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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Freitag, 14. Juni 2013

Fantasien zur Nacht: DEINE HURE von Ute AnneMarie Schuster


Deine Hure

Zur Hure hast Du sie gemacht,

fast Lust in ihr geweckt.
War Dir bewusst was Du entfacht,
als Du sie hast entdeckt?

Wo ist sie hin die brave Frau,
die rote Schürze trug.
Das Kopftuch um das schlichte Grau,
höchstens den Teig mal schlug.

Gewitter hast Du ausgelöst,
die Sinne ihr geraubt.
Vor Dir liegt Unschuldsengelchen,
das sich grad selbst entstaubt.

Verschmitzt schaut sie Dir ins Gesicht,
die Bravheit reizt Dich sehr.
Mal will sie und mal will sie nicht,
und manchmal will sie mehr.

Die Worte die Dein Mund ausspuckt,
sie werden ignoriert.
Süß lächelt sie und schaut sich an,
das was Dich sonst so ziert.

Grad mag sie‘s lieber flüsternd leis‘,
sanft und fast spielerisch.
Fragt sich, ob sie Dir nicht zu fad,
zu wenig liederlich.

Sie ist, so wie sie niemals war,
mal lieblich, mal kokett.
Tanzt heute wie ein Elfenkind,
und morgen wild durchs Bett.

Zur Hure hast Du sie gemacht,
die Geilheit aufgeweckt.
Nun ist sie über das schockiert,

was alles in ihr steckt.

(c) Ute AnneMarie Schuster. Aus: Zartlieblich will ich dich berühren

Heute und morgen in Mannheim: Freaks. Eine Abrechnung - Düsseldorfer Kom(m)ödchen


14.06.2013   I   20 Uhr   I    Klapsmühl

Düsseldorfer Kom(m)ödchen-Ensemble: 

"Freaks. Eine Abrechnung"

Kabarett 

Mit: Christian Ehring, Maike Kühl und Heiko Seidel

Eigentlich könnte die Sammy-Boehme-Show scharfe Fernsehsatire zur besten Sendezeit sein, wäre da nicht Sammy Boehme. Der Star der Sendung ist zwar beliebt, allerdings intellektuell eher sparsam ausgestattet. Bei ihm weiß die eine Gehirnhälfte oft nicht, was die andere denkt, und wenn es schlecht läuft, frönt Sammy seiner großen Leidenschaft: Er beginnt zu improvisieren. Keine leichte Aufgabe für das Autorenteam im Hintergrund, den äußerst kapriziösen Star in der Spur zu halten und in mühsamer Kleinarbeit die Sammy-Boehme-Show zu dem zu machen, was sie sein sollte.

Buch: Dietmar Jacobs und Christian Ehring, Regie: Hans Holzbecher

Heute und morgen Abend in Mannheim: DINGOS. Ein Wüstenstück von Paul Brodowsky

14.06.2013   I    20 Uhr   I   zeitraumexit e.V., Hafenstrasse 68, 68159 Mannheim

Dingos
Ein Wüstenstück von Paul Brodowsky

English version


„Du weißt doch hoffentlich, dass ich dich liebe, sonst hätte ich sowas nie gemacht, das ist doch klar.“ (Georg zu Carla in „Dingos“)

Mit dem Auto durch die australische Wüste - das haben sich Georg und Carla immer gewünscht. Die Videokamera schafft kurzfristige Zerstreuung auf der Fahrt durch den weiten Sand, kleine belanglose Filmchen, in die sich Spuren von Bedeutung mischen. Es gab da wohl so eine Geschichte mit Adrian. Für Carla ist das erledigt, Georg aber scheint das anders zu sehen. Verständlich, wenn man heimlich E-Mails liest, die es laut Carla eigentlich gar nicht gibt.
Gefährliche Untertöne beginnen die Urlaubsgespräche zu durchziehen, aber als Carla begreift, dass Georg einen ihm selbst noch nicht ganz bekannten Plan verfolgt, ist der Traumurlaub bereits zu einem tödlichen Albtraum geworden.

Paul Brodowsky verlegt sein Eifersuchtsdrama in die australische Wüste. Die relativ harmlos beginnende Urlaubsreise der beiden Protagonisten entwickelt sich zum gefährlichen Kampf um Leben und Tod. Ausgerechnet in einem Meer aus Sand begibt sich Georg auf die verhängnisvolle Suche nach einer Wahrheit, die beiden längst entglitten ist. Die Landschaft der Wüste, in der die Geschichte stattfindet, wird zur Metapher für die Unbarmherzigkeit, mit der diese beiden Menschen sich gegenseitig zerstören.

Eifersucht – ein Thema das uns alle betrifft. Zwei Schauspieler begeben sich mit einer Videokamera auf die Suche nach der einer neuen Erzählform.

Mit: Fiona Metscher und Jo Schmitt
Regie: Inka Neubert
Regieassistenz: Isabel Garcia Espino
Video: Norbert Kaiser
Ausstattung: Linda Johnke
Musik: Johannes Frisch
Technik: Tilo Schwarz


Paul Brodowsky studierte „Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus“ an der Universität Hildesheim. Er schreibt Theatertexte und Prosa. Im Frühjahr 2006 wurde sein erstes Theaterstück „Stadt, Land, Fisch“ an den Münchener Kammerspielen gezeigt. Sein Stück "Regen in Neukölln" wurde 2008 zum Stückemarkt des Berliner Theatertreffens eingeladen und bei der Langen Nacht der Autoren im Rahmen der Autorentheatertage des Thalia Theaters in Hamburg gezeigt. Für die dortige Werkstattinszenierung erhielt Brodowsky den Publikumspreis.


