SV Verlag

SV Verlag mit Handy oder Tablet entdecken!
Die neue Generation der platzsparenden Bücher - klein, stark, leicht und fast unsichtbar! E-Books bei viereggtext! Wollen Sie Anspruchsvolles veröffentlichen oder suchen Sie Lesegenuss für zu Hause oder unterwegs? Verfolgen Sie mein Programm im SV Verlag, Sie werden immer etwas Passendes entdecken ... Weitere Informationen

.

.
Dichterhain, Bände 1 bis 4

.

.
Dichterhain, Bände 5 bis 8

Übersetze/Translate/Traduis/Tradurre/Traducir/переводить/çevirmek

Posts mit dem Label Annette von Droste-Hülshoff werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Annette von Droste-Hülshoff werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 1. Januar 2014

Dichterhain: DAS JAHR IST UM von Annette von Droste-Hülshoff



Annette von Droste-Hülshoff

Das Jahr ist um

Das Jahr geht um,
Der Faden rollt sich sausend ab.
Ein Stündchen noch, das letzte heut,
Und stäubend rieselt in sein Grab
Was einstens war lebend`ge Zeit.
Ich harre stumm.

's ist tiefe Nacht!
Ob wohl ein Auge offen noch?
In diesen Mauern rüttelt dein
Verrinnen, Zeit! Mir schaudert, doch
Es will die letzte Stunde sein
Einsam durchwacht.

Gesehen all,
Was ich begangen und gedacht,
Was mir aus Haupt und Herzen stieg,
Das steht nun eine ernste Wacht
Am Himmelsthor. O halber Sieg,
O schwerer Fall!

Wie ras't der Wind
Am Fensterkreuze! Ja es will
Auf Sturmesfittigen das Jahr
Zerstäuben, nicht ein Schatten still
Verhauchen unterm Sternenklar.
Du Sündenkind!

War nicht ein hohl
Und heimlich Sausen jeder Tag
In der vermorschten Brust Verließ,
Wo langsam Stein an Stein zerbrach,
Wenn es den kalten Odem stieß
Vom starren Pol?

Mein Lämpchen will
Verlöschen, und begierig saugt
Der Docht den letzten Tropfen Oel.
Ist so mein Leben auch verraucht,
Eröffnet sich des Grabes Höhl
Mir schwarz und still?

Wohl in dem Kreis,
Den dieses Jahres Lauf umzieht,
Mein Leben bricht: Ich wußt es log;
Und dennoch hat dieß Herz geglüht
In eitler Leidenschaften Joch,
Mir bricht der Schweiß

Der tiefsten Angst
Auf Stirn und Hand! Wie, dämmert feucht
Ein Stern dort durch die Wolken nicht?
Wär es der Liebe Stern vielleicht,
Dich scheltend mit dem trüben Licht,
Daß du so bangst?

Horch, welch Gesumm?
Und wieder? Sterbemelodie!
Die Glocke regt den ehrnen Mund.
O Herr! ich falle auf das Knie:
Sey gnädig meiner letzten Stund!
Das Jahr ist um!

Donnerstag, 24. Mai 2012

Kalenderblatt: TODESTAG ANNETTE VON DROSTE-HÜLSHOFFS

Annette von Droste-Hülshoff (* 10. Januar 1797 auf Burg Hülshoff bei Münster als Anna Elisabeth Franzisca Adolphina Wilhelmina Ludovica Freiin von Droste zu Hülshoff; † 24. Mai 1848 auf der Burg Meersburg in Meersburg) gilt als eine der bedeutendsten deutschen Dichterinnen. Der Todestag jährt sich zum 164. Mal.

Die Droste-Hülshoff wuchs mit ihrer Schwester und zwei Brüdern auf. Musisch und dichterisch zu Hause erzogen, bekam sie 1813 Kontakt zum Bökendorfer Kreis (hessische Romantik), dem auch die Brüder Grimm angehörten. Sie lernte ab 1825 u.a. A. W. Schlegel kennen, auch K. Simrock und ihre später langjährigen Freundinnen Sybille Mertens-Schaaffhausen und Adele Schopenhauer. Nach dem Tod des Vaters zog sie 1826 lebte sie mit ihrer Mutter und Schwester in Rüschhaus. 1836 wurde ihr erster Gedichtband quasi halbanonym veröffentlicht. Ab 1838 nahm sie an einem literarischen Kreis der befreundeten Elise Rüdiger in Münster teil, wo sie Levin Schücking traf, der Freund und Förderer und Herausgeber ihres dichterischen Schaffens wurde. Sie arbeitete in dieser Zeit an der »Judenbuche«. Ab 1841/42 entstand auf der Meersburg, wo sie für ihren Schwager Laßberg die Bibliothek ordnete, der Zyklus »Heidebilder«. Durch Vermittlung Schückings wurde ab 1842 die »Judenbuche« in Fortsetzungen in Cottas Morgenblatt veröffentlicht. 1844 erschien ihr zweiter Gedichtband. Vom Honorar erwarb sie ein Anwesen, ihr »Fürstenhäusle«, in der Nähe von Meersburg. Im September 1846 brach sie, körperlich schon sehr geschwächt, noch einmal von Rüschhaus nach Meersburg auf, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. Ihr Werk wurde erst dreißig Jahre später von Schücking herausgegeben.
Die Droste 1838, Gemälde von Sprink

Das vierzehnjährige Herz

Er ist so schön! - sein lichtes Haar
Das möcht' ich mit keinem vertauschen,
Wie seidene Fäden so weich und klar,
Wenn zarte Löckchen sich bauschen;
Oft streichl' ich es, dann lacht er traun,
Nennt mich »seine alberne Barbe«;
Es ist nicht schwarz, nicht blond, nicht braun,
Nun ratet, wie nennt sich die Farbe?

Und seine Gebärde ist königlich,
Geht majestätisch zu Herzen,
Zuckt er die Braue, dann fürcht' ich mich,
Und möchte auch weinen vor Schmerzen;
Und wieder seh' ich sein Lächeln blühn,
So klar wie das reine Gewissen,
Da möchte ich gleich auf den Schemel knien,
Und die guten Hände ihm küssen.

Heut' bin ich in aller Frühe erwacht,
Beim ersten Glitzern der Sonnen,
Und habe mich gleich auf die Sohlen gemacht,
Zum Hügel drüben am Bronnen;
Erdbeeren fand ich, glüh wie Rubin,
Schau, wie im Korbe sie lachen!
Die stell' ich ihm nun an das Lager hin,
Da sieht er sie gleich beim Erwachen.

Die Droste auf unserem alten 20-DM-Schein
Ich weiß, er denkt mit dem ersten Blick,
»Das tat meine alberne Barbe!«
Und freundlich streicht er das Haar zurück
Von seiner rühmlichen Narbe,
Ruft mich bei Namen, und zieht mich nah,
Daß Tränen die Augen mir trüben;
Ach, er ist mein herrlicher Vater ja,
Soll ich ihn denn nicht lieben, nicht lieben?