? Ich starrte wie hypnotisiert in den Bach und beobachtete den sich nähernden und immer größer werdenden dunkelroten Teppich genau. Ein eigenartiges Fischgewimmel folgte dem Farbrinnsal und bewegte sich in und unter dem roten Wasserteppich.
Als dann plötzlich aus den dunklen Löchern am Ufer des Baches eine ganze Rattenfamilie herauskam und kreischend in Richtung Fischgewimmel hechtete, schaute ich angeekelt und erschrocken auf. Das war’s dann - schnell weg! Da gab es kein Halten mehr für mich.
Das Wasserplanschen und Baden war mir jetzt endgültig verleitet. Hastig zog ich meine Kniestrümpfe über die nassen Füße, streifte meine Sandaletten an und hastete, ohne zurückzublicken, vom Bach weg heim in Richtung Mühleck.




Gerade als ich um Grewaschs Hausecke bog, erinnerte ich mich an das unliebsame Zusammentreffen auf meinem geheimen Schleichweg zum Bach mit der Kuh und ihren riesigen traurigen Augen. Jetzt war sie nicht mehr da! Eigentlich schade, dachte ich für mich so im Nachhinein. Ich schlich jetzt gebückt weiter um Grewaschs Hausecke, schließlich sollte niemand etwas von meinem heimlichen Ausflug zum Bach mitbekommen.
Wie ein Indianer auf dem Kriegspfad bewegte ich mich vorwärts. Kurz vor Grewaschs Kellerfenster hörte ich das Blut in meinen Ohren pulsieren und fing an zu zittern. Ich blieb stehen und holte laut Luft. Angst beschlich mein Inneres, und ich überlegte krampfhaft wie ich unbemerkt heim kommen könnte.
Da fiel mein Blick versehentlich ins Kellerfenster! Laut aufschreiend stand ich auf und rannte ohne Rücksicht darauf, dass man mich eventuell doch noch entdecken könnte, auf und davon.
Sofort erschienen meine Mutter und meine Geschwister auf der Gasse, ich rannte laut und hemmungslos schreiend in die ausgebreiteten Arme meiner Mutter. „Kind, Kind, was ist los, was ist mit dir?“, hörte ich die besorgte Stimme meiner Mutter. Ich zitterte noch immer am ganzen Körper wie Espenlaub. Und ich versuchte ihr zu erzählen, was mich so erschreckt hatte. Stotternd brach es aus mir heraus. Ich stammelte nur noch einige Wortfetzen: „ Der - böse – Mann - ich habe den bösen Mann gesehen!“ Andächtig und ängstlich dreinblickend flüsterte ich immer und immer wieder diese Worte. Liebevoll streichelte mir meine Mutter mit einem fürsorglichen Lächeln im Gesicht über den Kopf und sagte: „Na, Gina, was hatte ich dir denn gesagt, Kleines?“ Schuldbewusst senkte ich meinen Kopf, ich erinnerte mich sogleich an ihre ermahnenden Worte bezüglich Grewaschs Kellerfenster. Mit einem leisen Seufzer stellte sie mich dann zur Rede. Auf meine roten Beine schauend seufzte sie erneut leise, dann fügte sie noch kopfschüttelnd hinzu: “Am Bach warst du auch, wie ich sehe! Warum folgst du mir nicht, wenn ich dir etwas sage, Gina? Das macht mich traurig, Kind. Von dem Riss in deinem Kleidchen möchte ich erst gar nicht reden.“ Ich schaute betreten zu Boden und sah meine Beine an. Sie waren total mit Blut verschmiert. Da erschrak selbst ich. Entschuldigend stammelte ich, dass es mir unerklärlich wäre, wieso meine Beine so aussähen, da ich mich ja nicht verletzt hätte! Meine schönen, vormals weißen Kniestrümpfe hatten jetzt unschöne dunkle und rote Flecken. Ich erschrak erneut und flüchtete mich wieder in die beschützenden Arme und den Schoß meiner Mutter.
„Ach Gina, hör doch, wenn ich dir etwas sage“, wiederholte sie sich, wieder kopfschüttelnd. Sie streichelte mir weiter liebevoll über meine Stirn und Kopf. Dieses Gefühl der Geborgenheit nutzte ich für mich voll aus, ich drückte mich noch enger, gierig nach Streicheleinheiten suchend, an meine Mutter.
Alles war vergessen in diesem Moment der Zweisamkeit und Geborgenheit bei meiner Mutter.




„Aber Gina, Kleines, jetzt ist es genug… Komm, Liebes, ich erkläre dir, was passiert ist!“
Und endlich bekam ich die Erklärung zu den täglichen Ermahnungen, denen ich heute wieder einmal nicht gefolgt war. Ich hatte an diesem Tag meine Lektion erhalten. Mit offen stehendem Mund und übergroßen ängstlich blickenden Augen lauschte ich den Worten meiner Mutter. Jetzt erhielt ich endlich Antwort auf all meine Fragen bezüglich Grewaschs Kellerfenster, dem bösen Mann und dem rosaroten Wasser im Bach.
Das komische Tier mit den übergroßen traurigen Augen, die Kuh also, die angebunden an Grewaschs Hauswand geduldig wartend verharrte, befand sich jetzt ein Stockwerk tiefer in Grewaschs Keller. Allerdings portioniert… Und jeden Montag kam eine andere dran.
Der Blutteppich wurde von dem bösen Mann in eine Bodenöffnung gefegt und erschien dann wenige Augenblicke später im Bach. Das war die Erklärung, die ich an diesem Tag von Mutter bekam. Ich bekam riesige Augen und einen gewaltigen Schreck. Selbstverständlich mied ich ab diesem Tage Grewaschs Kellerfenster und Grewaschs Hausecke.
Der seltsame Eisenbügel an der Wand, der dort eingelassen war, an dem meistens ein dicker Strick herunterbaumelte, genau, jetzt war das klar. „Wieso hatte ich den Strick vorher nie beachtet?“, fragte ich mich.



Beim Abendbrot saßen wir alle am Tisch. Meine Geschwister bissen schmatzend in ihre Wurstbrote. Ich saß andächtig da und schaute mein Abendbrot nur an. Wie durch einen Nebel hörte ich Mutter sagen: „Gina, iss doch endlich dein Wurstbrot auf!“ Doch ich konnte nicht in das Wurstbrot hineinbeißen. Ich sah plötzlich wieder die großen traurigen Augen vor mir, in die ich am Nachmittag geschaut hatte, und dachte beschämt an den rosaroten Bach, in dem ich übermütig, voller Freude herumgetollt war…
Ich hatte an diesem Tag meine Lektion gelernt und bevorzugte danach Marmeladenbrote…


© HarmaRegina Rieth




Good Sounds: INI KAMOZE, Here Comes The Hotstepper


Wie war's bei Julia und Romeo von Mats Ek in Ludwigshafen?


  "Es ist Zeit, die Dinge auf den Kopf zu stellen", so der 68-jährige Mats Ek, Tänzer und Choreograph. Und das hat er ordentlich getan mit dem altehrwürdigen Shakespeare-Stoff Romeo und Julia. Zu sehen war das Ergebnis als deutsche Erstaufführung im Pfalzbau-Theater Ludwigshafen am 17.05.2014. Fast bis zum letzten Platz ausverkauft, deutlich über 1000 Besucher wollten sehen, was er und wie er es anstellt, die Welt auf den Kopf zu stellen. Und sie waren begeistert. Etliche Vorhänge, Bravorufe, Gejohle, stehende Ovationen. Was hat er nur gemacht?


 

Als Tanztheater bzw. Ballett gibt es Romeo und Julia zwar, aber meistens mit der Musik von Prokofjew. Ek verwendet Tschaikowskys Musik und vereint dessen Highlights zu einer geeigneten musikalischen Kulisse zum Tanzstück. Shakespeare bleibt erhalten, die Rahmenhandlung intakt. Ganz neu und ungewohnt zu einem anderen musikalischen Background, der ursprünglich so zum Stoff nicht existiert, aber im Potpourri der "Best of" seine Eignung beweist.