Heute Premiere in Kaiserslautern: Tod in Venedig. Oper von Benjamin Britten

(c) Stephan Walzl
HEUTE PREMIERE! 14.06.2013   I   19:30 Uhr   I   Pfalztheater Kaiserslautern, Großes Haus

Tod in Venedig (Death in Venice)
Oper von Benjamin Britten - in englischer Sprache
mit deutschen Übertiteln
Text von Myfanwy Piper nach der Novelle von Thomas Mann

Der vereinsamte Schriftsteller Gustav von Aschenbach bricht zu einer Reise in den Süden, nach Venedig, auf. Dort angekommen, trifft er im Hotel auf eine polnische Aristokratenfamilie. Aschenbach ist von der schönen Erscheinung des Sohnes fasziniert, erst nach und nach realisiert er, dass er den Jungen liebt. In Tadzio findet der depressive, auch zum Schreiben gelähmte Schriftsteller den Glauben an die Vollkommenheit wieder. Als in der Lagunenstadt eine Choleraepidemie ausbricht, bleibt Aschenbach – entgegen aller Vernunft – in Venedig, weil er sich nicht von Tadzio entfernen kann. Er erkennt sich selbst als einen dem Eros des Knaben vollkommen verfallener Mensch, der sich nicht nur lächerlich macht, sondern auch sein Leben in Gefahr bringt. Schließlich ist Aschenbach selbst vom Fieber der Cholera erfasst und bricht sterbend zusammen, als er Tadzio, der mit Freunden am Strand tobt, aus einer vermeintlichen Gefahr zu retten versucht.

Für seine letzte Opernkomposition griff Benjamin Britten die bekannte Novelle von Thomas Mann auf. Der von Mann herausgestellte Konflikt zwischen dem apollinischen und dem dionysischen Lebensprinzip in Verbindung mit der morbiden Atmosphäre Venedigs inspirierte Britten zu einer seiner vielschichtigsten Partituren, gleichsam sein kompositorisches Vermächtnis. So wie man in der literarischen Figur Aschenbach Züge von Künstlerpersönlichkeiten wie Richard Wagner, Gustav Mahler, August von Platen und auch Thomas Mann selbst erkennen kann, so darf man unterstellen, dass sich in der Opernfigur Aschenbach in einem nicht geringen Maße auch der Komponist selbst porträtierte. „Tod in Venedig“ wurde am 16. Juni 1973 im Rahmen des Aldeburgh Festivals (Suffolk/England) uraufgeführt – drei Jahre vor Brittens Tod. Aus Anlass von Benjamin Brittens 100. Geburtstag nimmt das Pfalztheater ein weiteres wichtiges Opernwerk des 20. Jahrhunderts in den Spielplan auf. 

Dichterhain: Congenial

Aus dem Schatten ins Licht            (c) Eea Elena, Austria 2013



Congenial

Du sagtest doch einmal:
Ich sei so herrlich congenial.

So passend und so angenehm,
so günstig und so sehr bequem.

Zusagend und auch wahlverwandt,
wir seien eins, so Hand in Hand.

Gleichartig, wenn es geht um Lust,
sympathisch, lieb und ohne Frust.

Mein Schatz, komm sag mir noch einmal:

Ich sei so herrlich congenial!

(c) Ute AnneMarie Schuster, Weiz, Austria

Donnerstag, 13. Juni 2013

Gute-Nacht-Rock: FADE TO BLACK von Metallica




Metallica Fade to Black


Heute Abend in Luxembourg: DAVID PEREZ im Rahmen des "PUNTAL" FlamencoFestival Esch 8

13.06.2013   I    20 Uhr   I   Centre Culturel Kulturfabrik Esch


Einführung in die Geschichte des Flamenco
"PUNTAL" FlamencoFestival Esch 8
DAVID PEREZ

Im Rahmen der 8. Auflage des FlamencoFestivals Esch stellen der Circulo Cultural Español Antonio Machado und die Kulturfabrik Esch am Donnerstag, 13. Juni das Ensemble Cie David Pérez vor.

David Pérez (Alcalá de Guadaira, Sevilla, 1982) ist ein technisch hervorragender und sehr physischer Tänzer, mit einem kraftvollen Zapateado. Er beginnt seine Karriere als Dreizehnjähriger, lernt bei Manolo Marín und gewinnt den « Desplante » beim Festival de las Minas (2004), sowie den Preis « Jóvenes Flamenco de Andalucía » (2006).
Puntal (Säule, Stütze), klassisch strukturiert, erzählt die Ursprünge des Flamenco. Es gelingt David Pérez, die drei wesentlichen Ausdrucksformen des Flamenco - den Cante, die Gitarre und den Tanz - über das ganze Stück hinweg mit der gleichen Intensität und auf einem gleich hohen Niveau beizubehalten.

David Pérez: Tanz
Jeromo Segura: Gesang
Miguel Pérez: Gitarre

Preis: 18 (+commission fee) / 23 Euro
www.luxembourg-ticket.lu (other presale places)

Centre Culturel Kulturfabrik Esch
116, rue de Luxembourg
L - 4221 Esch-sur-Alzette
Luxemburg
Tel:00352 55 44 93 - 1
Fax: 00352 55 04 03
mail@kulturfabrik.lu

http://www.kulturfabrik.lu

Heute Abend in Trier: TAKASHI & PENTABLUE BAND


13.06.2013   I   20 Uhr   I    Theater Trier

WELTMUSIK III
TAKASHI & PENTABLUE BAND


Der Kölner Geiger Takashi Bernhöft - Sohn einer Japanerin und eines Deutschen - steht schon von seiner doppelten kulturellen Herkunft her für "Cross over". Mit seinem Instrument verbindet er spielend musikalische Welten zwischen Klassik, Rock und fernöstlichen Klängen. Gemeinsam mit den Trierer Philharmonikern, seiner Ethno-Band PentaBlue und faszinierenden Taiko-Trommlern entsteht ein unvergessliches Musikerlebnis!

Schon längst ist die Konzertreihe "Weltmusik" kein Geheimtipp 
mehr, sondern ein Muss für alle Freunde der musikalischen 
Grenzüberschreitung. Auch in der Spielzeit 2012/2013 hält das 
Philharmonische Orchester der Stadt Trier mit außergewöhnlichen 
Gästen zündende Überraschungen mit unterschiedlichen 
musikalischen Stilrichtungen aus aller Welt bereit. 

