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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Dienstag, 3. Juli 2012

Für Sie besucht: "Der Stimmen-Brunnen", 2. Poetikvorlesung 2012 von Patrick Roth


Die 2. Poetikvorlesung in Heidelberg hatte nach dem geheimnisvollen Titel "Die Bild-Flamme" der ersten Vorlesung den nicht minder bedeutungsvollen Titel "Der Stimmen-Brunnen". Gemeint sind die Phänomene im traumvermittelten Schreibprozess, die tatsächlich in Gestalt von Stimmen auftreten, einem sagen, was zu tun ist, oder eine Richtung zeigen.
Gleich nach der 1. Poetikvorlesung erlebte Patrick Roth zwei Tage später einen bezeichnenden Traum, den der Dichter sofort für seine Intention verwenden konnte. Es ging im Traum um ein Buch über das Leben Jesu, das kindlich-naiv dasselbe darstellt, was ihm ganz besonders schützenswert erschien. Das Buch begann sich aufzulösen und konnte nur durch das Verpacken, Konservieren, Schützen mit einer DIN-Versandtasche gerettet werden. Der kindlich-naive Glaube musste geschützt werden, vor jenen dunklen Kräften, die in Vorlesung 1 eben klar dem Abgründig-Hässlichen und Gewalttätigen zugeordnet wurden. Denn das Kindliche - das ist tragendes Teil der Poetik - wird als Quelle der Träume und der Zukunft als bewahrenswertes Gut betrachtet.
Patrick Roth zog das 8. Buch der confessiones von Augustinius mit in seine Überlegungen ein, denn hier wird die Psyche beleuchtet. Worauf es im Dialog mit der anderen Seite schließlich ankommt ist das Signal aus dem anderen Bereich. Gerade beim Schreiben muss man dem Kindlichen, Inferioren, Unbedeutenden Ausdruck verleihen können, jeder noch so kleine Einfall muss verfolgt werden. Zum Beispiel die Stimme eines Kindes in dem Traum, der der Vorlesung ihren Namen gab. Es sagte "Nimm es [das Buch], lies es!" Der Hinweischarakter, seine Bedeutung ist mehr als evident. Auch die Position, der Zeitpunkt sind aufschlussreich. Am meisten Aufschluss jedoch gibt das "dead end", dort, wo kein klarer Sinn mehr herrscht, im Unbewussten. Hier liegt der Weg, wo eigentlich keiner zu sein scheint. Wo "das Ich sich nicht geschmeidig bewegen kann", das Unbewusste sich breit macht ... Hier kann alles Eigene, das man sucht oder bei anderen glaubt verwirklicht zu sehen, aufsteigen. Es ist nichts anderes als das Vorbewusste, das uns Kontakt zu beiden Welten gibt. Hier kann das Ich "rohe Inhalte, Aufsteigendes, Gerufenes" verarbeiten, auch wenn es nur im "Dreck des eigenen Bergwerkes" landet. Was wir eigentlich nicht öffentlich wissen wollen, kann hier abgeholt werden - „der Verrat am Eigenen, Verdrängten" ist die Conditio sine qua non für das Schreiben. Mit einem Ausflug über John Fords Verfilmung des Lebens von Abraham Lincoln, mit Henry Fonda in der Rolle von Lincoln wird die Poetik erneut verifiziert, der Sessel Lincolns im Museum in Michigan/Illinois spielt hier eine Rolle hin zur Ermordung des US-Präsidenten damals und John F. Kennedys später, der Attentäter Lincolns nicht im Film enthalten, eine bewusste Leerstelle, herausgeschnittener Mr. Spooth ... nicht bearbeitet ... und später ein Treffen mit Henry Fonda als altem Mann, mit Jeans und Westernshirt, lakonischen Bemerkungen.
Wie hält der Schreibwillige alles fest? Patrick Roth gab uns einen Einblick in eine wirklich ungewöhnliche Schreibtechnik. Seine Gedanken entwickeln sich am Besten – scheinbar voll amerikanisiert - beim Autofahren und Spritverbrauchen des Nachts. Immer wieder hält er an, macht eine Pause und schreibt alles nieder, was ihm in den Sinn kommt. Die gewonnenen Absätze muss er selbst laut hören, um sie verbessern oder akzeptieren zu können, genauso, wie er einlädt, sein ganzes Buch zu hören, und sei es drei Tage oder länger ...
Und ein wunderschönes Bild zum Schluss gab uns ein Zeichen, den Weg zum tiefsten Ort des Sinns, der Schatzkammer der Bedeutung zu suchen, wie der Junge in dem Film „Stalker“ von Andrej Tarkowskij, der sich über den Rand beugt, um im Wasser den tiefsten Stern zu erkennen, oder eben wie im Spiegelbild des Brunnens, der in "Sunrise" vorkommt. In diesen Momenten des Hineinblickens wird die Stimme ankommen, die Stimme des Unbewussten wie des Erlösers. Das Angebot ist groß und das Benützen erlaubt, denn wer dürstet, der nehme ...

