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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Freitag, 4. Juli 2014

Fantasien zur Nacht: POLYPTYCH



POLYPTYCH from Damien elroy Vignaux

Good Sounds: HISHAM ABBAS, Ayoub


Fantasien zur Nacht: 'se muoio sopravvivimi..'

'se muoio sopravvivimi..' from JT Studio

Good Sounds: YOUSSEF AL OMANI, Amira


Fantasien zur Nacht: DREAMWALKING BARCELONA

Dreamwalking Barcelona from Brandon Li

Alles Gute für Brasilien: ERYKAH BADU, Back in The Day


Ab 16. Juli in Kaiserslautern: Erstarrte Wirklichkeiten von Catalina Pabón

Verfremdete Welten: Catalina Pabóns „Neue Ordnung 6“ von 2013
(Foto: Markus Bachmann, Berlin, © Catalina Pabón)




Erstarrte Wirklichkeiten
Arbeiten von Catalina Pabón im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern

Vom 16. Juli bis zum 7. September 2014 zeigt das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk) unter dem Titel „Erstarrte Wirklichkeiten. Worlds apart” Arbeiten auf Leinwand und Papier von Catalina Pabón. Sie sind in den vergangenen sechs Jahren entstanden. In den Werken der 1979 in Bogotá geborenen und heute in Berlin lebenden Künstlerin geht es vor allem um Landschaften: Mächtige, weite, finstere, karge und üppige Landschaften beziehungsweise Landschaftsausschnitte. Die Betrachter nehmen sie selbst dort wahr, wo sie de facto nicht sind – oder jedenfalls nicht so, wie sie sie traditionell zu sehen gewohnt sind. Beispielsweise rücken Bilder der zwischen 2010 und 2011 entstandenen Serie „ghostskin” locker aufgeworfene Bettwäsche ins Zentrum der Wahrnehmung. Die Faltenwürfe erinnern zum Beispiel an Strukturen einer relativ flachen Landschaft mit leichtem Relief. Die Ausstellung wird am Dienstag, 15. Juli, um 19 Uhr in Anwesenheit der Künstlerin durch Museumsdirektorin Dr. Britta E. Buhlmann und Kuratorin Dr. Annette Reich eröffnet.

Neben verlassenen Interieurs sind es menschenleere Außenräume, die etwa in den Werkgruppen „merging levels”, „all in all”, „neue Ordnung”, „grado intermedio”, „alles detoniert nach innen” oder „desert shadow” thematisiert werden. In der Begegnung mit diesen verfremdeten Welten finden staunenswerte Transformationen statt. Auge und Bewusstsein werden fortwährend herausgefordert, die eigene Wahrnehmung kritisch zu befragen: Ist das Gesehene, das Gedachte, auch das Dargestellte?

Die Künstlerin arbeitet in Grenzbereichen, und zwar sowohl im Medium zwischen Malerei und Zeichnung als auch in der Motivwahl, die zwischen realer und fiktiver Welt changiert. Mit weichen feinen Strichen führt sie Pastellkreiden über Leinwände oder dunkle Papiere und schraffiert energisch mit Filzschreibern auf dem Malgrund, auf dem erstaunlich harte und kalte „Szenen” entstehen. Öl und Aquarell gehören ebenfalls zu den verwendeten Malmitteln.

Catalina Pabón spielt mit romantisierenden Vorstellungen und gestattet dennoch keine Illusionen. Meist zeigt sie eine unwirtliche und unwirkliche Welt, in der Leben kaum vorstellbar ist. Doch gerade in ihr entstehen Denkräume: zeit- und ortlos und hinreichend irritierend, um ihnen mit wacher Aufmerksamkeit zu begegnen. Als Vertreterin einer jungen zeitgenössischen Position vermag Catalina Pabón der Gattung Malerei eine neue, ausgesprochen interessante Facette hinzuzufügen. Die Ausstellung im mpk gibt Gelegenheit, der vielschichtigen Auseinandersetzung der Künstlerin mit Wirklichkeiten – uneindeutig und rätselhaft – auf die Spur zu kommen. Ein zweisprachiger Katalog ist zum Preis von 14 Euro an der Museumskasse erhältlich oder kann unter www.mpk.de bestellt werden. Das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk), Museumsplatz 1, ist mittwochs bis sonntags sowie feiertags von 10 bis 17 Uhr und dienstags von 11 bis 20 Uhr geöffnet.

