SV Verlag

SV Verlag mit Handy oder Tablet entdecken!
Die neue Generation der platzsparenden Bücher - klein, stark, leicht und fast unsichtbar! E-Books bei viereggtext! Wollen Sie Anspruchsvolles veröffentlichen oder suchen Sie Lesegenuss für zu Hause oder unterwegs? Verfolgen Sie mein Programm im SV Verlag, Sie werden immer etwas Passendes entdecken ... Weitere Informationen

.

.
Dichterhain, Bände 1 bis 4

.

.
Dichterhain, Bände 5 bis 8

Übersetze/Translate/Traduis/Tradurre/Traducir/переводить/çevirmek

Posts mit dem Label Reinhard Jirgl werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Reinhard Jirgl werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 26. November 2012

Buchbesprechung: DIE UNVOLLENDETEN von Reinhard Jirgl

Reinhard Jirgl 
Die Unvollendeten
dtv

»30 Minuten Zeit – mit höchstens 8 Kilo Gepäck pro Person – am Bahnhof sich einzufinden – diejenigen, die gegen diesen Befehl verstoßen, werden nach den Kriegsgesetzen bestraft.« 

Sommerende 1945. Die tschechischen Behörden nehmen ihre Vertreibungen vor, und die deutsche Minderheit flieht aus dem Sudetenland. Vier Frauen – die einzigen Mitglieder einer großen Familie, die den Krieg überlebt haben – stehen im Mittelpunkt: Johanna, deren Töchter Hanna und Maria sowie die siebzehnjährige Enkelin Anna. Ihre Geschichte der Vertreibung, der Verlust der Heimat, die Entwurzelung und das neue Leben in der Fremde – in einem kleinen ostdeutschen Dorf nahe der Zonengrenze – bis in die Gegenwart des Jahres 2002 in Berlin lässt Jirgl auch den Urenkel erzählen. Er trägt zusammen, was ihm Mutter, Großmutter, Großtante und Urgroßmutter erzählt haben, um endlich auch sich selbst 
zu verstehen.


Reinhard Jirgl, der große Chronist deutscher Vergangenheit und Gegenwart, erzählt die Geschichte von vier Frauen aus der Kleinstadt Komotau, die nach dem Zweiten Weltkrieg übrig geblieben sind: die siebzigjährige Johanna, deren Töchter Hanna und Maria und die siebzehnjährige Enkelin Anna. Eine Familiensaga von Heimatlosen, die der Verlust bis heute 

nicht los lässt.
Jirgl hat 2010 den Georg-Büchner-Preis bekommen. Er habe in einem Romanwerk "von epischer Fülle und sinnlicher Anschaulichkeit ein eindringliches, oft verstörend suggestives Panorama der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert entfaltet", heißt es in der Begründung. Dabei lasse er die historischen Umbrüche aus unterschiedlichsten Perspektiven alltäglichen Erlebens gegenwärtig werden und mache so zuletzt in den großen Romanen "Die Unvollendeten" und "Die Stille" die Stimmen der Vergessenen und Verschütteten wieder hörbar.

(c) ddp: Reinhard Jirgl
Reinhard Jirgl wurde am 16. Januar 1953 in Berlin (Ost) geboren. Nach einer Lehre als Elektromechaniker studierte er ab 1971 Elektronik an der Berliner Humboldt-Universität. Als er 1985 sein erstes, umfangreiches Manuskript »Mutter Vater Roman« beim Berliner Aufbau-Verlag einreichte, wurde ihm eine »nichtmarxistische Geschichtsauffassung« vorgeworfen und die Veröffentlichung des Romans verweigert. Jirgl jedoch setzte das Schreiben fort. Bis zur Wende 1989 lagen sechs fertige Manuskripte vor - ohne dass ein einziges Buch von ihm veröffentlicht worden wäre. Erst 1990 konnte »Mutter Vater Roman« bei Aufbau erscheinen. 
1996 gab Jirgl die Tätigkeit als Techniker an der Berliner Volksbühne auf und arbeitet seitdem als freier Schriftsteller in Berlin. Seit 2009 ist er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Neben dem Alfred-Döblin-Preis wurde sein Werk mit zahlreichen anderen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Anna-Seghers-Preis (1990), der Johannes-Bobrowski-Medaille (1998), dem Josef-Breitbach-Preis (1999), dem Kranichsteiner Literaturpreis (2003), dem Rheingau Literaturpreis (2003), dem Dedalus-Preis für Neue Literatur (2004), der Eugen Viehof Ehrengabe der Deutschen Schillergesellschaft von 1859 (2004), dem Bremer Literaturpreis (2006), dem Lion-Feuchtwanger-Preis (2009), dem Grimmelshausen-Literaturpreis (2009) und zuletzt mit dem Georg-Büchner-Preis (2010). 2007 war er Stadtschreiber von Bergen-Enkheim.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Buchbesprechung: ZUR ZEIT Hrsg. von Florian Höllerer und Tim Schleider

