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Sonntag, 28. April 2013

Wie war's beim BLACK RIDER, Oper von Borroughs, Waits, Wilson in Kaiserslautern?



Carl Maria von Webers Oper Freischütz, der 1821 in Berlin uraufgeführt wurde, bekam bei Tom Waits, Robert Wilson und William S. Borroughs in "THE BLACK RIDER. The Casting of the Magic Bullets" ein völliges neues Gewand. Modernisierung allenthalben, Anleihen beim Musical, Varieté und Zirkus. Gerade die beiden Hanswurste Markus Kloster und Markus Penne, die sich, das Ganze moderierend, in ganz verschiedenen Rollen als V-Leute der nichttheatralen Außenwelt im Brechtschen Sinne und Brechtschem Drama erweisen. Sie eröffnen die Oper mit einer nichtendenwollenden, völlig überzogenen, nicht zu verstehenden, weil sich gegenseitig übertönenden Begrüßung und Anpreisung der dargebotenen Geschichte bis das erlösende, kaum in diesem Stück zu erwartende "Auf geht's" ertönt, wie später die Maß Bier auch, ein Seitenhieb auf unsere alpine Erlebniswelt aus dem Hause Kitsch. Das Verdienst des Regisseurs Andreas Kloos im Kaiserslauterner Pfalztheater, dessen Inszenierung nach den Radikalveränderern Borrough/Waits/Wilson mir wegen ihrer Klarheit und Akzentuiertheit sehr gut gefiel. Gesehen am 25.04.2013. 

Weg mit überflüssigen Figuren und Runterfahren oder Ironisieren der Wälderromantik, Veränderung der Figurennamen, deutlich angekündigt mit Namensschildern, die die Figuren zwei Minuten vor sich hielten, kaum noch Romantik in der Liebesbeziehung oder der Sprache. Dennoch Sätze wie dieser, von Agathe gesprochen: "Liebe lässt die Welt sich drehen, zieh sie auf, sonst bleibt sie stehen." Eher findet eine Sprachdekonstruktion statt durch Stottern, Gurgeln, Vibrieren in der Modulation bei Bertram und völliger Verzerrung beim Stelzfuß Black Rider, dem schwarzen Jäger, Veteran, verruchter Halbweltfigur mit Netzstrümpfen und versucht männlichem Outfit, mit einem roten und einem schwarzen Handschuh (der Stelzhand?), quasi der Teufel in verschiedenen Facetten. Ganz toll gespielt von Astrid Vosberg, die leider den kompletten Redetext und Gesang stark verfremden sollte, was mir der teuflischen Verlockung zu viel Bittersüße, Stärke und Gefahr nahm - obwohl, der Teufel als Karikatur hat auch etwas. Erbförster Kunos (Peter Nassauer) ominöse Worte über die Freikugeln eher das Geplapper eines greisen Alten, das Lob auf Natur und Jagd, mit dem Maßkrug in der Hand, nur eine Farce, eine Täuschung, die Maß wird zum Gagartikel und als unecht deklariert. Der schöne Schein lange präsentiert. Webers Max wird zu Wilhelm, rothaarig wie auch Käthchen, deren Vater Bertram (Jan Henning Kraus) und deren Mutter Anne (Hannelore Bähr, die noch Schwerstarbeit bei einem späteren Monolog in Schreilautstärke leisten musste) sowie verblüffenderweise der Herzog (Günther Fingerle), der wiederholt die Conditio sine qua non für eine etwaige Heirat Wilhelms und Kätchens postuliert: "...ein Jäger muss es sein!" Webers Agathe wird zu Käthchen, die ominösen originären Zeichen vor der Hochzeit, eintreffender Totenkranz und Verletzung durch ein herabfallendes Bild verschwinden fast. Die Kugeln übernehmen die entscheidenden Rollen, so auch in den Western-Schießübungen des sympathisch und sehr überzeugend gespielten Wilhelms (Dominique Bals), der ja als Schreiberling von der Schießkunst keine Ahnung hatte und nun kapitale Hirsche und dergleichen erlegt! Der historische Kaspar, der vom "Teufel" besessen, als Freier von Käthchen wegen Fehlschüssen keine Chance hat und zum mit dem Teufel verbündeten Widersacher Max' bzw. Wilhelms wird, scheint zu Robert (Oliver Burkia) geworden zu sein. Webers Brautjungfern erscheinen verändert als neogrün bestrumpfte junge Frauen, die z.B. das Ritual der Kugelgießung durch Wilhelm mit rhythmischem Kochlöffelklopfen auf Tellern begleiten und Wilhelms Ekstase untermalen. Nach der letzten Kugel die Erschöpfung und das knappe Entrinnen vor dem Teufel nach einem extremen Tanz.