Alles Gute für Brasilien: MAJOR LAZOR, Get Free


Alpenraum: Stopp für Brummis am Mont-Blanc-Tunnel


Den Gemeinden im Arve- und Chamonix-Tal stinkt es:
Sie fordern ein Fahrverbot für LKWs.


Eigentlich dürften ab November 2013 keine Euro-3-Lastwagen durch den Mont-Blanc-Tunnel fahren. Doch Italien und die Gesellschaft, die den Tunnel verwaltet, verweigern die Umsetzung dieser regionalen Luftschutz-Massnahme. Jetzt wehren sich die betroffenen Gemeinden.

Die Luft im Arve-Tal ist schlecht. Immer wieder werden Grenzwerte überschritten. Daher wurde für dieses Gebiet im Februar 2012 Frankreichs erster Atmosphären-Schutzplan erstellt. Die wichtigste Massnahme betrifft den Güterverkehr: Während der Wintermonate, wenn die Luftverschmutzung am grössten ist, müssen die Lkw der Klasse Euro III, d. h. Schwerfahrzeuge mit Zulassung zwischen 2000 und 2005, auf die "Schienenautobahn" zwischen Aiton/F und Orbassano/I. Die Fahrt durch den Mont-Blanc-Tunnel soll ebenso verboten werden wie die Befahrung des Strassentunnels Fréjus. Am 1. November 2013 hätte diese Massnahme endlich umgesetzt werden sollen. Doch die italienischen Behörden haben sowohl ein vollständiges Fahrverbot abgelehnt wie ein teilweises. Eine Einigung in der zwischenstaatlichen Kommission, die den Tunnel verwaltet, ist jetzt notwendig. Um eine Einführung des Fahrverbots ab 1. Januar 2014 zu erwirken, haben im Herbst 2013 die Gemeinden des Arve-Tals und des Chamonix-Tals jeweils einstimmig einen entsprechenden Antrag verabschiedet und beim Präfekten eingereicht.
Quelle und weitere Informationen: www.chamonix.fr/index.php?option=com (fr),www.fne.asso.fr/fr (fr), www.123savoie.com (fr), http://inspire74.com/inspire-le-film(fr)

Alles Gute für Brasilien: MOTOPONY, Seer


Zurzeit in Klagenfurt: der 38. INGEBORG-BACHMANN-PREIS


Alljährlich einer der meistbeachteten Literaturwettbewerbe ist der Ingeborg-Bachmann-Preis, der dieses Jahr zum 38. Mal stattfindet. Alle Lesungen und Diskussionen werden live auf 3sat und im Internet übertragen. Der Bachmann-Preis ist mit 25.000 EUR dotiert. Er wird von der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee (A) gestiftet.


Es werden ferner vergeben, der
Kelag-Preis (10.000 Euro)

Gestiftet von der Kärntner-Elektrizitäts-Aktiengesellschaft
3sat-Preis (7.500 Euro)
Gestiftet von 3sat, dem Gemeinschaftsprogramm der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ZDF, ORF, SF und ARD

Mr. Heyn´s Ernst-Willner-Preis (5.000 Euro)
Gestiftet zu 100 Prozent von der Buchhandlung Heyn – Klagenfurt
BKS-Bank-Publikumspreis (7.000 Euro)
Gestiftet von der BKS-Bank 

Eine Publikumsabstimmung zum mit 7000 Euro dotierten BKS Bank Publikumspreis ist bis Samstag, 5. Juli 2014, 15.00 Uhr, möglich. 
http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/specials/177302/index.htm