Zur Zeit
Hg. von Florian Höllerer und Tim Schleider
Mit einem Vorwort der Herausgeber
Göttingen 2010, 145 S., geb., Schutzumschlag
16,90 €, Wallstein Verlag


Was treibt Menschen um ? Eine Frage mit der sich 21 zeitgenössische Autoren im Rahmen einer Vortragsreihe im Stuttgarter Literaturhaus beschäftigten. Der von Florian Höllerer und Tim Schleider herausgegebene Band versammelt die dabei entstandenen Essays.
 
In ihnen wird viel nachgedacht über Grundlagen und Techniken des literarischen Schrei­bens generell, über die Frage, ob Kunst tatsächlich eine Funktion hat, aber auch über Themen wie Erinnerung, Zukunft, Altern, Religion oder das menschliche Miteinander überhaupt. Herausgekommen sind ungemein vielfältige Beiträge, die dann letztlich auch den Leser umtreiben ...

So beschäftigt sich Herta Müller sich mit ihrem verstorbenen Vater. Jener war einst über­zeugtes Mitglied der Waffen-SS. Später gab er vor, lediglich in der Wehrmacht gewesen zu sein. Die Nobelpreisträgerin 2009 erzählt, wie dieser Vater sie immer noch beschäftigt, wie er ihrem Leben eine bestimmte Richtung gegeben hat - nämlich die entgegengesetzte zu seinem und was das für Konsequenzen nach sich zog, in einem Land, das vom Geheimdienst und den von ihr genannten »Angstmachern« regiert wurde.

Lukas Bärfuss wiederum richtet sein Augenmerk auf das menschliche Miteinander über­haupt und klagt sich und andere an, sich mit Belanglosigkeiten zu beschäftigen, anstatt etwas gegen das Elend in der Welt zu tun.

Das Themenspektrum reicht vom Nachdenken über das »vierzigste Jahr« (Kuckart) und das Altern (Härtling) über Mosebachs »Beschreibung der marokkanischen Stadt Fes als literarischer Struktur«, Herta Müllers Bild des Vaters, die Erinnerungsbilder im Hirn (Bleutge), den Umgang mit Flohmarktfotos (Geiger) bis zum Erzählen über »die vier dichterischen Sätze« (Genazino) und vom Ende der Welt (Streeruwitz). José Oliver spricht über den Flamenco im Schwarzwald, Jirgl über Paradoxe Typen und Charakterdefizite. Trojanow warnt vor den Risiken des Sicherheitsstaats und Bärfuss vor der Selbstgefälligkeit des Essayschreibers und Lesers. Jan-Peter Tripp setzt das Rauchen in Relation zu anderen Todsünden, Zaimoglu die Glaubenskrieger ins Verhältnis zu Gott, während Sibylle Lewitscharoff über Erlösung nachdenkt und das ABC das Menschenalphabets buchstabiert: von Aasmensch bis Zahlmensch; aber gleich trägt ihr der Wind neue Silben zu von Aspirations- bis Zartmensch.

Mit Beiträgen von:
Lukas Bärfuss, Nico Bleutge, Arno Geiger, Wilhelm Genazino, Peter Härtung, Thomas Hett-che, Reinhard Jirgl, Steffen Kopetzky, Ursula Krechel, Judith Kuckart, Sibylle Lewitscharoff, Martin Mosebach, Herta Müller, Jose F. A. Oliver, Heinrich Steinfest, Ulf Stolterfoht, Marlene Streeruwitz, Antje Rävic Strubel, Jan-Peter Tripp, IlijaTrojanow, Feridun Zaimoglu

Die Herausgeber:
Florian Höllerer, geb. 1968 in Berlin, Studium der Germanistik und Romanistik in Berlin,
Paris, Princeton; Leiter des Literaturhauses Stuttgart.
Tim Schleider, geb. 1961 in Bremen, studierte Geschichte, Kunstgeschichte, Philosophie in
Berlin, Göttingen und Hamburg; Leiter der Kulturredaktion der Stuttgarter Zeitung.