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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Montag, 8. Juni 2015

Für alle Operntenor-Fans: Digitales Fritz-Wunderlich-Archiv in Kusel für den Local Hero

Im eher unscheinbaren und keine hohen Investionen im Erscheinungsbild erkennbaren Stadt- und Heimatmuseum der ebenfalls unscheinbaren, bald multinational geprägten Asylgeberstadt Kusel gibt es jetzt ein digitales Archiv zum Schaffen des berühmten Tenors Fritz Wunderlich, der in dieser Stadt am 26. September 1930 geboren wurde. 

Allen Mythen zum Trotz hatte er sicher wenig positive Erinnerungen an Kusel. Sein Eltern waren Musiker und kurzzeitig Betreiber eines Wirtshauses. Sein Vater verlor nach Repressalien ortsansässiger Nazis seine Arbeit und verübte Selbstmord, als Fritz Wunderlich 5 Jahre alt war. Seine Mutter ernährte seine Schwester und ihn mit Musikunterricht und -aufführungen. In Kaiserslautern nahm er Gesangsunterricht. 

Sein Erfolg stellte sich in Stuttgart 1955 durch eine Krankheitsvertretung ein, was ihn über Nacht bekannt machte. Ab 1960 war er festes Ensemblemitglied der Bayrischen Staatsoper München, bevor er kurz vor seinem 36. Geburtstag und kurz vor seinem Debut an der Metropolitan Opera in New York nach einem Sturz von einer Treppe im Haus von Heinz Blanc in Derdingen im Kraichgau am 16. September 1966 einen Tag später in Heidelberg verstarb. Wunderlich war mit der Harfenistin Eva Jungnitsch verheiratet und hinterließ drei Kinder. Er wurde im Alten Teil des Waldfriedhofs München begraben. 

Für Fans, Museumsbesucher und Musikwissenschaftler gleichermaßen bietet dieses Archiv die Möglichkeit, an die 350 Stunden Musik aufzurufen, sowohl offizielle Plattenaufnahmen als auch private Mitschnitte. Ferner Tondokumente, wie Interviews und Filmdokumente von und mit Fritz Wunderlich. Die Fritz-Wunderlich-Gesellschaft bezog die Dokumente aus privaten Sammlungen. Im Moment lässt nur ein einziger Arbeitsplatz mit Bildschirm und Kopfhörer auf das Archiv zugreifen. Alle Dateien dienen nur der privaten Information und sind aus Urheberrechtsgründen nicht kopierbar. Wer den Arbeitsplatz benutzen möchte, muss sich daher vorher beim Stadt- und Heimatmuseum anmelden.




Fritz Wunderlich singt "Freunde, das Leben ist lebenswert"des Giuditta von Franz Lehár

Es spielt das SWR Radio Orchestra Kaiserslautern unter der Leitung von Emmerich 
Smola, Dirigent am 9. November 1965.

Donnerstag, 9. Mai 2013

Wie war LA VOIX HUMAINE im Tanzhaus/Nationaltheater Mannheim?




Das Mannheimer Nationaltheater spielte diese Saison einige Male die besondere Monooper "La Voix humaine" von Francis Poulenc. "Die menschliche Stimme" ist eine Tragédie lyrique in einem Akt und geht auf einen Einakter von Jean Cocteau (1930) zurück. Sie wurde 1959 an der Pariser Opéra-Comique uraufgeführt. 

Gesehen habe ich die Vorstellung am 04.05.2013 im Tanzhaus, einer Außenstelle des Nationaltheaters in Mannheim-Käfertal, einem großen Raum, der der Inszenierung sehr viel Spielfläche zubilligen konnte. Die gesamte Handlung wurde auch auf ein großes weißes Dreieck projiziert, das absolut wichtige Telefonkabel war als Halteseil, Verbindungskabel und und als symbolischer Bedeutungsträger quer durch den Raum gespannt. Das Stück wird eröffnet mit der Frau, die sich am Telefonkabel festhält, und wie meine Sitznachbarin Annette H. bemerkte: Die doppelte Bedeutung von "hold the line, die Leitung wird gehalten" war so schon vorweggenommen. Außerhalb des weißen Dreiecks grenzten schwarze Dreiecke an: das Ungewisse, Dunkle, Leere ... Das Weiß scheint für die Unschuld, Reinheit der Liebe zu stehen, die die Frau empfindet und nicht mehr erwidert bekommt. Das Lebendig-Helle gegen das Dunkle-Tote. 