Die klassische Oper schon weit hinter sich, finden wir einen dichten Einsatz von Zeichen und Symbolen, ob 8 Hirschgeweihe oder unzählige Zielscheiben an der anderen Wand, drei Bäume wie Totempfähle in der Mitte, der Veteran Stolzfuß im Rollstuhl, Kuno im Altenheimbett siechend, Kugelgießen und Kochen als Synonym, die Kugeln und das Roulettespiel mit den Irrläufern ... Die Hochzeit naht, der berühmte Schuss muss getan werden. Wilhelm erwischt die 7. und verkehrte Kugel vom Black Rider, die nicht das Wild, sondern seine Geliebte trifft. Agathe, zu imposanter Höhe, fast wie am Kreuz, emporgehoben, sinkt zusammen, das Teufelswerk ist vollbracht. Wilhelm wird über seine Tat verrückt - alle hätscheln ihn als Kranken - seine Seele beim Teufel? Ganz wichtig, dass William S. Borroughs, lange Zeit drogensüchtig, ein persönliches Erlebnis hier einbrachte, da er 1951 seine Ehefrau beim Wilhelm-Tell-Spiel (!) erschoss.

Das Schlussbild, wie auch etliche wichtige Szenen davor, ganz dicht vorne und beeindruckend am Bühnenstegrand des Orchestergrabens, sehr beeindruckend und mit exzellenter Unterstützung von "Manfred Knaak's M** from Hell"-Band, Alexandra Maas u.a. am Akkordeon ...
Ein gelungener Abend mit exakt gesetzten Effekten und den kommentierenden Songs von Waits.

Dienstag, 23. April 2013

Donnerstagabend in Kaiserslautern: THE BLACK RIDER: The Casting of the Magic Bullets

v. l.: Adrienn Cunka (Käthchen), Dominique Bals (Wilhelm), 
Peter Nassauer (Kuno), Hannelore Bähr (Anne), Jan Henning Kraus (Bertram).
                                                                             Foto: Hans-Jürgen Brehm Seufert

The Black Rider: The Casting of the Magic Bullets
Musical von Tom Waits, William S. Burroughs und Robert Wilson
Premiere im
Pfalztheater Kaiserslautern war am 02.02.2013

 Um seine Geliebte, die Tochter des Försters, heiraten zu können, ist Wilhelm bereit, die versprochene Stelle des Amtsschreibers auszuschlagen und stattdessen Förster zu werden. Ein erfolgreicher Probeschuss ist die Bedingung für die Hochzeit, aber je näher diese Probe rückt, desto unsicherer werden Wilhelms Schießkünste. In seiner Verzweiflung nimmt er von einem geheimnisvollen Invaliden Kugeln an, die ihr Ziel niemals verfehlen. Schnell gewöhnt sich Wilhelm an die magischen Kugeln, für den Probeschuss müssen bereits neue hergestellt werden. Da er den Invaliden nicht wiedersieht, macht sich Wilhelm selbst an das Zauberwerk und lockt so den schwarzen Reiter herbei, der die Bedingung für die magischen Kugeln nennt: Eine der Kugeln gehorcht nur ihm. Voll dunkler Vorahnung fleht Wilhelms Braut ihn an, den Probeschuss nicht abzugeben, doch Wilhelm schießt...
Die Volkssage „Der Freischütz“ inspirierte den Starregisseur Robert Wilson zu einer eigenen Neufassung, für die er Rocklegende Tom Waits und Beat-Generation-Autor William S. Burroughs als Mitstreiter gewinnen konnte. Durch ihre innovative Zusammenarbeit entstand mit „The Black Rider: The Casting of the Magic Bullets“ die zweite musikalische Bearbeitung des „Freischütz“ nach Carl Maria von Webers gleichnamiger Oper – rauer, finsterer und moderner. Waits musikalischer Ideenreichtum zeigt sich auch in diesem Stück in einer ungeheuren Bandbreite an Musikstilen, die auf einzigartige und effektvolle Weise miteinander verschmelzen und die klassische Musical-Musik weit hinter sich lassen.
Die bejubelte Uraufführung von „The Black Rider: The Casting of the Magic Bullets“ fand 1990 im Thalia Theater Hamburg statt.
Seitdem eroberte das Werk in einem einzigartigen Erfolgszug die deutschen Bühnen.


Musikalische Leitung: Manfred Knaak
Inszenierung: Andreas Kloos
Bühne: Juan León
Kostüme: Marcel Zaba.