Es geht beim Titel weiter: Julia steht vorne! Das ist uns recht, wir leben ja schon länger in einer emanzipierten Gesellschaft, auch wenn die Berufswelt sich noch nicht ganz auf weibliche Spitzenkräfte einlässt. Julia ist allerdings auch keine Spitzenkraft, sondern ein wohlbehütetes Töchterchen im Verona des 16. Jahrhunderts, aus dem Hause der Capulet. Sie hat rein gar nichts zu melden in diesen konservativen Zeiten. Nicht mal ihren Ehemann kann sie bestimmen. Das machen die Eltern. Und das ist auch des Dramas Beginn, denn Graf Paris soll ihr Versprochener sein. Glücklicherweise gibt es Romeo, der sich unsterblich verliebt und zwischen ihnen eine unsägliche Liebe entstehen lässt. Sie lassen sich heimlich von Pater Lorenzo vermählen.


Dummerweise ist Romeo ein Montague und die beiden Familien waren so verfeindet wie heute Mafia-Clans oder russische Oligarchen. Etliche Straßenschlachten finden statt und Tote bleiben zurück. Statt Reiterei und Ritter finden wir die Capulets mit Tybalt als Gangleader auf Segways, den Elektro-Scootern. Auch die Amme Julias wird später auf solch einem Gefährt und in wichtiger Mission mit Blaulicht noch einmal versuchen, Julia von ihrem auferlegten Weg zu überzeugen. Auch Mutter Capulet und Tybalt rücken, von ihren bescooterten Gefährten eskortiert, aus, um Romeo zurückzudrängen. Das Rendez-vous von Julia und Romeo, die sich in ihrer Liebe in schwerelosem Apollo11-Zustand befinden, sich tänzerisch sehr nah und immer wieder kunstvoll verschmelzend bewegen, wird auch von den patrouillierenden Capulets gestört. Julia aber hat keine Lust mehr, unter den Rock der Amme zu schlüpfen oder dem Diktat der Mutter zu folgen.

Um Julia vor der Hochzeit mit Paris zu retten, gibt ihr im Original ausgerechnet der "Geistliche" Lorenzo, der Paris und sie trauen soll, aber Romeo und Julia unterstützt, einen Schlaftrunk mit, der ihren Tod vortäuschen soll, damit sie beerdigt in der Gruft von Romeo gerettet werden kann, wenn sie wieder erwacht ist. Diese starke Droge wird bei Mats Ek zu einem ekstatischen Tanz, der sie sterben, und Romeo ihr mit denselben Mitteln nacheifern lässt. Eine wichtige Rolle spielen vier oder fünf unbekannte, schwarz gekleidete Männer, die sie quasi abholen, ihren Tod fordern. Eine andere Abweichung: Der Freund Romeos, Mercutio, kriegt ein Ballettröckchen an und scheint aufdringlich vom anderen Ufer zu sein. Tybalt jedenfalls hasst ihn und beantwortet die Provokationen mit der Ermordung Mercutios. Verächtlich pinkelt er auf den Toten. Romeo rächt seinen Freund durch die Beseitigung Tybalts. Der Todesstich wird im Stück zum katzenhaften Anspringen.



Romeo und Julia sind bei Mats Ek Kinder des Wassers, aus ihm kommt Romeo hervor und trinkt es. Nach ihrem Tod verschwinden sie auch wieder in diesem Element - allerdings - die Welt steht Kopf. Die Beine der beiden ragen in die Luft wie auch die Beine von vielen anderen Toten um sie herum - wie Schilfpflanzen am Uferrand. Man könnte auch Kafkas Insektenbeine von Gregor Samsa aus der Verwandlung assoziieren. Der Pflanzengedanke liegt dann näher, wenn der Zuschauer daran glaubt, dass die Liebe sich als fruchtbarer Samen erweist, der etwas Neues hervorbringt. Die Verwandlung des historischen Stoffs zu einem radikal modernen Tanztheaterstück - mit großartigen ("Monumental"-)Szenen von bis zu 40 Tänzern auf der belebten Bühne mit Hüten wie bei Charles Dickens oder Elton John (England als gemeinsamer Mittelpunkt) und bunten Frauenkleidern wie Farben von Flaggen - schwebt jedoch dominant als Botschaft des Choreographen über allem. Reizvolle blendende Lichteffekte schaffen eine Romantik, die keine ist, pallisadenähnliche Kulissenwände vermitteln oft das Gefühl in einem Lager zu sein.

Ungewöhnliches Ballett zu klassischer Musik schafft Gegensätze und Divergenzen, die Langeweile oder Zuckersüßes nicht zulassen. Die Slapstick-Bewegungsabläufe und Comedy-Elemente lockern weiter auf. Die Schwere der Jahrhunderte ist wie mit einem Ruck vom Geschehen genommen.



Sonntag, 18. Mai 2014

Good Sounds: ANDREAS BOURANI, Refugium


Krimitipp: TOTENFRAU von Bernhard Aichner


TOTENFRAU
Name des Autors
Blum ist Bestatterin. Sie ist liebevolle Mutter zweier Kinder, sie besticht durch ihr großes Herz, ihren schwarzen Humor und ihre Coolness. Blum fährt Motorrad, sie trinkt gerne und ist glücklich verheiratet. Blums Leben ist gut.

Doch plötzlich gerät dieses Leben durch den Unfalltod ihres Mannes, eines Polizisten, aus den Fugen. Vor ihren Augen wird Mark überfahren. Fahrerflucht. Alles bricht auseinander. Blum trauert, will sich aber mit ihrem Schicksal nicht abfinden.

Das Wichtigste in ihrem Leben ist plötzlich nicht mehr da. Ihr Halt, ihr Glück. Durch Zufall findet sie heraus, dass mehr hinter dem Unfall ihres Mannes steckt, dass fünf einflussreiche Menschen seinen Tod wollten.

Blum sucht Rache. Was ist passiert? Warum musste Mark sterben? Als sie die Antworten gefunden hat, schlägt sie zu. Erbarmungslos. Warum sie das tut? Warum sie dazu fähig ist? Die Antwort darauf liegt Jahre zurück.
eBook (EPUB)
€ 15,99
Download

ÜBER DEN AUTOR

Bernhard Aichner (geb. 1972) lebt als Schriftsteller und Fotograf in Innsbruck/Österreich. Aichner schreibt Romane, Hörspiele und Theaterstücke. Für seine Arbeit wurde er mit mehreren Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet. Nach den Spannungsromanen "Nur Blau" (2006) und "Schnee kommt" (2009) erschienen die Max-Broll-Krimis "Die Schöne und der Tod" (2010), "Für immer tot" (2011) und "Leichenspiele" (2012). Sein neuestes Werk ist "Totenfrau" (2014).
Autor1© Ursula Aichner

Video: MW FMK (Fantasy)



FMK / Launch Film 

Good Sounds: MICHAEL JACKSON, Chicago


Werbevideo künstlerisch: The Sound Of Taste



The Sound of Taste 

Good Sounds: FOXES, Talking to Ghosts


Kurzfilm: Twenty Eight Feet - life on a little wooden boat



Twenty Eight Feet: life on a little wooden boat

Good Sounds: TWIN ATLANTIC, Crash Land


19.5., 18 Uhr, Eröffnung der „Kunst im Grünen“ - neue Runde im Kuseler Land 2014



Marc de Roover, BRÜCKE, Belgien

Rund um die Wasserburg in Reipoltskirchen gibt es dieses Jahr, am Taufort des Tiermalers Johann Heinrich Roos sind dessen Bilder zu entdecken, neben einem Skulpturenweg, der für dieses Jahr zu einem echten Rundweg ausgebaut wurde. Mit eingeweiht bei der Eröffnung wird die Brücke des belgischen Künstlers Marc de Roover und eine Stele des Luxemburger Bildhauers Bertrand Ney. 

Mit der Schließung des Rundwegs wird der Skulpturenweg zu einer weiteren Station auf der „Europäischen Skulpturenstraße des Friedens“, wie sie etwas abgehoben heißt, aber nicht lückenlos verläuft, insofern entspricht das ja auch dem Friedensverlauf. Die Skulpturenstraße hat zwei Teile, der eine reicht im Norden von der Normandie bis nach Moskau, der andere von Amsterdam bis in die Pyrenäen. Sie kreuzen sich in Auvers-sur-Oise (bei Paris). 