Die Mannheimer Inszenierung verzichtete auf die orchestrale Begleitung, wie im Original vorgesehen, zugunsten eines Klaviers. Die Handlung besteht aus gesungenen Telefonaten einer Frau mit ihrem Geliebten, der über die Vermittlung anruft und vorgibt, zu Hause zu sein, in Wahrheit aber in einer Kneipe mit Jazzmusik im Hintergrund telefoniert. "Man könnte meinen, es ist gar nicht dein Apparat ..." Man hört ihn nicht, erfährt nur durch ihre Antworten, um was es geht, was am anderen Ende der Leitung passiert. 

Die Beziehung der beiden ist bereits stark in Auflösung begriffen, der Mann hat sich getrennt und möchte nun offensichtlich wissen, wie sie sich fühlt, was sie macht, um ruhigen Gewissens am nächsten Tag mit seiner Geliebten nach Marseille fahren zu können. Das Telefonat wird mehrfach unterbrochen und über den Telefonist Joseph in der Vermittlung wieder verbunden. Die Abbrüche sind Zäsuren in ihrem Verhalten und wirken traumatisierend wie Peitschenhiebe, da sie eine wahnsinnige Angst hat, ihn zu verlieren, obwohl sie alles überspielt. Sie gerät in regelrechte Panik, ist außer sich, verzweifelt, schier verrückt geworden über die Trennung. Sie wird durch diese Panik in den letzten Winkel des Lebens, dem Übergang zum Dunklen getrieben, symbolisiert durch die Spitze des Dreiecks.
  
Zu Beginn spielt sie die Tapfere, die ihren Tagesablauf im Griff hat, aber schon das erste "Wenn wir unterbrochen werden, ruf mich zurück" zeigt, wie sehr sie abhängig von dem Mann ist. Sie entschuldigt sich für alles, erniedrigt sich, gibt nur sich die Schuld, will ihn zurückgewinnen durch größte Gefügigkeit, kann sich im Spiegel nicht mehr anschauen vor Scham über ihre Fehler und als Auslöser der Trennung. Das Telefon wird ihr immer mehr zu einer Waffe, die keine Spuren hinterlässt. Die Frau schildert ihm ihre unsäglichen Qualen, erzählt von einem Selbstmordversuch, bei dem sie nach der Einnahme von zwölf Schlaftabletten voller Angst, krank mit Fieber und einsam, kalt, sich schlecht fühlend erwachte, nicht allein sein konnte und angsterfüllt, dass etwas sie abhalten könnte, mit ihm zu telefonieren, den Arzt bestellen musste und ins Krankenhaus kam. Die Leidende schwört die guten gemeinsamen Zeiten noch einmal herauf, auch ihr Hund trauere, dass er nicht mehr käme und bei ihr bliebe. Sie berichtet auch von Wut, in der sie in einem außergewöhnlichen Kraftakt einen Stapel Fotografien zerriss. 

DIe Frau zeigt sich schockiert, als sie erfährt, dass er mit seiner neuen Geliebten in dasselbe Hotel gehen möchte wie mit ihr. "Wenn du mich anlügen würdest, nur um mich zu schonen, würde ich noch mehr Zärtlichkeit empfinden."

Marie Belle-Sandis spielte die Frau sehr, sehr beeindruckend und transportierte die Qualen dieses Telefonats äußerst eindringlich. Begleitet wurde sie absolut virtuos von Lorenzo die Toro am Klavier.

Im Original verabschiedet sich die Frau am Ende von ihrem Geliebten und erdrosselt sich mit dem Telefonkabel, von dem sie sagt: "Dieses Kabel ist das Letzte, was mich noch mit uns verbindet." Es nimmt tatsächlich auch die Rolle einer lebenspendenden Nabelschnur ein. In der Mannheimer Inszenierung von Sebastian Bauer bewegt sie ihren scheidenden Geliebten voller Liebe, getrost aufzulegen, weil sie ihn loslassen und ziehen lassen könne. Der Regisseur lässt die Frau am Ende am Kabel entlang in die Dunkelheit laufen und den Zuschauer im Ungewissen, was passiert. Ein Tod, wie auch immer geartet, das Ende einer tiefen, bereits sehr abhängigen Liebe.



