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Freitag, 4. Dezember 2020

CHANGE.ORG / Minderheiten: Uigurische Muslime in Konzentrationshaft oder im Alltag unterdrückt



Über 3 Millionen uigurische Muslime sind derzeit in Konzentrationslagern in Xinjiang untergebracht. Durch gezielte Folter, Überwachung, und Gehirnwäsche wird dabei versucht, den Uiguren ihre Religion auszutreiben und sie zu „normalen Bürgern“ zu machen. Das was dort gerade hinter verschlossenen Türen stattfindet, ist ein Genozid!

Männer werden in Konzentrationslager gesperrt, Kinder von ihren Eltern weggerissen und in Waisenhäuser gesteckt und Frauen werden gegen ihren Willen mit anderen chinesischen Männern verheiratet. In den Konzentrationslagern werden sie gezwungen, Schweinefleisch zu essen, Alkohol zu trinken und sich selbst als Muslime zu verurteilen. Durchgesickerte Informationen aus den Konzentrationslagern zeigen zudem, dass Häftlinge Pillen schlucken müssen oder gegen ihren Willen Injektionen gespritzt bekommen: Sie sind Opfer medizinischer Experimente, von Organentnahmen und Sterilisationsverfahren! Sie müssen Propaganda-Lieder einstudieren und sich zu erfundenen Sünden bekennen. Mittlerweile sind 10-30% der uigurischen Muslime in diesen Konzentrationslagern untergebracht!

Aber auch die Uiguren außerhalb der Konzentrationslager leben in schlimmen Zuständen. Sie werden gezwungen, sich eine „Spyware-App“ auf ihr Handy zu installieren, damit die Regierung jede einzelne ihrer Aktivitäten überwachen kann. Muslimischen Frauen wird verboten Ihre Hijab (Schal) zu tragen, es sei denn sie ist über 45 Jahre alt, sie dürfen keine Fremdsprache sprechen, Halal essen ist verboten und Schweinefleisch und Alkohol ist ein MUSS in jedem Haushalt. Die chinesische Gesichtserkennung kann zudem erfassen, wer sich in der Nähe einer Moschee aufhält und diese Menschen dafür bestrafen. 

Für China ist der Islam eine ansteckende Krankheit,
die es zu besiegen gilt. Die Regierung möchte durch 
drastische Maßnahmen die Moslems de-radikalisieren.
Der viel zu politische, aggressive Charakter dieser 
Religion ist der Regierung ein Dorn im Auge. Sie
wirft den Anhängern mangelnde Anpassung an die  
gültigen Sitten und Werte vor. Der Islam missachte
die chinesische Staatsform und Gesetzeslage. Der
gesamte arabisch-orientalische Einfluss ist den Chinesen
verhasst. Sie wollen radikal umerziehen. Ob sie dabei
auch zu den verhassten Karikaturen greifen? Vielleicht
kommen demnächst 5 Mio Prints für 4,95 €/St. nach Europa... 

Seit dem Frühjahr 2017 geht das nun schon so. Eine US-Kommission bezeichnete die Konzentrationslager in Xinjiang als "die größte Masseninhaftierung einer Minderheitsbevölkerung der Welt". Niemand verdient es, wegen seiner religiösen Überzeugung verfolgt zu werden. 


Petition unterschreiben

Samstag, 6. Juli 2013

Wie war's bei Alban Bergs WOZZECK im Pfalzbau Ludwigshafen?

v. l.: Carlos Aguirre (Tambourmajor), 
Adelheid Fink (Marie)
Copyright: Stephan Walzl

Alban Bergs WOZZECK, 1925 in Berlin uraufgeführt, entstand kriegs- und krankheitsbedingt mit großen Verzögerungen seit 1914 und war nach der Aufführung nur bis 1932 auf den Spielplänen. Als sog. "nervenklinisches Stück" musste es der entarteten braunen Vorstellung weichen. Danach wurde es nach 1945 wieder aufgenommen, jedoch mit wenigen Aufführungen. Auch in Kaiserslautern das letzte Mal vor 20 Jahren. 

In Ludwigshafen sah ich am 27.06.2013 eine Aufführung des Pfalztheaters Kaiserslautern, die sehr beeindruckte. Eine großartige Inszenierung, die den historischen Woyzeck hervorragend transportierte, die Sprache wurde bereits von Alban Berg geglättet, der Dialekt stark reduziert.  Etliche Gegenwartszitate holten die Woyzeck-Problematik zeitlich ganz dicht ran, obwohl der historische Fall schon 200 Jahre alt ist. Aber am menschlichen Empfindungs- und Handlungsschema ändert sich nichts. 