Bertrand Ney: LE PASSAGE,
Der Durchgang,
Luxembourg, 2000

Die Grundidee sah begehbare "Skulpturentürme" als künstlerische Begegnungszentren vor, stammt aus dem Jahr 1936 und wurde von dem jüdischen Künstler Otto Freundlich entwickelt. Otto Freundlich wurde jedoch verschleppt und von den Nazis im Konzentrationslager Sobibor (Polen) ermordet. Seine Lebensgefährtin Jeanne Kosnick-Kloss aktualisierte und griff sein Konzept nach 1945 wieder auf. Erst Jahrzehnte später wurde es von deutschen und ausländischen  Städten und Gemeinden aufgegriffen. Initiator war der Bildhauer Leo Kornbrust, der bereits 1971 ein internationales Bildhauersymposion bei St. Wendel organisiert hatte. 1978 wurde die Idee angenommen und eine 25 km lange "Straße der Skulpturen St. Wendel" (aktuell 59 Skulpturen, bald 60), geschaffen, in die Kornbrust die 1971 entstandenen Werke integrieren konnte. 

Im Laufe der Jahre schlossen sich europaweit etliche Bildhauerprojekte und Kulturinstitutionen der Initiative an. Mittlerweile stehen über 400 Skulpturen an der gesamten, etwa 4.000 km langen Strecke. Es werden immer wieder neue Partnerschaften geschlossen. 2004 wurde der Verein "Straße des Friedens - Straße der Skulpturen in Europa - Otto Freundlich Gesellschaft" ins Leben gerufen, um die internationalen Kontakte zu koordinieren und das Konzept weiterzuentwickeln.


Zu sehen gibt es dieses Jahr:

Säulenfragment - Roland Albert, Kaiserslautern
Vertrautes - Nadine Buch, Herchweiler
Lebendige Geschichte - Carmen Harasti, Becherbach [www.harasti.de]
Gehörnte Kuppel - Edelgard Lösch, Steinwenden [www.edelgard-loesch.de]
Das lachende Schaf - Jürgen Schultheis, Desloch [www.mosaikbildnerei.de]
Das Portrait - Rainer Molz, Matzenbach [www.glandekultour.de]
Kinder malen in die Fußspuren von Johann Heinrich Roos


Die Ausstellung „Auf den Spuren von Johann Heinrich Roos“ wird am Montag, 19. Mai, 18.00 Uhr eröffnet, und zwar in der Malschule der Wasserburg mit Originalen von Johann Heinrich Roos.
Einführung durch Dr. Heinz Höfchen, Pfalzgalerie Kaiserslautern

Die Ausstellung ist wie folgt geöffnet:

Samstag, 24. Mai 14.00-18.00 Uhr
Sonntag, 25. Mai 11.00-18.00 Uhr
Christi Himmelfahr t, 29. Mai 11.00-18.00 Uhr
Samstag, 31. Mai 14.00-18.00 Uhr
Sonntag, 1. Juni 11.00-18.00 Uhr
Pfingstsonntag, 8. Juni 11.00-18.00 Uhr
Pfingstmontag, 9. Juni 11.00-18.00 Uhr




Good Sounds: U2, Where The Streets Have No Name


Jahresspitze bei den TV-Zuschauern durch Pokalfinale

Dortmunds nicht gegebener Treffer im
Pokalfinale gegen Bayern (Foto: ARD)



König Fußball mobilisiert die Medien-Massen

Mit sensationellen 14,27 Mio Zuschauern am Samstag setzte sich das Pokalfinale im Ersten an die Spitze der diesjährigen Publikumsmagneten. 400.000 Konsumenten zogen Sky der ARD vor.
Das Champions-League-Endspiel 2013 sahen dagegen 21,61 Mio (61,7%) im ZDF.
Der 2:0 Sieg des FC Bayern München gegen Borussia Dortmund im Rahmen der Übertragung des DFB-Pokal-Finales erreichte einen Marktanteil von fast 48%.
Es ist die höchste Einschaltquote für ein DFB-Pokalendspiel überhaupt und Jahresrekord für die ARD.
In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen fieberten 4,94 Mio (47,7% MA) mit. Wie schon im Champions-League-Finale vor einem Jahr zwischen Dortmund und Bayern war Arjen Robben Weichensteller für die Münchner in Berlin. Tausendfach auf Facebook und Twitter verbreitet und diskutiert wurde das nicht gegebene Kopfballtor von Mats Hummels.

Das Erste hatte an diesem Samstag bereits um 15 Uhr mit den Fußball-Übertragungen innerhalb der "Sportschau" begonnen, erst nach Mitternacht war Schluss. Der Tagesmarktanteil kletterte so auf 24,7% im Gesamtpublikum und 21,6% bei den Unter-Fünfzigjährigen. Die Fußball-Weltmeisterschaft, die in wenigen Wochen beginnt, wird noch einige weitere Highlights hervorrufen.

Samstag, 17. Mai 2014

Good Sounds: OLLI BANJO, Träumer


Edward Snowden bekommt den Henri Nannen Preis

Die Gewinner des Henri Nannen Preises 2014: Özlem Gezer & Laura Poitras,
Julia Jäkel, Alfred
 Grosser & Ursula von der Leyen, Dominik Wichmann,
Dominique Horwitz, Edward Snowden



Edward Snowden spricht beim Henri Nannen Preis

Nach einem Jahr Leerlauf haben SPIEGEL-Redakteure wieder den Preis in Empfang nehmen können, und zwar in den Kategorien Reportage, für die Geschichte über Cornelius Gurlitt, und Investigation, für die Enthüllungen der Handy-Abhör-Affäre um die Bundeskanzlerin.

Edward Snowden bedankte sich in einer Videobotschaft bei Laura Poitras für ihr Engagement. Sie wurde für ihre Verdienste für die Pressefreiheit ausgezeichnet. Die Dokumentarfilmregisseurin und -produzentin war maßgeblich an der Erstveröffentlichung der NSA-Dokumente beteiligt. "Die Arbeit war für mich ein echtes Privileg", so Poitras. Snowden sagte, Poitras habe es mit ihrer Arbeit zu einer offeneren Welt gebracht. "Sie hat einen wichtigen Schritt gemacht für uns alle", so Snowden.

Die Organisatoren des Henri Nannen Preises hatten in diesem Jahr alles unter das Motto Zirkus gestellt. Durch den Abend führte Schauspieler Dominique Horwitz, der als Zirkusdirektor die Manege für die Laudatoren und die prämierten Journalisten, das von ihm benannte "Raritätenkabinett", freigab. ALs Internezzo provozierte Jongleur Timo Wopp mit seiner "haptischen Powerpointpräsentation" und frechen Sprüchen das Publikum.

Jurymitglied und Laudator der Kategorie Investigation, "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, betonte, dass es ein an Enthüllungen reiches Jahr gewesen sei. Die Auszeichnungen teilen sich 2014 "Spiegel", "Zeit", "Geo" und das "Süddeutsche Zeitung Magazin" wie folgt unter sich auf:

Reportage / Egon Erwin Kisch-Preis: Özlem Gezer: "Die Liebe seines Lebens", "Der Spiegel"
Dokumentation: Malte Henk: "Nennt uns bloß nicht Helden", "Geo"
Investigation: Jacob Appelbaum, Marcel Rosenbach, Jörg Schindler, Holger Stark: "Kanzler-Handy im US-Visier? / Der unheimliche Freund", "Der Spiegel"
Essay: Wolfgang Uchatius: "Soll ich wählen oder shoppen?", "Die Zeit"
Fotoreportage: Moises Saman: "Im Reich des Todes", "Süddeutsche Zeitung Magazin"
Lebenswerk: Alfred Grosser 