Morgen startet das 9. Festival des deutschen Films in Ludwigshafen

Die Zelte stehen, die Technik läuft, das Catering ist eingerichtet. Einen Tag vor der Eröffnung des 9. Festivals des deutschen Films (13. bis 30. Juni 2013) liegen die Vorbereitung trotz der Flutkatastrophe „im Plan“. Der feierlichen Eröffnung mit prominenten Gästen aus ganz Deutschland steht nichts im Wege.

Um 19.00 Uhr wird Festivaldirektor Dr. Michael Kötz die Gäste des Eröffnungsabends begrüßen, darunter die Regisseurin Anne Wild und Hauptdarstellerin Maria Schrader sowie Felix Knopp, Thomas Fränzel und Rita Luisa Stelling. Damit öffnet sich der Vorhang bis Ende Juni für ein hochkarätiges, anspruchsvolles Programm deutscher Produktionen.

Präsentiert wird die Weltpremiere von SCHWESTERN, eine Familiengeschichte von Regisseurin Anne Wild. In den Hauptrollen sind Maria Schrader, Marie Leuenberger, Jesper Christensen, Ursula Werner u.v.a.m.. Dreamtool Entertainment produziert die Deutsch-Schweizer-Koproduktion, Farbfilmverleih bringt den Film noch 2013 in die Kinos.

SCHWESTERN läuft im Wettbewerb des Festivals und konkurriert damit um den begehrten FILMKUNSTPREIS, der mit insgesamt 50.000 Euro dotiert ist. 10.000 Euro dieser Preissumme gehen an die Regie und weitere 10.000 Euro an den Produzenten. Zum ersten Mal vergibt das Festival in diesem Jahr 30.000 Euro der Preissumme an den deutschen Filmverleih, der den Preisträgerfilm ins Kino bringt - als tatkräftige Unterstützung des Kinos im Alltag. 
Und um den PUBLIKUMSPREIS, der in diesem Jahr mit 10.000 Euro dotiert ist.
  
Insgesamt zeigt das Festival des deutschen Films in Ludwigshafen in seiner neunten Ausgabe über 40 Produktionen, darunter acht Weltpremieren. Wie in den vorangegangenen Jahren erwartet Festivaldirektor Dr. Michael Kötz auch dieses Jahr illustre Gäste, namhafte Regisseure und Schauspieler, die ihren Film persönlich vorstellen und – wie es in Ludwigshafen üblich ist - mit  dem Publikum anschließend diskutieren.

Heute Abend in Echternach: London Brass



London Brass
Das Ensemble London Brass bietet seinem Publikum Kammermusik für Blechbläser auf höchstem Niveau. Das inzwischen weltweit renommierte Ensemble macht Tourneen, gibt Meisterklassen und nimmt CDs auf. Parallel dazu treten die Mitglieder als Solisten bzw. Orchester-, Jazz- und Kammermusiker auf, wobei die meisten von ihnen an den bedeutendsten Londoner Konservatorien lehren.

Tickets:
30 EUR | 20 EUR
18 EUR | 12 EUR < 27 Jahre

www.echternachfestival.lu

Dichterhain: NACHTJÄGER von Thomas Reich

Nachtjäger

Wir rasten nicht des Nachts, uns wachsen Dornen aus der Haut, unsre blutigen Rosen, wir jagen dem Mond hinterher. Wir sind die hetzende Meute / des Königs beste Wölfe, wir sind die Viehtreiber die Schlachtenrufer, Purzelbäume schlagend durch unsere vielfältigen Existenzen. Wo oben gestern noch unten war und durcheinander, ich weiß es nicht mehr. Die Sterne kamen und nahmen meine Gedanken mit auf ihre Reise in ihrem Kometenschweif. Explosionen vernichteten die Wegelagerer bei Vollmond, Ektoplasma röchelnd.

Ich gehe von Feuertaufe zu Feuertaufe, ich friere, ich brenne, meine Haut härtet aus. Das gebrannte Kind scheut das Feuer nicht, nicht Brandnarben noch kochende Haut. Sollte es es nicht scheuen, wo sein Kopf die Kindlichkeit ausschwitzt, just in diesem Moment? Sollte es nicht scheuen, die Gedanken ein lichterlohes Kornfeld? Das Ballett der Epileptiker tanzt & lacht, oh ja. Schadenfreude spielt mit: Das arme Kind, es wird sich noch den Kopf zerbrechen.

Warum rennen wir überhaupt? Versuchen wir zu fliehen? Wovor eigentlich? Deine roten Schuhe, Dorothy. Nur ich bin es, der rennt / du bist es nicht / mir kommt es nur so vor durch Merlins große Zauberkugel. Der Löwe sucht seinen Mut, die Vogelscheuche ihren Verstand, der Blechmann sein Herz, und mit allen dreien eint mich der gemeinsame Verlust dieser Besitztümer. Sie gingen dahin im großen Sturm in Kansas, der die ganze Hütte/Heimat/Trutzburg weggefegt hat.

Plutoniumglühen auf den Wangen von den sanften Flügeln der Komprimierung. Sie stampfen mich ein zu einem Presswürfel in der Schrottpresse eines Autofriedhofs. Mit jedem Tag fühle ich mich mehr und mehr wie ein funkensprühender Sicherungskasten. Heiß und schmorend, kurz vor dem großen Knall. Die Tage des Erschießungskommandos, ich halte den Zettel mit dem schwarzen Fleck in der Hand. Ich liege im Schützengraben, die Hände vor den Ohren und höre die Kugeln über mir sausen. In der Todeszelle warte ich ohne Nachricht, harre bange Minuten, Stunden, Sekunden. Die Luft kurz vor einem Gewitter: Die Haut kribbelt & juckt, Ozongeruch. Tage des Donners (in Erwartung).

