SV Verlag

SV Verlag mit Handy oder Tablet entdecken!
Die neue Generation der platzsparenden Bücher - klein, stark, leicht und fast unsichtbar! E-Books bei viereggtext! Wollen Sie Anspruchsvolles veröffentlichen oder suchen Sie Lesegenuss für zu Hause oder unterwegs? Verfolgen Sie mein Programm im SV Verlag, Sie werden immer etwas Passendes entdecken ... Weitere Informationen

.

.
Dichterhain, Bände 1 bis 4

.

.
Dichterhain, Bände 5 bis 8

Übersetze/Translate/Traduis/Tradurre/Traducir/переводить/çevirmek

Posts mit dem Label Bestechlichkeit werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Bestechlichkeit werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 13. April 2012

Buchbesprechung: Die Elefantenmacher . Wie Spitzenpolitiker in Stellung und Entscheidungen gekauft werden




Michael Mueller / Rudolf Lambrecht
Die Elefantenmacher
Wie Spitzenpolitiker in Stellung und Entscheidungen gekauft werden
Eichborn 2010
368 S., geb., 19,95 €



Eine Kriminalgeschichte der Parteienfinanzierung 

Wie unabhängig und rechtstreu sind unsere demokratischen Machthaber wirklich? Rudolf Lambrecht und Michael Mueller zeigen anhand zahlreicher Fälle, wie Politi­kerkarrieren gemacht und Entscheidungen auf höchster Ebene gekauft werden -bis in die jüngste Vergangenheit.
Wer sind die Mächtigen hinter den Mächtigen, Die Elefantenmacher? Wer sind die dunklen Hintermänner, die die politische Karriere von Kohl, Möllemann, Merkel, Schäuble, Westerwelle <& Co. mitfinanziert haben? Wie funktioniert das System, wer sind die jeweiligen Schwarzgeldgeber und Parteispender, die über Brief­kastenfirmen und geheime Konten die Politik der BRD von den Anfängen bis heute mitbestimmen?
Anhand zahlreicher Spitzenpolitiker und ihrer Elefantenmacher zeigen die Autoren den systematischen Zusammenhang, wie Wahlkämpfe bezahlt und politische Entscheidungen gekauft werden und dadurch der Rechtsstaat nachhaltig beschädigt wird. Der Bürger entscheidet immer nur darüber, was andere mithilfe von Geld und Einflussnahme schon vorbestimmt haben.
Kohl vor Gericht
Gestützt auf unveröffentlichte Akten und durch Aussagen von Informanten, die bislang nicht an die Öffentlichkeit gegangen sind, beschreiben die Autoren, wie politisches Handeln von Spitzenpolitikern aus schwarzen Kassen finanziert wurde und wird.
Sie enthüllen neue Fakten und bisher unbekannte Hintergründe zu den Korruptions- und Spendenskandalen um Strauß und Kohl und dessen Erben Schäuble und Merkel, klären auf über dunkle Deals um Lambsdorff sowie über geheime Absprachen von Möllemann mit der Schröder-Regierung und beschreiben erstmals das ganze Ausmaß des Schmiergeldsystems Thyssen.
Das erste Buch, das von den Anfängen der BRD zeigt, wie systematisch Spitzen­politiker aus dunklen Kanälen finanziert und in Stellung gebracht werden.


Die Autoren:
Rudolf Lambrecht, geboren 1941, seit 1999 freier Autor und TV-Reporter für die ARD. Zuvor hat er als Redakteur des STERN zahlreiche investigative Reportagen veröffentlicht u.a. über illegale Rüstungsgeschäfte, die Staatssicherheit der DDR und den Bundesnachrichtendienst. Mitautor der STERN-Serie über den Fall Barschel und des Buches Der Fall Barschel. Ein tödliches Doppelspiel (mit Michael Mueller und Leo Müller), Berlin 2007.
Michael Mueller, geboren 1965, arbeitet seit 1987 als freier Journalist für TV- und Printmedien und als Buchautor in Köln. Neben zahlreichen TV-Dokumentationen aus dem In- und Ausland sowie zu zeitgeschichtlichen Themen veröffentlichte er unter anderem die Bücher Die RAF-Stasi-Connection (mit Andreas Kanonenberg), Berlin 1992, Gegen Freund und Feind - Der BND (mit Peter F. Müller und Erich Schmidt-Eenboom), Reinbek 2002, Canaris. Hitlers Abwehrchef, Berlin 2006, und Der Fall Barschel. Ein tödliches Doppelspiel (mit Rudolf Lambrecht und Leo Müller), Berlin 2007.

Samstag, 26. November 2011

Buchbesprechung: Weiskerns Nachlass von Christoph Hein

Christoph Hein
Weiskerns Nachlass
Frankfurt 2011, 318 Seiten, Suhrkamp Verlag 

Er war nicht immer so übersättigt und zynisch gewesen. Auch er war einmal vergnügt und mit Energie in die Seminarräume gestürmt und zu seinen Vorträgen, war bemüht, die jungen Leute aufzuwecken, sie aus ihrer Lethargie zu reißen, ihnen Futter zugeben oder doch anzubieten... Zu unterrichten bereitete ihm Spaß, er genoss es, ein Lehrer zu sein. Dabei galt er, wie er wusste, als streng und anspruchsvoll, er sein nie zufriedenzustellen, doch es hieß, er sei gerecht und höre zu, was offenbar seltene Lehrertugenden waren...“