Good Sounds: SUSANNE BLECH, Messer aus Kerzen


Freitag, 16. Mai 2014

Fantasien zur Nacht: mysterium praesentiae



mysterium praesentiae

Fantasien zur Nacht: Mirjana - Perception Accrue

Mirjana - Perception Accrue 

Fantasien zur Nacht: NETZWERK

"Netzwerk (Falls Like Rain)" Klang Karussell

Fantasien zur Nacht: GAMIANI, Kap. 2.2, von Alfred de Musset



Alfred de Musset: Gamiani


2 Die zweite Nacht


Fanny: Wieso?
Gamiani: Mit dem Schlage der mitternächtlichen Stunde erschienen die Nonnen, nur mit einem einfachen schwarzen Hemd bekleidet, um das leuchtende weiße Fleisch noch mehr hervortreten zu lassen. Alle waren barfuß; ihre Haare hingen aufgelöst herab. Im Nu erschien ein glänzendes Mahl, das wie von Zauberhänden aufgetischt wurde. Die Oberin gab das Zeichen zum Beginnen, und jede tat sich nach Herzenslust gütlich. Einige saßen an der Tafel, andere hatten sich auf Polster gelagert. Ausgesuchte Leckerbissen, feurige, das Blut in Wallung bringende Weine wurden gierig verschlungen. Nach und nach belebten sich die von Ausschweifungen verwüsteten Gesichter, die im Tageslicht bleich und kalt aussahen. Die Dünste des Weines stiegen ihnen zu Kopfe, Kantharidenpräparate ließen Feuer durch ihre Adern strömen. Immer lauter wurde die Unterhaltung; sie schwoll zu einem wirren, tosenden Lärm an und endete stets in unzüchtigen Anträgen, in Aufreizungen zu neuem Liebestaumel, dem sich die Nonnen bei Gesang, Gelächter, Lärm und Gläserklingen überließen. Ihrer Sinne nicht mehr mächtig, fiel plötzlich irgendeine von ihnen über ihre Nachbarin her und gab ihr einen stürmischen Kuß. Dies war das Signal, das die ganze Bande elektrisierte. Die Liebespaare fanden sich zusammen, umschlangen sich, während in trunkenen Delirien Küsse schallten. Man hörte erstickte Seufzer, abgerissene Liebesworte, Schreie der Wollust, Röcheln der Erschöpfung. Bald waren die gierigen Lippen nicht mehr mit Mund und Wangen, mit nackten Brüsten und Schultern zufrieden. Die Kleider wurden emporgestreift oder zur Seite geworfen. Und nun begann ein wunderbares Schauspiel; alle diese geschmeidigen, anmutigen Frauenleiber zuckten in den raffiniertesten Stellungen, in den höchsten Verzückungen abgefeimtester Buhlkünste. Blieben einmal die Kräfte hinter dem Antrieb der Begierden zurück, so trennten sich die Paare für einen Augenblick, um frischen Atem zu schöpfen. Man sah sich mit feurigen Blicken an, man wetteiferte in unzüchtigen Stellungen. Die Siegerin in diesem Wettkampf sah plötzlich ihre Gefährtin von neuem sich auf sie stürzen; ein Stoß, sie lag auf dem Rücken, unzählige Küsse bedeckten ihren ganzen Leib, eine flinke Zunge drang bis ins innerste Heiligtum der Liebeswonne vor, und mit gleicher Inbrunst wurde dieser Dienst von der Partnerin vergolten. Die beiden Köpfe verschwanden zwischen den Schenkeln; die beiden Leiber waren nur noch ein Leib, der in wonnigen Krämpfen zuckte. Dann ein dumpfes Röcheln und zum Schluß ein doppelter Aufschrei triumphierender Liebe. »Sie genießen! Sie genießen!« rief dazu der Chor der Nonnen. Und von neuem stürzten sie sich aufeinander, rasender als wilde Bestien, die in die Arena losgelassen werden.
Fanny: Welche Orgien!
Gamiani: O das war noch lange nicht alles! Die Abwechslung in allen Künsten der Wollust wurde bis ins Unendliche getrieben. Da wir keine Männer hatten, erfand unsere Phantasie die seltsamsten Hilfsmittel.
Alle priapischen Gedichte, alle unzüchtigen Bücher des Altertums und der Neuzeit waren uns bekannt. Wir waren weit über sie hinaus. Elephantis und Aretino waren phantasielos im Vergleich mit uns. Es würde zu weit führen, dir alle unsere Hilfsmittel aufzuzählen, alle die sinnreichen Instrumente und Liebestränke zu nennen, die wir besaßen, um unsere Begierden erst anzustacheln und dann zu befriedigen. Ich will dir nur als Beispiel erzählen, wie wir es mit einer unserer Genossinnen machten, um ihr Fleisch zu neuer Genußfähigkeit zu reizen. Zuerst wurde sie in ein Bad von heißem Blut gebracht, um ihre Kraft wieder zu beleben. Dann schlürfte sie einen Trank, der mit zerriebenen spanischen Fliegen versetzt war, warf sich auf ein Ruhebett und ließ sich den ganzen Körper massieren. Dann wurde sie hypnotisiert, bis sie in festem Schlaf lag. Sobald dies der Fall war, stachen wir sie mit Nadeln, peitschten sie bis aufs Blut. Inmitten dieser Folterung erwachte sie; sie sah uns wie eine Wahnsinnige an und verfiel sofort in krampfhafte Zuckungen. Kaum waren sechs von uns imstande, sie festzuhalten. Nur die schleckende Zunge eines Hundes vermochte sie zu beruhigen. In Strömen ergoß sich ihr Liebessaft. Wenn aber diese Erleichterung sich einmal nicht einstellte, dann wurde die Unglückliche geradezu entsetzlich in ihrer Raserei und schrie laut nach einem Esel.
Fanny: Nach einem Esel? Barmherziger Himmel!
Gamiani: Jawohl, mein Herz – nach einem Esel. Wir besaßen zwei, die sehr gelehrig und ganz ausgezeichnet abgerichtet waren. Wir wollten in dieser Hinsicht nicht hinter den vornehmen Römerinnen zurückstehen, die sich bei ihren Saturnalien stets dieser Tiere bedienten. Als ich diese Sensation zum erstenmal an mir selber erlebte, war ich fast bis zur Sinnlosigkeit von Wein berauscht. Ich warf mich auf das eigens zu diesem Zweck bestimmte Gestell, indem ich alle Nonnen herausforderte, bei diesem Liebeskampf es mit mir aufzunehmen. Im Nu stand der Esel hochaufgerichtet vor mir. Sein furchtbares Glied, von den Händen der frommen Schwestern in Glut versetzt, stieß wuchtig gegen meine Schenkel. Ich ergriff es mit beiden Händen, setzte es an die Öffnung meiner Scheide und versuchte, es einzuführen, nachdem ich mich ein paar Sekunden lang von ihm hatte kitzeln lassen. Mit Hilfe von Pomade, durch geschickte Stöße meiner Hinterbacken und durch Nachschieben mit den Händen gelang mir dies, und bald hatte ich mindestens fünf Zoll in meinem Leibe. Ich wollte noch weiter stoßen, aber die Kräfte gingen mir aus, und ich sank erschöpft zurück. Mir war's, als zerrisse meine Haut, als würde ich gespalten, gevierteilt! Ich empfand einen dumpfen, betäubenden Schmerz, zugleich aber auch einen heißen, kitzelnden, wonnigen Reiz. Das Tier bewegte sich fortwährend und stieß so kräftig, daß ich die Erschütterung in meinem ganzen Rückgrat spürte. Ich spritzte. O welch ein Genuß! Mein heißer Liebessaft erfüllte mir den ganzen Leib. Ich war von Liebe ganz und gar überströmt. Ich stieß einen langen, lauten Schrei aus und war erleichtert. Durch meine wollüstigen Zuckungen hatte ich noch zwei Zoll in mich aufgenommen. Dies war das höchste Maß, das jemals erreicht worden war; alle meine Gefährtinnen waren besiegt. Das Glied des Esels war bis an den Ring eingedrungen, den man ihm angelegt hatte. Ohne diesen Ring wäre mir der Leib zersprengt worden.
Ich war erschöpft, alle meine Glieder schmerzten, und ich glaubte, am Ende aller Wollust zu sein – da wird plötzlich das unbändige Glied des Tieres noch steifer und härter denn zuvor; es dringt noch tiefer in mich ein, und ich schwebe fast frei in der Luft, nur von dem Schwanz des Esels gehalten! Meine Nerven spannen sich an, meine Zähne pressen sich knirschend aufeinander, meine Arme schließen sich krampfhaft um meine Schenkel. Plötzlich bricht mit Macht ein Strahl hervor und überströmt mich mit einem heißen Regen von solcher Fülle, daß mir's ist, als dränge er mir durch alle meine Adern bis ins Herz hinein. Ich fühle nichts mehr als eine brennende Wonne, die mir bis ins Knochenmark, ins Gehirn und alle Nerven dringt und zugleich alle meine Glieder erschlafft... Köstliche Marter!... Unerträgliche Wollust, die alle Fesseln des Lebens löst, die im höchsten Rausch der Sinne den Tod bringt! Fanny: Du bringst mich von Sinnen, Gamiani! Bald halt ich's nicht mehr aus... Aber sag, wie kam es, daß du dieses Teufelskloster verließest?