Sonntag, 24. Juni 2012

Buchbesprechung: SUNRISE von Patrick Roth


Patrick Roth
SUNRISE
Das Buch Joseph. Roman
Göttingen 2012, 510 S., geb., Schutzumschlag,
14,90 € (D), Wallstein Verlag

Patrick Roth ist in den letzten Jahren immer wieder als einer der zentralen deutschsprachigen Autoren zum Thema »Literatur und Religion« in Erscheinung getreten.
In seinem neuen Roman SUNRISE erzählt er die Geschichte von Joseph von Nazaret, dem Ziehvater Jesu. Ihm, der in der biblischen Überlieferung stets eine Randfigur geblieben ist, gibt Patrick Roth eine Geschichte. Er erzählt von einer ersten Frau Josephs und dem gemeinsamen Kind, das dem jungen Vater in einem dramatischen Sturm aus den Händen gleitet und ertrinkt. Später befreit Joseph einen ägyptischen Sklaven und verletzt dabei den Aufseher schwer. Diesem Aufseher begegnet er im Laufe seines weiteren Lebens immer wieder, und auch der befreite Sklave ist in seinen Träumen und Visionen präsent. Spricht Gott durch diese Begegnungen zu Joseph und was trägt er ihm auf?
Zentral für die Person Josephs ist seine Menschlichkeit. Er empfängt den Auftrag, wie Abraham seinen einzigen Sohn zu opfern, und hofft, dass auch er nur auf die Probe gestellt werden soll. Doch das Opfer findet nicht statt, und dadurch ermöglicht Joseph eigentlich erst die Leidensgeschichte Jesu, wie sie in der Bibel berichtet wird.
Diese bewegende Geschichte erzählt Patrick Roth in einer Sprache, die an die Bibel angelehnt ist und in ihrer elementaren Erzählkraft einen starken Sog entwickelt.

»Die Literatur darf das Erhabene und das Pathos reiten wie ein Sternenross - wenn sie kann. Und Roth kann es wie niemand sonst.« (Hubert Winkels, Die ZEIT)

Patrick Roth, geb. 1953 in Freiburg/Breisgau, wuchs in Karlsruhe auf. Er studierte in Paris und Freiburg (Anglistik, Romanistik, Germanistik), ab 1975 in Los Angeles (Filmregie und Filmproduktion, Schauspiel, Drehbuch). Seitdem lebt er in Kalifornien.
Er drehte Kurzfilme und veröffentlicht seit 1990 Romane, Novellen, Theaterstücke und Hörspiele (u.a. Riverside, Johnny Shines, Corpus Christi, Starlite Terrace, Die Nacht der Zeitlosen). Er erhielt u.a. den Rauriser Literaturpreis, den Hugo-Ball-Preis, den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung und war Mainzer Stadtschreiber.
Zurzeit laufen die Heidelberger Poetikvorlesungen (noch bis 5.7.), siehe Internet, die einem 3 besondere Abende bereiten werden. In Teil eins ging es im Wesentlichen um Traumbilder als Leitfiguren für das Handeln, das Leben und das Geführtwerden - die Bild-Flamme.