Francis Jean Marcel Poulenc wurde am 7. Januar 1899 in Paris geboren und starb dort auch am 30. Januar 1963. Als französischer Pianist und Komponist wurde er stark von Igor Stravinsky und Maurice Chevalier beeinflusst und vom französischen Vaudeville ("Theater mit Gesang und Instrumentalbegleitung"). Poulenc gesellte sich nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Gruppe junger Komponisten um Erik Satie und den Schriftsteller Jean Cocteau, genannt Les Six, die den Impressionismus zugunsten einer größeren Einfachheit und Klarheit ablehnten. Poulenc übernahm unter anderem Techniken der Dadaisten und ließ sich auch von populären Melodien beeinflussen. Er war ein hervorragender Pianist und mit den Dichtern des Montparnasse, darunter Guillaume Apollinaire und Paul Éluard befreundet. Dies führte zur Komposition zahlreicher Lieder zu deren Texten. Auch für den Bariton Pierre Bernac, den er 1926 kennenlernte und 25 Jahre lang (1934-59) als Pianist begleitete, schrieb er viele Lieder.

Montag, 29. April 2013

Heute Abend im Staatstheater Mainz: CHATROOM

29.04.2013  I  20 Uhr  I  Staatstheater Mainz, Deck 3


Chatroom
von Enda Walsh
ab 14 Jahre

„Das wird ein Spaß. Im Moment sind wir alles, was er hat. Wir sind rund um die Uhr für ihn da! Lassen wir ihn reden. Klempnern wir ’n bisschen in ihm rum. Schauen wir, wie weit er geht.“
Sechs Jugendliche treffen in der Anonymität eines Chatrooms aufeinander. Keine echten Namen, keine Adressen, keine Telefonnummern. Sie wissen nur, dass sie im gleichen Alter sind, aus derselben Stadt kommen und frustrierte Mittelschichtkinder sind. Das muss reichen, das gibt ihnen mehr Freiheit. Sie schlafwandeln durch ihre Tage und warten darauf, dass etwas passiert. Getrieben vom Wunsch, etwas Wichtiges zu tun, ein Anliegen zu haben, verlieren sie sich doch nur in belanglos virtuellen Plaudereien über mediale Gehirnwäsche und manipulierende Plattenfirmen. Aber Jim scheint ein echtes Problem zu haben. Hilfe sucht er im Selbstmord-Chatroom, für den klare Regeln gelten: Keine Ratschläge, nur zuhören. Doch hier sind Worte Macht, und William und Eva haben die richtigen Worte und die nötige Abgebrühtheit. Jims Selbstmord – öffentlich und live – könnte genau das Fanal sein, das ihre Generation braucht und Jim zur Legende werden lässt.
Das Internet ist längst keine virtuelle Parallelwelt mehr ohne Bezug zum Real Life. Beide Welten durchdringen und beeinflussen. Chancen und Risiken liegen dicht beieinander, und Medienkompetenz wird zum analog-hilflosen Begriff, der von den Digital Natives schon beizeiten lächelnd eingemottet wurde. In pointierten Dialogen und genau beobachtetem Sprachgestus zeichnet Enda Walsh das Bild einer Generation, die auf der Suche nach sich, dem Sinn und dem richtigen Leben in einer immer schneller werdenden Welt ist.

Pedro Martins Beja,
(*1978) inszenierte u. a. in Berlin, Hamburg, Osnabrück und Frankfurt. Seine Einrichtung von „Autofahrt ins All“ gewann 2011 den Regiepreis bei „Text trifft Regie“, 2012 zeigte er die Uraufführung im TiC Werkraum.

Inszenierung Pedro Martins Beja
Bühne Pedro Martins Beja
Kostüme Christine von Bernstein
Musik  Jörg Follert
Dramaturgie  Barbara Stößel