Gamiani: Das ging so: Nach einer großen Orgie hatten wir den Einfall, uns in Männer zu verwandeln. Jede von uns schnallte sich einen Phallus um, dann bildeten wir eine Kette und liefen wie Wahnsinnige durch den Saal. Ich bildete das letzte Glied der Kette und war daher die einzige, die nur ritt, aber nicht geritten wurde. Stelle dir meine Überraschung vor, als ich plötzlich von hinten den wütenden Angriff eines nackten Mannes verspürte, der sich auf irgendeine, mir unerklärliche Weise bei uns eingeschlichen hatte. Unwillkürlich stieß ich einen Schreckensruf aus; sofort löste unsere Kette sich auf, und sämtliche Nonnen stürzten sich über den unglückseligen Eindringling her. Jede wollte einmal Wirklichkeit kosten. Das arme Tier jedoch vermochte so viel Genuß nicht zu ertragen und war bald erschöpft. Er sah erbärmlich aus in seiner Schlaffheit und Nichtigkeit; seine Manneskraft war nur noch negativ vorhanden. Es kostete mich unendliche Mühe, das jämmerliche Ding zu neuem Leben zu erwecken, als endlich auch an mich die Reihe gekommen war, sein Elixier genießen zu dürfen. Schließlich gelang es mir aber doch. Ich streckte mich der Länge nach auf dem Halbtoten aus, so daß mein Kopf sich zwischen seinen Schenkeln befand, und saugte so geschickt an seinem eingeschlafenen Priap, daß dieser rotstrahlend zu einer Munterkeit erwachte, an der ich meine Freude haben konnte. Da ich selber gleichzeitig von einer flinken Zunge karessiert wurde, so fühlte ich bald eine unglaubliche Wonne eintreten, die ich auf den Höhepunkt brachte, indem ich mich triumphierend und freudig auf das Zepter setzte, das ich mir erobert hatte. Ich gab und empfing eine Sintflut von Wollust. Dieser letzte Exzeß gab unserem Mann den Rest. Alle Bemühungen, ihn noch einmal zum Leben zu erwecken, waren vergeblich. Und nun trat etwas ein, was dir vielleicht unglaublich erscheinen wird. Sobald die Nonnen merkten, daß der Unglückselige zu nichts mehr zu gebrauchen war, faßten sie ohne Zaudern den Entschluß, ihn zu ermorden und in einem Keller zu begraben, damit er ihr Kloster nicht durch eine Indiskretion bloßstellen könnte. Vergebens bekämpfte ich diesen verbrecherischen Beschluß; eine Sekunde später war eine Hängelampe von ihrem Haken herabgenommen, und das Opfer wurde mit einer Schlinge aufgehängt. Ich wandte den Blick von diesem entsetzlichen Schauspiel ab... Aber siehe da! Zur größten Überraschung dieser Furien brachte der Tod des Erhängens die übliche Wirkung auf das Opfer hervor. Entzückt von diesem Phänomen steigt die Oberin auf einen kleinen Tritt und verbindet sich, unter dem stürmischen Beifallsjubel ihrer würdigen Genossinnen, in der Luft schwebend mit dem Toten, spießt sich an dem Leichnam auf!... Aber damit war die Geschichte noch nicht zu Ende. Der Strick, an dem die Lampe gehangen hatte, war zu schwach, um dies doppelte Gewicht zu tragen. Er reißt. Leichnam und Oberin fallen, und zwar ist der Sturz so heftig, daß die Nonne ein Bein bricht, der Gehängte aber, dem wahrscheinlich der Strick nicht richtig angelegt worden war, wieder erwacht und sich auf die Oberin stürzt, um sie zu erwürgen. Wie wenn der Blitz in eine Herde schlägt, so wirkte dieser Auftritt auf die Nonnen. Entsetzt stürzten alle davon; sie glaubten, der Teufel sei hinter ihnen her.
Nur die Oberin blieb zurück und mußte sich der Angriffe des so zur Unzeit von den Toten Auferstandenen erwehren.
Das Abenteuer mußte furchtbare Folgen haben. Um diesen zuvorzukommen, entfloh ich noch in derselben Nacht aus dieser Lasterhöhle der Ausschweifung und des Verbrechens. Ich begab mich für einige Zeit nach Florenz, der wundervollen Stadt der Liebe. Ein Engländer, Sir Edward, ein leidenschaftlicher, träumerischer Jüngling, entbrannte in heißer Liebe zu mir. Die schmutzigen Lüste des Fleisches flößten mir nun Ekel ein. Bisher hatte nur mein Leib gelebt; meine Seele schlummerte noch. Nun erwachte aber auch sie, fast mir selber unbewußt, von dem leisen Zauberruf einer edlen, hohen Liebe. Ein neues Leben ging mir auf; ich empfand jene unbestimmten, unaussprechbaren Sehnsüchte, die das Glück des Menschen ausmachen und sein Dasein zu Poesie verklären... auch die am leichtesten entzündlichen Stoffe brennen nicht von selber; aber es braucht nur ein Funke an sie zu geraten, und sofort lodern sie auf. So setzte die leidenschaftliche Glut des Jünglings, der mich liebte, auch mein Herz in Flammen. Die für mich ganz neue Sprache reiner Liebe ließ mich vor Entzücken erschauern.
Begierig horchte ich auf ihre Worte; meine gespannte Wachsamkeit ließ sich keine noch so geringe Bewegung entgehen. Die warmen Blicke der von feuchtem Schimmer verklärten Augen meines Geliebten drangen bis in die Tiefe meiner Seele und erfüllten sie mit froher Unruhe, mit leidenschaftlichem Entzücken.
In Edwards Stimme lag ein Klang, der mich aufregte; in jeder seiner Gebärden erkannte ich sein edles Gefühl; in jedem seiner Züge sprach sich Leidenschaft aus und ließ mich Leidenschaft empfinden. Zum ersten Male sah ich das Bild wahrer Liebe, und ich liebte den, der es mich sehen ließ. Von jeher hatte ich mich in Extremen bewegt, und so glühte ich jetzt ebensosehr in der Leidenschaft meines Herzens wie früher in der Leidenschaft meiner Sinne. Edward hatte eine starke Seele – eine jener Seelen, die alle anderen in ihren Bannkreis ziehen. Ich hob mich zu seiner Höhe empor. Meine Liebe wuchs: sie war enthusiastisch gewesen, jetzt wurde sie erhaben. Der bloße Gedanke an grobe Fleischeslust empörte mich. Hätte man mich dazu gezwungen, ich hätte getobt, ich wäre vor Wut erstickt! So war unsere Liebe, meine sowohl wie seine, von freiwillig errichteten Schranken umschlossen; sie wurde dadurch nur um so glühender. Edward erlag zuerst. Die platonische Enthaltsamkeit, für die er keinen Grund sah, machte ihn krank; er besaß nicht die Kraft, noch länger gegen seine Sinnlichkeit anzukämpfen. Eines Tages überraschte er mich im Schlaf – und ich war sein. Mitten in der heißesten Umarmung erwachte ich: in besinnungsloser Leidenschaft erwiderte ich Glut mit Glut; dreimal war ich im Himmel – dreimal war Edward Gott. Aber als er von seiner Höhe herabgestiegen war, empfand ich Ekel: er war für mich nur noch ein Mensch von Fleisch und Blut – er war ein Mönch! Mit einem gellenden Lachen entriß ich mich plötzlich seinen Armen. Der Regenbogenglanz des Ideals war zerstört; ein unreiner Hauch hatte den Strahl der Liebe ausgelöscht – diesen Strahl aus Himmelshöhen, der nur einmal im Leben leuchtet. Meine Seele war tot. Aber meine Sinne waren wieder auferstanden, und ich wandte mich wieder meiner alten Lebensweise zu.
Fanny: Wieder mit Frauen?
Gamiani: Nein! Erst wollte ich mit den Männern ganz und gar fertig sein. Um keine Begierde und keine Sehnsucht nach Männerliebe mehr zu haben, kostete ich bis zur Neige allen Genuß, den sie uns zu geben vermögen. Ich bediente mich einer berühmten Kupplerin, und sie vermittelte mir die Bekanntschaft mit den geschicktesten und kräftigsten Liebesathleten von Florenz. An einem einzigen Vormittage bestand ich zweiunddreißig Liebesturniere – und doch war damit meine Begierde nicht gestillt. Sechs Kämpen wurden von mir besiegt – besiegt bis zur völligen Erschöpfung. Eines Abends vollbrachte ich noch größere Heldentaten. Ich befand mich mit dreien meiner kräftigsten Ritter zusammen. Meine Gebärden und Reden versetzten sie in eine so günstige Stimmung, daß ich auf einen diabolischen Einfall kam: Ich bat den stärksten meiner Helden, sich auf den Rücken zu legen, und während ich mich wollüstig auf seinem gewaltigen Instrument auf und ab bewegte, wurde ich von dem zweiten auf sehr gewandte Weise gomorrhisiert; mein Mund bemächtigte sich des dritten und wußte ihn dermaßen zu kitzeln, daß er sich wie ein Teufel krümmte und die leidenschaftlichsten Ausrufe von sich gab. Gleichzeitig erreichte bei uns Vieren die Ekstase ihren Höhepunkt. Welche Genüsse! Dieser heiße Strahl an meinem Gaumen, diese Wonne innen in meinem Leibe! Kannst du dir einen Begriff davon machen? Mit dem Mund die ganze Lebenskraft eines Mannes einsaugen, mit unersättlichem Durst sie in Fluten heißen Schaumes hinunterschlürfen und dabei gleichzeitig einen doppelten Feuerstrahl, einen von vorn, einen von hinten in seinen Leib, in sein Fleisch eindringen fühlen – das ist ein dreifacher, ein unerhörter Genuß, der sich überhaupt nicht beschreiben läßt.