Die Sichel des Mondes ist die Klinge des Sensenmannes/ ewiger Schnitter /sein Schatten hängt über der Stadt. Ich spüre die Gegenwart dieses grimmigen Wächters, genauso wie ich den kalten Hauch seiner rücksichtslosen Macht in meinen Gliedern spüre wie Tachyonen Echos in der Zeit. Jemand hat einen Stein ins Wasser geworfen, das Oberfläche zieht Gischtringe, Detonationswelle einer Atomexplosion.

Mittwoch, 12. Juni 2013

Gute-Nacht-Rock: TOO BAD von Nickelback


Heute Abend im Radio: Über dem Tal. Von Rebecca Schnyder

12.06.2013   I   21:33 Uhr   I   Dradio Kultur, Hörspiel 

Über dem Tal
Von Rebecca Schnyder

Regie: Judith Lorentz 
Mit: Bettina Kurth, Tino Mewes 
Ton: Kaspar Wollheim 
Produktion: SWR 2012 
Länge: 35 '23

Mit zwölf Jahren ist Julia aus den Schweizer Bergen fortge­zogen. Jetzt ist sie Mitte 20, lebt in der Stadt und führt das, was man ein modernes Leben nennt. Aber eigentlich weiß sie nicht, wo sie hingehört. Zum ersten Mal seit ihrem Umzug fährt sie in ihr Heimatdorf, um ihren Freund aus Kindertagen zu besuchen: Stefan, der Bauer geworden und auf dem elter­lichen Hof geblieben ist. Doch das vermeintliche Idyll ihrer Kindheit sucht Julia dort ver­gebens. Über dem Tal begegnen sich mit Julia und Stefan zwei Welten.

Rebecca C. Schnyder, 1986 in Zürich geboren. Studierte Theater­wissenschaft und Germanistik. Seit 2009 freie Autorin. 2010 wurde sie in der Sparte Literatur mit dem Werkpreis der Ausserrhodischen Kulturstiftung (Appenzell) ausge­zeichnet. Mit dem Text "Schiffbruch", auf dessen Grundlage das Hörspiel "Über dem Tal" entstanden ist, war sie beim Dramatikerworkshop "stückemarkt" des Berliner Theatertreffens 2011 eingeladen.

Buchtipp: Saarland-Krimi mit Anspruch von Elke Schwab




Elke Schwab
Eisige Rache
Ein Baccus-Borg-Krimi

Als im verschneiten Saarland aus dem Hinterhalt auf Autos geschossen wird, beginnt für die Kriminalkommissare Lukas Baccus und Theo Borg eine dramatische Tätersuche, deren Bezüge bis nach Afghanistan reichen. Spannend zu lesen gerät man zunächst in eine brenzlige Situation aus der Perspektive der saarländischen Kommissare Lukas Baccus und Theo Borg. Ein ganz normaler Tag, keiner rechnet mit so etwas, wobei die Kriminalität natürlich auch nicht an den Grenzen des Saarlands stehen bleibt. Aber im ländlichen Bereich herrschen ja auch nicht gerade Verhältnisse wie in Chicago. Verflixte Situation, keiner hat eine Dienstwaffe dabei und dieser verrückte Unbekannte ballert bei Braunshausen gezielt auf sie ... Wie der ballistische Bericht später ergibt mit Gewehrmunition K43 aus dem Zweiten Weltkrieg.




In ihrem dritten Fall geraten sie selbst ins Fadenkreuz des Täters und müssen den Wahnsinnigen stoppen, ohne sein Motiv zu kennen. Je mehr dabei die Presse den Fall aufpeitscht, umso gefährlicher wird das Leben auch für die anderen Menschen in dem eingeschneiten Dorf. Es scheint fast so, als fühlte sich der Schütze dadurch angetrieben, weiter zu töten. So entwickelt sich ein eiskaltes Abenteuer mit kriegsähnlichen Zuständen. Die nur scheinbar beschaulichen Provinz offenbart dabei ungeahnte Abgründe.

Elke Schwab verknüpft geschickt einen klassischen Krimi mit der Qualität eines Tatort- oder anderen TV-Serienkrimis in der Provinz mit dem aktuellen Thema der Kriegstraumata von aus Afghanistan heimgekehrten Bundeswehrsoldaten.

Der elfte Krimi der Saarländerin Elke Schwab ist der dritte Teil der Krimireihe mit Lukas Baccus und Theo Borg. Die beiden übermütigen Kriminalkommissare klären mit lockeren Sprüchen spektakuläre Fälle auf. Die Lektüre wird nicht langweilig.

Heute Abend in Ludwigshafen: CORPS DE WALK von Carte Blanche

Foto: Erik Berg


12.6.2013   I   19.30 Uhr   I   Theater im Pfalzbau, Theatersaal, Tanztheater


Carte Blanche
Corps de Walk

Choreographie: Sharon Eyal, Gai Bachar
Musik: Ori Lichtik

Preise: 38 Euro 32 Euro 26 Euro 20 Euro

Foto: Erik Berg
Die norwegische Company Carte Blanche besteht seit 1989 und gilt als das führende Ensemble des Zeitgenössischen Tanzes in Norwegen. Ihre kreative Heimat befindet sich in Bergen, der zweitgrößten Stadt Norwegens, wo zwei bis drei neue Choreographien pro Jahr entwickelt werden. Das Selbstverständnis der Company beruht auf den Werken einer neuen Choreographen-Generation, die für spannende Produktionsprozesse, Vielseitigkeit und nicht zuletzt für eine hohe Qualität des Repertoires sorgen. 