In einer die Stilrichtung Expressionismus der 1920er-Jahre zitierenden Großstadtkulisse lebt Marie mit dem etwa 10-jährigen Sohn (in anderen Versionen ist es ein Kleinkind, Säugling). Regisseur Urs Häberli hatte wohl auch den historischen Fall in Leipzig vor Augen, den Büchner aus der medizinischen Zeitschrift seines Vaters kannte.
Die Bühneninterpretation: Woyzeck arbeitet als Bursche für einen Hauptmann, der hypochondrisch sich scheinbar schwerstbehindert durch die Welt schleppt, bis er am Ende nach Bekehrung durch den Doktor seine Krücken dort im Teich versenkt, wo auch Marie gerade alleingelassen stirbt. Dieser Hauptmann wird zum Rollifahrer aus Leidenschaft stilisiert, weil er ein eingebildeter Kranker ist, er leidet am Vergehen der Zeit, dies macht ihm Riesenprobleme. Der Tod der Marie scheint ein Opfer zu sein, dass den Hauptmann wieder gesund macht. Wozzeck verachtet er, weil er ein Kind ohne den Segen der Kirche hat. Er sagt das offen und riskiert einen Angriff von Wozzeck, drum: "Er ist gut, ein guter Mensch". 
v.l.: Alexis Wagner (Doktor), 
Bernd Valentin (Wozzeck), 
Andrew Zimmerman (Hauptmann)

Copyright: Stephan Walzl

Auch der gnadenlose Menschversuch durch den Doktor eine bizarre Ausformung bereits durch Büchner. Wozzeck soll nur Erbsen, dann nur eine Sorte Fleisch essen, das ist der Plan, und begeistert beobachtet der Doktor, sich unsterblichen Ruhm ernten wähnend, wie Wozzeck Wahnvorstellungen entwickelt, "er hat eine aberratio mentalis partialis". Urinieren jedoch lehnt er bekanntermaßen ab, sein Auftrag an Wozzeck lautet: Er solle essen, rasieren, nicht jedoch pissen, und schon gar nicht wild. Denn dafür seien die täglichen Groschen zu schade. Deutlich wird die Instrumentalisierung der einfachen Leute, ihre scheinbare Wertlosigkeit und Ausnutzung schon zu allen Zeiten.


v. l.: Carlos Aguirre (Tambourmajor), 
Adelheid Fink (Marie), 
Andrew Zimmermann (Hauptmann. Schatten)
Copyright: Stephan Walzl
Wozzecks Wahnvorstellung ist bereits ordentlich ausgebildet, was auch die Szene auf dem Feld mit Andres zeigt: "Flammen bis zum Himmel", "unten wandert was", "still, alles still, als wäre die Welt tot". Marie ist über ihre Lage unglücklich, sie hat ein Hurenkind, ist selbst verschrien als Flittchen  - "Junge, du machst mir so viel Freude mit deinem unehrlichen Gesicht" -  sie schätzt Franz Wozzeck, weil er ihr weiterhin hilft und alles Geld abliefert.  Obwohl er so verwirrt ist ... Aber die Sehnsucht nach einem gescheiten Mannsbild lässt sie weich werden: "Meinetwegen, es ist alles eins ...", spricht's und gibt sich hin. 

Das Leben der armen Leute, Taglöhner, zu dieser Zeit, ihre Handlungsunfähigkeit, Gelähmtheit in der Unterdrückung, wurde eindrucksvoll von Büchner beleuchtet: Woyzeck erklärt dem Hauptmann, dass er wohl Moral hätte, dürfte er besser leben, und Marie: "Wir haben ein Eckchen im Leben und ein Stück Spiegel ..." Sie lässt sich ein zweites Mal unehelich ein, wird für die Öffentlichkeit erneut zur Hure und die Regie gibt ihr auch diesen Touch. Sie bereut, aber hat die Nase voll von Wozzeck, stößt ihn weg. Der Tanzball, das Feiern des Tambourmajors und der Leute aus der Stadt bekommt etwas Orgiastisches: "... die Welt ein Lasterhaufen, alles wälzt sich übereinander." Wozzeck wird vom Major zwangsweise betrunken gemacht, er zwingt ihn Schnaps zu trinken. 

So wird die finale Bluttat zur Tat aus Unzurechnungsfähigkeit, aber unausweichlich. Bevor Marie durch Franz' Messer tödlich verletzt wird, stellt Büchner Marie im Text in einen religiösen Bezug. Befreit von Schuld möchte sie als Magdalena dem Herrn die Füße salben und wird selbst zu einem weiblichen Jesus. "Der Mond erschreckt mich, er ist ganz blutig", ruft Wozzeck, als es vorüber ist. Wie der Himmel zerriss in der Kreuzigung Jesu. 