Am Mittwoch, den 2. Juli, 20.30 Uhr wurde die Literaturtage mit der 15. Klagenfurter Rede zur Literatur  von MAJA HADERLAP eröffnet (Rede siehe hier). Zuvor gab es schon Ende Juni Veranstaltungen so die Vorrede vom ehemaligen Hanser-Verlagsleiter Michael Krüger am 28. Juni, 19.30 Uhr, Reden über Ingeborg Bachmann (er wird auch die Nachrede halten) und am 29. Juni, 18.00 Uhr, die Vergabe des Preises Translatio. Österreichischer Staatspreis für Literatur an Uta Szyszkowitz und Ahmet Cemal. Gestern ging es weiter mit Lesungen und Diskussionen, die auch heute und morgen das Tagesgeschehen beherrschen. Am Sonntag ist zwischen 11 und 12 Uhr die Preisverleihung.

Eingeladen zum Bachmannpreis wurden folgende Autoren mit absolut unveröffentlichten Werken: 
Michael Fehr: Foto: Julia Klug
Michael Fehr, BERN (CH)

Parallel dazu wurde der 18. Literaturkurs im Klagenfurter Musilmuseum eröffnet. Neun junge Autoren und Autorinnen aus Österreich und Deutschland mit Veröffentlichungen in Verlagen (nicht Eigenverlagen) wurden nach Klagenfurt eingeladen: MALTE ABRAHAM (A), MAREN KAMES (D), IRINA KILIMNIK (D), THOMAS KÖCK (A/D),
CHRISTINA MÖCKING (D), JOSEF MARUAN PASCHEN (D), OLE PETRAS (D), CLIO ALYSSA VOß (D), JULIA WALTER (D).
Tutorinnen sind Friederike Kretzen, Julia Schoch und 
Ludwig Laher.

Der Wettbewerb wurde vom 2013 verstorbenen Marcel Reich-Ranicki vor 37 Jahren zusammen mit Ernst Willner und Humbert Fink konzipiert und erstmals durchgeführt, hat eindeutig seinen Ruf innerhalb der deutschsprachigen und internationalen Literaturszene, wird aber teilweise auch kritisiert, weil die Qualitäten der Ingeborg Bachmann nicht jedem einleuchten oder weil die Jury-Kritik an den eingeladenen 14 Autor/inn/en gelegentlich extreme Dimensionen annehmen bzw. die literarischen Qualitäten der angelieferten Texte auch die interessierten Zuschauer nicht überzeugen. Die Namen sind den meisten Menschen auch nicht bekannt.

Ingeborg Bachmann (1926 - 1973) wurde in Klagenfurt geboren, hielt Lesungen auf Tagungen der Gruppe 47, war 1959/1960 Gastdozentin für Poetik an der Universität Frankfurt/Main und zog sich in Rom am 26. September 1973 in ihrer Wohnung (seit 1965) schwere Verbrennungen zu und starb drei Wochen später in der Nacht zum 17. Oktober. Sie ist auf dem Klagenfurter Friedhof Annabichl begraben.Die Autorin erhielt einige Literaturpreise, darunter 1953 den Preis der Gruppe 47 und den Georg-Büchner-Preis 1964. Sie schrieb Lyrik, Prosa, Hörspiele, Libretti und übersetzte zwei literarische Werke. Sie bekam durch die Gruppe 47 und ihren schlimmen Tod einen Kultstatus.

Wir drücken die Daumen für Brasilien: JAMES MOODY, Speak Low (Jazz)


Donnerstag, 3. Juli 2014

Wie war es bei der letzten Aufführung von WILLE ZUR WAHRHEIT von THOMAS BERNHARD in Frankfurt a.M.?