Zu dieser neuen Generation gehört auch die israelische Choreographin Sharon Eyal, die über zehn Jahre in der Batsheva Dance Company getanzt hat. 2003 feierte sie mit dem poetischen Stück Love ihren Durchbruch als Choreographin. Dem großen Anklang, den die Produktion sowohl beim Publikum als auch bei der Presse fand, hat sie es zu verdanken, dass sie seitdem in der Tanzszene enorm gefragt ist. Sharon Eyal ist für ihr kraftvolles, einmaliges Bewegungsvokabular bekannt, das oft überflutet ist mit sinnlichen Bezügen. Der Tanzkritiker Gabi Aldor beschreibt ihren sehr eigenen Stil folgendermaßen: »Eyal lässt das Feminine im Tanz so prachtvoll erscheinen, dass es in herrlicherem Glanz erstrahlt als im Leben, ja dem Göttlichen gleichkommt. Sie nähert sich dem Weiblichen in einem erfrischend alternativen Feminismus, vielleicht mit dem von Madonna vergleichbar, die sich jeden Tag neu erfindet.«
Foto: Erik Berg

In ihrer ausgeklügelten Choreographie Corps de Walk hat Sharon Eyal eine geradezu mathematisch angelegte Schrittfolge bis zur perfekten Synchronisation getrieben, sodass die Tänzerinnen und Tänzer wie Roboter erscheinen. Dadurch wird eine mechanische Energie freigesetzt, die fast beänstigend, aber zugleich auch betörend schön ist. Man wagt als Zuschauer kaum zu blinzeln, damit einem keine einzige Bewegung der marschierenden Beine und fliegenden Arme entgeht. Mit Corps de Walk zelebriert Sharon Eyal eine hypnotisierende Techno-Party, die einen ungeheuren Sog entfaltet.

Wie war's in Peter Handkes "Immer noch Sturm"? Oder Die Besucher aus dem Jaunfeld (Besprechung)

© Christian Brachwitz

© Christian Brachwitz
© Christian Brachwitz

Ganz nach Shakespeares "Immer noch Sturm" heißt das Theaterstück von Peter Handke, das 2010 erschien und 2011 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde. Es erhielt 2011 den Nestroy-Theaterpreis bei den Salzburger Festspielen und 2012 den Mülheimer Dramatikerpreis der 37. Mülheimer Theatertage in einer Inszenierung von Dimiter Gotscheff. King Lear ist bei Shakespeare der letzte Patriarch seiner Sippe. Nach ihm kommen nur Töchter, die ihn gnadenlos abdrängen. Verzweifelt und voller Kummer bzw. Wut fleht er Blitz und Donner an, sie mögen seine Kinder und mit ihnen die ganze Welt vernichten: „Schlag flach den runden Erdenball!" „Immer noch Sturm" lautete Shakespeares Bühnenanweisung für diese Szene. Die Rolle des King Lear nimmt wohl der Großvater im Stück ein, ungeliebt, tyrannisch, heimatverbunden, Gerechtigkeit suchend. Bei ihm sind drei Wörter im Haus streng verboten: Gott - dies Wort verletze! - Liebe: "Nicht in meinem Haus!" - Friede: "...so ein Wahn." Und es gilt für die ganze Geschichte ...

Im Pfalzbau Ludwigshafen war das Mülheimer Theater an der Ruhr am 05.06.2013 unter der Leitung von Roberto Ciulli zu Gast mit diesem eigenwilligen Theaterstück, das die Biographie Handkes ebenso verarbeitet wie das Schicksal der Kärnter Slowenen, die als Untermenschen zum Teil interniert, zum Teil zu Zwangsarbeit verpflichtet oder bei Kriegsbeginn zwangsrekrutiert wurden. Handkes Mutter war Slowenin und hatte sich mit einem SS-Soldaten (Erich Schönemann) eingelassen, von dem sie schwanger wurde, der sie aber total ablehnte. Sie heiratete dann noch vor der Geburt den Berliner Wehrmachtssoldaten Adolf B. Handke, der sein juristischer Namensgeber und Erzieher wurde. Vom leiblichen Vater erfuhr Handke erst als junger Mann. Handkes Leben war in den ersten Jahren äußerst turbulent, sie zogen nach Berlin, der Vater scheiterte, sie flohen mit seiner Schwester Monika vor der Arbeitslosigkeit und Berlinblockade illegal zurück nach Griffen, Kummer und Frust ließen den Alkohol auftreten, Streitigkeiten bei den Eltern. Onkel Gregor stellte schließlich seinen Vater ein. Die Handkes waren eine Kleinhäuslerfamilie, quasi Tagelöhner, kleine landwirtschaftliche Arbeiter in einem kirchlich dominierten Umfeld.

Das Stück spielt im Jauntal (-feld) zwischen den Saualpen und den Karawanken, unmittelbar an der slowenischen Grenze, wo auch Handke im Haus des Großvaters Gregor Siutz geboren wurde. Heißt es im Originaltext, es erscheine ihm, dem namenlosen Ich in diesem Stück, die Heide, ein Apfelbaum mit 99 Äpfeln und eine Sitzbank, auf der er immer mit der Mutter saß, krabbeln in Ciullis Theaterstück aus Mülheim die Ahnen und Vorfahren wie Wiedergänger, Zombies oder Untote - bei Sturm! - durch das Fenster in den Raum, in dem Ich liegt und auf sie wartet. In einem spärlich eingerichteten Schlafzimmer, das auch alle fünf Szenen Mittelpunkt bleibt. Es treten auf die Großeltern, die Mutter, deren Schwester Ursula und ihre drei Brüder Gregor, Valentin und Benjamin. Handke spiegelt hier seine Familiengeschichte - vor allem auch die Beziehung zum Patenonkel Gregor Siutz (jr.) - in einem fortwährenden Traumspiel: 
"Welche Zeit soll hier gelten? ... Yugoslawien? Das gibt es schon lange nicht mehr! Vor dem Krieg noch als Königreich, nachher wieder als eine Republik ... bis es ganz verschwand." 