Meine unvergleichlichen Kavaliere waren so hochherzig und so wacker, mich diesen Genuß immer wieder von neuem kosten zu lassen, bis ihre Kräfte völlig erschöpft waren. Aber ich war dann bald der Männer müde, überdrüssig, und ich hatte keine andere Begierde mehr, kannte kein anderes Glück mehr, als den schlanken, bebenden Leib eines jungen Mädchens, einer schüchternen Jungfrau zu umschlingen, sie in die Liebe einzuweihen, ihr ungeahnte Genüsse zu bereiten, sie mit Wollust zu überströmen... aber was hast du? Was ist dir? Was machst du denn? Fanny: Mir ist fürchterlich zumute. Mich verzehren entsetzliche, scheußliche Begierden. Alle Lust, alle Qual, die du gefühlt hast – auch ich möchte sie fühlen. Aber sofort! Auf der Stelle! Du allein kannst mich nicht mehr befriedigen. Mein Kopf glüht – alles dreht sich vor meinen Augen. O! ich fürchte, ich werde wahnsinnig! Sag, was kannst du mir geben? Ich will in Liebesraserei sterben – ich will genießen! Nur genießen! Genießen!
Gamiani: Beruhige dich, Fanny! Beruhige dich doch! Deine wilden Blicke erschrecken mich. Befiehl mir! Ich tue alles! Was willst du von mir?
Fanny: Komm mit dem Mund! Laß deine Lippen mir das Leben aussaugen! Da... da unten! Laß mich meine Seele verhauenen! Nachher will ich dich haben; will dir in die Eingeweide eindringen... schreien sollst du!... O dieser Esel! Auch er quält mich. Ich möchte ein Riesenglied drin haben, und wenn es mich zersprengte, mir den Leib aufrisse!
Gamiani: Du Wilde – du sollst haben, was du verlangst! Mein Mund ist geschickt. Außerdem hab ich ein Instrument mitgebracht. Da, sieh's dir an... es ist mindestens so stark wie ein Eselsglied.
Fanny: O was für ein Riesending! Schnell her damit – laß mich's versuchen! Au! Au! Es geht nicht... mir bleibt der Atem stehen...
Gamiani: Du weißt es nur nicht zu handhaben. Aber das will ich besorgen. Halte du nur stille!
Fanny: Und wenn ich auf der Stelle tot bleiben sollte – ich will es ganz und gar in mir haben. Ich bin rasend!
Gamiani: Also leg dich nur auf den Rücken; streck dich aus, so lang du kannst; jetzt spreize die Beine. Die Arme laß an deinen Seiten liegen. Jetzt – laß mich machen. Hab keine Angst; zieh nicht zurück!
Fanny: Sieh, ich gebe mich dir völlig hin. Schnell! Komm in meine Arme! Komm schnell!
Gamiani: Geduld, Kind! Höre: um so recht die ganze Wonne zu spüren, mit der ich dich berauschen will, mußt du für einen Augenblick dich selbst vergessen, mußt vollkommen in einen einzigen Gedanken aufgehen, in ein einziges Gefühl sinnlicher Liebe, wahnsinnigen Genießens! Und wenn ich dich mit noch so rasender Brunst angreife – bewege dich nicht! Rühre dich nicht! Bleib bewegungslos liegen, empfange meine Küsse, ohne sie zu erwidern. Wenn ich dich beiße, wenn ich dich verwunde – unterdrücke deinen Schmerz, unterdrücke auch deine Wollust, bis zu jenem allerletzten Augenblick, bis zum Höhepunkt – dann kämpfen wir zusammen und sterben zusammen!
Fanny: Ja, ja! Ich verstehe dich, Gamiani. Vorwärts! Sieh, ich liege wie schlafend... jetzt träume ich von dir... Ich bin dein, komm!... Liege ich so richtig? Warte! Diese Stellung ist noch lüsterner, glaube ich...
Gamiani: Du Wollüstige! Du bist noch geiler als ich. Ach, bist du schön, wie du so daliegst!... Du Ungeduldige! Ich sehe, du willst mich haben.
Fanny: Ja, ich brenne! Ich glühe! Fang an... fang an! Bitte, bitte!
Gamiani: O warte doch noch! Dies gierige Warten ist auch eine Art von Wollust... Laß dich noch mehr gehen! Ah, so ist's gut. So liegst du fast wie eine Tote da... Diese köstliche Selbstvergessenheit ... so... ja, so! Jetzt werde ich mich deiner bemächtigen, werde es dir warm machen, dich allmählich ins Leben zurückrufen; ich werde dich in Feuer und Flammen setzen, dich dem Höhepunkt vollständiger Genüsse entgegenführen. Dann wirst du wieder tot zurücksinken – aber tot vor Wonne, vor Übermaß des Genusses... Unerhörte Seligkeiten! sie auch nur einen blitzschnellen Augenblick zu kosten, ist schon Götterwonne.
Fanny: Deine Worte brennen – sie brennen, Gamiani! Ans Werk, ans Werk!
Gamiani band sich schnell die flatternden Haare, die ihr im Wege waren, zu einem Knoten zusammen. Sie fuhr mit der Hand zwischen ihre Schenkel und regte sich einen Augenblick auf; dann stürzte sie sich auf Fannys Leib, den sie in enger Umschlingung bedeckte. Ihr Mund öffnete die roten Lippen des jungen Mädchens, ihre Zunge drang vollständig ein. Fanny seufzte; Gamiani sog ihren Atem ein und blieb dann einen Augenblick unbeweglich liegen. Beim Anblick dieser beiden nackten Frauen, die regungslos, wie zusammengewachsen, aufeinanderlagen, hatte ich das Gefühl, daß sie sich auf eine geheimnisvolle Art miteinander vermählten, daß ihre Seelen schweigend ineinanderflössen.
Plötzlich macht Gamiani sich leise los und erhebt sich. Ihre Finger spielen mit Fannys Locken, und dabei blickt sie sie mit einem unaussprechlich schmachtenden und wollüstigen Lächeln an. Vom Kopf bis zu den Füßen bedeckt sie sie mit Küssen, mit zärtlichen Bissen; sie kitzelt ihr die Fußsohlen mit den Fingerspitzen, mit der Zunge. Dann stürzt sie sich wild über sie her, springt auf und fällt keuchend, rasend abermals auf Fannys Leib. Ihr Mund, ihre Finger sind hier, sind da, sind überall. Fanny wird überall geküßt, gedrückt, befingert; Gamiani kneift sie, zwickt sie, beißt sie. Da bekommt Fanny Angst; sie stößt einen scharfen Schrei aus; aber im Nu besänftigt ein sanftes Streicheln den Schmerz, und ein langer Seufzer dringt aus ihrer Brust. Gamiani wird immer feuriger, immer wilder. Jetzt liegt ihr Kopf zwischen den Schenkeln ihres Opfers. Ihre Finger biegen zwei zarte Schamlippen auseinander. Ihre Zunge senkt sich in den Kelch, und langsam überströmt sie sie mit allen Wonnen des aufregendsten Kitzels, den es für ein Weib gibt. Gamiani verfolgt alle Stadien der Wollustraserei ihrer Freundin; um die Ekstase nicht zu früh kommen zu lassen, verlangsamt sie je nach Bedarf die Bewegungen ihrer Zunge; dann wieder verdoppelt sie deren Schnelligkeit. Plötzlich bäumt Fanny sich wild empor und ruft: »Zuviel!... Ach!... ich sterbe... O!«
»Da! nimm!« keucht Gamiani. Und mit diesen Worten reicht sie ihr ein Fläschchen, dessen Inhalt sie selber soeben zur Hälfte geleert hat. »Trink! Ein Lebenselixier! Es wird dir frische Kräfte geben.«
Fanny ist besinnungslos, widerstandslos. Sie schluckt den Saft hinunter, den Gamiani ihr in den halbgeöffneten Mund gießt. »Ha!« ruft plötzlich Gamiani überlaut; »jetzt bist du mein!«
In ihrem Blick lag ein teuflischer Ausdruck. Zwischen Fannys Schenkeln kniend, schnallte sie sich den riesigen Phallus um.
Bei diesem Anblick geriet Fanny in krampfhafte Zuckungen. Es sah aus, als ob ein inneres Feuer sie verzehrte, sie rasend machte. Mit weit geöffneten Schenkeln erwartete sie kampfesmutig den Angriff der furchtbaren Waffe.
Doch kaum hatte sie die ersten schmerzhaften Stöße erlitten und ausgehalten, da schüttelte ein ungeheurer Krampf ihren ganzen Körper. Und laut schrie sie auf!
»Weh! Weh mir! Der Saft brennt; der Trank, den du mir gabst, zerfrißt meine Eingeweide! Das sticht! Das beißt! Ach, ich sterbe! Ich muß sterben ... Verdammte ruchlose Hexe – ich bin dein, ich bin dein!...«
Gamiani kümmerte sich nicht um dieses Angstgeschrei. Mit verdoppelter Heftigkeit stieß sie weiter. Sie brach sich ihren Weg in Fannys Leib, deren Schenkel mit Blut überströmt wurden. Plötzlich aber verdrehen sich Fannys Augen; ihre Glieder krümmen sich, dann werden ihre Beine, ihre Hände krampfhaft steif. Jetzt zweifle ich nicht länger, daß Gamiani ihr ein schnellwirkendes Gift eingegeben und auch selbst dieses Gift getrunken hat. Entsetzt will ich meiner Geliebten zu Hilfe eilen. Ich zerschmettere die Tür.
Aber ach – Fanny lebte nicht mehr. Ihre Arme, ihre Beine umschlangen in furchtbarer Verkrampfung Gamiani, die noch lebte, aber sichtlich mit dem Tode rang. Ich wollte sie auseinanderreißen; aber eine röchelnde Stimme flüsterte:
»Siehst du denn nicht, wie das Gift mich verbrennt, wie meine Sehnen sich spannen? Geh! Geh! Fanny ist mein... O! weh! weh!«
»Entsetzlich!« schrie ich außer mir.
»Bah! jetzt kenne ich jede Wollust, jede! Begreife doch, du Narr: eine kannte ich noch nicht: Ich wußte nicht, ob es Wollust sei, im eigenen Todeskampf ein anderes mit dem Tode kämpfendes Weib zu lieben.
Furchtbar groß ist diese Wollust! Ich sterbe... aber ich sterbe in der Raserei der Lust, in der Raserei des wundervollsten Schmerzes... Ich... ich... kann nicht mehr... Aaaah... Noch ein langer Schrei aus der tiefsten Tiefe ihrer Brust, und die Furie sank tot auf Fannys Leiche.