Wille zur Wahrheit. Schauspielhaus Frankfurt, Regie: Oliver Reese


Thomas Bernhard! Bei diesem Namen wachen viele Literatur- und Kulturliebhaber auf, zucken Bürgerliche zusammen, vornehmlich in Österreich, und wird so mancher österreichischer Politiker erst einmal tief Luft holen. Franz Vranitzky zum Beispiel, der "Mitmachen" von Bernhard verlangte, wenn man schon Geld vom Staat als Subvention bekäme. Aber sonst war er ihm noch wohl gesonnen. Der Autor ließ alles an sich abprallen, was ihn immer wieder in die Rolle des "Netzbeschmutzers" oder "Vaterlandsverräters" (um die Nazi-, Gerichts- und Militärsprache zu zitieren) drängte. 

Sein Hass auf Nationalsozialisten, stärkste Kritik an der Geisteshaltung der katholischen Kirche, an Politikern, am Staat, an den Österreichern riss nicht ab. Er wetterte über die Verblödung der Bürger und die, die sie betrieben. Er war mit den Theatern nicht einverstanden, mit den Verlagen, mit fast keinem. Am Ende seines Lebens - er starb 1989 - verursachte er noch nach seinem Tod einen Skandal, weil er im Testament ein Aufführungs- und Publikationsverbot aller seiner Werke in Österreich verhängte. Zuvor unter anderem der Skandal um den Roman "Holzfällen" (1984), wo der österreichische Komponist Gerhard Lampersberg, ein Bekannter und früherer Freund Bernhards, sich in der Person des Auersberger zu erkennen glaubte und per Gerichtsurteil erstreiten konnte, dass alle Exemplare des Buches beschlagnahmt werden müssten. Der Komponist zog später die Klage zurück. 

Einer der größten Theaterskandale war das skandalöse Tohuwabohu um das Drama "Heldenplatz", das vor 1988 entstand, aber im Jahr 1988 spielt, dem Jahr des 50-jährigen Anschlusses Österreichs an Nazi-Deutschland. Auch das Jahr der Wahl Waldheims mit NS-Vergangenheit zum Präsidenten Österreichs. Schärfste Kritik, bissigste Bemerkungen und Entblößungen in einigen wenigen Zitaten aus dem noch nicht erhältlichen Werk führten zu einem Blätterrauschen in den Zeitungen, einem Schimpfen auf Bernhard, die Politprominenz spuckte auf ihn, die Presse, Waldheim, Vizekanzler Mock, Erzbischof Krenn, Kreisky und der Wiener Bürgermeister Zilk forderten ein Aufführungsverbot des Stückes. Österreich stand Kopf. Haider skandierte: "Raus mit dem Schuft." Aber Journalisten, Autoren, Ministerin Hawlicek und Bundeskanzler Vranitzky und andere traten für eine Aufführung ein. Es kam auch zur Uraufführung, wenn auch mit Störaktionen, Protesten, Hetze in der Kronen Zeitung und im STANDARD begleitet - und wurde eine der erfolgreichsten Aufführungen des Wiener Burgtheaters. 

Thomas Bernhard ist einer der Meister des Grantelns, Schimpfens und Demaskierens auf hohem Niveau. Seine Werke zu lesen ist ein einmaliges Erlebnis. Die Direktheit, seine exakten Analysen, seine Kritik, Ironie und sein Sarkasmus, schließlich auch sein Nihilismus, seine Umdeutungen und die gezeigte Ausweglosigkeit ergreifen einen, lassen einen nicht mehr los und brennen sich als Erkenntnis ins Gehirn.

In Frankfurt a.M. im Schauspielhaus wurde am 27.06.2014 zum letzten Mal in der Spielzeit die Bühnenfassung seiner Autobiografie gezeigt. Fürs Theater arrangiert hat die fünf Bände  "Die Ursache" (1975), "Der Keller" (1976) , "Der Atem" (1978), "Die Kälte" (1981), "Ein Kind" (1982) Oliver Reese, der Intendant des Schauspielhauses. Mit einer minimalistischen Bühne von Hansjörg Hartung und fünf sehr überzeugenden Schauspielern kommen die Worte Thomas Bernhards erst richtig zur Geltung, sie füllen das Theater, jede Requisite stört, selbst das Harlekinkostüm von Josefin Platt stört schon fast, hätte es nicht diese symbolhafte Aufgabe, den Autor in seiner tragikomischen Ambivalenz zu zeigen. Minimale Videoeinblendungen von Konny Keller, Schuhe, Kleidungsstücke, eine Bodenklappe sind Vehikel und Impulsgeber für den Fortgang. Samuel Becketts Bühnengestaltung bietet sich zum Vergleich an.