Es war das Leben als ethnische Minderheit in Kärnten, mit einer eigenen Sprache, eigenen Sitten und Bräuchen. Das Familienleben mit allen Streitigkeiten und Unflätigkeiten, wir werden auch immer wieder Zeuge der Beschimpfungen, spüren eine gewisse Feindschaft, die Ablehnung des Vaters, des jüngsten Onkels Benjamin, der Tante Ursula, Onkel Valentin so missraten wie der Vater Gregor, Onkel Gregor ein Einäugiger, der Agrarwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Obstbau/Apfelanbau war, ein Fachbuchautor über Äpfel (er geistert durch viele Handke-Bücher), der wie seine Schwester Ursula zu den Partisanen wechselt, was in Handkes Familie nie vorkam, aber wohl eine Korrektur seiner erlebten Welt darstellt. Wenigstens im Traum gehandelt, aktiv geworden gegen all das Unrecht. Und tatsächlich erwachte 1941 der slowenische Widerstand, ein Partisanenkrieg gegen die Deutschen, deren Sprache verhasst war, aber gesprochen werden musste, die Widerstandslinie vom Pelepones bis nach Frankreich zur Résistance, die alle nur ein Ziel hatten, den Usurpator hinauszuschmeißen. In Wirklichkeit wohl nur ein stilles Aushalten der Unterdrückung in seiner mütterlichen Familie, am Kriegsende auch der Internierung und Ermordung Bekannter, so wie seit den 30er-Jahren schon die Juden oder andere Religionsanhänger, Rassen, Minderheiten, Andersdenkende in vielfach höherer Anzahl. Ein schwebendes Lamento über allem, Heraufbeschwören der schönen Zeit, des Lebens hinter den Karawanken, so - nur ein Jammertal. Ekel kommt bei Onkel Benjamin und Gregor zur Sprache, Ekel vor der Zeit, vor der eigenen Sehnsucht, vor dem Heimweh nach der Heimat, Ekel vor den Geschwistern. 1936 ein Jahr voll Jauche und Weh. 

Die Mutter des Ich wie Handkes Mutter als Deutschenhure bei den Slowenen verschrien, das Ich als Bastard und Volksfeind. Und dennoch, die Ahnen werden gebraucht! Das Ich: "Ohne euch kein Spiegel!", aber auch: "Lasst mich allein mit eurer falschen Ruhe". Es liest nur noch Geschichtsbücher: "Es bringt mich in Wut!" Onkel Valentin hatte dem jungen Ich noch in den Kinderwagen gerufen: "Gottgefällig zusammensitzen, das ist Politik!" Seine Mutter verdiente ganz wenig Geld durch Schauspiel, am Ende nur noch Theater in Scheunen. Zwei der Onkel kommen im Krieg um, Valentin und Benjamin, Ursula verschwand ebenfalls, es bleiben die Mutter Maria und Onkel Gregor. Am Ende sitzen die Großeltern alleine und verlassen da und warten auf Zeichen der Kinder ...

Es bleibt eine Erschöpfung des Zuschauers, der den langwierigen Familienzwist, das Geschehen in der Dumpfheit der Kleinhäusler verfolgt, zu ergründen versucht, das Schicksal in allen Poren spürt und die Unabwendbarkeit. Erleichterung am Ende, kurzer Applaus und - hier kann auch keine Begeisterung mehr aufkommen, worüber? Über diesen Stoff? Diese Geschichte? Es ist alles gesagt, keiner der Familie hat mehr Recht als der andere, keiner ist im Vorteil. Das Unheil, Schicksal, die Sinnlosigkeit in der Geschichte hat zugeschlagen. Das Ende kommt einfach und endlich.

Dichterhain: Dreizeiler aus einer Winterwelt von Volker Friebel



Glitzernde Fäden.
Eine Mücke steigt aus dem Schnee
ins Licht.

Vor dem Büro
Schnee schippen,
unnötig lang.

Vom Müllmann hart
auf den Laster: Zeitungsbündel
und Schnee.

(c) Volker Friebel
Aus: Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009.

Dienstag, 11. Juni 2013

Gute-Nacht-Rock: THE SCIENTIST von Coldplay


Heute Abend in Bad Bergzabern: DAS ROMANTISCHE ELSASS


Buchtipp: Die gesammelten Peinlichkeiten unserer Eltern in der Reihenfolge ihrer Erstaufführung

Kevin Wilson begann mit dem Schreiben, weil er einsam war und glaubte, sobald er gute Geschichten schrieb, würde er unwiderstehlich werden. Heute lebt er mit seiner Frau Leigh Anne Couch und ihrem gemeinsamen Sohn Griff in Tennessee, wo Wilson geboren und aufgewachsen ist. Er unterrichtet Kreatives Schreiben an der University of the South. Seine Erzählungen wie sein Roman „Die gesammelten Peinlichkeiten unserer Eltern in der Reihenfolge ihrer Erstaufführung“ wurden von Kritikern wie Lesern begeistert aufgenommen. Wenn Kevin Wilson seine Frau heute fragt, ob es an seinen Erzählungen lag, dass sie ihn küssen wollte, antwortet sie, sie seien vielleicht der zweite oder dritte Grund gewesen. Er ist mit dieser Antwort mehr als zufrieden.

Eine ziemlich verrückte Familie - ein herrlich verrücktes Buch.

Ungewöhnliche Eltern zu haben kann ziemlich charmant sein. Aber auch ganz schön hart. Besonders wenn sich die Eltern mit Vorliebe verrückt und peinlich benehmen - und das zumal in aller Öffentlichkeit. Da kann man schon einen Schlag fürs Leben mitbekommen. Oder etwa nicht? Sie lassen sich beim Klauen erwischen, heiraten unter falschem Namen, durchschreiten ein brennendes Haus – alles im Namen der Kunst und mit den Kindern. Und zwar nur für lebendige Kunst! Performances, Chaos ist Kunst, die Galerien und Museen nicht.

Annie und Buster (Kind A und Kind B) sind mittlerweile erwachsen und machen selbst Kunst: Annie ist Schauspielerin, Buster ist Schriftsteller, zur Enttäuschung ihrer Eltern. 

