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Montag, 16. August 2010

Buchbesprechung: Die Welt des Ryszard Kapuscinski

Ilija Trojanow (Hrsg.)
Die Welt des Ryszard Kapuscinski 
Ausgewählte Geschichten und Reportagen
München 2009, 276 Seiten, Paperback, 
8,95 €, Piper Verlag


Originalausgabe:

Ilija Trojanow (Hrsg.)

Die Welt des Ryszard Kapuscinski: 

Seine besten Geschichten und Reportagen 

Frankfurt/Main 2007, 260 Seiten, Hardcover, 19,95 €, Eichborn Verlag



Für Ilija Trojanow war Ryszard Kapuscinski, der große polnische Journalist, Auslandskorrespondent, immer Leitstern und Idol. Nach dem Tod des großen Autors am 23. Januar 2007 hat er aus dem umfangreichen Gesamtwerk des polnischen "Reporters des Jahrhunderts" seine Lieblingsstücke ausgewählt und stellt sie - begleitet von eigenen Texten über Kapuscinskis Welt - vor. Kapuscinski hat den Reden von Nasser und Nkrumah mit eigenen Ohren zugehört, Salvador Allende, Idi Amin, Che Guevara und Patrice Lumumba persönlich getroffen. Er durchstreifte Asien, Afrika und Lateinamerika, lernte die Länder hautnah kennen, war in Krisensituationen mittendrin. Er hat auch den Zerfall des sowjetischen Reichs beobachtet und die stattliche Zahl von 30 Staatsstreichen und Revolutionen selbst miterlebt. 

Von ihm stammt auch das Weltruhm erlangende Buch „König der Könige. Eine Parabel der Macht“ über Haile Selassie bis zum Sturz 1974.

Eine Biographie von Artur Domoslawski, der die privaten Papiere von RK einsehen durfte, entlarvte die Reporter-Ikone Polens in seiner kritischen Biografie "Kapuscinski. Non-fiction" vom März 2010 als Wahrheitsbastler und Manipulateur, Lügen und politische Einseitigkeit : Kapuscinski soll seine Reportagen konstruiert und beschönigt haben, der Marxist in ihm. Die polnische Medienwelt erschüttert. Ein wichtiger Nationalheld als Scharlatan? Es gibt wohl etliche sachliche Fehler, aber der Übersetzer Martin Pollack, der die Übersetzung der Enthüllungsbiografie wegen eindeutig erkennbarer subjektiver Angriffe ablehnte, macht darauf aufmerksam, dass es schließlich ein Literat aus sozialistischer Tradition war, dem auch Fehler unterlaufen konnten.


Ryszard Kapuscinski wurde am 4. März 1932 in Pinsk geboren, das damals noch polnisch war und heute zu Weißrußland gehört. 1945 kam seine Familie nach Warschau. Er studierte Geschichte an der Universität in Warschau. Von 1956 bis 1981 arbeitete er als Auslandskorrespondent für die polnische Presse. Seit 1981 lebte Ryszard Kapuscinski als Journalist und Schriftsteller in Warschau. Er unterstützte die von der kommunistschen Regierung verbotene Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc von Lech Walensa, der dann 1990 erster frei gewählter Staatspräsident Polens wurde. Das bedeutete Publikationsverbot für Kapuscinski. Er begann alle seine Gedanken und Äußerungen, Beobachtungen zu notieren. Sie wuchsen mit den Jahren auf fünf Bände an und erschienen nach der Wende in Polen unter dem Titel „Lapidarium“. Die beiden letzten Bände flossen in die „Notizen eines Weltbürgers“ ein.
Ryszard Kapuscinski wurden 18 Preise verliehen, u.a. 1994 der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung und 1999 der Hanseatische Goethe-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung in Hamburg verliehen. Im Dezember 1999 wurde Ryszard Kapuscinski von der renommierten Fachzeitschrift "Press" zum Polnischen Journalisten des Jahrhunderts gewählt. 2003 erhielt er den Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch (Sonderpreis für das publizistische Gesamtwerk).

Im vorliegenden Buch stellt Trojanow 15 kürzere und längere Texte zusammen, die uns genau zeigen, wie und was RK beobachtete. Die kürzeren Texte stammen aus den Notizbüchern und sind Gedankenschnipsel, die weltweit entstanden sind. RK spricht über sich, seine Sicht der Welt und was ihm wichtig ist. Die längeren Texte sind detaillierte erzählende Reportagen ebenfalls aus aller Welt. Gleich die erste Reportage wartet mit einer entspannten Spannung aus Angolas Millionen- und Hauptstadt Luanda in den 60er-Jahren auf. Kurz vor der Erstürmung durch die Frente Nacional da Libertação de Angola (FNLA, Nationale Front zur Befreiung Angolas) [das war eine rivalisierende Befreiungsbewegung, die später auf südafrikanischer Seite gegen die MPLA kämpfte] verlassen Polizei und Feuerwehr die Stadt und tatsächlich sind lediglich 2 Menschen lebenswichtig für die Stadt und das Umland: Der Pilot des einzigen Flugzeuges über die die Movimento Popular de Libertação de Angola (MPLA) (Volksbewegung zur Befreiung Angolas) verfügte, der das Umland versorgte, und ein 30-jähriger Ingenieur, der Luanda zeitweise mit Wasser versorgen konnte, in dem er die bombardierten Pumpen reparierte. Dieser Konflikt der MPLA gegen die Kolonialmacht Portugal wurde von der UdSSR und Kuba unterstützt. Es war eine kommunistische Anfangsbewegung, die erst 1975 anlässlich der Unabhängigkeit Angolas sich in sozialdemokratische MPLA umtaufte. Luanda wurde beschossen, bombardiert und überall warteten die Soldaten auf den Angriff. Sie vertrieben sich die Zeit mit Pornofilmen, die der Vorführer des hiesigen Kinos im Stop-and-go-Verfahren anbot. Jede knisternde Szene wurde gestoppt und mit Gejohle begrüßt. In der Ferne Geschützdonner vor der Stadt.
Nächste Reportage: Wieder Afrika, dann Kaiser Haile Selassie, der letzte Kaiser Äthiopiens, der als afrikanische Unabhängigkeitsikone die Unabhängigkeit Äthiopiens mit Hilfe der Briten erkämpfte, aber später wegen seiner Konservatismus auch vom eigenen Sohn abgelehnt wurde, Dann Persien, das Ende der Schah-Herrschaft Reza Pahlavis, Chomeinis Anhänger am tödlichen Werk. Es folgt ein Stimmungsbericht aus Moskau im Frühjahr 1989, der Umsturz- und Endzeit vieler kommunistisch-sozialistischer Diktaturen.
In dieser Manier führt uns RK zahlreiche Krisenherde vor, die historisch neu zu entdecken, den Leser fesseln und einen das Buch immer wieder in die Hand nehmen lässt.




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