Good Sounds: SKARRED KAGE, Obstructed Thought


Morgen Abend noch einmal in Frankfurt / M.: PARTITA 2 (auch beim Mannheimer Theaterfestival)

 


Mit Anne Teresa De Keersmaeker und Boris Charmatz treffen sich zwei der bedeutendsten zeitgenössischen Choreografen und die Violinistin Amandine Beyer zu einer aufregenden Tanzbegegnung mit Johann Sebastian Bachs Meisterwerk Partita 2 (Fr. 16.5./ Sa. 17.5., 19.30 Uhr, Frankfurt-LAB).

Am Abend des Tanztages am 17.5. können alle unter fachkundiger Anleitung und in allen möglichen Tanzstilen allein, zu zweit oder zusammen das Tanzbein schwingen und feiern!

Zwei der wichtigsten Gegenwarts-Choreografen in Europa lassen sich mit einem sensationellen Duett auf Johann Sebastian Bachs „Partita No. 2“ für Violine ein: die Belgierin Anne Teresa De Keersmaeker und der Franzose Boris Charmatz. Gemeinsam betreten sie das komplexe, kontrapunktische Beziehungsfeld der Partita. Eine Suite transzendierter Tanzsätze – Allemanda, Corrente, Sarabanda, Giga – steigert sich in der abschließenden Ciaccona zu 32 Variationen, die eine Basslinie dynamisch umspielen. Die auf ein authentisches Klangbild spezialisierte französische Violinistin Amandine Beyer wird das Stück live spielen. Zu erwarten ist eine sublime Begegnung: ein Pas de deux für drei Solisten.
Choreografie: Anne Teresa De Keersmaeker *Tänzer: Boris Charmatz, Anne Teresa De Keersmaeker * Ausstattung: Michel François *Kostüme: Anne-Catherine Kunz * Erarbeitet mit: Amandine Beyer, George Alexander Van Dam *Violine: Amandine Beyer Musik: Johann Sebastian Bach: Partita 2 d-moll BWV 1004 *Produktion: ROSAS * Koproduktion: La Monnaie / De Munt (Brüssel), Festival d'Avignon, Künstlerhaus Mousonturm, Les Théâtres de la Ville de Luxembourg, Kunstenfestivaldesarts (Brüssel), ImPulsTanz (Wien), La Bâtie – Festival de Genève, Berliner Festspiele, Théâtre de la Ville mit dem Festival d'Automne à Paris, Fundação Calouste Gulbenkian (Lissabon) * Mit freundlicher Unterstützung von Musée de la danse – Centre chorégraphique national de Rennes et de Bretagne.