Was muss bei dem Journalisten Buster eigentlich schon in der Kindheit alles schiefgelaufen sein, dass er sich ausgerechnet beim Männermagazin Potent verdingen muss, um dort Artikel über Fallschirmspringer, Schinkenfestivals und den größten »Gangbang« der Welt zu verfassen? Und an welchen familiären Altlasten trägt seine Schwester Annie wohl, dass sie sich als mittelklassige Schauspielerin mit halbseidenen Fernsehserien über Wasser halten muss? Erfolg sieht anders aus. Und Glück auch. Aber wahrscheinlich musste es so kommen, sind Annie und Buster doch Kinder des Performancekünstler-Ehepaars Fang, die keine Gnade mit den beiden kannten, wenn es darum ging, einen abgefahrenen Auftritt hinzulegen. Und die Geschwister immer mittendrin, so peinlich ihnen die schrillen elterlichen Happenings auch jedes Mal waren. Irgendwann später haben sie dann den Absprung geschafft. Doch dann verschlägt sie das Schicksal zurück zu ihren Eltern. Und die sind nachgerade entzückt, denn endlich können sie wieder die ganze Familie in ihre berüchtigten Auftritte einbinden ...

REINLESEN

Morgen Früh 0:05 Uhr: Der Lügendetektor. Von Alessandro Bosetti


11.06.2013   I   0:05 Uhr    I   Feature

Die zweite Stimme
Der Lügendetektor
Von Alessandro Bosetti

Regie und Komposition: der Autor 
Mit: Oliver Nitsche, Bettina Kurth,
Oliver Brod u.a.
Ton: Andreas Meinetsberger
Produktion: WDR 2012 

Länge: 50 '52

Im Jahr 1950 schlug der britische Mathematiker Alan Turing einen Test vor, um künstliche Intelli­genz zu definieren. Dabei sollte ein Mensch durch Frage und Ant­wort eine intelligente Maschine von einem Menschen unter­scheiden. Der "ghost in the machine" hat inzwischen viel dazugelernt. Computer können heute menschliche Reaktionen messen und Stimmen, Emotionen oder sogar Humor simulieren. Spracherkennungsgeräte nehmen Mikro-Schwingungen in unserer Stimme wahr. Suchmaschinen haben gelernt, Unregelmäßig­keiten in unserer Sprache herauszufiltern. Seitdem ist Lügen schwieriger geworden. Müssen wir jetzt immer die Wahrheit sagen? Oder gibt es die perfekte Lüge?

Alessandro Bosetti, 1973 in Mailand geboren, lebt seit 2000 als Radio-Autor, Komponist und Klangkünstler in Berlin. Sein Hör­stück "Children's America" wurde 2010 mit dem URTI Radio Grand Prix ausgezeichnet. Zuletzt: "Wörterberge" (DKultur 2012).

Wie war's bei der Weltpremiere von FOR EVER & EVER MY LIFE AND PINK FLOYD?

Bostalsee und Zelt am Abend

Von Tonys Unfall über den "Fluchtversuch" über die Mauer
bis zur Rückholung durch Nadja. Mit dabei Ynot, sein zweites Ich



Saarländische Musicalproduktionen werden zielstrebig zum Markenzeichen und Exportschlager des Bundeslandes. Da weiß man, was drin ist! Angefangen in Neunkirchen, das die Bühnen und Stadtparks zu Musicallandschaften verwandelt und mit etlichen Produktionen wie ein Magnet das Publikum anzieht, bis hin zu Saarbrücker Produktionen. Am Abend des 07.06. gestartet und - wie einstmals das Riesen-Pic von Pink Floyd bei ihrer Animals-Tour Ende der 70er-Jahre - als Sound- und Bühnenspektakel am Bostalsee erstmals gezündet, sahen etwa 500 Gäste eine klasse Choreographie, Videoprojektionen und Lichtspiele, ansprechende und situationsgerechte Kostüme und Masken und ganz und gar nicht zuletzt sehr überzeugende Stimmen und Tänzer(innen) in der Weltpremiere des Musicals FOR EVER & EVER MY LIFE AND PINK FLOYD. 

60er-Party und 1974 in London
Das zweite Ich des Tony Day (Janko Danailow - ein zweiter Captain Sparrow/Johnny Depp) in zwiespältigem Schwarz-weiß, Juliet Felton (Maren Reimann) auffällig rot-dominant im Hosenanzug oder mal sexy schwarz im hautengen Lederanzug als Vocal, Tony Day (rundum überzeugend Michael Ewig) im Businesslook, seine strenge und gemeine Mutter (Jennifer Flaczek) in einem Kleid um 1900 auf Stelzen, seine Frau Susanna, die nicht in einer Trattoria als Wirtin enden wollte (mit starker Stimme Nina Vlaovic), seine Tochter Nadja, die ihn beeindruckend stark aus dem Jenseits zurückruft (hier: Maria-Lena Hecking), um nur einige zu nennen. Das Londoner Ambiente 1974 lebhaft und farbenfroh, originell und einfallsreich auf die Bühne gebannt. 

Und natürlich die Musik von Pink Floyd. Ich muss sagen, dass die Saarbrücker Coverband, die seit vielen Jahren eine ganz gefragte Formation ist, sogar die Nr. 1 in Deutschland war, mir gefälliger ins Ohr ging als die schwere Bass- und Wuchtwirkung einsetzende, von Pink Floyd "autorisierte" australische Formation unlängst in Trier. Waren die Australier näher dran am fast schon übersteuerten, lauten und gewaltigen Live-Sound der 60er-, 70er- und 80er-Jahre und zweifelsohne mit hervorragenden rockigen Fähigkeiten, entwickelten die Saarbrücker einen sauberen und trotzdem sehr originalnahen "Plattensound" inklusive astreiner Vocals. 