Skurril die Rolle eines Seemanns in High Heels, der Wozzeck stumm kommentiert. Überhaupt fallen die Zeichen von Matrosentum, Schiffahrt auf. Einerseits wohl auf das Kindertheaterfestival Ludwigshafen hinweisend, dass ein Schiff als Zeichen verwendet und wohl auch Kinder in der Aufführung einsetzte, und andererseits Matrosentum und Prostitution zur Erklärung ganz naherückt.

Eine bewundernswerte Aufführung eines durch Alban Berg fantastisch bearbeiteten und jahrelang stiefmütterlich behandelten Stoffs in einer genialen Oper. Alle Regungen, Emotionen perfekt unterstützt durch die Komposition, überzeugende Stimmen, gerade in den Hauptrollen - Liam Rödler stumm in der Rolle des Kindes - und eine sehr treffende Interpretation durch das Orchester und Chor des Pfalztheaters Kaiserslautern, Leitung Uwe Sander und Ulrich Nolte (Chor).

Freitag, 3. Mai 2013

Fantasien zur Nacht: DER ROSENGARTEN von Ute AnneMarie Schuster


Der Rosengarten

Gleich einem Engel ohne Flügel,
so sanft, so süß, so schön, so rein,
der Mund wie Rosen aus dem Garten,
Dein Blick, er konnt´ nicht treuer sein.
All dem hab ich nicht widerstanden,
ich nahm die Hand, die sich mir bot.
Genoss die Jahre, die verbanden,
es waren Jahre ohne Not.

Gleich einer Hexe ohne Besen,
so bös, so hart, so hundsgemein,
schlugst später Du mit Deiner Peitsche
auf mich und meinen Körper ein.
All das hab schweigend ich ertragen,
ich nahm es hin, so wie es war.
Pflegte den Garten mit den Rosen,
die Rosen blühten Jahr für Jahr.

Gleich einem Engel ohne Flügel,
so sanft, so süß, so schön, so rein,
stehst Du in Deinem Rosengarten
und bindest mich in Fesseln ein.
Ich habe es schon fast vergessen,
dass ich ein Mann aus Fleisch und Blut.
Matt liege ich zu Deinen Füßen,
zum Gehen fehlt mir längst der Mut.

Gleich einer Hexe ohne Besen,
so bös, so hart, so hundsgemein,
ist nur ein Mensch, der nie erlebte,
wie schön es ist geliebt zu sein.
All meine Tränen, die ich weinte,
bewässern heut Dein Rosenbeet.
Blutende Masse ist mein Körper,
von Dornenstichen übersät.

© Ute AnneMarie Schuster, Weiz, Austria

Dienstag, 17. Juli 2012

AUS DER HAUT FLIEGEN von Annette Kallweit

Auf dem Heimweg verfiel ich mal wieder in ganz großartige Diskussionen mit mir selbst.

„Das war ein harter Tag heute und die Nacht davor hast du doch so schlecht geschlafen. Außerdem tun dir die Knochen noch von Samstag weh. Und morgen ist doch auch wieder Sport. Es macht rein gar nichts, wenn du den heutigen Abend strickend auf dem Sofa verbringst.“

Zuhause angekommen standen die Chancen für den Schweinehund bei gefühlten neunzig Prozent.  Die restlichen zehn Prozent musste nur noch der Gatte richten, indem er hoffentlich sagen würde, dass er heute auch keine Lust hat auf die Rennerei durch die Botanik.  Leider hatte er aber extrem viel Lust, zumindest acht Kilometer gemütlich durch den Wald zu wackeln.

Mit einem tiefen Seufzen holte ich die Laufsachen aus dem Schrank, maulte innerlich vor mich hin und stellte zum wiederholten Male fest, wie wenig Lust ich gerade habe, meine Freizeit dreimal wöchentlich im Laufschritt zu verbringen.

In dieser ausgeprägten Form gab es das noch nie. Ja, natürlich, mal einen Tag dazwischen zu haben, wo so gar nichts geht und man seine Seele einfach ohne jedwede Körperbewegung vor sich hinbaumeln lässt ... das ist wohl völlig normal. Aber über Wochen und Monate nach allen möglichen Ausreden zu suchen, die eine Auszeit von einer bestimmten Sportart legitimieren, das fühlt sich doch anders an.