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Good Sounds: ANA MOURA, Leva-me aos fados


Heute und morgen Abend in Ludwigshafen: Julia und Romeo


Julia und Romeo

THEATERSAAL, PFALZBAU

Sa, 17.5.2014, 19.30 Uhr [PAS]

Deutsche Erstaufführung
Choreographie: Mats Ek
Musik: Peter Tschaikowsky (diverse Suiten und Sinfonien)
Orchester: Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz
Royal Swedish Ballet
Preise: 44 Euro, 37 Euro, 30 Euro, 23 Euro

Mats Ek ist ein Meister darin, große Ballettklassiker in einer zeitgenössischen Tanzsprache neu zu interpretieren. Grundsätzlich betont er, dass man alle »unsterblichen« Geschichten pfleglich und respektvoll behandeln muss, damit sie auch in der Heute-Zeit nicht an Bedeutung verlieren. Auf die Frage, warum er den ursprünglichen Titel »Romeo und Julia« umgestellt hat in Julia und Romeo, antwortet er schlicht:
»Es ist Zeit, die Dinge umzukehren. Hinzu kommt, dass einer der ersten Entwürfe Shakespeares Julia und Romeo lautete. In gewisser Weise kehren wir zum Ursprung der Geschichte zurück. Deshalb verwenden wir auch nicht die gängige Partitur Prokofieffs, sondern die Musik Tschaikowskys.Was bleibt, ist eine junge unschuldige Liebe, eine romantische Liebesgeschichte, die in einer von Gewalt regierten Umgebung ums Überleben kämpft.«
Hass und Eifersucht umkreisen diese Liebe, die im Konflikt zwischen den Generationen, verschiedenen Fronten und Machtinteressen zerrieben wird – eine Tragödie, bei der die Liebe noch im Tod triumphiert.

Good Sounds: BILLIE HOLIDAY, Billies Blues


Morgen Abend in Kaiserslautern: MANON LESCAUT, Oper von Puccini



Manon Lescaut


Oper von Giacomo Puccini - in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Text von Luigi Illica, Domenico Oliva, Marco Praga, Ruggero Leoncavallo, Giuseppe Giacosa, Giulio Ricordi und Giacomo Puccini
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Premiere 17|05|2014 | Großes Haus
17.05., 19:30 Uhr

Große Opernleidenschaft und ein schillerndes Frauenporträt zwischen Liebe und Luxus

Giacomo Puccinis dritte Oper greift als literarische Quelle den berühmten französischen Liebesroman des Abbé Prévost aus dem Jahr 1731 auf. Erzählt wird von der schönen Manon Lescaut, die von ihrem Bruder in ein Kloster gebracht werden soll. Auf dem Weg dorthin begegnet sie dem Chevalier des Grieux und zwischen beiden entbrennt eine leidenschaftliche Liebe. Ihre gemeinsame Flucht kommt der Entführung durch den reichen Steuerpächter Geronte zuvor. Nach einer Zeit des Liebesglücks entscheidet sich Manon jedoch für ein Leben im Luxus mit dem ältlichen Geronte.
Des Grieux spürt sie dort auf und Manons Liebe zu ihm flammt neu auf. Beim Versuch, möglichst viel Schmuck für das gemeinsame Leben mitzunehmen, wird Manon verhaftet und anschließend zur Verbannung verurteilt. Des Grieux schmuggelt sich auf das Schiff nach Amerika, um bei der Geliebten zu sein. In der Neuen Welt findet Manon jedoch keinen glücklichen Neuanfang, sondern den Tod …
Wie zumeist bei Puccini steht auch in „Manon Lescaut“ eine komplexe Frauenfigur im Zentrum. Nicht zuletzt mit musikalischen Mitteln wird ein spannendes Psychogramm einer zerrissenen Frau, die zwischen einer leidenschaftlichen Liebe und ihrer Sucht nach Genuss und Luxus sprunghaft schwankt, gezeichnet. „Manon Lescaut“ kam am 1. Februar 1893 unter der Leitung von Arturo Toscanini in Turin zur umjubelten Uraufführung und bedeutete Puccinis endgültigen Durchbruch als Komponist.

Good Sounds: BIG BLUE BALL, Whole Thing


Heute und morgen Abend in Kaiserslautern: Schlagerabend von und mit Günther Fingerle

Am 17.05.2014, 20 Uhr, Schlagerabend von und mit Günther Fingerle

Premiere 27|03|2014 | Werkstattbühne



Ein Lied kann eine Brücke sein



Hits und Evergreens aus der Grand Prix-Geschichte der sechziger und siebziger Jahre!

Lang, lang ist es her, als der Eurovision Song Contest bei uns einfach nur DER GRAND PRIX hieß und man die Beiträge tatsächlich noch als Lieder, eben „chansons“, bezeichnen konnte. Der europäische Gesangswettbewerb brachte in den 1960er und 1970er Jahren Weltkarrieren in Gang: ABBA, Sandy Shaw, Vicky Leandros, Udo Jürgens – um nur einige zu nennen.
Günther Fingerles goldener Grand Prix-Reigen dreht sich von „Après toi“ bis „Waterloo“, von „Merci Chérie“ bis „Wunder gibt es immer wieder“, von „Boom-Bang-A-Bang“ bis „Puppet on a String“. Und so manches Mal stellt sich die Frage nach der Willkür der Wertungen und Platzierungen … 
Schauspieler und Entertainer Günther Fingerle, der bereits zwei Schlagerprogramme mit großem Erfolg am Pfalztheater herausbrachte, wird zusammen mit seiner kleinen musikalischen Combo in seinem neuen Programm an internationale Evergreens erinnern, die auch heute noch Wohlfühlhormone freisetzen. Neben dem musikalischen Programm präsentiert er informativ, gleichwohl mit Augenzwinkern, Hintergründe und Anekdoten zu den Liedern und ihren Interpreten.

Good Sounds: TOCOTRONIC, Meine Freundin und ihr Freund


Heute in einer Woche geht es los - das Mannheimer Theaterfestival 2014!

Performance am Rheinufer

Intendant Matthias Lilienthal


Nächste Woche, Freitag, den 23.5. beginnt das 13. internationale Festival Theater der Welt 2014 in Mannheim. An 17 Tagen zeigt das von Matthias Lilienthal kuratierte Festival des Internationalen Theaterinstituts am Nationaltheater Mannheim und an anderen Orten in der Stadt über 30 Produktionen aus der ganzen Welt, darunter vier Uraufführungen, und lädt mit den Stadtraumprojekten „X Firmen“ und „HOTEL shabbyshabby“ dazu ein, die Stadt Mannheim aus einer neuen Perspektive zu entdecken.

Feierlich eröffnet wird die 13. Ausgabe des Festivals am 23. Mai um 17.30 Uhr durch eine Begrüßung von Dr. Peter Kurz, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Dr. Manfred Beilharz, Präsident des Internationalen Theaterinstituts (ITI) und den Festivalintendanten Matthias Lilienthal und Burkhard C. Kosminski.
Um 18.30 Uhr hält der Internetaktivist Jacob Appelbaum die Festival-Eröffnungsrede zum Begriff der Aufklärung im Schauspielhaus. Direkt im Anschluss findet die Uraufführung des jüngsten Theatertextes „Die Schutzbefohlenen“ der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek in der Regie von Nicolas Stemann statt, eine Produktion des Thalia Theaters Hamburg. Um 22 Uhr formiert der in Beirut lebende Künstler Joe Namy vor dem Schauspielhaus acht Autos, schaltet deren Soundsysteme zusammen und spielt darauf ein Konzert, das in eine Party mündet. Alternativ können Sie um 22.30 Uhr in der Alstom Halle die Arbeit „Tararabumbia“ des Moskauer Theatermachers Dmitry Krymov sehen, eine Tschechow Revue fast ohne Worte. (Ein Shuttle Service vom NTM und zurück ist eingerichtet).

Bereits am 22. Mai können Sie bei einem Preview Tag erste Einblicke in das Festival gewinnen: Um 18 Uhr findet die Eröffnung der Installation „Double Shooting“ von Rabih Mroué in Anwesenheit des Künstlers vor dem Festivalzentrum statt. Um 18.30 Uhr lädt Benjamin Foerster-Baldenius von raumlaborberlin zu einem Rundgang durch einige der für „HOTEL shabbyshabby“ im Stadtraum Mannheims entstandenen Hotelzimmer ein. Und um 21.30 Uhr zeigen wir am Neckarufer (beim Collini Steg, Seite der Neckarpromenade) die ARTE Filmpremiere „Theater der Welt 2014. Eine Reise von Moskau über Santiago nach Tokio“ von Sibylle Dahrendorf.

Einen weiteren Vorgeschmack auf das Festival gibt es am 17. Mai in der Rhein Neckar Zeitung: Matthias Lilienthal wurde eingeladen, an diesem Tag Teile der Ausgabe zu gestalten. Zum Festival eingeladene Künstler schrieben dafür Reiseberichte aus den Städten, in denen sie leben.

Good Sounds: DEPECHE MODE, Heaven