Rüdiger Stolzenburg, der Romanheld, ist 59 Jahre alt und hat seit 15 Jahren eine halbe Stelle als Dozent in einem kulturwissenschaftlichen Institut in Leipzig.
Als Dozent für Literatur und Kulturwissenschaften kennt er Schillers Antrittsvorlesung an der Jenaer Universität über den Gegensatz zwischen Brotgelehrten und Geisteswissenschaftlern. Stolzenburg ist noch Geisteswissenschaftler, Aufstiegschancen existieren allerdings für ihn nicht, mit seinem Gehalt kommt er nur schlecht über die Runden. Dürftige Honorare für freie Aufträge helfen beim Überleben.
Der Romanheld ist ein typisches Beispiel des akademischen Prekariats und des alternden, enttäuschten DDR-Wissenschaftlers. Ihm fehlt jede Hoffnung auf eine bessere Zukunft oder wie Christoph Hein in einem Interview über seine Hauptfigur sagt: „Das Leben wird für Stolzenburg noch sehr viel härter werden. Aber da sehen Sie meinen optimistischen Blick auf die Welt, dass ich rechtzeitig den Vorhang schließe.“
Die selbst gesetzten Maßstäbe an Lehre und Forschung kann Stolzenburg unter den bestehenden Verhältnissen nicht aufrecht erhalten. Für sein Forschungsprojekt über den Schauspieler, Librettisten Mozarts und Kartografen Friedrich Wilhelm Weiskern lassen sich weder Drittmittel noch Publikationsmöglichkeiten erschließen. Eine hohe Nachforderung der Finanzamtes, die ihn an den Rande des Ruins treibt, verdeutlicht Stolzenburg endgültig, dass in der privaten und beruflichen Welt, den menschlichen Beziehungen und der Gesellschaft Unverzichtbares abgewickelt wird. Moralische Werte verblassen.
Ablenkung findet er bei seinen Freundinnen, die es aber nicht wagen dürfen, zu tief in sein Leben einzudringen: Er liebt Frauen, aber er braucht die Distanz... Allein zu sein, das ist für ihn lebensnotwendig. Zu viel Nähe verträgt er nicht. So hat er „regelmäßigen, brauchbaren, unkomplizierten Sex“ mit der Friseuse Patricia, die ihn anhimmelt, die er fair behandelt, aber nicht liebt. Schließlich lässt er sie allein zurück. Eine neue Beziehung aufzunehmen, scheitert an Vorurteilen und Ängsten. Hein beschreibt nüchtern die Unfähigkeit zu lieben, nicht, weil man nicht lieben möchte, sondern weil man es verlernt hat.
Aber vielleicht, sagt er sich, ist er mittlerweile zu so etwas wie Liebe nicht mehr fähig, vielleicht ist er zu alt dafür oder zu müde. Nach wie vor ist er gern mit Frauen zusammen, er ist lieber in ihrer Gesellschaft, geht lieber mit ihnen aus als mit seinen Freunden, und die Gespräche mit Frauen sind ihm angenehmer als die etwas drögeren Unterhaltungen mit Männern... Er verträgt es nicht, wenn Tag und Nacht eine Frau um und bei ihm ist, und sei es auch nur im Nachbarzimmer. Er hat sie gern, es macht ihm Spaß, für sie zu kochen, er schläft gern mit ihnen, aber das war es dann auch.“

Um den Wissenschaftler herum zerbrechen menschliche Beziehungen, setzen Gewalt frei, geben mehr Schein als Sein preis. Schließlich wird er ahnungsloses Opfer und unfreiwilliger Verfolgter in einem Betrugsfall.
Hein zeichnet außerdem ein düsteres Bild der jüngeren Generation. So wird Stolzenburg von einer Teenager-Mädchenbande verfolgt, erpresst und niedergeschlagen. Seine Studenten versuchen ihr Diplom gegen Liebesleistungen oder Geld einzutauschen. Einige von Stolzenburgs Studenten, wie der wenig Interesse zeigende Sebastian Hollert, verfügen über ein Monatseinkommen, von dem er nur träumen kann.
Der Roman beginnt und endet an Bord eines Flugzeuges. Die Maschine gleitet ruhig dahin. Nur einer der Passagiere ist auf dem Flug nach Basel ins Grübeln gekommen. Ein Kulturwissenschaftler, also kein Grund zur Beunruhigung...
Christoph Hein bewies schon mit dem Buch „Frau Paula Trousseeau“ seine Analysefähigkeiten. Dem Autor ist ein aktueller, realistischer, literarisch gut durchdachter Gesellschaftsroman gelungen. Mich hat das Buch sehr berührt. Michael Hametner, der mdr-Literaturredakteur meint: „Hein analysiert die Verhältnisse, in denen wir leben, so präzise, dass es einem bei der Lektüre richtig kalt wird."


Über den Autor:
Christoph Hein wuchs in der Kleinstadt Bad Düben bei Leipzig auf. Er arbeitete als Montagearbeiter, Buchhändler, Kellner, Journalist, Schauspieler und Regieassistent. In Berlin und Leipzig studierte er zwischen 1967 und 1971 Philosophie und Logik. Danach wurde er Dramaturg und Autor an der Volksbühne in Ost-Berlin. Seit 1979 arbeitet er als freier Schriftsteller. Bekannt geworden ist Christoph Hein durch seine Novelle Der fremde Freund. Als Übersetzer bearbeitete er Werke von Jean Racine und Molière. Von 1998 bis 2000 war Christoph Hein erster Präsident des gesamtdeutschen PEN-Clubs und bis Juli 2006 Mitherausgeber der Wochenzeitung Freitag. Christoph Hein hat mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau, der Filmregisseurin Christiane Hein, zwei Söhne, der jüngere ist der Schriftsteller und Arzt Jakob Hein. Hein ist Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste. Lyrische Werke von Christoph Hein wurden 2009 von Hans-Eckardt Wenzel unter dem Titel „Masken“ vertont.