Zeiten ändern sich. Und auch die Interessen und Vorlieben.  Für mich als menschliches Gewohnheitstier ist es allerdings nicht einfach, das einfach so zu akzeptieren.  So oft schon musste ich auf die Lauferei verletzungsbedingt verzichten. Und ich habe mich jedes Mal maßlos darüber geärgert. Anstatt mich also jetzt zu freuen, gesund und munter meinen Lebensweg flotten Schrittes durchlaufen zu können, hadere und zaudere ich und kann mich selbst am allerwenigsten leiden.

Andere Sportarten machen mir derzeit mehr Spaß, Bewegung zu bummernder Musik und dazu Tanz- oder Stepschritte, die meine Seele derzeit ganz anders entknittern können als die Stille des Waldes. Das, was ich immer so sehr geliebt habe, ist plötzlich so nebensächlich. Und ich schaffe es nicht, mir einfach einzugestehen, dass hier wirklich eine längere Pause vonnöten ist, um den Spaß an der Freud nicht ganz und gar zu verlieren.

Mir fehlt der Mut, aus meiner Haut zu fliegen und einfach mal ganz was anderes zu tun.

Und somit lief ich also doch wieder mal die altbekannte Acht-Kilometer-Schleife. Spürte die Schmerzen im Knie und meinen fliehenden Atem stärker als sonst. Rannte so schnell wie selten. Als würde es um mein Leben gehen und nicht um eine lockere Trainingseinheit.

Tatsächlich war ich danach ein wenig ruhiger und gelassener.
„Siehste, geht doch!“

Morgen werde ich die nächste Ausrede mit mir ausdiskutieren. Oder ich werde die Laufschuhe tatsächlich mal eine Weile komplett an den Nagel hängen.

“ flieg, flieg, fahr aus der Haut
weit, weit raus ins Freie
flieg, flieg, und eh der Morgen graut
wächst Dir 'ne nagelneue“

(Silly „Flieg“)

(c) Annette Kallweit, Düsseldorf

Samstag, 19. Mai 2012

Dichterhain: ICH BEOBACHTE DICH von Ute AnneMarie Schuster/Gabriele Springer

Ich beobachte dich   (c) Gabriele Springer

„Ich beobachte Dich“

Du weidest Dich an meinen Schmerzen,
an meiner Sehnsucht,
meiner Angst.
Die Angst, Du könntest mich verlassen,
wenn ich nicht tu,
was Du verlangst.

Dein Blick brennt Löcher in den Nacken,
die Hände greifen
meinen Po.
Der Atem stockt, ich will Dich hassen,
doch macht mich
jeder Griff auch froh.

Mir ist´s egal, ob Du Dich weidest,
an meinen Schmerzen,
meiner Angst.
Ich bin Dir hoffnungslos verfallen,
tu wieder das,
was Du verlangst.

Die Hände krallen sich in Federn,
der Mund beißt
sich ins eigne Fleisch.
Die Angst, ich könnte Dich verlieren,
hat wieder einmal
ausgereicht.


© Ute AnneMarie Schuster

Mittwoch, 2. Mai 2012

Buchbesprechung: DAS SCHEISSLEBEN MEINES VATERS, DAS SCHEISSLEBEN MEINER MUTTER UND MEINE EIGENE SCHEISSJUGEND von Andreas Altmann


Andreas Altmann 
Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben 
meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend

München 2011, 256 Seiten, gebunden 

€ 19,99 [D], Piper Verlag



»Ich kann Opfer nicht ausstehen. Ich war selbst zu lang eins.«
Andreas Altmann




Eine Geschichte aus der beschaulichen deutschen Provinz voller Misshandlungen, Demütigungen, bigotter, tätlicher Pfarrer und verkappter Nazis. Ein Vater despotisch, tyrannisch, brutal, unterdrückend, die Mutter ein Opfer, unterdrückt und gedemütigt, die Kinder getreten und misshandelt. Und das alles in dem erzkatholischen Ort Altötting. "...das herzkranke, das gefühlskranke, das geisteskranke Arschloch Franz Xaver Altmann" (Andreas Altmann) starb alleine mit 79 an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Keiner der Familie, die Frau und die Kinder nicht, wagten sich ans Sterbebett.
Andreas Altmann erzählt von seiner Kindheit und Jugend. Und wie am Ende aus einem Opfer ein freier Mensch wird. Erst mit Mitte 30 kann er verstehen und akzeptieren, dass der Krieg aus seinem Vater ein "Schwein" gemacht hat.