Den ersten Teil (Ursache) und die Salzburger Schulzeit, das nationalsozialistische und später katholische Schülerheim, bestreitet Bettina Hoppe. Mit eindringlichen und sehr gut gelungenen Pfeifmelodien schafft sie ein Klima zwischen Melancholie, Idylle und Spiel mir das Lied vom Tod. Die kühle Verbissenheit und schonungslose Offenheit Bernhards nachempfindend stellt sie den Zugang zum gewichtigen Rest her. 
Im Rückblick auf die Kindheit und Jugend wird klar, was den im Februar 1931 geborenen und im Februar 1989 gestorbenen Bernhard immer wurmte: im Prinzip schon das Dasein, das muss man vorab sagen. Ferner die Vertreter der Schule, des Staates, die Familie, das verlogene Idyllebild Salzburg. In unzähligen Attacken wird die Mozart- und Hoffmannsthal-Stadt abgewatscht, bespuckt, auch mal liebevoll gestreichelt, dann wieder mit Tritten versehen. Die Stadt mit den vielen Kirchtürmen eine Stätte der Pein, Qual und Folter schon für den jungen Thomas Bernhard. Nie legte er die Abneigung ab. Die Stadt sei von Schönheit erdrückt, voll von Verleumdung und Lüge. Seine Verzweiflungszeit wäre seine Reifezeit gewesen. Selbstmordwünsche und erstickende Enge sich gegenseitig bedingend, die Geistlosigkeit eine Todeskrankheit der Stadt, diesem Todesmuseum. 
In der Schrannengasse 13 der Schlafsaal mit ungewaschenen Zöglingen. Ein Kerker, Dunkelhaft. Er musste in der Schuhkammer Geige üben und hatte immer Selbstmordgedanken dort, nur es nie aus Kraftlosigkeit tun können. Im Gegensatz zu den anderen, die sich aus den Fenster stürzten oder im Abort erhängten. Ein Luftangriff auf den Dom, der ein Loch in den Turm riss, ließ ihn die Geige zerstören. 
Pädagogik war ihm im Internat nicht mehr als großdeutsche Vernichtungskunst. Hoppes genüssliches Zertreten einer Mozartkugel unterstreicht das und Bernhards Abneigung gegen das äußerlich so idyllische Salzburg. Er fühlte sich geschädigt, deformiert und war voller Wut auf den SA-Offizier Grünkranz, Leiter des Internats. Die beiden Ängste in der Schulzeit waren Grünkranz und der Krieg! Der Geistesmord dieser Gestalten, nach Grünkranz ein katholischer Geistlicher, der die Vernichtung weiterführte. Thomas B.  wusste, dass er gehen musste, um zu überleben, und verließ das Gymnasium mit 15 Richtung Arbeitsamt.

Der zweite Teil (Keller) setzt nahtlos mit Viktor Tremmel ein, der junge Bursch Bernhard mit kurzen Hosen, fest entschlossen aus Todesangst ins Arbeitsamt gestürmt und die Beamtin im Arbeitsamt zur Verzweiflung bringend, eine Arbeit in der entgegengesetzten Richtung finden zu wollen. Ganz andere Umgebung, Denk- und Handlungsweise, entnazifiert und ohne Unterdrückung. Ein Wunsch, den sie kaum erfüllen konnte, ja auch gar nicht erahnte, bis sie eine wüste Adresse im Armenviertel Scherzhauserfeldsiedlung fand, die sie niemals empfohlen hätte: die Lebensmittelhandlung von Karl Podlaha. Dorthin ging er. Den lebhaften, vielseitigen Ausführungen Tremmels assistierend spielt Hoppe pantomimisch den jungen Lehrling hinter dem Ladentisch, der alles akurat und ordentlich erledigt, Lebensmittel verkauft und und den Laden reinigt. 
Podlahas Keller ist der Ort der Erkenntnis, auch wenn er in dieser Vorhölle Scherzhauserfeldsiedlung zur nachfolgenden Hölle Krankheit liegt. 1) Der Wille zur Wahrheit ist wie alles verfälscht, Wahrheit ist Fälschung.  2) Alle Menschen fliehen vom ersten Moment an in eine Richtung, den Tod. Um diese Erkenntnisse zu ertragen und um sich künstlerisch fortzubilden, wie es sein Zufluchtsort Großvater Johannes Freumbichler ihm immer empfahl, nahm er Gesangsunterricht in der Pfeiffergasse.