Bühnenansicht und Leadsänger
Michael Tangermann 
Die Band 2
Die Band 1























Ob Günter Werno (Vanden Plas) am Keyboard, Oleg Berlin am Sax, Michael Tangermann, Leadsänger, und Janine Dean und Katja Burgheim mit ganz stimmgewaltigen Vocals - die Musik schafft die großen Klangräume der Altmeister, produziert psychodelische und träumerische, rockige und beinharte Momente, die unter die Haut gehen. In der Bühnenarchitektur im Hintergrund auf einer die ganze Breite erreichenden Empore positioniert, konnten die Sänger(innen) genau in der Mitte der Bühne unter einer runden Videoleinwand ihre Darbietungen zelebrieren. Die Zuschauer sahen rechts von ihnen Percussion (Peter Hechler), die Drums (Achim Neckenig), die Vocals und an der Guitar (Knut Bausch), links von ihnen Keyboards, Saxophon, Bass-Guitar (Jörg Schmitt) und Rhythm-Guitar (Rolf Staudt). Die Leinwand bildete den höchsten Punkt eines vorderen halbkreisförmigen Lichtbogens, der wie ein Tor wirkt.

Die Story um Tony Day beginnt an dem Tag, an dem sein Wunschtraum in Erfüllung geht, dass seine geliebte Tochter Nadja - von Juliet Felton gecoacht, was ihr Vater arrangiert und finanziert hat - einen wichtigen Auftritt als Musicalsängerin im Ensemble mit Proben im "Darkside, Live-Rock" vorbereitet. Bei der Probe wird ihr die erschreckende Nachricht überbracht, dass Tony einen Autounfall hatte und schwer verletzt wurde. Sie eilt, begleitet unter anderem von Vaters Bruder Franco und Juliet, in die Klinik. Dort wird sie darüber unterrichtet, dass ihr Vater ins Koma gefallen ist und alles sehr ernst aussieht. Tony Days Auftritt beginnt hier durch das geschickte Regiearrangement als Geist seiner selbst, der versucht über die Grenze des Lebens, eine Mauer, ins Jenseits zu gelangen. Sein alter Ego, Ynot (Why not = Warum nicht?), das zweite Ich zwischen Tod und Leben, hält ihn davon ab, und fordert ihn auf, sein Leben noch einmal zu betrachten, ob nicht doch etwas da wäre, was ihn zurückhole, denn seine Zeit sei noch nicht gekommen.


Mobbing gegen Tony und übermächtige Mutter
So beginnt eine Reise durch die Vergangenheit, mit der Musik von Pink Floyd als Zeitzeugen - von den 60er-Jahren bis in die 90er. Alle großen Songs sowie etliche unbekanntere Leckerbissen werden aufgeführt. Das Mobbing durch Mitschüler, die dominante Mutter als überlebensgroße Figur auf Stelzen, das Familienklima gestört und durch autoritäre Strukturen wie schlechte Kommunikation gekennzeichnet. Nach einem Überfall durch Mitschüler sind Bücher beschädigt, wofür ihn seine Mutter bestraft, obwohl er nichts dafür kann. Seine Frau Susanna, die er beim Tanzen kennen lernt, wirft im später vor, sich nur um sich selbst und sein Business gekümmert zu haben. Sie kündigt die Ehe und ihren Einsatz als Wirtin in einem schlecht gehenden Restaurant (Trattoria da Tony) und verlässt Tony. Nadja, noch klein, geht nicht mit, sie hört die Frage auch gar nicht, fast schon autistisch mit sich selbst beschäftigt ... Eine dramatische Szene, die Nina Vlaovic und Michael Ewig mit Gefühlstiefe hervorragend gestalten. 

Susanna verlässt die Familie
Tony arbeitet zielbewusst und mechanisch - wie mit Scheuklappen - an seiner Karriere, liebt seine Tochter, dennoch behandelt er sie wie einen Automaten, sie muss gehorchen, sie muss Erfolg haben! Steve, ein Freund von Nadja, wirft ihm das vor. Tony hat es nie leicht gehabt, alle benutzen ihn, nutzen ihn aus. Sein Bruder leiht sich ständig Geld, Juliet merkt, dass sie mit dem Coaching gut bei ihm verdienen kann usw. Seine eigene Tochter erlebt er ablehnend wie eine steinerne Wand. Sein einziger Trost ist die Musik von Pink Floyd. Sie veränderte sein Leben, sie versetzte ihn in Ekstase und vertrieb die Schwermut! Dennoch nicht so stark, dass er sich den Plan verkneifen konnte, aus dem Leben zu scheiden als ein scheinbares Mordopfer. Denn wie Nadja und alle Beteiligten erfahren, waren die Bremsleitungen seines Wagens durchgeschnitten. 

Die Regisseurin und Choreographin Ellen Kärcher, bekannt aus zahlreichen Musicalproduktionen als Buchautorin, Regisseurin und Choreographin, so bei "BeGeistert", der  "Wasserphantasie" und "Der Jedermann - das Musical!" in Neunkirchen 2012, lässt die Beteiligten in einem Art Verhör ins Rampenlicht treten, um festzustellen, inwieweit sie die Schuld an diesem Anschlag treffen könnte. Wie sich jedoch am Ende zeigt, war Tony es selbst, der seinen Selbstmord vertuschen wollte. In einer ergreifend dramatischen Szene bittet Nadja ihren Vater, zurückzukehren, sie nicht alleine zu lassen und hat Erfolg. Sie holt ihn aus dem Koma zurück. Er fühlt sich dazu auch stark genug, nicht mehr als "Uhrwerk", als ihn sein zweites Ich zurückschickt: "Jetzt erkenne ich den Sinn, mein Leben hat wieder einen Sinn!"

Die Produktion dieses beeindruckenden Werkes hat 100 Leute beschäftigt, wovon auch die meisten mit auf Tournee gehen. Tony Day (am Info- und Kartentresen) schrieb das Buch, Story und Script stammen von Achim Neckenig (Drums), der auch Music Supervisor ist, B. T'ybl, Ellen Kärcher und Jan Schuba, Kostüme und Requisite betreuten Simone Georg und Julia M. Geisert. Ein Musical, das seinen Weg machen wird. Der Motor des Ganzen ist die Freude der Musiker und Darsteller an Pink Floyd, die sie schon immer lieben. Urteilen Sie selbst!