Eine Kindheit der Nachkriegszeit im idyllischen Wallfahrtsort Altötting. Doch die Geschichte, die Andreas Altmann erzählt, handelt weder von Gnade noch von Wundern, sondern von brutaler Gewalt und Schrecken ohne Ende. Schonungslos blickt Altmann zurück: auf einen Vater, der als psychisches Wrack aus dem Krieg kommt und den Sohn bis zur Bewusstlosigkeit prügelt, auf eine Mutter, die zu schwach ist, um den Sohn zu schützen, und auf ein Kind, das um sein Überleben kämpft. Erst als Jugendlichem gelingt Altmann die Flucht. Die schreckliche Erfahrung aber kann ihn nicht brechen. Sie wird vielmehr der Schlüssel für ein Leben jenseits des Opferstatus. Ein Leben, in dem er seine Bestimmung als Reporter findet: »Hätte ich eine liebliche Kindheit verbracht, ich hätte nie zu schreiben begonnen, nie die Welt umrundet …«


© Nathalie Bauer

Der Autor
Andreas Altmann arbeitete u. a. als Privatchauffeur, Anlageberater, Buchclubvertreter, Parkwächter und Schauspieler, bevor er endlich das fand, was er wirklich machen wollte: die Welt bereisen und als Reporter darüber schreiben. Heute zählt er zu den bekanntesten deutschen Reiseautoren und wurde u.a. mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis und dem Seume-Literaturpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschien von ihm »Triffst Du Buddha, töte ihn!«. Altmann lebt in Paris.


»Es ist ein Buch gegen Krieg, gegen  Katholizismus, überhaupt Religion,gegen kleinstädtische Borniertheit, Bigotterie, Heuchelei, Feigheit,Verdruckstheit, Provinzmief, Kleinherzigkeit, Stumpfsinn, Gewalt ( … ) Etwas Besseres lässt sich aus einer Scheißkindheit kaum machen.«
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
»Das Buch ist das Beste und Böseste, was seit Thomas Bernhards "Auslöschung"...auf Alpenländisch zu lesen war über die Abgründe des Menschseins.«
Die Zeit


Donnerstag, 22. März 2012

Buchbesprechung: Zerrissene Erinnerung


Irina Scherbakowa
Zerrissene Erinnerung
Der Umgang mit Stalinismus und Zweitem Weltkrieg
im heutigen Russland
Jena Center Geschichte des zo. Jahrhunderts.
Vorträge und Kolloquien, Bd. 7
September 2010, 152 S., franz. brosch.,
15,- € (D); Wallstein Verlag


Geschichtsbewusstsein und Geschichtsaufarbeitung in Russland sind bis heute ein schwie­riges Thema. Irina Scherbakowa beschreibt, wie Stalin die Geschichte instrumentalisierte, um Russlands Macht zu demonstrieren. Alles, was dem »Soldatensieger« widersprach, wur­de verleugnet und in Schweigen gehüllt: Es war verboten, seine Memoiren zu schreiben - zumindest wenn sie nicht dem glorreichen Bild entsprachen. Kriegsversehrte mussten in Heimen fern der Öffentlichkeit leben, Feinde und Verräter wurden ins Gulag gesteckt. Kriegsopfer- und Kriegsgefangenzahlen unterlagen strenger Geheimhaltung. Und wo es keine Opfer gab, waren auch keine Gedenkorte nötig. Die einzige Chnce, ihr Wissen und ihre Kenntnisse weiterzugeben, war der mündliche Weg. So auch bei vielen Verbannten, Unterdrückten, Verbotenen in der Nachstalinzeit, Liedermacher, Dichter, Autoren, Musiker, Maler ... Eine hochgradige Ungerechtigkeit.
Wie gingen und gehen Russen mit ihrer Geschichte um ? Dieses Thema beschäftigt Irina Scherbakowa im vorliegenden Essay, der auf Seminartage und öffentliche Vorträge an der Universität Jena im Semester 2008/2009 zurückgeht. Abgeschlossen wird der Band von einem Gespräch, in dem die Autorin über ihre Beweggründe und Motivation spricht.


Die Autorin
Irina Scherbakowa, geb. 1949, ist Historikerin und Publizistin. Sie arbeitet für die Menschen-rechtsorganisation »Memorial« in Moskau. Von 1992 bis 2007 lehrte sie am Zentrum für Oral History der Sozial- und Geisteswissenschaftlichen Universität Moskau. Sie war Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin und am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien. Veröffentlichungen u.a.: Unruhige Zeiten. Lebensgeschichten aus Russland und Deutschland (2006); Russlands Gedächtnis. Jugendliche entdecken vergessene Lebensge­schichten (2003); Nur ein Wunder konnte uns retten. Leben und Überleben unter Stalins Terror (2000).