In "Atem", dritter Teil der Autobiografie, dann die Wende in seiner Gesundheit. Nach langer, noch nicht ausgeheilter Grippe musste er beim Podlaha Äpfel vom LKW laden und holte sich dabei eine feuchte Rippenfellentzündung, die punktiert wurde. Das geschah mit 18 Jahren, erzählt und dargestellt von Josefin Platt in harlekinscher Schminkmaske und reduziertem Harlekinkostüm. Eingesetzt von Oliver Reese in der Phase, in der gar unglaubliche Interpretationen und Darstellungen aus dem Krankenhaus das Schicksal eröffnen, das den verschmitzten, aber gebeutelten Grantler ereilen wird. Die Absaugung des Sekrets in ein Podlaha-Gurkenglas trieb ihn in die Bewusstlosigkeit, dann in ein Sterbezimmer zu Todgeweihten. Die vielen Infusionsschläuche ließen ihn das Ganze als ein Marionettentheater wahrnehmen. 
Eine Krankenschwester hätte ihn beinahe unter einem Wäscheberg erstickt. Dagegen die erstmalige Achtsamkeit seiner Mutter: Sie fütterte ihn mit Orangenspalten, der Moment, in dem er am meisten Liebe und Nähe von ihr erlebte. Er bekam auch Besuch von seinem Großvater, der ihm sagte, er habe die Krankheit selbst erfunden, um in den Denkbezirk seines Bewusstseins zu gelangen. Er könne ihn auch wieder verlassen. Und grüßte ein letztes Mal an der Tür des Saals. Er starb kurz darauf, er, der Thomas B. die Schule des Lebens war. Von ihm hatte er das meiste gelernt. Bernhard fühlte sich für immer aus der Schule entlassen. 
Die Klaviernoten zur Zauberflöte, die ihm zufällig in die Hände gefallen waren, machten ihm dagegen klar, dass er nie mehr singen könnte. Ganz wichtige Erkenntnis in dieser Zeit der Punktionen, die ihn sich elend fühlen ließen, den Husten evozierten, war auch, dass das Leben ein schäbiger Betrug, ein abgerissener Veranstaltungskalender war.

