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Donnerstag, 18. April 2024

Severin Groebners Neuer Glossenhauer #35 - Gleich zu Gleich

 

Foto: Dominik Reichenbach / Artwork: Claus Piffl





Gleich und Gleich gesellt sich gern

Mal wieder zu spät dieser Newsletter. Ich weiß. Aber es gibt gute Gründe für dieses späte Abschicken. Zumindest bessere als die Deutsche Bahn immer auf Lager hat, die die Verspätung ihrer Züge mit “Verzögerungen im Betriebsablauf” erklärt. Obwohl das natürlich andererseits hohe deutsche semantische Philosophie ist: Die Ursache der Verspätung ist eine Verzögerung. Da muss man erst einmal draufkommen!
Vielleicht ist sogar der Grund dafür eigentlich eine kausale Ursache. Andererseits könnte dieses zeitlich wiederkehrende Phänomen chronischen Ursprungs sein. Worin wiederum der tautologische Pleonasmus in unschuldiger Innozenzia verstrickt ist. Auch wenn man hier nicht weiß, ob man darob desperat werden soll… oder nur verzweifelt.
Egal, vielleicht sogar gleichgültig, meine Gründe sind ganz andere.
Erst war ich - wie angekündigt - auf Urlaub, danach hatte ich einen Prozess am Hals.
Und damit bin ich in bester Gesellschaft. Schließlich hat Donald Trump auch gerade einen Laufen. (Äh… ich merke gerade, so gut ist die Gesellschaft gar nicht.)
Bei Donald Trump ist das natürlich ein Ereignis. Erstens ist er der erste ehemalige US-Präsident, gegen den ein Gerichtsverfahren angestrengt wird. Zweitens ist er der erste ehemalige US-Präsident, gegen den ein Gerichtsverfahren angestrengt wird, weil er Schweigegelder an einen Pornostar verschwiegen hat.
(Moment: Verschwiegene Schweigegelder? Hat Trump eigentlich Verwandte bei der Deutschen Bahn?) Und weil Trumps Rufname „Innozenz der Überzählige“ ist - und andern ursächlichen Gründen, ist der Prozess ein Medienereignis.
Dabei müsste das gar nicht sein. Schließlich gab es auch schon vor Trump US-Präsidenten, die sich einen Prozess verdient hätten. Richard Nixon hätte man wegen Anordnungen von völkerrechtswidrigen Flächenbombardements, Einbruch und Tragens des peinlichen Spitznamens „Tricky Dicky“ anklagen können. Ronald Reagan, wäre vielleicht beschuldigt worden, den Staatshaushalt auf Jahrzehnte ruiniert zu haben, schlechte Witze bei Mikrofonproben und wegen… äh… das hab ich vergessen.
George W. Bush, hätte man vor den Kadi ziehen können wegen der Produktion von Scheinargumenten zur Legitimierung eines Angriffskrieges, Installation des gefährlichsten Vizepräsidenten der Welt, Dick Cheney (schon wieder „Dick“, was haben die Amis nur mit diesem …äh… Namen?) und Zementierung des Klischees des vervolltrottelten Texaners. Sowie der Einführungen der Kategorien von „gut“ und „böse“ in den weltweiten politischen Diskurs.
Kategorien, die sich für nichts eignen, außer die Stimmung aufzuheizen.
Das wären jetzt nur mal ein paar improvisierte Anklagen. Und die nur gegen die Vorsitzenden der Verunreinigenden Staaten von Amerika.
Der aktuelle russische Präsident dürfte mit einer Anklage-Schrift rechnen, die so dick wäre, wie er hoch ist. Und wenn er auch wirklich ein böser Zwerg ist, dürfte in diesem Werk so ziemlich alles drin stehen, was man so im langläufigen Sinne als Menschheitsverbrechen nennt. Bis auf industrieller Massenmord und Atombombenabwurf, okay, aber sonst ist alles dabei. Experten sprechen hier von einem „All-Inclusive-Autokraten“, weil er so viele Aspekte (Krieg, Unterdrückung, lächerliche Inszenierungen mit goldenen Türen und enthirnten Massen) autokratischer Herrschaft abdeckt. Obwohl natürlich für diesen russischen Gewaltherrscher von der mickrigen Gestalt „Autokrat“ fast schon Schmeichelei ist. Diktator wäre passender. Oder Dick-tator - wie die Amerikaner sagen würden.
Apropos Blutspur: Die chinesische Ausgabe von „Diktator-deck-Dich“ Xi Jinping, der so heißt und auch so aussieht wie der Bösewicht in alten Spider-Man-Comics, dürfte sich auch auf eine fette Prozessakte freuen. Wer alle demokratischen Oppositionspflänzlein schon beim Keimen zertritt, die Arbeitslager digitalisiert und die chinesische Mauer ins Internet stellt, der darf schon auf einen Monster-Prozess hoffen. Wobei Xi natürlich selbst das Monster ist. So wie der böse Clown in Stephen Kings „Es“ gibt Xi den mörderischsten Panda der Welt. Es ist anzunehmen, dass seit seinem Amtsantritt, der WWF Einbrüche bei der Spendenbereitschaft hinnehmen musste.
Aber Gottseidank ist die demokratische Welt angesichts dieser geballten Gefahren nicht wehrlos. Nein, die chinesische EinMannRegierung bekommt gerade die volle Breitseite ab: Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ist ja gerade in China.
Und mit dem muss der Xi reden. Aber nicht dabei einschlafen! Da werden übermenschliche Kräfte von ihm verlangt. Wenn das nichts hilft, gibt’s zur Steigerung noch eine Videokonferenz mit Ursula „Die Frisur“ von der Leyen und als ultimative Drohung eine Begrüßung durch Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer. Wer von dem einmal begrüßt wurde, macht keinen Mucks mehr.
Und dann herrscht Frieden.
Bleibt nur noch die Frage, worum es in meinem Prozess geht.
Ich wurde angeklagt, weil dieser Newsletter regelmäßig zu spät erscheint. Aber ich mach mir keine Sorgen. Mein Verteidigungsstrategie lautet: „Satirische Verzögerung durch ironische Verspätung als humoristische Fristveränderung.“
Schließlich sind vor dem Gesetz alle Synonyme gleichbedeutend.



Groebner Live:
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