Und dann die Überweisung ins Erholungsheim Grafenhof, vierter Teil (Kälte), degoutante Schilderungen der Lungenkranken, die Erläuterungen zum Umgang mit dem Sputum. Vincent Glander übernahm die Rolle des Autors im Sonntagsstaat eines Beerdigungsbesuchers zwischen "Prozession" und "Schubert". Alles schien ihm wie eine Prozession, in der die Monstranzen die braunen Glasspuckflaschen waren, deren Inhalt den Lungen entlockt wie Klänge beim Saitenspiel. Die Schubert-Messe sonntags in der Kirche eine Aufführung mit gewaltigem Schlusshusten aller prägte sich ein. Passend dazu der Regieeinfall Frühschoppen aus der Sputumflasche. Hier muss der 15-Jährige (Viktor Tremmel) ans Werk, warum auch immer. Bernhard war in dieser Behandlungsphase bereits tuberkelfrei. Oliver Rees setzt hier wieder die Zeitklammer ein, indem Viktor Tremmel  eine frühere Phase aus Teil 2 lebendig hält. Ganz wesentlich die Aussage: "Ich war ein Versager, ich habe überall versagt." 
Rückblick auf seine nichteheliche Geburt, er trug den Namen seiner Mutter, seinen Vater Alois Zuckerstätter hatte er nie kennengelernt. Der bestritt die Vaterschaft, sie wurde aber amtlich festgestellt, zahlte nie Unterhalt und kam schon mit 40 bei einem Gasunfall in Berlin um. Was Thomas B. als Kind wusste war, dass der Vater sein Elternhaus angesteckt hätte. Sein Name durfte im Haus der Mutter nie fallen. Der Sohn durfte sich monatlich das Staatsgeld von 5 Mark im Amt abholen, immer wieder der schmachvolle Gang zu Dr. Popp. Unehelich zu dieser Zeit war in den Augen der Öffentlichkeit ein starker moralischer Makel. 
Sie heiratete später und hieß dann Fabian. Während seiner Grafenhof-Zeit, als ein falsche Pneumothorax-Therapie beide Lungenflügel komprimierte und ein Gegendruck durch Schaffung eines Pneumothorax in der Bauchhöhle dies beheben sollte, starb Thomas B. Mutter mit 46 Jahren an Gebärmutterkrebs. In der Todesanzeige stand Hertha PAVIAN, statt Fabian. Alles Heilige kaputt, zerschlagen, schon immer in seinem Leben.
Er war sich aber sicher, eines erreicht zu haben: "Ich wollte immer ich werden, nicht etwas!"

In "Kind", Teil 5, dann der tiefe Blick in die kindlichen Demütigungen. Ein von Peter Schröder hervorragend und überzeugend gespielter Klein-Thomas auf dem Fahrrad unterwegs, ausgebüchst, um den Großvater zu besuchen. Eine gerissene Kette bringt ihn zu Fall, er landet im Graben, Wunden, die Angst vor der Mutter, dazu ein Unwetter. Er rettet sich zum Großvater, der Aufwärtsentwicklung in seinem Leben, während die Mutter ihn sicher brutal mit dem Ochsenziemer und psychologischer Vernichtung schlagen würde: "Du bist mein Tod! Du hast mir gerade noch gefehlt." Und immer die Einsicht beim Kind, dass sie ihren Mann schlug, nicht ihn. Zur Beruhigung der Gemüter und Einkehr ein genialer Einfall von Oliver Reese, Hostien wie Erdnüsse zu verteilen, alle knabbern eine Runde. Die Scheinmoral der Christen und ihre wahre Gesinnung, wir waren alle gute Menschen.  Innerhalb der Zeitklammer finden die Vertreter der biografischen Phasen final zusammen zum multiplen Spiel der Persönlichkeit.
Resultat seiner Bestrafungen war eine Eunuresis, die die Mutter wieder brutalst behandelte, sie hängte die verschmutzten und ungewaschenen Laken auf der Straßenseite vors Fenster, für jeden erkennbar, der Junge hat ins Bett gemacht, was demütigte und demütigte. Im NS-Schülerheim dann Frühstücksentzug, das nasse Laken ins Gesicht gehauen, stigmatisiert und wieder ausgestoßen als Bettnässer, allerdings noch weniger schlimm als bei seinem Freund, der sich einkotete. 

So erlebte man an diesem spannenden und fesselnden Abend die dramatische Persönlichkeit des Thomas Bernhard, der aus diesem Scheißleben ein 22-bändiges Kunstwerk geschaffen hatte. Das Stück mit einer Pause dazwischen und Einführung des Dramaturgen Michael Billenkamp zuvor beleuchtete den Autor Thomas Bernhard genau, sein Denken, das sich in allen Werken kaleidoskopartig verändert, aber immer doch um diese essentiellen Erlebnisse und deprimierte, resgnierte und gleichzeitig auch zum Durchhalten ermutigende Weltsicht dreht. Ich bin gespannt auf weitere Thomas-Bernhard-Inszenierungen im Schauspielhaus Frankfurt.